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Die Erfindung betrifft ein Spurwechselassistenzsystem für Kraftfahrzeuge für einen Spurwechsel eines Egofahrzeuges von seiner Eigenfahrspur auf eine Zielfahrspur mit einer Umfelderfassungseinheit, die zum Erfassen von in der Umgebung des Egofahrzeuges befindlichen Fremdfahrzeugen und deren jeweiliger Fahrzeugzustand eingerichtet ist.
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Bei der Bewältigung der Fahraufgabe durch den Fahrzeugführer im Straßenverkehr kommen immer mehr Assistenzsysteme in Kraftfahrzeugen zum Einsatz, die den Fahrer bei der Bewältigung seiner Fahraufgabe unterstützen oder sogar selbstständig einen Teilbereich der Fahraufgabe übernehmen sollen. Da das System Straßenverkehr jedoch geprägt ist durch ein hohes Maß an Nicht-Linearität und Nichtdeterminismus, befindet sich auch heute noch der Bereich des autonomen Fahrens im experimentellen Stadium.
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Insbesondere beim Spurwechsel eines Fahrzeuges stoßen die bekannten Systeme schnell an ihre Grenzen, da die Durchführung des Spurwechsels ein komplexer Handlungsschritt ist, der aus einer Vielzahl von einzelnen Handlungs- und Überwachungsschritten zu einem großen komplexen Handlungsschritt zusammengesetzt werden muss. Bereits kleinste Änderungen in dem gesamten Szenario können den Handlungsablauf bei der Durchführung des Spurwechsels grundlegend verändern.
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Aus der
DE 10 2007 008 517 A1 ist ein Spurwechselgeschwindigkeitsassistenzsystem für Fahrzeuge bekannt, mit dem eine Geschwindigkeitsvorgabe für den gewollten Spurwechsel ermittelt wird. Hierfür wird zunächst eine Spurwechselabsicht durch das Assistenzsystem erkannt. Anschließend werden die Positionen und Geschwindigkeiten der Fremdfahrzeuge relativ zu dem eigenen Fahrzeug bestimmt, wobei sich die Fremdfahrzeuge auf der Spur befinden, auf die das eigene Fahrzeug überzuwechseln beabsichtigt. Anschließend wird aus diesen Daten die Geschwindigkeitsvorgabe für den Spurwechsel berechnet, so dass sich ein optimaler und sicherer Spurwechsel ergibt. Diese Geschwindigkeitsvorgabe kann dann beispielsweise auf einem Ausgabegerät innerhalb des eigenen Fahrzeuges ausgegeben werden oder direkt als Steuerparameter für weitere Assistenzsysteme zur Verfügung gestellt werden.
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Aus der
DE 101 14 187 A1 ist beispielsweise ein Verfahren zur Unterstützung eines Überholvorganges bekannt, bei dem die Abstände zu den auf der Überholspur befindlichen Fahrzeuge kontinuierlich gemessen und die Überholgeschwindigkeit in Abhängigkeit von diesen gemessenen Abständen berechnet wird.
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Aus der
DE 10 2005 036 714 A1 ist des Weiteren ein Verfahren zur Unterstützung des Fahrers bei einem Spurwechsel bekannt, bei dem sowohl Fahrzeuge auf der momentanen Fahrspur als auch Fahrzeuge auf der Zielfahrspur detektiert werden und Unterstützungsmaßnahmen des Fahrers dann eingeleitet werden, wenn erkannt wird, dass ein Spurwechsel bevorsteht oder durchgeführt wird, der zu einer Verkehrsgefährdung führen würde. Allerdings werden keine Unterstützungsmaßnahmen eingeleitet, wenn erkannt wurde, dass ein wesentlicher Teil der Erfassungsbereiche der Sensoren zur Detektion der Fremdfahrzeuge abgeschattet sind, so dass kein optimales Lagebild ermittelt werden konnte.
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Aus der
DE 10 2004 029 369 A1 ist des Weiteren ein Spurwechselassistent für Kraftfahrzeuge bekannt, der mit Hilfe einer Umfeldsensorik andere Verkehrsteilnehmer zumindest auf einer Nebenspur erfasst. Mittels einer Entscheidungseinrichtung wird dann festgestellt, ob ein Spurwechselwunsch des Fahrers anzunehmen ist, so dass ein Beschleunigungsbefehl an ein Geschwindigkeitsregelsystem ausgegeben werden kann. Dazu wird aus den Daten der Umfeldsensorik ein Fenster für ein gefahrloses Einscheren auf die Nebenspur ermittelt und eine an dieses Fenster angepasste Beschleunigungsstrategie einschließlich des Zeitpunktes für den Beschleunigungsbeginn berechnet, so dass ein Einscheren auf die Nebenspur ohne Risiko möglich ist.
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Aus der
DE 10 2005 023 185 A1 ist darüber hinaus ein Spurwechselassistenzsystem für Kraftfahrzeuge bekannt, das mittels einer Überwachungseinrichtung zur Überwachung des Verkehrs im Vorfeld und im Rückraum des eigenen Fahrzeuges eingerichtet ist. Für die Entscheidung, ob ein Spurwechsel gefahrlos möglich ist, wird die zeitliche Entwicklung von Fahrzeugabständen vorausberechnet und eine Empfehlung für den Spurwechsel dann ausgegeben, wenn dieser Spurwechsel aufgrund der vorausberechneten Abständen gefahrlos möglich ist.
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Um auch bei komplexen Fahrsituationen dem Fahrzeugführer eine optimale Handlungsempfehlung für einen Spurwechsel geben zu können, ist es Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein verbessertes Spurwechselassistenzsystem für Kraftfahrzeuge anzugeben, das insbesondere auch bei Vorliegen mehrerer Lücken für den Spurwechsel eine optimale Handlungsempfehlung gibt.
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Die Aufgabe wird gelöst mit dem eingangs genannten Spurwechselassistenzsystem, das erfindungsgemäß aufweist:
- – eine Lückenermittlungseinheit, die zum Ermitteln mindestens einer Einscherlücke auf der Zielfahrspur in Abhängigkeit von den erfassten Fremdfahrzeugen und deren jeweiliger Fahrzeugzustand eingerichtet ist,
- – eine Spurwechseleinheit, die eingerichtet ist,
- – für jede ermittelte Einscherlücke, ausgehend von der Position des Egofahrzeuges, eine Mehrzahl von Zieltrajektorien bezüglich verschiedener Zielpositionen innerhalb der jeweiligen Einscherlücke zu bestimmen,
- – einen longitudinalen Aktionsraum des Egofahrzeuges in Abhängigkeit von fahrdynamischen Eigenschaften des Egofahrzeuges zu ermitteln, und
- – für jede Zieltrajektorie eine Trajektorienbewertung in Abhängigkeit von dem ermittelten longitudinalen Aktionsraum unter Berücksichtigung von prädizierten Fahrzeugzuständen zum Zeitpunkt des Erreichens der Zielposition der jeweiligen Zieltrajektorien zu berechnen, und
- – eine Ausgabeneinheit, die zur Ausgabe der Trajektorienbewertungen der Zieltrajektorien an den Fahrzeugführer und/oder an eine Steuereinrichtung des Egofahrzeuges ausgebildet ist.
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Erfindungsgemäß wird somit vorgeschlagen, dass das Spurwechselassistenzsystem eine Umfelderfassungseinheit aufweist, die andere Fremdfahrzeuge in der Umgebung des Egofahrzeuges erfasst sowie deren jeweiligen Fahrzeugzustand. So kann bei optimalen Bedingungen mit Hilfe einer entsprechenden Sensorik, die mit der Umfelderfassungseinheit über eine Schnittstelle verbunden ist, jedes Fremdfahrzeug in der Umgebung des Egofahrzeuges erfasst und für jedes erfasste Fremdfahrzeug der jeweilige Fahrzeugzustand ermittelt werden. Die hierfür notwendigen Daten können beispielsweise auch aus dem internen Bussystem eines Kraftfahrzeuges abgegriffen werden.
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Ein solcher Fahrzeugzustand, der mit Hilfe der Umfelderfassungseinheit erfasst werden kann, kann beispielsweise die Position des Fahrzeuges sein. Darüber hinaus können weitere Fahrzeugzustände, wie beispielsweise die Geschwindigkeit, Beschleunigungs- oder Verzögerungswerte sowie die Relativgeschwindigkeit zu dem Egofahrzeug als Fahrzeugzustand eines Fremdfahrzeuges ermittelt werden.
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Mit Hilfe einer zu dem Spurwechselassistenzsystem gehörenden Lückenermittlungseinheit wird nun aus den erfassten Fremdfahrzeugen und deren jeweiliger Fahrzeugzustand mindestens eine Einscherlücke auf der Zielfahrspur ermittelt. So kann im einfachsten Fall aus der aktuellen Position der Fremdfahrzeuge auf der Zielfahrspur die Abstände der einzelnen Fremdfahrzeuge zueinander ermittelt und somit diejenigen Lücken selektiert werden, die für einen Spurwechsel geeignet sind. Denkbar ist aber auch, dass weitere Informationen über den Fahrzeugzustand, wie beispielsweise Geschwindigkeit, Beschleunigungs- und Verzögerungswerte sowie Relativgeschwindigkeit zum Egofahrzeug, bei der Ermittlung einer geeigneten Einscherlücke berücksichtigt werden.
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Mittels einer Spurwechselbewertungseinheit erfolgt nun eine Bewertung hinsichtlich des gewünschten Spurwechsels, so dass sich eine optimale Spurwechselstrategie als Handlungsempfehlung ableiten lässt. Hierfür bestimmt die Spurwechselbewertungseinheit zunächst für jede ermittelte Einscherlücke, ausgehend von der Position des Egofahrzeuges, eine Mehrzahl von Zieltrajektorien bezüglich verschiedener Zielpositionen innerhalb der jeweiligen Einscherlücke. Es ergeben sich somit für jede Einscherlücke mehrere Zielpositionen, auf die ein Spurwechsel, ausgehend von der aktuellen Position des Egofahrzeuges, durchgeführt werden kann. Für jede dieser Zielpositionen ergibt sich darüber hinaus eine entsprechende Zieltrajektorie, die den Spurwechselweg beschreibt.
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Parallel dazu ermittelt die Spurwechselbewertungseinheit den longitudinalen Aktionsraum des Egofahrzeuges in Abhängigkeit von seinen fahrdynamischen Eigenschaften, insbesondere in Längsrichtung. Ein derartiger longitudinaler Aktionsraum kann beispielsweise unter Berücksichtigung der maximalen Beschleunigungswerte und der maximalen Verzögerungswerte des Egofahrzeuges, ausgehend von seiner aktuellen Geschwindigkeit, aufgebaut werden. Anschließend wird für jede ermittelte Zieltrajektorie eine Bewertung berechnet, und zwar in Abhängigkeit von dem zuvor ermittelten longitudinalen Aktionsraum des Egofahrzeuges und unter Berücksichtigung von prädizierten Fahrzeugzuständen zum Zeitpunkt des Erreichens der Zielposition der jeweiligen Zieltrajektorien. Mit Hilfe des longitudinalen Aktionsraumes lässt sich somit beispielsweise der Zeitpunkt des Erreichens der jeweiligen Zielposition berechnen, sowie die prädizierten Fahrzeugzustände sowohl der Fremdfahrzeuge als auch des Egofahrzeuges zu diesem Zeitpunkt. Hieraus lässt sich dann eine Bewertung der jeweiligen Trajektorie berechnen, die beispielsweise angibt, wie optimal der Spurwechsel hinsichtlich der Sicherheit auf die entsprechende Zielposition der Trajektorie ist.
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Befindet sich die Zielposition beispielsweise dicht hinter einem vorausfahrenden Fahrzeug auf der Zielspur, so ist es hinsichtlich der Bewertung der Sicherheit weniger optimal, wenn diese Zielposition mit einer hohen Differenzgeschwindigkeit zwischen Egofahrzeug und Fremdfahrzeug erreicht wird. Ist die Differenzgeschwindigkeit zwischen dem Fremdfahrzeug und dem Egofahrzeug beim Erreichen der Zielposition allerdings verschwindend gering, so kann dies eine wesentlich höhere Bewertung erhalten.
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Diese Trajektorienbewertungen, die für jede Trajektorie einzeln durchgeführt werden, werden nun mit Hilfe einer Ausgabeeinheit an den Fahrzeugführer und/oder an eine Steuereinrichtung des Egofahrzeuges ausgegeben, so dass entweder eine entsprechende Handlungsempfehlung für den Fahrzeugführer gegeben werden kann oder andere Steuerungssysteme des Kraftfahrzeuges den Spurwechsel zumindest teilweise autonom durchführen können.
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Besonders vorteilhaft ist es nun, wenn die Spurwechselbewertungseinheit den longitudinalen Aktionsraum des Egofahrzeuges unter Zugrundelegung eines maximalen Beschleunigungswertes und eines maximalen Verzögerungswertes als fahrdynamische Eigenschaften des Egofahrzeuges ermittelt. Somit lassen sich, ausgehend von der Momentangeschwindigkeit des Egofahrzeuges, maximale Werte für die Beschleunigung und für die Verzögerung festlegen, so dass beispielsweise Einscherlücken, die außerhalb dieser maximalen Werte liegen, von dem Fahrzeug von vorneherein nicht erreicht werden können und somit keine Bewertung oder zumindest eine maximal schlechte Bewertung erhalten. Der longitudinale Aktionsraum kann somit die verschiedenen erreichbaren Geschwindigkeiten des Egofahrzeuges über die Zeit prädizieren. Daraus lassen sich schließlich dann auch über die Zeit die möglichen erreichbaren Positionen und Entfernungen ableiten.
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Vorteilhafterweise wird der longitudinale Aktionsraum des Egofahrzeuges weiterhin auch in Abhängigkeit von einem vorausfahrenden Fremdfahrzeug auf der Eigenspur und dessen Fahrzeugzustand, den aktuellen Verkehrsregeln und/oder dem Fahrspurverlauf der Eigenfahrspur ermittelt. Denn findet sich ein vorausfahrendes Fremdfahrzeug auf der Eigenfahrspur, das mit langsamerer Geschwindigkeit als das Egofahrzeug fährt, so wird der longitudinale Aktionsraum des Egofahrzeuges durch dieses Fremdfahrzeug ebenfalls eingeschränkt. Gleiches gilt auch für den Fahrspurverlauf der Eigenfahrspur, die beispielsweise bei einem Beschleunigungsstreifen innerhalb eines fest vorgegebenen Weges verlassen werden muss. Aber auch die aktuell gültigen Verkehrsregeln in der Umgebung des Fahrzeuges können dazu führen, dass der longitudinale Aktionsraum entsprechend verkleinert werden muss, da Aktionen außerhalb der zulässigen Verkehrsregeln von vorneherein unterbunden werden sollen.
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Mittels des so aufgebauten longitudinalen Aktionsraumes des Egofahrzeuges kann dann für jede Zieltrajektorie beispielsweise der Zeitpunkt des Erreichens der Zielposition sowie der zu diesem Zeitpunkt bestehende Fahrzeugzustand, beispielsweise die Geschwindigkeit, ermittelt werden. Unter Berücksichtigung des Fahrzeugzustandes des Egofahrzeuges an der jeweiligen Zielposition zu dem Zeitpunkt des Erreichens sowie der Fahrzeugzustände der jeweiligen Fremdfahrzeuges zu diesem Zeitpunkt lässt sich dann die Zieltrajektorie entsprechend bewerten.
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Aus den Fahrzeugzuständen der Fremdfahrzeuge, wie beispielsweise Geschwindigkeitsinformationen und Positionsangaben der jeweiligen Fremdfahrzeuge als Fahrzeugzustände, lässt sich dann über die Zeit ein prädizierter Fahrzeugzustand ermitteln, der den Fahrzeugzustand zum Zeitpunkt des Erreichens der Zielpositionen prognostiziert. Mit Hilfe dieser prognostizierten Fahrzeugzustände der Fremdfahrzeuge sowie des Fahrzeugzustandes des Egofahrzeuges zum Zeitpunkt des Erreichens der Zielposition lässt sich dann die entsprechende Trajektorie für diese Zielposition bewerten. Aus diesen Bewertungen lässt sich dann die optimale Zieltrajektorie und somit die optimale Zielposition für die Einscherlücken ermitteln.
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Vorteilhafterweise werden die Trajektorienbewertungen durch die Ausgabeeinheit in Form einer Handlungsempfehlung an den Fahrzeugführer des Egofahrzeuges ausgegeben, so dass dieser die optimale Spurwechselstrategie angezeigt bekommt und dieser dann folgen kann, um beispielsweise dann ein optimal sicheres Ergebnis zu erlangen.
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Vorteilhafterweise kann aber auch eine Gesamtlückenbetrachtung bzw. Gesamtlückenbewertung durchgeführt werden, indem für jede ermittelte Einscherlücke die jeweiligen Zieltrajektorien und deren Trajektorienbewertungen zusammengefasst werden. Dadurch kann beispielsweise erreicht werden, dass einer Einscherlücke der Vorrang gegeben wird, die eine Vielzahl von mittelmäßig bewerteten Zieltrajektorien hat, anstelle einer Einscherlücke, die lediglich eine einzige Zieltrajektorie als gut bewertet hat und alle anderen Zieltrajektorien als schlecht.
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Darüber hinaus ist es ganz besonders vorteilhaft, wenn das Spurwechselassistenzsystem derart eingerichtet ist, dass es kontinuierlich eine Trajektorienbewertung zur Lückenanalyse durchführt, so dass beispielsweise dem Fahrzeugführer permanent die optimale Einscherlücke und Einscherposition angezeigt werden kann. Hierfür werden die notwendigen Informationen permanent von den Systemen erfasst und bereitgestellt, so dass beispielsweise durch den sich ändernden longitudinalen Aktionsraum sowie der Veränderung der Fahrzeugzustände der Fremdfahrzeuge und des Egofahrzeuges permanent auf die sich ändernden Situationen reagiert werden kann. Somit kann zu jedem Zeitpunkt die optimale Spurwechselstrategie ermittelt werden.
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Die Erfindung wird anhand der beigefügten Zeichnungen beispielhaft näher erläutert. Es zeigen:
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1 – schematischer Aufbau des erfindungsgemäßen Spurwechselassistenzsystems,
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2 – schematische Darstellung eines Ausführungsbeispiels mit zwei Einscherlücken,
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3 – schematische Darstellung des longitudinalen Aktionsraumes,
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4a bis 4c – beispielhafte Trajektorienbewertungen.
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1 zeigt schematisch den Aufbau des erfindungsgemäßen Spurwechselassistenzsystems 1. Das Spurwechselassistenzsystem 1 weist eine Umfelderfassungseinheit 2 auf, die zum Erfassen von in der Umgebung des Egofahrzeuges befindlichen Fremdfahrzeugen und deren jeweiliger Fahrzeugzustand eingerichtet ist. Das Erfassen der Fahrzeuge sowie deren Fahrzeugzustände kann beispielsweise mit Hilfe einer Sensorik 3 erfolgen, die mit der Umfelderfassungseinheit 2 über eine Schnittstelle kontaktiert ist. Die notwendigen Daten können aber auch von der Umfelderfassungseinheit 2 aus dem Bussystem 4 des Fahrzeuges, mit dem die Umfelderfassungseinheit 2 über eine Schnittstelle verbunden ist, abgegriffen werden.
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Die so von der Umfelderfassungseinheit 2 erfassten Daten, d. h. die Fremdfahrzeuge sowie deren jeweiliger Fahrzeugzustand werden dann zur weiteren Berechnung an eine Lückenermittlungseinheit 5 übertragen, die zum Ermitteln mindestens einer Einscherlücke auf der Zielfahrspur, auf die das Egofahrzeug zu wechseln beabsichtigt, in Abhängigkeit von den erfassten Fremdfahrzeugen mit deren jeweiligem Fahrzeugzustand eingerichtet ist. Als Fahrzeugzustand im Sinne der vorliegenden Erfindung werden Informationen angesehen, die den Zustand des Fahrzeuges repräsentieren, wie beispielsweise die Position des Fahrzeuges, die Geschwindigkeit des Fahrzeuges, Beschleunigungs- oder Verzögerungswerte des Fahrzeuges sowie auch die Relativgeschwindigkeit zu dem Egofahrzeug. Mit Hilfe der Position der Fremdfahrzeuge als eine Information über den Fahrzeugzustand lässt sich dabei von der Lückenermittlungseinheit 5 die entsprechenden Einscherlücken auf der Zielfahrspur ermitteln, die zum Einscheren auf diese Zielfahrspur genutzt werden können.
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Sowohl die Daten der Umfelderfassungseinheit 2 als auch die Daten der Lückenermittlungseinheit 5 werden an eine Spurwechselbewertungseinheit 6 weitergeleitet, die dann eine entsprechende Bewertung des Spurwechsels vornimmt. Hierfür werden zunächst für jede in der Lückenermittlungseinheit 5 ermittelten Einscherlücke entsprechende Zieltrajektorien bezüglich einer Mehrzahl von Zielpositionen innerhalb einer Einscherlücke ermittelt, auf die das Egofahrzeug auf die Zielfahrspur überwechseln kann. Parallel dazu wird der longitudinale Aktionsraum des Egofahrzeuges in Abhängigkeit von fahrdynamischen Eigenschaften des Egofahrzeuges aufgebaut. Die Spurwechselbewertungseinheit 6 ist nun derart eingerichtet, dass sie die einzelnen Zieltrajektorien in Abhängigkeit von dem longitudinalen Aktionsraum unter Berücksichtigung der Fahrzeugzustände, wie sie zum Zeitpunkt des Erreichens der jeweiligen Zielposition der Trajektorie vorliegen würden, bewertet, so dass für jede Zieltrajektorie am Ende eine Trajektorienbewertung vorliegt.
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Die Bewertung erfolgt dabei derart, dass sie unter Berücksichtigung der Umstände angibt, wie sinnvoll bzw. auch sicher der Spurwechsel auf dieser Zieltrajektorie ist.
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Die Trajektorienbewertungen können nun auf einer Ausgabeeinheit 7 dem Fahrzeugführer ausgegeben werden, um ihn beispielsweise eine entsprechende Handlungsempfehlung für den Spurwechsel anzuzeigen. Die Ausgabe kann allerdings auch an eine Steuereinrichtung 8 des Fahrzeuges ausgegeben werden, damit beispielsweise der Spurwechsel autonom durch das Egofahrzeug selbst durchgeführt wird oder zumindest den Fahrzeugführer beim Spurwechsel entsprechend unterstützt.
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Anhand des Beispiels der 2 soll noch einmal die Funktionsweise des Spurwechselassistenzsystems der vorliegenden Erfindung kurz erläutert werden.
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Ein Egofahrzeug 21 befindet sich auf seiner Eigenfahrspur 22 und beabsichtigt, auf die Zielfahrspur 23 überzuwechseln. Sowohl auf der Eigenfahrspur 22 als auch auf der Zielfahrspur 23 befinden sich Fremdfahrzeuge 24, 25a bis 25c. Das Fremdfahrzeug 24 befindet sich dabei auf der gleichen Fahrspur 22 wie das Egofahrzeug 21, während die Fremdfahrzeuge 25a bis 25c auf der Zielfahrspur 23 unterwegs sind.
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Zunächst werden die möglichen Einscherlücken 26a und 26b ermittelt. Die Einscherlücke 26a befindet sich dabei zwischen den Fremdfahrzeugen 25a und 25b, während die Einscherlücke 26b zwischen den Fremdfahrzeugen 25b und 25c ermittelt wird. Innerhalb jeder dieser Einscherlücken 26a und 26b lassen sich Zielpositionen A1 bis A5, B1 bis B5 bestimmen, die bei einem Spurwechsel als Fahrziel angesehen werden können. Für jede dieser Zielpositionen A1 bis A5, B1 bis B5 der jeweiligen Einscherlücken 26a, 26b lassen sich nun Trajektorien ermitteln, auf denen das Egofahrzeug 21 von seiner Eigenfahrspur 22 auf die Zielfahrspur 23 dem Ziel der entsprechenden Zielposition überwechseln kann. Die Darstellung der Lücken 26a, 26b und deren jeweilige Zielpositionen A1 bis A5, B1 bis B5 wird dabei auch als Lückenband 27 bezeichnet.
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Mittels dem weiter untenstehend noch erläuterten longitudinalen Aktionsraum des Egofahrzeuges 21 lässt sich nun für jede Trajektorie auf die Zielposition eine Trajektorienbewertung durchführen, wobei dabei die Fahrzeugzustände der Fremdfahrzeuge 25a bis 25c zum Zeitpunkt des Erreichens der jeweiligen Zielposition prognostiziert und somit berücksichtigt werden.
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Somit ergibt sich für jede Zielposition A1 bis A5, B1 bis B5 und deren jeweilige Trajektorie, ausgehend von der Position des Egofahrzeuges 21, eine entsprechende Trajektorienbewertung, die dann als Handlungsempfehlung dem Fahrzeugführer dargestellt oder einem Steuergerät zur autonomen Steuerung des Egofahrzeuges 21 zugeführt werden kann.
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3 zeigt in den beiden Diagrammen den longitudinalen Aktionsraum des Egofahrzeuges, der letztendlich den möglichen Aktionsraum unter Verwendung der längsdynamischen Fähigkeiten des Fahrzeuges beschreibt. In 3 sind dabei einmal im oberen Diagramm die möglichen Geschwindigkeiten über die Zeit als longitudinaler Aktionsraum gezeigt, während in dem unteren Diagramm die möglichen, erreichbaren Positionen über die Zeit dargestellt sind.
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Eine Möglichkeit, den longitudinalen Aktionsraum des Egofahrzeuges aufzubauen besteht darin, dass die maximalen Beschleunigungswerte und die maximalen Verzögerungswerte des Egofahrzeuges kombiniert werden. Hierfür ergibt sich dann einmal die nach unten geneigte Begrenzung 32 für den maximalen Verzögerungswert und die nach oben zeigende Begrenzung 33 für den maximalen Beschleunigungswert, ausgehend von der aktuellen Geschwindigkeit des Egofahrzeuges (in diesem Beispiel 25 m/s). Das Rautenmuster des longitudinalen Aktionsraumes 31 ergibt sich dabei aus der Annahme, dass für einen gewissen Zeitraum zunächst ein maximaler Beschleunigungswert angenommen wird, und dann für einen weiteren Zeitraum ein maximaler Verzögerungswert. So beschleunigt das Fahrzeug ausgehend von der 25 m/s Anfangsgeschwindigkeit zunächst für 0,2 Sekunden maximal und bremst dann mit der maximalen Verzögerung ab, so dass sich das dargestellte Rautenmuster ergibt, je nach Kombination.
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Darüber hinaus ist der longitudinale Aktionsraum nach oben ebenfalls begrenzt, was zum einen an den längsdynamischen Eigenschaften des Fahrzeuges begründet liegt, zum anderen aber auch durch weitere Umstände hervorgerufen wird. So ist, wie in 2 gezeigt, die Eigenfahrspur nicht frei, so dass der longitudinale Aktionsraum durch ein Fremdfahrzeug auf der Eigenfahrspur begrenzt wird. Aber auch die Geometrie der Fahrspur, auf der das Eigenfahrzeug momentan fährt, kann den longitudinalen Aktionsraum 31 begrenzen, genauso wie begrenzende Verkehrsregeln an der aktuellen Position des Egofahrzeuges.
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Aus diesem Grunde ist der longitudinale Aktionsraum in 3 nach oben hin beschränkt und flacht nach hinten wieder ab, so dass Zielpositionen außerhalb des longitudinalen Aktionsraumes 31 nicht erreicht werden können.
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Das untere Diagramm zeigt dabei die aus dem longitudinalen Aktionsraum 31 ableitbaren Positionen über die Zeit, die von dem Egofahrzeug erreicht werden können.
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Aus dem longitudinalen Aktionsraum 31 lassen sich nun für jede Zieltrajektorie unter Annahme der maximalen Beschleunigungs- und Verzögerungswerte des Egofahrzeuges die Zeitpunkte ermitteln, wann die Zielposition der jeweiligen Zieltrajektorie erreicht wird und welchen Fahrzeugzustand das Egofahrzeug dann hat (Position und Geschwindigkeit). Unter Berücksichtigung von prädizierten Fahrzeugzuständen der Fremdfahrzeuge zum Zeitpunkt des Erreichens der Zielpositionen der jeweiligen Zieltrajektorien lässt sich dann eine Bewertung durchführen, wie gut oder wie schlecht die entsprechende Trajektorie für den Spurwechsel, beispielsweise hinsichtlich der Sicherheit, ist.
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Als Ergebnis liegt dann für jede Zieltrajektorie eine Bewertung durch, die dann über das gesamte Lückenband abgetragen werden kann, so dass sich eine vollständige Bewertung der Gesamtsituation ableiten lässt. Dies ist beispielhaft in den 4a) bis 4c) gezeigt.
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In 4a) ist im oberen Diagramm die Bewertung der einzelnen Zieltrajektorien von 0 bis 1 abgetragen, so wie sich dies aus der darunter stehenden Situation ergeben würde. Das Egofahrzeug fährt dabei mit einer Geschwindigkeit von 25 m/s, während ein Fremdfahrzeug auf der Zielfahrspur mit einer geringeren Geschwindigkeit von 15 m/s fährt. Das Egofahrzeug hat nun zwei Möglichkeiten, entweder hinter dem Fremdfahrzeug einzuscheren oder zu beschleunigen und vor dem Fremdfahrzeug einzuscheren. Mit dem vorstehenden Spurwechselassistenzsystem erfolgt nun eine Bewertung der einzelnen Trajektorien für den Spurwechsel, wobei sich die höchste Bewertung an der aktuellen Position des Egofahrzeuges ergibt. Auf Höhe des Fremdfahrzeuges ist die Bewertung erwartungsgemäß 0, da hier ein sicheres Einscheren ohne einen Unfall nicht möglich wäre. Vor dem Zielfahrzeug einzuscheren wurde noch mit maximal 0,6 bewertet, wobei hier selbstverständlich auch der Fahrspurverlauf der eigenen Fahrspur mit berücksichtigt wurde.
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Die maximale Bewertung der Zieltrajektorie kann als Handlungsempfehlung an den Fahrzeugführer ausgegeben werden, so dass eine Spurwechselempfehlung hinter das Fremdfahrzeug empfohlen wird.
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4b) zeigt ein Beispiel, bei dem sich das Egofahrzeug fast auf Höhe des Fremdfahrzeuges auf der Zielfahrspur befindet und sich mit einer wesentlich höheren Geschwindigkeit als das Fremdfahrzeug bewegt. Ein Spurwechsel an der aktuellen Position wurde dabei von dem erfindungsgemäßen System korrekterweise als 0 bewertet, da dies zu einem Unfall führen würde. Das System bewertet jedoch das Einscheren vor dem Fremdfahrzeug als die beste Option, so dass auch hier wieder eine entsprechende Handlungsempfehlung ausgegeben werden kann.
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4c) zeigt ein Beispiel, bei dem sich das Fremdfahrzeug auf der Zielfahrspur mit einer höheren Geschwindigkeit bewegt, als das Egofahrzeug auf der Eigenfahrspur. Ein Einscheren vor dem Fremdfahrzeug auf der Zielfahrspur wurde daher von dem erfindungsgemäßen System mit 0 bewertet und somit nicht empfohlen. Unter Berücksichtigung aller zuvor genannten Umstände wurde ein Spurwechsel an der aktuellen Position als beste Handlung bewertet.
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Durch diese Darstellung kann dem Fahrzeugführer beispielhaft eine Gesamtlückenbewertung angezeigt werden, aus der er ableiten kann, welche Einscherlücke und insbesondere welche Zielposition innerhalb der Einscherlücke der beste Weg ist, einen sicheren Spurwechsel durchzuführen. Mit Hilfe des longitudinalen Aktionsraumes lässt sich der mögliche Zustandsraum des Egofahrzeuges in Längsrichtung darstellen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102007008517 A1 [0004]
- DE 10114187 A1 [0005]
- DE 102005036714 A1 [0006]
- DE 102004029369 A1 [0007]
- DE 102005023185 A1 [0008]