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Die Erfindung betrifft eine herausnehmbare Vorrichtung zur Korrektur einer Oberkiefer-Rücklage sowie die Verwendung einer solchen Rückschubdoppelplatte zur Behandlung eines Unterbisses.
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Die
DE 11 10 363 B offenbart eine Vorrichtung, bei der Oberkieferplatte und Unterkieferplatte über ein aus Lenkstangen zusammengesetztes einheitliches Gebilde aneinander gekoppelt sind, wobei die Lenkstangen an ein gemeinsames, mittleres Universalgelenk angeschlossen sind, das am vorderen Ende der Oberkieferplatte der Vorrichtung angebracht ist, während die freien Enden der Lenkstangen über seitliche Universalgelenke an den Innenflanken der Unterkieferplatte der Vorrichtung angeschlossen sind.
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Die
DD 11 029 A1 offenbart nur ein Federgelenk zur Behandlung von Bissanomalien. Zudem ist die in
DD 11 029 A1 beschriebene Feder als Drahtschlaufe (Torsionsfeder) ausgebildet. Die
DD 11 029 A1 zeigt eine Spiralfeder, die sich in die Wangenschleimhaut einlagern kann und diese einklemmen kann. Zudem ist die Konstruktion der Feder zu schwach und reparaturanfällig.
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Auch die
DD 24 501 A1 betrifft nur ein Federgelenk zur Behandlung von Bissanomalien. Die
DD 24 501 A1 zeigt ein Teleskopelement mit außenliegender Spiralfeder. Auch die in der
DD 24 501 A1 offenbarte Feder lagert sich in die Wangenschleimhaut ein und auch hier wird die Wangenschleimhaut eingeklemmt - insbesondere, wenn die Feder gestaucht wird, da die Feder außen auf dem Teleskop angeordnet ist.
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Die
DE 195 35 170 A1 zeigt eine Vorrichtung, die als klassische Rückschubdoppelplatte ausgebildet ist. Nachteilig an dieser Vorrichtung ist, dass die Regulierungsapparatur in der Ruheschwebe, also dem minimalen Abstand der Zähne des Ober- und des Unterkiefers bei entspannter Kau-Muskulatur, sofort ihre Wirkung verliert, weil ein Federmechanismus fehlt. Darum ist die Vorrichtung die meiste Zeit des Tages und auch in der Nacht völlig unwirksam und findet darum in der Medizin keine Anwendung mehr.
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In den Druckschriften
US 5 697 781 A und
FR 1 079 955 A werden ausschließlich Vorrichtungen beschrieben, die zur Behandlung von Rückbissen Verwendung finden. Diese Form des Fehlbisses ist mit zahllosen Apparaturen ähnlicher Konstruktion behandelbar und ist medizinisch seit Jahren keine Herausforderung mehr. Eine Vorrichtung zur Behandlung von Rückbissen ist nicht ohne weiteres für die Behandlung von Unterbissen geeignet.
US 5 697 781 A zeigt eine nicht-teleskopierbare Konstruktion, die über einen Steg mit fest eingestellter Länge und einer U-förmigen Drahtschlaufe als Feder funktioniert. Die wangenseitig liegenden Teleskope in
US 5 697 781 A und
FR 1 079 955 A sind wegen ihren langen Überführungen ungeeignet, da die für die Hemmung des Unterkiefers notwendigen größeren Kräfte (>700cN) zu ständigen Brüchen der Überführungen führen.
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In der
DE 198 09 324 A1 wird eine festsitzende Multibracket-Apparatur gezeigt. Für eine solche feste Zahnspange müssen die „Bleibenden Zähne“ bereits vorhanden sein, da an wackelnden, wurzelverkürzten oder wurzellosen Milchzähnen eine solche Apparatur nicht erfolgreich zu verankern ist. Die „Bleibenden Zähne“ sind allerdings erst mit ca. 12 Jahren zu erwarten, während ein Unterbiss aber viel früher behandelt werden muss.
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Aus der Literatur sind verschiedene Vorrichtungen zur Korrektur einer Oberkiefer-Rücklage bekannt, die allgemein als Rückschubdoppelplatten bezeichnet werden. Alle Rückschubdoppelplatten bestehen aus zwei getrennten Platten, die lösbar mit den Zähnen verbunden werden, wobei die obere Platte mit aktiven Elementen in Form von zwei nach unten weisenden Spornen versehen ist, die beim Zusammenbeißen an zwei an der unteren Platte angeordneten Widerlagern entlang geführt werden und ein nach-vorne-Schieben des Oberkiefers und ein nach-hinten-Schieben des Unterkiefers bewirken. Die Sporne können seitlich oder vorn angeordnet sein. Nachteilig ist, dass alle bekannten aktiven Elemente an herausnehmbaren Zahnspangen nur in der Schlussbissposition wirken. Der Schlussbiss wird allerdings nur während einer sehr kurzen Zeit (beim Schlucken) eingenommen, so dass die effektive Behandlungszeit kurz ausfällt und die Rückschubdoppelplatten entsprechend lange getragen werden müssen.
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Ähnlich wirkende aktive Elemente sind auch bei festen Zahnspangen (Brackets) bekannt. Zusätzlich nachteilig bei derartigen Vorrichtungen ist, dass diese an den bleibenden Zähnen befestigt werden müssen und folglich erst bei Patienten ab ca. dem 12. Lebensjahr eingesetzt werden können, da eine Befestigung einer Zahnspange an Milchzähnen deren Sitz im Kiefer lockern könnte. Ferner würde sich die Vorrichtung lösen, wenn die Milchzähne auf natürliche Weise ausfallen.
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Daher ist es Aufgabe der Erfindung, eine Vorrichtung mit einem hohen Tragekomfort bereitzustellen, die nicht nur im Schlussbiss wirkt und mit der eine Behandlung von Patienten mit einem Unterbiss schon ab etwa dem 4. Lebensjahr zügig erfolgen und eine korrigierende Operation vermieden werden kann.
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Gelöst wird diese Aufgabe durch eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie durch die Verwendung einer solchen Rückschubdoppelplatte zur Behandlung eines Unterbisses gemäß den Merkmalen des Anspruchs 4, wobei die Vorrichtung als Rückschubdoppelplatte mit einer Oberkieferplatte und einer Unterkieferplatte so ausgebildet ist, dass diese mechanisch über zwei teleskopierbare Verstelleinheiten aneinander gekoppelt sind, wobei der Verbindungsbereich, in dem die Verstelleinheiten mit einem ihrer Enden gelenkig mit der Oberkieferplatte verbunden sind, bezüglich der Sagittalebene vor dem Verbindungsbereich liegt, in dem die Verstelleinheiten mit ihren anderen Enden gelenkig mit der Unterkieferplatte verbunden sind.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung ist als Rückschubdoppelplatte ausgebildet, was bedeutet, dass mit der Erfindung die Behandlung eines Unterbisses unter Verwendung einer aus dem Mund herausnehmbaren Vorrichtung vorgeschlagen wird. Dieses ist möglich, da die Oberkieferplatte und die Unterkieferplatte einer Rückschubdoppelplatte nicht dauerhaft an den Zähnen eines Patienten befestigt werden, sondern lose mit dem Oberkiefer bzw. dem Unterkiefer verbunden sind. Es kann daher mit der erfindungsgemäßen Vorrichtung beispielsweise eine täglich nur über eine bestimmte Anzahl von Stunden erfolgende Behandlung eines Unterbisses durchgeführt werden. Der Patient kann die Vorrichtung am Ende dieser Behandlungszeit oder wenn er die Vorrichtung nicht tragen möchte, z.B. während der Schulzeit, in der Regel selbst aus dem Mund entfernen. Folglich eignet sich die erfindungsgemäße Vorrichtung insbesondere für die Behandlung von jungen Patienten mit Milchzähnen ab etwa dem vierten Lebensjahr oder im Wechselgebiss-Stadium.
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Durch die erfindungsgemäße mechanische Kopplung der Oberkieferplatte mit der Unterkieferplatte wird zur Korrektur eines Unterbisses das Wachstum des Oberkiefers sagittal nach vorne stimuliert, da auf den Oberkiefer beim Bewegen des Unterkiefers in seine Schließstellung eine sagittal nach vorne ausgerichtete Kraft auf den Oberkiefer ausgeübt wird. Gleichzeitig wird auf den Unterkiefer eine sagittal nach hinten gerichtete Kraft ausgeübt.
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Es zeigt sich somit, dass durch die Verwendung der erfindungsgemäßen Vorrichtung zur Korrektur eines Unterbisses die bislang erforderlichen operativen Eingriffe oft verhindert werden können.
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In erfindungsgemäßer Ausgestaltung ist jede Verstelleinheit zwischen einer eingefahrenen und einer ausgefahrenen Stellung axial hin und her beweglich, wobei ein Federmechanismus die Verstelleinheit in Richtung ihrer ausgefahrenen Stellung drängt. Der Federmechanismus bewirkt, dass eine Schließbewegung des Unterkiefers unter einer Gegenkraft erfolgt, welche über die Verstelleinheiten auf den Oberkiefer übertragen wird und die gewünschte Stimulierung des Wachstums des Oberkiefers sagittal nach vorne bewirken soll. Hierzu können je nach Behandlungszweck und Alter des Patienten Federn mit unterschiedlichen Federstärken eingesetzt werden oder eine Vorspanneinrichtung zum Einstellen der Vorspannung der Feder vorgesehen sein. Damit wird erreicht, dass durch das Einstellen der auf den Oberkiefer ausgeübten Kraft der Oberkiefer nicht nur im sog. Schlussbiss sondern auch in der sog. Ruheschwebe, welche die meiste Zeit des Tages eingenommen wird, belastet wird. Die erfindungsgemäße Vorrichtung eignet sich somit auch für die Behandlung und Korrektur einer Oberkiefer-Rücklage beim sog. späten Wachstumsschub bei Jugendlichen und Erwachsenen.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen.
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Eine weitere vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung sieht vor, dass die Verstelleinheiten an der der Zunge eines Patienten zugewandten Innenseite der Vorrichtung angeordnet sind.
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Die Erfindung wird im Weiteren anhand des in der beiliegenden Figur gezeigten Ausführungsbeispiels für die erfindungsgemäße Rückschubdoppelplatte näher erläutert. Dabei zeigt:
- 1: eine perspektivische Seitenansicht eines Ausführungsbeispiels für die erfindungsgemäße Vorrichtung.
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1 zeigt eine perspektivische Seitenansicht eines Ausführungsbeispiels für die erfindungsgemäße Vorrichtung 1 zur Behandlung eines Unterbisses in Form einer Rückschubdoppelplatte. Die Vorrichtung 1 umfasst eine Oberkieferplatte 2 und eine Unterkieferplatte 3, die mechanisch über zwei teleskopierbare Verstelleinheiten 4 aneinander gekoppelt sind, von denen in 1 nur eine dargestellt ist. Der Verbindungsbereich, in dem die Verstelleinheiten 4 mit einem ihrer Enden gelenkig mit der Oberkieferplatte 2 verbunden sind, liegt bzgl. der Sagittalebene, welche parallel zu der Blattebene angeordnet ist, vor dem Verbindungsbereich, in dem die Verstelleinheiten 4 mit ihren anderen Enden gelenkig mit der Unterkieferplatte 3 verbunden sind. Jede Verstelleinheit 4 weist ein Außenrohr 5 und ein darin zwischen einer eingefahrenen und einer ausgefahrenen Stellung axial hin und her beweglich geführtes Innenrohr 6 auf, wobei das Innenrohr 6 in Richtung seiner ausgefahrenen Stellung federbelastet ist, was durch die in dem Außenrohr 5 angeordnete Feder 7 bewirkt wird. Die Verstelleinheiten 4 sind an der der Zunge eines Patienten zugewandten Innenseite der Vorrichtung 1 angeordnet (oder okklusal), also mit den Innenseiten von Oberkieferplatte 2 und der Unterkieferplatte 3 verbunden. Sowohl an der Oberkieferplatte 2, als auch an der Unterkieferplatte 3 sind, wie herkömmlich üblich, an das Gebiss eines Patienten jeweilig angepasste Metallbügel 8 bzw. 9 sowie Halteelemente 10 angeordnet.