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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Vermeidung von Längsschwingungen eines Fahrzeuges mit den Merkmalen des Patentanspruches 1.
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Bei plötzlichen Änderungen des Antriebsdrehmomentes eines Fahrzeuges entstehen bekannterweise Längsschwingungen, die von den Insassen als Ruckeln wahrgenommen werden. In der Vergangenheit gab es zahlreiche Versuche, diese Längsschwingungen zu unterdrücken. Beispielsweise aus der
DE4321333A1 ist es vorbekannt, das Fahrerwunschsignal nach einer vom Getriebegang abhängigen Filterung einem Drosselklappensteller zuzuführen. D. h. der Drosselklappensteller reagiert verzögert, einer bestimmten Funktion folgend, dem Fahrerwunsch. Zum gleichen Zweck können auch Maßnahmen vorgesehen sein, die den Fahrerwunsch nur schrittweise bzw. rampenförmig an das jeweils leistungsbestimmende Organ der Verbrennungskraftmaschine weiterleiten. Vorbekannt sind außerdem Regelungsfunktionen, die ein zu einer Drehzahlschwingung gegenphasiges Drehmoment erzeugen, d. h. so genannte Antiruckelfunktionen. Die Reduzierung der Momentengradienten führt jedoch zu einer Abnahme der Spontaneität des Fahrzeuges, da das gewünschte Drehmoment erst zu einem späteren Zeitpunkt erreicht wird. Die Antiruckelfunktion hingegen reagiert erst auf eine bereits bestehende Schwingung, kann diese also lediglich reduzieren, aber nicht vollständig vermeiden. Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zur Vermeidung von Längsschwingungen eines Fahrzeuges bereitzustellen, das möglichst keinen Einfluss auf die Spontaneität des Fahrzeuges hat und nicht auf bereits bestehenden Längschwingungen des Fahrzeuges aufbaut. Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass das Fahrerwunschsignal beim Betrieb des Fahrzeuges einer Bearbeitung mittels eines funktionalen Zusammenhanges unterzogen wird, der dadurch gebildet wird, dass das Fahrzeug als lineares System mit einer zugehörigen Übertragungsfunktion mit Polstellen aufgefasst wird und durch Einfügen von Nullstellen die Polstellen der Übertragungsfunktion kompensiert werden, so dass der funktionale Zusammenhang frei wählbare Parameter für die Eigenfrequenz und die Dämpfung des Fahrzeugs als lineares System umfasst. Mit anderen Worten werden erfindungsgemäß nicht wie aus dem Stand der Technik vorbekannt z. B. mittels eines Tiefpassfilters hochfrequente Anteile des Anregungssignals entfernt und somit die gesamte Dynamik des Systems reduziert, sondern es werden gezielt nur die Anteile im Bereich der Eigen- bzw. Ruckelfrequenz des Fahrzeuges gedämpft und die höher- und/oder niedrigerfrequenten Anteile bleiben erhalten. Noch anders gesagt, wird mittels des funktionalen Zusammenhanges der Fahrerwunsch so manipuliert, dass die Längsschwingungen gar nicht erst angeregt werden und eine weitere Filterung überflüssig ist. Dadurch, dass erfindungsgemäß keine frequenzorientierte Filterung des Fahrerwunschsignals erfolgt, wird die Spontaneität des Fahrzeuges nicht unnötig vermindert bzw. wird durch die erfindungsgemäße Vorauskorrektur des Fahrerwunschmomentsignals im laufenden Betrieb des Fahrzeuges ein Fahrzeugruckeln von vornherein verhindert. Zusammengefasst wird erfindungsgemäß der Zielkonflikt zwischen Ruckelfreiheit und gutem Ansprechverhalten aufgelöst. Gemäß der vorliegenden Erfindung kann ferner eine mitunter recht aufwändig zu erstellende und zu parametrierende Funktion zur Erkennung der Dynamik des Fahrerwunschmomentes entfallen, da das erfindungsgemäße Verfahren keinen Trigger benötigt bzw. während des Betriebes des Fahrzeuges ständig aktiv sein kann. Die frei wählbaren Parameter für die Eigenfrequenz und die Dämpfung des funktionalen Zusammenhanges zur Bearbeitung des Fahrerwunschsignals werden bevorzugt während der Entwicklung/Applikation des jeweiligen Fahrzeuges einmalig bestimmt. Für eine weitere Verbesserung können die Parameter des funktionalen Zusammenhanges zur Bearbeitung des Fahrerwunschsignals erfindungsgemäß abhängig von der eingestellten bzw. gewählten Getriebeübersetzung des jeweiligen Fahrzeuges während des Betriebes variiert werden. Das ist insbesondere für die Eigenfrequenz als Parameter des funktionalen Zusammenhanges zur Bearbeitung des Fahrerwunschsignals zweckmäßig, da die Ruckelfrequenz übersetzungsabhängig ist.
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Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen sind den abhängigen Patentansprüchen und dem nachfolgenden Ausführungsbeispiel zu entnehmen.
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Dabei zeigen:
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1: das Gesamtsystem bestehend aus dem Fahrzeugersatzmodell (G1(p)) und dem mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens gewonnenen funktionalen Zusammenhang (GF(p)),
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2: die Sprungantwort eines Systems zweiter Ordnung,
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3: die gedämpfte Schwingung am Ausgang eines über Rampen gefilterten Systems,
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4: den Ausgang eines Systems, das mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens gewonnenen funktionalen Zusammenhanges bearbeitet wurde,
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5: Sprungantwort des mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens gewonnenen funktionalen Zusammenhanges,
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6: ein Funktionsschaltbild zu dem erfindungsgemäßen Verfahren.
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Die Längsschwingung eines Fahrzeuges lässt sich auf ein Feder-Masse-System zurückführen. Ein Feder-Masse-System in der Mechanik entspricht einer PT2-Strecke in der Regelungstechnik bzw. einem (Tiefpass-)System zweiter Ordnung in der Nachrichtentechnik.
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Die Übertragungsfunktion (normiert auf 1) lautet:
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Die Übertragungsfunktion hat zwei konjugiert-komplexe Pole bei
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Im Folgenden wird das Motordrehmoment betrachtet. Da hier von einem linearen System ausgegangen wird, lassen sich andere Momente (z. B. das Radmoment) über die entsprechenden Übersetzungsverhältnisse ermitteln.
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Wird das System mit einem Momentensprung, d. h. mit einem Fahrerwunsch (y(t)), am Eingang angeregt, so erhält man am Ausgang die Sprungantwort (z(t)) eines Systems zweiter Ordnung, siehe 2. Wenn, wie aus dem Stand der Technik vorbekannt, der sprungförmige Fahrerwunsch z. B. über Momentenrampen gefiltert wird, ergibt sich eine stärker gedämpfte Schwingung am Ausgang, siehe 3. Erfindungsgemäß soll nun ausgehend vom gegebenen System ein neues Systemverhalten erreicht werden. Dieses System soll prinzipiell ein frei definierbares Verhalten aufweisen. Der gesuchte funktionale Zusammenhang zur Bearbeitung des Fahrerwunschmomentes muss also das ursprüngliche Systemverhalten eliminieren und gleichzeitig das neue Verhalten bewirken. Hierzu werden erfindungsgemäß zunächst die vorhandenen Polstellen durch Einfügen von Nullstellen kompensiert. Die zugehörige Übertragungsfunktion lautet: K1(p) = 1 + 2d1T1p + T1 2p2
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Um auf ein neues System zweiter Ordnung zu gelangen, muss eine entsprechende Übertragungsfunktion vorgegeben werden:
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Die gesuchte Übertragungsfunktion des Systems hat somit die Form:
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Im folgenden Beispiel wird der auf Grundlage der gesuchten Übertragungsfunktion gebildete und im weiteren Verlauf noch genauer spezifizierte funktionale Zusammenhang zur Bearbeitung des Fahrerwunschsignals (x(t)) genutzt, um bei gleichbleibender Resonanzfrequenz eine höhere Dämpfung zu erzielen, so dass praktisch keine Ruckelschwingungen mehr entstehen. Am Ausgang des Gesamtsystems (1) entsteht demnach ein Signalverlauf (z(t)), der sich zügig dem stationären Endwert annähert, ohne Schwingungen mit großer Amplitude zu enthalten, wie in 4 gezeigt. D. h. in 4 wird das Verhalten des Gesamtsystems bestehend aus dem erfindungsgemäßen funktionalen Zusammenhang GF(p) und dem mechanischen System G1(p) (Fahrzeug) dargestellt. In 5 ist weiterhin die Sprungantwort (y(t)) des mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens gewonnenen funktionalen Zusammenhanges, d. h. das Fahrerwunschsignal nach seiner Bearbeitung durch diesen funktionalen Zusammenhang, gezeigt.
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Zum Vergleich der drei Fälle (keine Filterung, Rampen, neuer funktionaler Zusammenhang) werden in der folgenden Tabelle als charakteristische Größen die Zeiten bis zum Erreichen von 50% bzw. 100% des stationären Drehmomentes und das relative Überschwingen (z
rel) betrachtet.
Filter | t50 in s | t100 in s | zrel in % |
kein | 0,045 | 0,068 | 93 |
Rampe | 0,200 | 0,270 | 26 |
funktionaler Zusammenhang gemäß der vorliegenden Erfindung | 0,067 | 0,211 | 1 |
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Deutlich zu erkennen ist, dass durch die Bearbeitung des Fahrerwunschsignals mittels des funktionalen Zusammenhangs gegenüber einer Bearbeitung des Fahrerwunschsignals mittels einer Rampenfunktion hinsichtlich der Zeit, die vergeht bis 50% des stationären Drehmomentes erreicht sind, erheblich verkürzt ist, also die Spontaneität des Fahrzeuges sich nahezu auf dem Niveau ohne jede Beeinflussung des Fahrerwunschmomentes bewegt und dabei vor allem ein wesentlich geringeres relatives Überschwingen (zrel) auftritt, nämlich gerade mal 1% statt 26%. Hier zeigt sich die hervorragende Wirksamkeit des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Im Folgenden wird die praktische Umsetzung des erfindungsgemäßen Verfahrens dargestellt. Für die weitere Berechnung werden zunächst folgende Umformungen eingeführt:
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Die Übertragungsfunktion des neuen Systems wird dann zu:
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Schließlich wird der Vorfaktor als Konstante K
1 eingeführt:
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Um die Systemantwort im Zeitbereich zu ermitteln, wird der Weg der Z-Transformation gewählt. T
a ist die Abtastzeit. Weiterhin gilt:
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Um wieder auf eine Darstellung mit Frequenz f und Dämpfung d zu gelangen, wird gesetzt:
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Die Zusammenfassung des Exponentialterms E, des Cosinusterms C und des Sinusterms S schafft zunächst mehr Übersichtlichkeit. Ferner sind derart komplexe Formeln, wenn überhaupt, nur schwer mittels eines Mikrocomputers zu Steuerung/Regelung einer Antriebsmaschine innerhalb vertretbarer Zeit rechenbar. Damit lautet die Rekursionsformel im diskreten Zeitbereich: y(z) = K1 × (z) + [1 – E(C + S) + K1K2ES – K1(1 + EC)] × (z – 1) + [E(E – C + S) + K1E(C – K2S)] × (z – 2) ...
... + 2ECy(z – 1) – E2y(z – 2)
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Für eine weitere Rechenzeitersparnis ist es erfindungsgemäß auch möglich, die Kombinationen innerhalb der Rekursionsformel y(z), z. B. (1 – E(C + S) + K1K2ES – K1(1 + EC)), vorab zu berechnen und nur das Endergebnis zu speichern.
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Die oben genannte Rekursionsformel y(z) im diskreten Zeitbereich entspricht nun dem funktionalen Zusammenhang, mit dem erfindungsgemäß das Fahrerwunschsignal bearbeitet wird. Die Konstanten K1, K2, C, E und S, welche im Zusammenhang mit der Eigenfrequenz und der Dämpfung stehen, werden bei der Entwicklung/Applikation bestimmt und entsprechend einer Bedatung zu Grunde gelegt. 6 zeigt zur Verdeutlichung einer Anwendung der erfindungsgemäßen Bearbeitung des Fahrerwunschsignals ein Funktionsschaltbild. Derartige Darstellungen sind allgemein bekannt und dienen der Visualisierung von Verfahren, die in Verbindung mit einem Mikrocomputer zur Steuerung und Regelung der Antriebsmaschine eines Fahrzeuges vorgesehenen sind. Gemäß 6 wird einem Block A, der die Rekursionsformel y(z) umfasst, das Fahrerwunschmomentsignal x(z) zugeführt. Außerdem werden dem Block A die Konstanten K1, K2, C, E und S zugeführt, welche eine im Rahmen der Entwicklung/Applikation gewonnene Information zur Eigenfrequenz und Dämpfung des Fahrzeugssystems umfassen. Erfindungsgemäß können die Konstanten auch Kennlinien in Abhängigkeit der aktuellen Getriebeübersetzung i entnommen werden. Mittels der in Block A enthaltenen Rekursionsformel y(z) wird nun das Fahrerwunschsignal x(z) stets derart bearbeitet, dass ein Ruckeln des Fahrzeuges vermieden wird. Im weiteren Verlauf wird das mittels der Rekursionsformel y(z) bearbeitete Fahrerwunschsignal an ein leistungsbestimmendes Organ einer Antriebsmaschine weitergeleitet, also z. B. an die Drosselklappe einer Verbrennungskraftmaschine oder einen äquivalenten Leistungssteller bei einer Diesel- oder Elektromaschine bzw. einer Kombination aus Verbrennungs- und Elektromaschine.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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