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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben einer mehrere pyrotechnische Einheiten umfassenden Vorrichtung zur Radlasterhöhung während eines Notbremsvorgangs eines Straßenfahrzeugs, insbesondere eines Personenkraftwagens, mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1. Die Erfindung betrifft außerdem ein Straßenfahrzeug, insbesondere einen Personenkraftwagen, der mit einer mehrere pyrotechnische Einrichtungen umfassenden Vorrichtung zur Radlasterhöhung während eines tbremsvorgangs ausgestattet ist, mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 11.
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Aus der
DE 10 2009 059 803 A1 ist ein Straßenfahrzeug, nämlich ein Personenkraftwagen bekannt, der eine mehrere pyrotechnische Einrichtungen umfassende Vorrichtung zur Radlasterhöhung während eines Notbremsvorgangs aufweist. Mit Hilfe einer derartigen Vorrichtung kann durch Auslösen der pyrotechnischen Einrichtungen eine nach unten gerichtete Schubkraft erzeugt werden, die im Bereich der Vorderachse die Radlast signifikant erhöht, wodurch größere Reibungskräfte zwischen Vorderrädern des Fahrzeugs und einer Fahrbahn übertragen werden können, was zu einer Verbesserung der Bremsverzögerung genutzt werden kann. Pyrotechnische Einrichtungen arbeiten naturgemäß nur vorübergehend und nur für einen vergleichsweise kurzen Zeitraum, so dass sie nicht für normale Bremsvorgänge, sondern nur für Notbremsvorgänge in Betracht kommen, um eine bevorstehende Kollision zu vermeiden bzw. die Relativgeschwindigkeit und damit die kinetische Energie vor dem Zeitpunkt der Kollision zu reduzieren. Zur Identifizierung einer solchen Notbremssituation sind Fahrzeugparameter, welche die Bewegung des Fahrzeugs identifizieren bzw. charakterisieren, sowie Umfeldparameter zu überwachen, die mögliche Kollisionshindernisse in der Umgebung des Fahrzeugs identifizieren. Über eine entsprechende Auswertung kann dann ggf. eine Notbremssituation erkannt werden, die dann zum Auslösen der pyrotechnischen Einheiten führt. Beim bekannten Fahrzeug kann über eine entsprechende Sensorik außerdem ein Bereich oberhalb des Fahrzeugs überwacht werden, um ein Auslösen der pyrotechnischen Einheiten für den Fall zu vermeiden, dass sich das Fahrzeug in einer Garage oder in einem Tunnel oder unter einer Brücke befindet.
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Aus der
DE 10 2008 037 803 A1 ist ein weiteres Fahrzeug mit einer derartigen Vorrichtung bekannt, die zum Auslösen der pyrotechnischen Einheiten bspw. mit einem Bremsassistenzsystem des Fahrzeugs gekoppelt sein kann.
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Ferner ist aus der
DE 10 2004 054 544 B3 eine gattungsgemäße Vorrichtung bekannt, bei der die Erhöhung des Anpressdrucks auf die Vorderachse eines Kraftfahrzeugs mit einem Rückstoßimpuls erfolgt, der nach oben gerichtet ist. Dazu wird in Höhe der vorderen Federbeine an den Achsschenkeln der Vorderachse jeweils links und rechts ein Schubrohr, welches mit einem pyrotechnischen Treibsatz bestückt ist, senkrecht eingebaut. Die Verbrennungsgase werden durch zwei Löcher in der Motorhaube, welche genau über den Schubrohren liegen, senkrecht nach oben abgeführt. Der Impuls, der durch ein Zünden der Treibsätze auftritt, wird direkt in die Vorderräder eingeleitet und somit deren Anpressdruck auf die Fahrbahn während des Abbrandes der Treibsätze erhöht.
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In der
DE 25 00 351 A1 wird eine Hilfsnotbremsvorrichtung für Kraftwagen offengelegt, wobei die Vorrichtung aus Raketensystemen besteht, die mindestens einen Auslass haben. Die Hilfsnotbremsvorrichtung übt während der Notbremszeit eine Schubkraftwirkung aus, welche die beim Bremsen wirkende Kraft verstärkt.
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Aus der
DE 21 32 657 A ist ebenfalls eine Notbremsanlage für Straßen- oder Schienenfahrzeuge bekannt, welche auf sämtliche Räder des Fahrzeugs eine hohe Bremskraft erbringen kann, indem sie für alle Räder den Reifenauflagedruck auf der Fahrbahn erhöht. Die Erhöhung des Auflagedruckes erfolgt dabei wie bereits ausgeführt mittels mehreren Raketentriebsätzen, welche einzeln oder paarweise über den Fahrzeugachsen am Fahrgestell oder direkt auf den Achsen des Fahrzeuges angeordnet sind, wobei das Zünden der Triebsätze z. B. durch ein besonders tiefes Eindrücken des Bremspedales oder über einen Mehrfachschalter durchgeführt werden kann.
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Die vorliegende Erfindung beschäftigt sich mit dem Problem, für ein Verfahren der eingangs genannten Art bzw. für ein Fahrzeug der eingangs genannten Art eine verbesserte Ausführungsform anzugeben, die sich insbesondere durch einen verbesserten Schutz von Verkehrsteilnehmern auszeichnet.
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Dieses Problem wird bei der Erfindung insbesondere durch die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausführungsformen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
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Die vorliegende Erfindung beruht auf dem allgemeinen Gedanken, zwischen unterschiedlichen Notbremssituationen unterscheiden zu können, um abhängig von der jeweiligen ermittelten Notbremssituation eine hierfür geeignete Auslösestrategie zum Auslösen der pyrotechnischen Einheiten auswählen zu können, um dann anschließend die pyrotechnischen Einheiten entsprechend der ausgewählten Auslösestrategie auslösen zu können. Im Unterschied zu einer Vorgehensweise, bei dem das Auftreten einer Notbremssituation nur das Auslösen der pyrotechnischen Einheiten bewirkt und somit bei allen auftretenden Notbremssituationen stets die gleiche Wirkung mit Hilfe der pyrotechnischen Einheiten erzielt wird, ermöglicht die erfindungsgemäße Vorgehensweise eine Differenzierung zwischen unterschiedlichen Notbremssituationen, denen mit unterschiedlichen Bremsstrategien optimiert entgegengetreten werden kann. Zur Realisierung unterschiedlicher Notbremsvorgänge werden entsprechende, geeignete Auslösestrategien für die pyrotechnischen Einheiten bereitgestellt, die erfindungsgemäß abhängig von der jeweiligen Notbremssituation ausgewählt und abgearbeitet werden können. Somit kann die Abbremsung des Fahrzeugs besser an die jeweilige Gefahrensituation angepasst werden, was die Gefahr von Verletzungen von Verkehrsteilnehmern und Fahrzeuginsassen sowie auch die Gefahr von Beschädigungen des eigenen Fahrzeugs sowie ggf. eines anderen Fahrzeugs reduziert.
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Besonders vorteilhaft ist eine Ausführungsform, bei welcher die Vorrichtung auf jeder Fahrzeugseite mehrere pyrotechnische Einrichtungen aufweist, die einzeln ausgelöst werden können. Dabei kann die Auslösung der pyrotechnischen Einheiten auf beiden Fahrzeugseiten synchron angesteuert werden, während die pyrotechnischen Einheiten auf der jeweiligen Fahrzeugseite gleichzeitig oder aufeinanderfolgend, jedenfalls individuell angesteuert werden können.
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Besonders vorteilhaft ist eine Ausführungsform, bei welcher die Auslösestrategie die Auslösezeitpunkte der einzelnen pyrotechnischen Einheiten individuell bestimmt. Somit kann sich je nach Auslösestrategie die Anzahl der gleichzeitig aktiven pyrotechnischen Einheiten unterscheiden. Dabei kann sich die Abfolge der Auslösung der jeweiligen pyrotechnischen Einheiten je nach Auslösestrategie unterscheiden. Bspw. kann durch ein synchrones Ansteuern aller pyrotechnischen Einheiten für einen kurzen Zeitraum eine extrem hohe Fahrzeugverzögerung realisiert werden. Im Unterschied dazu kann durch ein zeitlich versetztes Auslösen der pyrotechnischen Einrichtungen für eine deutlich längere Zeit eine entsprechend reduzierte Radlasterhöhung realisiert werden. Extrem hohe Bremsverzögerungen können bei den Fahrzeuginsassen zu vergleichsweise hohen Kraftspitzen führen, sind jedoch von Vorteil, wenn vor der Kollision nicht ausreichend Zeit für einen längeren Bremsvorgang zur Verfügung steht.
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Gemäß einer anderen vorteilhaften Ausführungsform kann die Auslösestrategie berücksichtigen, dass die auf der jeweiligen Fahrzeugseite vorhandenen mehreren pyrotechnischen Einrichtungen unterschiedliche Leistungsparameter aufweisen können. So können sich die pyrotechnischen Einheiten bspw. durch unterschiedliche Schubleistungen und/oder unterschiedliche Schubrichtungen und/oder unterschiedliche Schubdauern voneinander unterscheiden. Abhängig von der jeweiligen Gefahrensituation bzw. Notbremssituation kann die am besten geeignete Auslösestrategie dann die unterschiedlichen Parameter entsprechend berücksichtigen, um die am besten geeignete Fahrzeugverzögerung zu realisieren.
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Von besonderem Interesse ist eine Ausführungsform, bei welcher das Auswerten der Parameter eine Klassifizierung der erfassten Kollisionshindernisse umfasst, die sich durch unterschiedliche Schadensrisiken für das jeweilige Hindernis und für das Fahrzeug sowie für die Fahrzeuginsassen voneinander unterscheiden. Bspw. kann zwischen großen und kleinen Hindernissen, zwischen stationären und instationären Hindernissen unterschieden werden. Ferner kann zwischen Fußgängern, Zweirädern, Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen sowie Bauwerken unterschieden werden. Durch die Klassifizierung der Kollisionshindernisse kann dann die Auswahl der Auslösestrategie auch anhand der Klassifizierung durchgeführt werden, um letztlich durch Adaption der situationsabhängigen Bremsstrategie die Schadensgefahr für das jeweilige Hindernis, für den jeweiligen Fahrzeuginsassen sowie für das Fahrzeug selbst zu reduzieren.
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Gemäß einer anderen zweckmäßigen Ausführungsform kann eine Überwachung des Notbremsvorgangs erfolgen, bei der weiterhin die Umfeld- und Fahrzeugparameter erfasst und ausgewertet werden, um eine Risikokollision und/oder eine Risikokollisionsgefahr erkennen zu können, die mit einem hohen Schadensrisiko für das jeweilige Hindernis einhergeht, wobei abhängig von einer erkannten Risikokollision oder Risikokollisionsgefahr eine Abschaltung der die pyrotechnischen Einheiten umfassenden Vorrichtung erfolgen kann. Wird bspw. eine frontseitige Kollision mit einem Fußgänger oder mit einem Radfahrer erwartet, werden die pyrotechnischen Einheiten deaktiviert, um eine Verletzung des Fußgängers bzw. des Radfahrers durch den sehr energiereichen und/oder heißen Schubstrahl der pyrotechnischen Einheiten zu vermeiden.
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Weiterhin ist es vorteilhaft, eine Auswertung einer Umfeld- und Fahrzeugparametererfassung im Heckbereich des mit pyrotechnischen Einheiten ausgestatteten Fahrzeugs durchzuführen, um sich in diesem Bereich befindende Fahrzeuge oder andere Objekte zu erkennen. So kann bei zu geringem Abstand und/oder zu hohen Relativgeschwindigkeiten dieser Fahrzeuge oder Objekte in Bezug auf das Fahrzeug mit pyrotechnischer Einheiten ein Auslösen der pyrotechnischen Einheiten unterbunden werden, um ein Auffahren des sich hinter dem Fahrzeug mit pyrotechnischer Einheit befindlichen Fahrzeuges bzw. Objektes zu vermeiden. Die Gefahr eines Auffahrens besteht insbesondere durch die bei dem Betrieb der pyrotechnischen Einheiten einsetzende hohe Verzögerung des vorausfahrenden Fahrzeugs. Die Umfelderfassung des Heckbereichs, also die Absicherung dieses Bereiches, kann durch geeignete Sensorsysteme bspw. durch ein oder mehrere Radarsysteme, Ultraschallsysteme, Kamerasysteme, Lidarsysteme oder dergleichen erfolgen.
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Desweiteren kann das mit pyrotechnischen Einheiten ausgestattete Fahrzeug mit einer Anhängererkennung versehen sein, um die pyrotechnische Einheiten aus Gründen der Sicherheit bei einem Anhängerbetrieb zu deaktivieren. Dabei kann die Erkennung eines Anhängers drahtlos oder über Kontakte der Anhängevorrichtung erfolgen.
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Die Abschaltung kann dabei vorsehen, dass bei einer ausgelösten und noch aktiven pyrotechnischen Einheit der Schub abgeschaltet oder vernichtet oder abgelenkt wird. Insbesondere kann die Abschaltung hierzu mit einem Abschaltelement zusammenwirken, das mit Hilfe einer entsprechenden Aktuatorik in einen Schubstrahl des jeweiligen pyrotechnischen Elements hineinverstellt werden kann, bspw. um den Schubstrahl abzulenken oder durch eine vollständige Abdeckung zu vernichten. Ferner kann die Abschaltung auch eine Treibstoffzufuhr innerhalb der jeweiligen pyrotechnischen Einheit unterbrechen bzw. beenden, um den Schubstrahl auszuschalten.
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Ferner kann die Abschaltung beinhalten, dass eine noch nicht ausgelöste pyrotechnische Einheit deaktiviert wird, sodass sie nicht ausgelöst werden kann, obwohl dies die Auslösestrategie an sich vorsehen würde. Die Überwachung des Notbremsvorgangs erfolgt also während eines Zeitraums, zu dem bereits eine Notbremssituation vorliegt und bereits eine geeignete Auslösestrategie ausgewählt worden ist und das Abarbeiten der Auslösestrategie bevorsteht oder bereits begonnen hat.
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Ein erfindungsgemäßes Straßenfahrzeug, das entsprechend den vorstehenden Verfahren betrieben werden kann, umfasst zum einen eine mehrere pyrotechnische Einheiten umfassende Vorrichtung zur Radlasterhöhung während eines Notbremsvorgangs und ist zum anderen mit einer Fahrzeugparametererfassungseinrichtung sowie einer Umweltparametererfassungseinrichtung und einer Parameterauswerteeinrichtung ausgestattet. Erfindungsgemäß ist dieses Straßenfahrzeug dann außerdem mit einer Auswahleinrichtung zum Auswählen einer Auslösestrategie zum Auslösen der pyrotechnischen Einheiten abhängig von der ermittelten Notbremssituation sowie mit einer Auslöseeinrichtung zum Auslösen der pyrotechnischen Einheiten entsprechend der ausgewählten Auslösestrategie ausgestattet. Insbesondere umfasst das Straßenfahrzeug bzw. die pyrotechnische Vorrichtung auf jeder Fahrzeugseite, insbesondere im Bereich der Vorderachse, jeweils mehrere separate pyrotechnische Einheiten, die insbesondere individuell angesteuert werden können.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausführungsform kann das Fahrzeug außerdem mit einer Überwachungseinrichtung zum Überwachen des Notbremsvorgangs ausgestattet sein.
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Die jeweilige Auslösestrategie kann dabei insbesondere auch eine Ansteuerung wenigstens eines anderen Sicherheitssystems des Fahrzeugs umfassen. Beispielsweise kann eine Steuereinrichtung, die zur Durchführung des hier vorgestellten Verfahrens am jeweiligen Fahrzeug vorgesehen ist, mit Gurtstraffereinrichtungen gekoppelt sein, mit deren Hilfe Sicherheitsgurte der Fahrzeuginsassen gestrafft werden, um die sog. Gurtlose zu reduzieren. Zusätzlich oder alternativ sind auch andere Pre-Crash-Maßnahmen denkbar, die mit Hilfe einer derartigen Steuereinrichtung ausgelöst bzw. realisiert werden können. Beispielsweise kann vor dem Auslösen der pyrotechnischen Einheiten eine Erhöhung des an den einzelnen Radbremseinrichtungen zur Verfügung stehenden Bremsdrucks durchgeführt werden, um die durch die Erhöhung der Radlast zur Verfügung gestellte höhere Reibungskraft auch in geeignetem Maße ausnutzen zu können.
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Ferner kann das Fahrzeug insbesondere mit einem Abschaltelement ausgestattet sein, das in einen Schubstrahl der jeweiligen pyrotechnischen Einheit hineinverstellt werden kann, um zur Realisierung einer Abschaltung den jeweiligen Schubstrahl ablenken oder vollständig abdecken zu können. Ein derartiges Abschalt- oder Abdeckelement kann bspw. eine Klappe oder dergleichen sein, die zur Abschaltung in den Schubstrahl geschwenkt wird. Das jeweilige Abschaltelement kann dabei jeweils an der jeweiligen pyrotechnischen Einheit angeordnet sein. Ebenso ist es möglich, ein derartiges Abschaltelement gleichzeitig mehreren pyrotechnischen Einheiten zuzuordnen und im Bereich der Austrittsdüsen der pyrotechnischen Einheiten in der Umgebung derselben z. B. am Fahrzeug anzuordnen.
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Weitere wichtige Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen, aus den Zeichnungen und aus der zugehörigen Figurenbeschreibung anhand der Zeichnungen.
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Es versteht sich, dass die vorstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Bevorzugte Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in den Zeichnungen dargestellt und werden in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert, wobei sich gleiche Bezugszeichen auf gleiche oder ähnliche oder funktional gleiche Bauteile beziehen.
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Es zeigen, jeweils schematisch,
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1 eine schaltplanartige Prinzipdarstellung eines Fahrzeugs,
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2 eine perspektivische Ansicht des Fahrzeugs in einem Frontbereich einer Fahrzeugseite.
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Entsprechend 1 umfasst ein Straßenfahrzeug 1, bei dem es sich bevorzugt um einen Personenkraftwagen handelt, eine Vorrichtung 2, die auf jeder Fahrzeugseite 3, 4 jeweils mehrere pyrotechnische Einheiten 5 aufweist, mit deren Hilfe während eines Notbremsvorgangs eine Radlasterhöhung realisierbar ist. Zweckmäßig sind dabei die pyrotechnischen Einheiten 5 auf beiden Fahrzeugseiten 3, 4 derselben Fahrzeugachse, vorzugsweise einer Vorderachse des Fahrzeugs 1 zugeordnet.
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Das Fahrzeug 1 umfasst außerdem eine Fahrzeugparametererfassungseinrichtung 6, die zum Erfassen von Fahrzeugparametern dient, welche die Bewegung des Fahrzeugs 1 identifizieren. Bspw. ist die Fahrzeugparametererfassungseinrichtung 6 mit einem Gier-Sensor 7 gekoppelt. Im Übrigen kann die Fahrzeugparametererfassungseinrichtung 6 mit einem Steuergerät des Fahrzeugs gekoppelt sein bzw. in einem derartigen Steuergerät ausgebildet bzw. durch ein derartiges Steuergerät gebildet sein. Jedenfalls hat die Fahrzeugparametererfassungseinrichtung 6 Zugriff auf die erforderlichen Fahrzeugparameter, wie z. B. Lenkwinkel und Fahrzeuggeschwindigkeit sowie Fahrzeugbeschleunigung.
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Ferner umfasst das Fahrzeug 1 eine Umweltparametererfassungseinrichtung 8, die bspw. mit einer hierfür geeigneten Sensorik 9 gekoppelt ist. Eine geeignete Sensorik 9 ist bspw. ein Radarsystem, ein Ultraschallsystem, ein Kamerasystem oder ein Lidarsystem oder dergleichen.
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Ferner ist das Fahrzeug 1 mit einer Parameterauswerteeinrichtung 10 ausgestattet, die mit den beiden Erfassungseinrichtungen 6, 8 gekoppelt ist und die zum Erkennen einer Notbremssituation die eingehenden Fahrzeugparameter und Umfeldparameter auswertet. Des Weiteren ist eine Auswahleinrichtung 11 vorgesehen, die mit der Auswerteeinrichtung 10 gekoppelt ist und die zum Auswählen einer Auslösestrategie zum Auslösen der pyrotechnischen Einheiten 5 vorgesehen ist. Dabei erfolgt die Auswahl abhängig von der in der Auswerteeinrichtung 10 ermittelten Notbremssituation. Ferner ist eine Auslöseeinrichtung 12 vorgesehen, die mit der Auswahleinrichtung 11 gekoppelt ist und die zum Auslösen der pyrotechnischen Einheiten 5 entsprechend der ausgewählten Auslösestrategie vorgesehen ist. Bspw. kann die Auslöseeinrichtung 12 hierzu mit einer Steuereinrichtung 13 der pyrotechnischen Vorrichtung 2 gekoppelt sein, die ihrerseits mit den pyrotechnischen Einheiten 5 gekoppelt ist, um diese anzusteuern bzw. auszulösen.
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Im Beispiel der 1 ist außerdem eine Überwachungseinrichtung 14 vorgesehen, mit deren Hilfe eine Überwachung des Notbremsvorgangs erfolgt. Hierzu ist die Überwachungseinrichtung 14 mit den beiden Parametererfassungseinrichtungen 6, 8 gekoppelt, um weiterhin auch während eines Notbremsvorgangs die Umfeldparameter und die Fahrzeugparameter erfassen und auswerten zu können. Die Überwachungseinrichtung 14 kann anhand der Parameter eine Risikokollision bzw. eine Risikokollisionsgefahr erkennen, die mit einem hohen Schadensrisiko für das jeweilige Hindernis einhergeht. Die Überwachungseinrichtung 14 kann dabei für den Fall, dass eine Risikokollision bzw. eine Risikokollisionsgefahr erkannt worden ist, eine Abschaltung der pyrotechnischen Vorrichtung 2 bewirken, was im Beispiel der 1 durch eine entsprechende Kopplung der Steuereinrichtung 13 realisierbar ist.
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Im Beispiel ist die Steuereinrichtung 13 außerdem mit einer Abschalteinrichtung 15 gekoppelt, die bspw. mit einem in 2 gezeigten Abschaltelement 16 zusammenwirkt, bspw. um dieses betätigen bzw. ansteuern zu können. Die Funktionalität des Abschaltelements 16 wird weiter unten noch näher erläutert. Ferner ist die Steuereinrichtung 13 gemäß 1 mit wenigstens einer weiteren Sicherheitssystem 17 des Fahrzeugs 1 gekoppelt. Bspw. kann es sich bei dem Sicherheitssystem 17 um sog. Pre-crash-Systeme handeln, die unmittelbar vor einem Zusammenstoß des Fahrzeugs 1 mit einem Hindernis oder unmittelbar vor einem erwarteten Zusammenstoß mit dem jeweiligen Hindernis betätigt bzw. angesteuert werden. Bspw. handelt es sich bei einem derartigen Sicherheitssystem 17 um Gurtstraffer oder um eine Bremsdruckerhöhung. Ebenso kann es sich beim Sicherheitssystem um ein Bremsassistenzsystem handeln.
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Es ist klar, dass zumindest zwei der hier gezeigten einzelnen Einrichtungen 6, 8, 10, 11, 12, 13, 14 zu einer gemeinsamen Einrichtung zusammengefasst sein können. Insbesondere kann die jeweilige Einrichtung durch eine Software bzw. durch einen Softwareabschnitt gebildet sein.
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Das in 1 vorgestellte Fahrzeug 1 arbeitet im Betrieb wie folgt:
Während des Betriebs des Fahrzeugs 1 erfasst die Fahrzeugparametererfassungseinrichtung 6 permanent Fahrzeugparameter, welche die Bewegung des Fahrzeugs 1 identifizieren, Gleichzeitig erfasst die Umfeldparametererfassungseinrichtung 8 permanent Umfeldparameter, welche mögliche Kollisionshindernisse in der Umgebung des Fahrzeugs identifizieren. Die erfassten Parameter werden der Parameterauswerteeinrichtung 10 zugeleitet, welche die Parameter zum Erkennen einer Notbremssituation auswertet. Sobald eine Notbremssituation erkannt ist, kommuniziert die Parameterauswerteeinrichtung 10 diese der Auswahleinrichtung 11, die dann abhängig von der ermittelten Notbremssituation eine hierfür geeignete Auslösestrategie zum Auslösen der pyrotechnischen Einheiten 5 auswählt. Die Auswahleinrichtung 11 übermittelt dann die ausgewählte Auslösestrategie der Auslöseeinrichtung 12, die dann ein Auslösen der pyrotechnischen Einheiten 5 entsprechend der ausgewählten Auslösestrategie bewirkt. Hierzu steuert die Auslöseeinrichtung 12 die Steuereinrichtung 13 entsprechend an, die dann dementsprechend die einzelnen pyrotechnischen Einheiten 5 ansteuert.
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Die ausgewählte Auslösestrategie kann dabei vorsehen, dass Auslosezeitpunkte der einzelnen pyrotechnischen Einheiten 5 individuall bestimmt werden. Hierdurch lässt sich die Anzahl der gleichzeitig ausgelösten bzw. die Anzahl der gleichzeitig aktiven pyrotechnischen Einheiten 5 bestimmen. Ferner lässt sich die Abfolge der Auslösung der einzelnen pyrotechnischen Einheiten 6 festlegen.
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Die Auslösestrategie kann dabei unterschiedliche Schubleistungen und/oder unterschiedliche Schubrichtungen und/oder unterschiedliche Schubdauern der einzelnen pyrotechnischen Einheiten 5 berücksichtigen.
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Besonders zweckmäßig ist dabei vorgesehen, dass in der Auswerteeinrichtung 10 eine Klassifizierung der erfassten Kollisionshindernisse durchgeführt wird, wobei die Klassifizierung der Kollisionshindernisse nach dem jeweiligen Schadensrisiko für das jeweilige Hindernis und das Fahrzeug sowie der Fahrzeuginsassen erfolgt, sodass sich unterschiedliche Klassifizierungen bei unterschiedlichen Schadensrisiken für das Hindernis, das Fahrzeug und die Fahrzeuginsassen ergibt. Zweckmäßig erfolgt dann die Auswahl der geeigneten Auslösestrategie in der Auswahleinrichtung 11 abhängig von der ermittelten Klasse, wodurch die unterschiedlichen Schadensrisiken durch Auswahl einer geeigneten Auslösestrategie berücksichtigt werden können.
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Parallel wertet die Überwachungseinrichtung 14 während des Notbremsvorgangs weiterhin die Umfeld- und Fahrzeugparameter aus, um eine Risikokollision bzw. eine Risikokollisionsgefahr identifizieren zu können, die sich dadurch charakterisiert, dass sie mit einem vergleichsweise hohen Schadensrisiko für das jeweilige Hindernis einhergeht. Abhängig von einer erkannten Risikokollision bzw. Risikokollisionsgefahr kann die Überwachungseinrichtung 14 eine Abschaltung der pyrotechnischen Vorrichtung 2 initiieren. Hierzu kann die Überwachungseinrichtung 14 durch eine geeignete Ansteuerung der Steuerungseinrichtung 13 die Abschalteinrichtung 15 ansteuern. Die Abschalteinrichtung 15 kann bspw. durch Betätigen des in 2 gezeigten Abschaltelements 16 bei einer bereits ausgelösten, noch aktiven pyrotechnischen Einheit 5 den Schub bzw. Schubstrahl abschalten oder vernichten oder ablenken. Bspw. kann das Abschaltelement 16, das bspw. als Klappe ausgebildet sein kann, in den Schubstrahl hineinverstellt werden, um eine Ablenkung des Schubstrahls oder eine Abdeckung und somit vollständige Vernichtung des Schubstrahls zu bewirken. Alternativ kann die Abschalteinrichtung 15 auch lediglich eine Treibstoffzufuhr der jeweiligen aktiven pyrotechnischen Einheit 5 unterbrechen bzw. beenden. Des Weiteren kann die Überwachungseinrichtung 14 die Steuereinrichtung 13 so ansteuern, dass diese eine noch nicht ausgelöste pyrotechnische Einheit 5 deaktiviert, sodass diese nicht mehr aktiviert bzw. ausgelöst werden kann, obwohl dies die jeweilige Auslösestrategie möglicherweise noch vorsehen würde.
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Gemäß 2 kann die Abschalteinrichtung 15 das bspw. als Klappe ausgestaltete Abschaltelement 16 zum Verstellen betätigen. Im gezeigten Beispiel sind drei pyrotechnische Einheiten 5 bzgl. der Fahrzeuglängsrichtung hintereinander an der jeweiligen Fahrzeugseite angeordnet. Diese können – wie erläutert – unterschiedliche Schubleistungen und/oder unterschiedliche Schubrichtungen und/oder unterschiedliche Schubdauern besitzen. Ferner lassen sich die drei Einheiten 5 individuell auslösen, bspw. gleichzeitig oder nacheinander. Die pyrotechnischen Einheiten 5 besitzen jeweils eine Austrittsdüse 18, durch welche der Schubstrahl nach oben und nach vorn austritt, um einen nach unten und nach hinten orientierten Schub zu erzeugen, wobei der nach unten gerichtete Schub zur Erhöhung der Radlast, der nach hinten orientierte Schub zur Erzeugung einer Kraft entgegen der Bewegungsrichtung vorgesehen ist, Den drei Austrittsdüsen 18 ist das Abschaltelement 16 gemeinsam zugeordnet. Es kann mit Hilfe einer entsprechenden Betätigungseinrichtung in den Schubstrahl hineinbewegt werden, um diesen abzulenken. Ebenso ist es möglich, das jeweilige Abschaltelement 16 soweit zu verstellen, dass es die Austrittsdüsen 18 weitgehend verdeckt, um so den Schubstrahl hinsichtlich der Schubwirkung zu vernichten. Zweckmäßig ist auf beiden Fahrzeugseiten symmetrisch jeweils ein derartiges Abschaltelement 16 vorgesehen, wobei die Abschaltelemente 16 synchron und gleichartig betätigt werden, um im Falle einer Schubablenkung keine resultierende Querkraft am Fahrzeug 1 zu erzeugen. Vielmehr sollen mit Hilfe des Abschaltelements 16 die Schubstrahlen bspw. jeweils nach außen abgelenkt werden, sodass sich die dabei entstehenden Querkräfte auf beiden Seiten des Fahrzeugs 1 dann aufheben, da sie entgegengesetzt wirken.