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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines Kunststoffbauteils, beispielsweise einer Grundplatte für eine Skibindung.
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Zum Verbinden eines Skis oder Snowboards mit einem dazugehörigen Skischuh werden verschiedene Arten von Skibindungen eingesetzt. Insbesondere für Tourenskibindungen werden Grundplatten benötigt, welche üblicherweise als Kunststoffbauteile im Spritzgussverfahren hergestellt werden.
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Die mechanischen Eigenschaften der Grundplatte sind dabei durch deren Form und Größe sowie durch die Art des verwendeten Kunststoffmaterials festgelegt. Eine Anpassung der mechanischen Eigenschaften an unterschiedliche Anforderungen ist daher mit einem relativ hohen Aufwand verbunden, insbesondere sind unterschiedliche Werkzeuge vorzusehen.
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Es ist eine Aufgabe der Erfindung, bei der Herstellung von Kunststoffbauteilen der genannten Art eine größere Flexibilität hinsichtlich der mechanischen Eigenschaften zu ermöglichen.
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Die Lösung der Aufgabe erfolgt durch die Merkmale des Anspruchs 1. Erfindungsgemäß umfasst ein Verfahren zum Herstellen eines Kunststoffbauteils folgende Schritte:
- – Einspritzen eines ersten Kunststoffmaterials in eine Spritzgussform;
- – Erzeugen eines ersten Hohlraums in dem eingespritzten ersten Kunststoffmaterial durch ein erstes Einblasen eines unter Druck stehenden Gases in die Spritzgussform;
- – Einspritzen eines zweiten Kunststoffmaterials, das von dem ersten Kunststoffmaterial verschieden ist, in den erzeugten ersten Hohlraum, während das erste Kunststoffmaterial sich noch in der Spritzgussform befindet; und
- – Erzeugen eines zweiten Hohlraums zumindest in dem eingespritzten zweiten Kunststoffmaterial durch ein zweites Einblasen eines unter Druck stehenden Gases in die Spritzgussform.
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Auf diese Weise kann unter Anwendung eines Gasinnendruckverfahrens ein Verbundbauteil hergestellt werden, dessen mechanische Eigenschaften sich aus einer Kombination der mechanischen Eigenschaften der beiden verwendeten unterschiedlichen Kunststoffmaterialien sowie aus der Form und der Größe des zweiten Hohlraums ergeben. Durch Variation der Kunststoffsorten für das erste und das zweite Kunststoffmaterial sowie der Größe und der Formgebung der beiden Hohlräume können die mechanischen Eigenschaften des herzustellenden Bauteils in einem weiten Bereich an die jeweilige Anwendung angepasst werden. Von Vorteil ist hierbei insbesondere, dass eine Vielzahl von Bauteilen mit unterschiedlichen mechanischen Eigenschaften in ein und derselben Spritzgussform hergestellt werden kann. Hierbei kann das jeweilige Bauteil in einem einzigen Arbeitsgang gefertigt werden. Da das zweite Kunststoffmaterial bereits eingespritzt wird, während das erste Kunststoffmaterial sich noch in der Spritzgussform befindet, ist kein vollständiges Abkühlen der Spritzgussform zum Aushärten des ersten Kunststoffmaterials notwendig, wodurch auch der Zeitaufwand zum Herstellen des Bauteils beträchtlich verringert wird.
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Durch ein gemeinsames Auskühlen des ersten Kunststoffmaterials und des zweiten Kunststoffmaterials kann sich insbesondere eine stoffschlüssige Verbindung zwischen dem ersten Kunststoffmaterial und dem zweiten Kunststoffmaterial bilden, welche dem hergestellten Kunststoffbauteil eine besonders hohe Stabilität verleiht.
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Weiterbildungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen, der Beschreibung sowie der beigefügten Zeichnung angegeben.
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Gemäß einer Ausführungsform der Erfindung ist das erste Kunststoffmaterial transparent. Dies erlaubt eine Sichtprüfung des zweiten Kunststoffmaterials durch das erste Kunststoffmaterial hindurch.
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In dem ersten Kunststoffmaterial kann wenigstens eine Verankerungsöffnung erzeugt werden, in die ein Verankerungsvorsprung des zweiten Kunststoffmaterials eingreift. Auf diese Weise kann – alternativ oder zusätzlich zu einer stoffschlüssigen Verbindung – eine formschlüssige Verbindung zwischen dem ersten Kunststoffmaterial und dem zweiten Kunststoffmaterial erzeugt werden. Die Verankerungsöffnung und der Verankerungsvorsprung erstrecken sich vorzugsweise quer zu der Einblasrichtung.
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Das Kunststoffbauteil kann zwei Endabschnitte aufweisen, zwischen denen sich wenigstens ein länglicher Verbindungsabschnitt erstreckt, wobei der zweite Hohlraum zumindest in dem Verbindungsabschnitt erzeugt wird. Der Verbindungsabschnitt mit dem Hohlraum bildet somit einen flexiblen Mittenbereich des Kunststoffbauteils, wobei durch eine geeignete Kombination aus erstem Kunststoffmaterial und zweitem Kunststoffmaterial eine Einstellung und Optimierung der mechanischen Eigenschaften dieses Mittenbereichs möglich wird. Insbesondere können auf diese Weise die Festigkeit, die Elastizität, die Federkonstante und/oder das Rückstellverhalten einer Grundplatte für eine Skibindung angepasst werden. Obwohl der zweite Hohlraum vorzugsweise zumindest in dem Verbindungsabschnitt angeordnet ist, kann auch in einem oder beiden der Endabschnitte ein Hohlraum vorgesehen sein.
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Weiterhin kann das Kunststoffbauteil zwei längliche Verbindungsabschnitte aufweisen, die sich zwischen den zwei Endabschnitten beabstandet voneinander und parallel zueinander erstrecken. Bei den länglichen Verbindungsabschnitten kann es sich um zwei Längsstege handeln, die über einen Quersteg miteinander verbunden sind. Durch die Größe, die Form und die Anordnung der Längsstege und/oder des Querstegs können die Flexibilität und die Festigkeit des Mittenbereichs weiter angepasst werden.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung ist das erste Kunststoffmaterial im Wesentlichen lediglich entlang des oder der genannten Verbindungsabschnitte vorgesehen. Dies ist insbesondere dann vorteilhaft, wenn lediglich die mechanischen Eigenschaften des jeweiligen Verbindungsabschnitts – also des flexiblen Mittenbereichs – beeinflusst oder variiert werden sollen. In diesem Fall kann beispielsweise entlang der Endabschnitte das ursprünglich eingebrachte erste Kunststoffmaterial durch das erste Einblasen von Gas oder durch das Einspritzen des zweiten Kunststoffmaterials vollständig oder auch nur teilweise entfernt werden.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung werden die Menge des ersten Kunststoffmaterials und der Zeitpunkt des ersten Einblasens von Gas derart gewählt, dass durch das erste Einblasen von Gas ein Teil des ersten Kunststoffmaterials aus der Spritzgussform herausgedrängt wird, und die Menge des zweiten Kunststoffmaterials sowie der Zeitpunkt des zweiten Einblasens von Gas werden derart gewählt, dass durch das zweite Einblasen von Gas das zweite Kunststoffmaterial an die Innenwand der Spritzgussform und an das eingespritzte erste Kunststoffmaterial gepresst wird, ohne dass ein Teil des zweiten Kunststoffmaterials aus der Spritzgussform herausgedrängt wird. Beim ersten Einblasen von Gas wird somit Material aus der Kunststoffform ”herausgeschält”, wohingegen beim zweiten Einblasen von Gas lediglich das vorhandene Material innerhalb der Spritzgussform verteilt wird. Hierdurch ergibt sich eine besonders gute Reproduzierbarkeit der Materialverteilung im Inneren der Spritzgussform bzw. innerhalb des fertigen Bauteils.
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Das zweite Kunststoffmaterial kann einen Glasanteil aufweisen. Der Glasanteil kann dabei insbesondere für eine erhöhte Stabilität sorgen. Auf diese Weise kann z. B. das zweite Kunststoffmaterial eine Mindeststabilität über die gesamte Länge des Bauteils gewährleisten, während das erste Kunststoffmaterial ein Anpassen der mechanischen Eigenschaften an den gewünschten Anwendungszweck ermöglicht. Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung beträgt der Glasanteil etwa 40%. Alternativ oder zusätzlich kann allerdings auch das erste Kunststoffmaterial einen Glasanteil aufweisen.
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Weiterhin kann das erste Kunststoffmaterial ein Polyamid PA12 oder ein Copolyester aufweisen, und das zweite Kunststoffmaterial kann ein Polyamid PA6 mit einem Glasanteil aufweisen. Derartige Materialkombinationen haben sich hinsichtlich der geforderten Eigenschaften von Grundplatten für Skibindungen als besonders vorteilhaft herausgestellt.
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Das Verfahren kann mit derselben Spritzgussform für eine andere Paarung von erstem Kunststoffmaterial und zweitem Kunststoffmaterial wiederholt werden, um unter Verwendung derselben Spritzgussform mehrere Kunststoffbauteile mit verschiedenen mechanischen Eigenschaften herzustellen. Insbesondere können auf diese Weise leicht Grundplatten mit unterschiedlich elastischen Mittenbereichen gefertigt werden. Der Herstellungsaufwand ist hierbei vergleichsweise gering, da nicht für jede einzelne Bauteilart eine eigene Spritzgussform bereitzustellen ist. Hierbei kann für die verschiedenen Materialpaarungen stets dieselbe Kunststoffsorte für das zweite Kunststoffmaterial gewählt werden. Es ist jedoch beispielsweise auch möglich, dass das zweite Kunststoffmaterial einen variablen Glasanteil aufweist. Das zweite Kunststoffmaterial gewährleistet somit eine Mindeststabilität des hergestellten Bauteils, während das erste Kunststoffmaterial ein Anpassen dessen mechanischer Eigenschaften an den gewünschten Anwendungszweck ermöglicht.
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Die Erfindung wird nachfolgend beispielhaft unter Bezugnahme auf die Zeichnungen beschrieben.
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1 ist eine Draufsicht auf eine Grundplatte für eine Tourenskibindung, welche durch ein erfindungsgemäßes Verfahren hergestellt ist.
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2 zeigt einen Schnitt entlang der Linie A-A durch die Grundplatte gemäß 1.
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3 zeigt einen vergrößerten Teilschnitt in dem Bereich B durch die Grundplatte gemäß 1.
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Gemäß 1 umfasst eine Grundplatte für eine Tourenskibindung einen vorderen Endabschnitt 15a und einen hinteren Endabschnitt 15b, welche im Wesentlichen C-förmig sind und durch zwei parallele Längsstege 19a, 19b miteinander verbunden sind. In einem Mittenbereich 17 der Grundplatte sind die beiden Längsstege 19a, 19b durch einen Quersteg 20 miteinander verbunden. Die Längsstege 19a, 19b bilden zusammen mit dem Quersteg 20 somit einen H-förmigen Mittenbereich 17 der Grundplatte. Beidseits des Querstegs 20 sind Aussparungen 18a, 18b in der Grundplatte ausgebildet.
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In dem Mittenbereich 17 ist die Grundplatte als Verbundbauteil ausgebildet, welches ein erstes, äußeres Kunststoffmaterial 11 und ein von diesem umschlossenes zweites, inneres Kunststoffmaterial 13 umfasst. Im Bereich der Endabschnitte 15a, 15b besteht die Grundplatte hingegen ausschließlich aus dem zweiten Kunststoffmaterial 13. Wie aus der Querschnittdarstellung gemäß 2 hervorgeht, erstreckt sich zudem ein Hohlraum 31 entlang einer Längsachse L jedes der Längsstege 19a, 19b. Weiterhin steht, wie aus 3 hervorgeht, im vorderen Teil der Längsstege 19a, 19b jeweils ein Verankerungszapfen 23 des zweiten Kunststoffmaterials 13 mit einer entsprechenden Ausnehmung 25 in dem ersten Kunststoffmaterial 11 in Eingriff, um so eine formschlüssige Verbindung zwischen dem ersten Kunststoffmaterial 11 und dem zweiten Kunststoffmaterial 13 herzustellen.
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Das äußere Kunststoffmaterial 11 ist transparent. Somit ist das zweite Kunststoffmaterial 13 von außen durchscheinend sichtbar, obwohl es von dem ersten Kunststoffmaterial 11 umschlossen ist. In 1 ist diese Sichtbarkeit des zweiten Kunststoffmaterials 13 in dem Mittenbereich 17 durch gestrichelte Linien verdeutlicht.
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Zum Herstellen der Grundplatte wird zunächst das erste Kunststoffmaterial 11, welches vorzugsweise ein Polyamid PAl2 oder ein Copolyester aufweist, in plastifizierter Form in eine Spritzgussform eingespritzt, welche die äußeren Konturen der Grundplatte vorgibt. Durch ein erstes Einblasen eines unter Druck stehenden Gases unter Anwendung eines Gasinnendruckverfahrens wird ein erster, äußerer Hohlraum 30 in dem eingespritzten ersten Kunststoffmaterial 11 erzeugt, dessen Umrisse dem in 2 erkennbaren Übergang zwischen dem ersten Kunststoffmaterial 11 und dem zweiten Kunststoffmaterial 13 entsprechen. Dabei können die Menge des ersten Kunststoffmaterials 11 sowie der Zeitpunkt des ersten Einblasens von Gas insbesondere derart gewählt werden, dass beim Einblasen des Gases ein Teil des ersten Kunststoffmaterials 11 aus der Spritzgussform herausgedrängt wird. In den entstandenen ersten Hohlraum 30 wird dann das zweite Kunststoffmaterial 13, welches vorzugsweise ein Polyamid PA6 mit einem Glasanteil aufweist, in plastifizierter Form eingespritzt. Das erste Kunststoffmaterial 11 befindet sich dabei noch in der Spritzgussform und ist zumindest innenseitig noch nicht vollständig ausgehärtet. Vor dem Einspritzen des zweiten Kunststoffmaterials 13 muss also nicht erst das vollständige Abkühlen der Spritzgussform abgewartet werden.
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Anschließend wird in dem eingespritzten zweiten Kunststoffmaterial 13 durch ein zweites Einblasen eines unter Druck stehenden Gases in die Spritzgussform ein zweiter, innerer Hohlraum 31 erzeugt, welcher nach Beendigung des Spritzgussvorgangs in dem Bauteil verbleibt, also nicht gefüllt wird. Die beiden Kunststoffmaterialien 11, 13 werden noch kurzzeitig gemeinsam durch Abkühlen in der Spritzgussform ausgehärtet. Dabei ergibt sich eine stoffschlüssige Verbindung zwischen dem ersten Kunststoffmaterial 11 und dem zweiten Kunststoffmaterial 13 im Berührungsbereich. Die Ausnehmung 25 für den Verankerungszapfen 23 wird beim Einspritzen des ersten Kunststoffmaterials 11 erzeugt, indem beispielsweise ein vor dem Einspritzen des zweiten Kunststoffmaterials 13 zu entfernendes Blockierelement an der Stelle der Ausnehmung 25 platziert wird. Alternativ kann die Ausnehmung 25 auch beim Erzeugen des ersten Hohlraums 30 miterzeugt werden, d. h. durch Gas freigeblasen werden.
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Entlang der Endabschnitte 15a, 15b der Grundplatte kann das ursprünglich eingebrachte erste Kunststoffmaterial 11 entweder durch das erste Einblasen von Gas oder durch das Einspritzen des zweiten Kunststoffmaterials 13 entfernt werden, sodass die hergestellte Grundplatte wie erwähnt außerhalb des Mittenbereichs 17 im Wesentlichen lediglich aus dem zweiten Kunststoffmaterial 13 besteht. Die Menge des zweiten Kunststoffmaterials 13 sowie der Zeitpunkt des zweiten Einblasens von Gas werden insbesondere derart gewählt, dass durch das zweite Einblasen von Gas das zweite Kunststoffmaterial 13 an eine Innenwand der Spritzgussform und/oder an das eingespritzte erste Kunststoffmaterial 11 gepresst wird, ohne dass ein Teil des zweiten Kunststoffmaterials 13 aus der Spritzgussform herausgedrängt wird.
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Das zweite Kunststoffmaterial 13 gewährleistet insbesondere aufgrund seines Glasanteils eine Mindeststabilität über die gesamte Länge der Grundplatte. In dem Mittenbereich 17 der Grundplatte können die mechanischen Eigenschaften der Grundplatte – wie Festigkeit, Elastizität, Federkonstante und/oder Rückstellverhalten – durch Wahl des ersten Kunststoffmaterials 11, d. h. dessen Kunststoffsorte und/oder dessen Glasanteil, sowie durch die Größe und die Formgebung des zweiten Hohlraums 31 an den jeweiligen Anwendungszweck angepasst werden.
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Der Herstellungsaufwand für die Grundplatte ist relativ gering, da die Fertigung insbesondere vollständig in ein und derselben Spritzgussform erfolgen kann. Durch Variation des ersten Kunststoffmaterials können unter Verwendung derselben Spritzgussform Grundplatten mit verschiedenen mechanischen Eigenschaften, insbesondere mit einer unterschiedlichen Elastizität des Mittenbereichs 17, hergestellt werden. Das zweite Kunststoffmaterial 13, welches die Mindeststabilität über die gesamte Grundplattenlänge gewährleistet, ist dabei vorzugsweise jedes Mal dasselbe. Sollte es die Anwendung erfordern, so kann jedoch ein beispielsweise unterschiedlicher Glasanteil für das zweite Kunststoffmaterial 13 gewählt werden.
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Bezugszeichenliste
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- 11
- erstes, äußeres Kunststoffmaterial
- 13
- zweites, inneres Kunststoffmaterial
- 15a
- vorderer Endabschnitt
- 15b
- hinterer Endabschnitt
- 17
- Mittenbereich
- 18a
- vordere Aussparung
- 18b
- hintere Aussparung
- 19a, 19b
- Längssteg
- 20
- Quersteg
- 23
- Verankerungszapfen
- 25
- Ausnehmung
- 30
- erster, äußerer Hohlraum
- 31
- zweiter, innerer Hohlraum
- L
- Längsachse