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Die Erfindung betrifft organische Harze, insbesondere Epoxidharze, sowie damit hergestellte Polymere, deren Brandeigenschaften durch den Zusatz von Polysilazanen in Teilchenform verbessert sind.
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Polysilazane eignen sich prinzipiell sehr gut als Mittel zur Verbesserung der Brandeigenschaften von Kunststoffen, da sie hohe Anteile an Silicium und Stickstoff enthalten.
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Polysilazane, ihre Herstellung und ihre Weiterverarbeitung zu Keramiken sind in einem Review von E. Kroke et al. ”Silazane derived ceramics and related materials”, Materials Science and Engineering, 26 (2000) 97–199 ausführlich dargestellt. Darin finden sich auch detaillierte Reaktionsgleichungen im Zusammenhang mit Vernetzungsreaktionen des Produkts der Ammonolyse von Dichlorvinylsilan.
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Epoxidharze werden häufig mit Anhydriden oder Aminen gehärtet. Aus
WO 03/008514 ist es bekannt, mit Polysilazanen modifizierte Amine für die Härtung von Epoxiden einzusetzen. Dabei werden gut haftende, harte, ermüdungsbeständige Produkte mit guter thermischer und chemischer Korrosionsbeständigkeit und geringer Schrumpfung erhalten, die sich insbesondere für Anwendung in Meerwasser eignen.
US 5,616,650 beschreibt flüssige Zusammensetzungen, die z. B. ein Epoxid wie den Diglycidylether von Bisphenol A und ein Poly(methylvinyl)silazan enthalten und mit Dicumylperoxid gehärtet werden können (siehe Beispiele 40–53 und Tabelle VI). Die Reaktionswärme, die bei der Umsetzung entstehe, könne dabei eine spontane Vernetzung der Vinylgruppen mit der co-reagierenden Komponente bewirken, weshalb sehr harte, starre Objekte erhalten werden könnten.
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Aus
JP 100 45 877 A ist ein flüssiges Epoxyharz bekannt, das sich als Dichtungsmaterial eignet und zwei verschiedene Füllstoffe enthält. Der erste Füllstoff wird aus Polysilazanen oder Metallalkoxiden gewonnen und liegt homogen verteilt in der Matrix vor, während es sich bei dem zweiten Füllstoff um ein partikelförmiges anorganische Material handelt.
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Die Erfinder der vorliegenden Erfindung mussten feststellen, dass Versuche, Epoxidharze aus Ausgangsmaterialen, wie in
US 5,616,650 beschrieben, herzustellen, in der Regel scheiterten. Beim Versuch, solche Epoxid-Polysilazan-Mischungen mit Aminen zu härten, entstanden häufig blasige Probenkörper, die stark nach Ammoniak rochen. Es ist möglich, dass bei der Epoxidhärtung freiwerdender Alkohol für die beobachtete Instabilität der Silazane verantwortlich ist. Eine Härtung mit Anhydriden konnte bereits deshalb nicht gelingen, weil diese mit flüssigen Polysilazanen nicht kompatibel sind und starken, nicht steuerbaren Reaktionen unterworfen sind.
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Bei den Versuchen, hier Abhilfe zu schaffen, sind die Erfinder auf eine Problemlösung gestoßen, die weit über die Herstellung von Epoxidharzen bzw. deren gehärteten Endprodukten hinausgeht.
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Der Erfindung liegt demnach die Aufgabe zugrunde, ein zuverlässiges, breit einsetzbares Verfahren bereitzustellen, mit dem sich Reaktivharze erzeugen lassen, die unter Verwendung von Polysilazanen hergestellt sind und die bzw. deren ausgehärtete Endprodukte mindestens teilweise aufgrund des Vorhandenseins der Polysilazane gute Brandeigenschaften aufweisen.
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Unter ”Reaktivharz” ist erfindungsgemäß jedes Material aus einem oder verschiedenen Monomeren und/oder Oligomeren zu verstehen, das sich durch eine Polymerisationsreaktion in eine vernetzte Polymerstruktur überführen lässt und das entweder bei Raumtemperatur oder bei einer gewählten anderen Temperatur, z. B. einer erhöhten Temperatur, bei Umgebungsdruck oder – unter speziellen Umständen – unter erhöhtem Druck in flüssiger oder pastöser Form vorliegt. Bevorzugte Reaktivharze der vorliegenden Erfindung führen zu Duromeren.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe dadurch gelöst, dass dem Reaktivharz vor der Härtung ein Polysilazan zugesetzt wird, das durch Vernetzung eines oder mehrerer ketten- oder ringförmiger Silazane erhältlich ist oder entstanden ist, wobei die Vernetzung vorzugsweise mit Hilfe einer Additionspolymerisation erfolgte.
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Die Erfinder haben festgestellt, dass dann, wenn man dem Reaktivharz vor dessen Härtung ein festes, pulverförmiges Silazan zusetzt, das in Form eines Füllstoffs in das Reaktivharz eingebracht wird, ein großer Anteil der reaktiven Gruppen des Silazans aus räumlichen und/oder chemischen Gründen für eine Reaktion mit dem Harz nicht mehr zur Verfügung steht. Der chemische Verlauf der Polymerisationsreaktion des jeweiligen Harzes wird durch das Vorhandensein des Silazans daher deutlich weniger und ggf. sogar gar nicht gestört, unabhängig vom verwendeten Härter bzw. vom eingesetzten Reaktivharz-Material. So lässt sich eine mit Hilfe von Aminen bewirkte Epoxid-Härtung blasenfrei durchführen; es gelingt jedoch auch die Verarbeitung von Harzen mit Hilfe von Anhydriden wie Phthalsäureanhydrid oder mit Novolacen. Weiterhin gelingt auch die Umsetzung mit anderen Reaktivharzen, beispielsweise Polyestern. Die Erfinder nehmen an, dass dieser Effekt darauf beruht, dass das feste, vernetzte Polysilazan eine geringere Reaktivität aufweist als flüssige Polysilazane, was zum einen auf eine Verringerung der Aktivität durch die Vernetzung und damit kompaktere Struktur der Moleküle und zum anderen auf die verringerte Oberfläche auf Grund der Teilchenform der Materialien zurückzuführen sein könnte.
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Die Erfindung betrifft damit Reaktivharze, die ein Pulver aus einem oder mehreren festen Polysilazanen als Füllstoff enthalten, daraus hergestellte Kunststoffe sowie die Herstellung dieser Materialien.
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In einer bevorzugten Ausführungsform ist das Polysilazan durch Vernetzung eines ketten- oder ringförmigen, alkenylgruppenhaltigen und insbesondere vinylgruppenhaltigen Silazans entstanden. Die Additionspolimerisation der Alkenyl- bzw. Vinylgruppen kann dabei durch einen Radikalstarter, beispielsweise Dicumylperoxid, initiiert worden sein.
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Als Ausgangsmaterial für das vernetzte Silazan können monomere Silazane, Oligosilazane und/oder Polysilazane mit mindestens einer C=C-Doppelbindung eingesetzt werden. Unter ”Oligosilazanen” sollen dabei Silazane mit zwei bis zehn Siliciumatomen verstanden werden. ”Polysilazane” sind Silazane mit mindestens elf Siliciumatomen.
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Als C=C-doppelbindungshaltiges Silazan wird bevorzugt ein vinylgruppenhaltiges Silazan eingesetzt. Dieses kann eine einzige, zwei oder auch mehr Vinylgruppen enthalten und dementsprechend eine weiter- oder engermaschige Vernetzung bewirken.
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Der einfachste Silazankörper besitzt die Formel R
3Si-NR-SiR
3 mit beliebigen organischen Resten R. Dabei ist der am Stickstoff gebundene organische Rest vorzugsweise Wasserstoff, in manchen Fällen auch ein (meist 1-4 Kohlenstoffatome enthaltender) Alkylrest wie Methyl. Für die Zwecke der Erfindung ist jedes Silazan dieser Struktur geeignet, sofern mindestens ein Rest R eine C=C-Doppelbindung trägt und vorzugsweise eine Vinylgruppe ist. Als Beispiel hierfür sei
aufgeführt. In dieser Darstellung stehen die Bindungsstriche am Silicium für Substituenten, ausgewählt unter Wasserstoff und geradkettigem, verzweigtem oder cyclischem, substituiertem oder – bevorzugt – unsubstituiertem Alkyl, Aryl, Arylalkyl, Alkylaryl, Alkenylaryl oder Arylalkenyl, vorzugsweise Wasserstoff oder C
1-C
4-Alkyl. Dabei stehen besonders bevorzugt keine, nur ein oder maximal zwei der Bindungsstriche für Wasserstoff. Anstelle der Vinylgruppe könnte in jedem dieser Fälle ein anderer Rest am Silicium gebunden sein, der eine C=C-Doppelbindung trägt, z. B. ein Allyl- oder Styrylrest. Anstelle des Wasserstoff-Substituenten am Stickstoff könnte in jedem dieser Fälle das Stickstoff-Atom einen Alkylrest mit vorzugsweise 1 bis 4 Kohlenstoffatomen oder einen substituierten oder (bevorzugt) unsubstituierten Phenylrest tragen.
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Oligomere und polymere Silazane enthalten mindestens zwei Si-N-Gruppierungen, die ebenfalls wie für das obige Silazan angegeben substituiert sein können. Da sowohl die Silicium-Atome als auch die Stickstoffatome je nach Ausgangsmaterialien unterschiedlich substituiert sein können, ergibt sich eine große Vielfalt von Substanzen, die je nach Herstellungsweise auch als Mischung mit unterschiedlichen Moleküllängen vorliegen können. Die genannten Silazane können dabei kettenförmig vorliegen; häufig haben sie jedoch Ringstruktur.
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Allgemein lassen sich die erfindungsgemäß einsetzbaren oligomeren und polymeren Silazane darstellen als zusammengesetzt aus einem oder mehreren der folgenden, notwendigerweise oder optional vorhandenen Bausteine: -Si(R2)(R3)-N(R4)- Baustein A (notwendig) worin
R2 ein organischer, mindestens eine C=C-Doppelbindung enthaltender Rest, vorzugsweise Vinyl ist, R3 in mehreren Bausteinen A im selben Molekül gleich oder verschieden sein kann und Wasserstoff oder geradkettiges, verzweigtes oder cyclisches, substituiertes oder – bevorzugt – unsubstituiertes Alkyl, Alkenyl, Aryl, Arylalkyl, Alkylaryl, Alkenylaryl oder Arylalkenyl bedeutet, vorzugsweise Wasserstoff, Phenyl oder C1-C4-Alkyl ist und ganz besonders bevorzugt Wasserstoff oder Methyl ist, und R4 in mehreren Bausteinen A im selben Molekül gleich oder verschieden sein kann und Wasserstoff, C1-C4-Alkyl oder Phenyl, bevorzugt Wasserstoff oder Methyl und ganz besonders bevorzugt Wasserstoff bedeutet, -Si(R3)(R5)-N(R4)- Baustein B (optional) worin
R3 und R4 wie für Baustein A definiert sind und R5 in mehreren Bausteinen A im selben Molekül gleich oder verschieden sein kann und in seltenen Fällen Wasserstoff, ansonsten geradkettiges, verzweigtes oder cyclisches, substituiertes oder – bevorzugt – unsubstituiertes Alkyl, Alkenyl, Aryl, Arylalkyl, Alkylaryl, Alkenylaryl oder Arylalkenyl bedeutet, vorzugsweise C1-C4-Alkyl ist und ganz besonders bevorzugt Methyl ist, -Si(R3)(R6)-N(R4)- Baustein C (optional) worin
R3 und R4 wie oben definiert sind und R6 eine Verknüpfungsstelle zu einem weiteren, beliebigen Baustein der hier genannten Bausteine darstellt, wobei die Verknüpfung über eine Alkylengruppe, insbesondere eine Ethylengruppe, zu dem Siliciumatom des weiteren Bausteins erfolgt -Si(R3)(R5)-N(R7)- Baustein D (optional) worin R3 und R5 wie oben definiert sind und R7 eine Verknüpfungsstelle zu einem weiteren, beliebigen Baustein der hier genannten Bausteine darstellt, wobei die Verknüpfung über eine direkte Bindung des Stickstoffatoms des Bausteins D an das Siliciumatom des weiteren Bausteins erfolgt, -Si(R3)(R5)P-Si(R3)(R5)-N(R4)- Baustein E (optional) worin R3, R4 und R5 wie oben definiert sind und R3 und R5 im selben Baustein eine identische oder unterschiedliche Bedeutung haben können und P eine Alkylengruppe mit 1 bis 12 Kohlenstoffatomen, vorzugsweise Ethylen ist, -Si(R3)(R5)-N(R4)-C(O)-N(R4)- Baustein F (optional) worin R3, R4 und R5 wie oben definiert sind und im selben Baustein eine identische oder unterschiedliche Bedeutung haben können.
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Jeder der genannten Bausteine kann beidseitig an ebensolche Bausteine gebunden vorliegen (wenn die Silazane ringförmig sind, enthalten sie nur derartige Bausteine); alternativ sitzt er randständig im Molekül. In diesem Falle kann entweder das Siliciumatom einen weiteren Rest R3 mit der oben angegebenen Bedeutung tragen, oder das Stickstoffatom trägt einen weiteren Rest R6, der eine der drei folgenden Bedeutungen besitzt:
- – R3 wie oben definiert,
- – Si(R3)3, worin die drei Reste R3 gleich oder verschieden sein können und die obige Bedeutung besitzen, wobei vorzugsweise keiner dieser Reste ein Wasserstoffatom darstellt, und
- – Si(R3)2-X-R7-Si(R3)q(OR3)3-q, worin die Reste R3 gleich oder verschieden sein können und die obige Bedeutung besitzen und dabei bevorzugt Wasserstoff oder Alkyl, insbesondere C1-C4-Alkyl sind, sofern sie am Silicium gebunden vorliegen, und Alkyl, insbesondere C1-C4-Alkyl sind, sofern sie in der Gruppierung OR3 vorliegen, X entweder O oder NR4 in der obigen Bedeutung ist, R7 eine Einfachbindung oder eine substituierte oder – bevorzugt – unsubstituierte, geradkettige, verzweigte oder cyclische Alkylengruppe darstellt und q 0, 1, 2 oder 3 ist.
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Die Anzahl der Bausteine und ihr relativer Anteil kann beliebig schwanken; häufig liegt die Gesamtzahl bei bis zu 500, gegebenenfalls aber auch wesentlich höher. Die Bausteine können regelmäßig verteilt oder blockweise angeordnet sein; vorzugsweise liegen sie jedoch randomisiert in den Atomen vor.
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Beispiele sind Oligomere/Polymere mit den nachstehenden, in eckige Klammern gesetzten Bausteinen, deren relativer Anteil zueinander im Molekül jeweils hinter der eckigen Klammer angegeben ist:
und ausgehend von Mischungen von Polysilazanen der Formel (I) weiterhin:
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Das Silazan der Formel (Ia) oben wird nachstehend auch als VL100 bezeichnet.
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Silazane der obigen Strukturen sind teilweise im Handel erhältlich und nach Standardverfahren, insbesondere der Ammonolyse von Monohalogensilanen, beispielsweise wie in
US 4,395,460 und der darin zitierten Literatur beschrieben, herstellbar. Dabei entstehen z. B. durch die Umsetzung eines Monohalogensilans mit drei organischen Resten Silazane der Formel (I), worin die Indices n und o null sind, der Index m 1 bedeutet und R
5 die Bedeutung Si(R
1)(R
2')(R
3') besitzt. Die organischen Reste werden bei der Reaktion nicht abgespalten.
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Ebenso ist es möglich, analog
US 6,329,487 B1 der Kion Corporation Mono-, Di- oder Trisilane in einer Druckapparatur in flüssigem Ammoniak zu ammonolysieren und so Silazane der allgemeinen Formel (I) zu erhalten.
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Werden dabei Halogensilane mit mindestens einer Si-H-Bindung allein und/oder in Kombination mit Di- bzw. Trihalogensilanen in einem Überschuss an flüssigem, wasserfreiem Ammoniak umgesetzt und länger in diesem Medium belassen, bilden sich in der durch das entstehende Ammoniumhalogenid-Salz bzw. die entsprechende Säure saurer gewordenen Umgebung im Laufe der Zeit durch Abreaktion von Si-H-Bindungen Polymerisationsprodukte, in denen die Indices m, n und o einen höheren Wert und/oder ein anderes Verhältnis als zuvor aufweisen, möglicherweise katalysiert durch die Anwesenheit von gelöstem und ionisiertem Ammoniumhalogenid.
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Ebenso ist in
US 6,329,487 B1 beschrieben, dass entsprechende Polymerisationsprodukte durch die Einwirkung von in Ammoniak gelöstem Natrium erhalten werden können.
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US 4,621,383 und
WO 87/05298 beschreiben weiterhin die Möglichkeit der Synthese von Polysilazanen durch übergangsmetallkatalysierte Reaktionen.
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Durch geeignete Wahl der organischen Substituenten am Siliciumatom des Silans bzw. einer Mischung entsprechender Ausgangssilane lassen sich mit diesen Verfahren eine Vielzahl von Silazanen der Formel (I) erzeugen, worin der Index o null ist, wobei häufig eine Mischung von linearen und kettenförmigen Polymeren entsteht.
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Zum Reaktionsmechanismus siehe auch die Dissertation von Michael Schulz am Forschungszentrum Karlsruhe, Institut für Materialforschung ”Mikrostrukturierung präkeramischer Polymere mit Hilfe der UV- und Röntgentiefenlithographie”, November 2003, FZKA 6901. Dort wird auch die Herstellung von Silazanen der Formel (I) beschrieben, worin der Index o null ist und die Siliciumatomen in den Blöcken mit den Indices m und n unterschiedliche Substituenten tragen.
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Dort wird auch auf die Herstellung von Harnstoffsilazanen verwiesen: Setzt man Silazanen monofunktionelle Isocyanate zu, erfolgt eine Einschubreaktion der NCO-Gruppe in N-H-Bindungen unter Ausbildung einer Harnstoffgruppe [siehe die vorstehend beschriebenen Silazane der Formel (II)]. Im Übrigen wird hinsichtlich der Herstellung von Harnstoffsilazanen und Poly(Harnstoffsilazanen) auf
US 6,165,551 ,
US 4,929,704 und
US 3,239,489 verwiesen.
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Die Herstellung von Verbindungen der Formel (III) (alkoxy-substituierten Silazanen) ist aus
US 6,652,978 B2 bekannt. Zur Herstellung dieser Verbindungen können monomere oder oligomere/polymere Silazane der Formel (I), worin o null ist, mit amino- oder hydroxygruppenhaltigen Alkoxysilanen, beispielsweise 3-Aminopropyl-triethoxysilan, umgesetzt werden.
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Ein Herstellungsverfahren für Verbindungen der Formel (I) mit o ungleich null wird in der Dissertation von G. Motz (G. Motz, Dissertation, Universität Stuttgart, 1995) konkret am Beispiel der Ammonolyse des 1,2-Bis(dichlormethylsilyl)ethans vorgestellt. Die Herstellung eines speziellen Vertreters dieser Verbindungen, ABSE, wird gemäß S. Kokott und G. Motz, ”Modifizierung des ABSE-Polycarbosilazans mit Multi-Walled Carbon Nanotubes zur Herstellung spinnfähiger Massen”, Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 2007, 38 (11), 894–900, durch Hydrosilylierung und Ammonolyse einer Mischung aus MeHSiCl2 und MeViSiCl2 bewirkt.
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N-Alkyl-substituierte Silazane wiederum sind in gleicher Weise für den Fachmann ohne weiteres herstellbar, indem die entsprechenden Halogensilane mit Alkylaminen zur Reaktionen gebracht werden, wie z. B. in
US 4,935,481 und
US 4,595,775 beschrieben.
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Das Polysilazan der Formel (IV) ist eine aufbereitete Form eines Polyvinylsilans der Formel (I), das unterschiedlich große Moleküle enthält. Durch Destillieren werden leichtsiedende Komponenten daraus entfernt. Dabei erfolgt zu einem gewissen Maße eine thermische Vernetzung über die Doppelbindungen und die Si-H-Gruppen in der sog. Hydrosilylierung. Erfolgt nach Destillation eine Umsetzung in Gegenwart eines Fluoridkatalysators, wodurch eine Dehydrokopplung unter Neubildung von Si-N-Si-Gruppen unter Bildung von H2 auftritt; es bilden sich Polysilazane der Formel (V). Wird eine derartige fluoridkatalysierte Reaktion an einer Mischung von Polysilazanen der Formel (I) durchgeführt, die niedrigsiedende Komponenten enthält, kann man zu Produkten der Formel (VI) gelangen.
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Das als Ausgangsmaterial eingesetzte, organisch vernetzbare Silazan bzw., in der bevorzugten Form, das als Ausgangsmaterial eingesetzte Vinylsilazan wird vor der Einarbeitung in das Harzmaterial oder dessen Vorläufer in geeigneter Weise vernetzt. Enthält es Vinylgruppen, kann die Vernetzung mit jedem Verfahren erfolgen, das dem Fachmann für die Polymerisation von Vinylgruppen bekannt ist, z. B. ionisch (insbesondere anionisch). Insbesondere kann die Vernetzung radikalisch verlaufen, beispielsweise initiiert durch Peroxide oder andere gängige Initiatoren wie Azobisisobutyronitril. Für die Polymerisation mit Hilfe von Peroxiden hat sich der Einsatz von Dicumylperoxid bewährt.
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Das vernetzte Polysilazan kann dem Reaktivharz in einer stark variierenden Menge zugesetzt werden, ausgehend von sehr kleinen Mengen bis zu Anteilen von 40 oder gar 60 Gew.-%, bezogen auf die Mischung aus Reaktivharz und Härter ohne das Polysilazan. Gewünschte Effekte erhält man mit Mengen ab ca. 2 Gew.-%, meist ab ca. 5,0 Gew.-% und insbesondere ab etwa 10,0 Gew.-%.
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Die Erfindung ist insbesondere geeignet zur Herstellung von Epoxidharzen, und hier vorzugsweise von mit Aminen gehärteten Epoxidharzen. Weitere bevorzugte Ausführungsformen betreffen mit Anhydriden, beispielsweise mit Phthalsäureanhydrid sowie mit Novolac gehärtete Epoxidharze. Weitere, die Erfindung nicht beschränkende Beispiele sind Epoxy-Novolak-Harze (insbesondere mit Phenolen und Kresolen), die z. B. Dicyclopentadien-Gruppen enthalten können, wie Dicyclopentadien-epoxyphenol-Novolace.
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Ganz besonders bevorzugt wird die Erfindung zur Herstellung von Epoxidharzen verwendet. Beispiele für Ausgangsmaterialien hierfür umfassen, ohne darauf beschränkt zu sein, Bisphenol A Diglycidylether (DGEBA) und dessen Derivate, insbesondere Oligomere davon, Bisphenol F Diglycidylether (DGEBF) und dessen Derivate, insbesondere Oligomere davon, Diglycidylether von hydriertem Bisphenol A (DGEBA) und dessen Derivate, insbesondere Oligomere davon, Triglycidyl-p-aminophenol und Tris(4-hydroxyphenyl)-methan.
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Zur Herstellung ausgehärteter Formkörper wird das vernetzte Polysilazan vorzugsweise in das flüssige, ggf. z. B. leicht erwärmte Reaktivharz, z. B. ein Epoxidharz, eingemischt, z. B. mit einem Glasstab eingerührt. Dabei erfolgt keine Lösung des Polysilazans im Harz; es lässt sich jedoch sehr homogen verteilen. Die so erhaltene Suspension wird vorzugsweise entgast, insbesondere um möglicherweise entstandene Luftblasen auszutreiben. Danach wird sie mit dem flüssigen oder (ggf. durch Erwärmen) verflüssigten Härter, z. B. einem Amin, zusammengegeben, beispielsweise indem sie in diesen eingerührt wird. Nach Aushärten resultiert ein blasenfreier Formkörper. Der Härter kann in einer stark variierenden Menge vorhanden sein, beispielsweise zwischen 5 und 50 Gew.-%, vorzugsweise zwischen 10 und 30 Gew.-%, bezogen auf die Mischung aus Harz und Härter.
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Anstatt über die voranstehend beschriebene lösemittelfreie Route können gehärtete Polymere auch aus der Lösung erzeugt werden. In diesem Fall werden der Härter und/oder das Reaktivharz in einem Lösungsmittel vorgelegt und das Polysilazan wird in diese Lösung eingerührt, oder das Polysilazan wird im Lösemittel suspendiert und anschließend mit dem Härter und/oder dem Reaktivharz zusammengegeben, die ihrerseits entweder lösemittelfrei oder gelöst bereitgestellt werden. Für diese Route kommen die mit dem jeweiligen Harz verträglichen Lösungsmittel in Betracht; diese sind dem Fachmann bekannt. Für die Herstellung eines Epoxy-Polymers beispielsweise kann eine Vielzahl von aprotischen Lösungsmitteln eingesetzt werden, deren Polarität in einem weiteren Bereich variieren kann, z. B. DMSO, DMF, Ketone wie Methylethylketon, Ester, Ether wie Tetrahydrofuran und Kohlenwasserstoffe wie Toluol, Xylol oder Cyclohexan. Viele dieser Lösungsmittel eignen sich für die Herstellung anderer Polymere.
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Das Arbeiten mit Lösungsmitteln bietet sich insbesondere dann an, wenn ein flächiger Formkörper hergestellt werden soll oder wenn die Lösung des mit dem Silazan gemischten Harzes als Beschichts- oder Tränkharz oder als Imprägnierung eingesetzt werden soll. Beispielsweise können mit derartigen Harzlösungen textile oder flächige Materialien wie Gewebe oder Gelege aus Textil-, Glas- oder Kohlefasern beschichtet oder getränkt werden.
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Die gehärteten Materialien zeichnen sich insbesondere durch geringere Rauchentwicklung, geringere Wärmefreisetzung und erhöhten Brandrückstand aus. Des Weiteren wurde im Vergleich mit polysilazanfreien Referenzmaterialien festgestellt, dass die Bruchzähigkeit erhöht, die Glasübergangstemperatur jedoch erniedrigt ist. Durch Variation des stöchiometrischen Verhältnisses der Komponenten (mehr Epoxidharz auf Kosten der Härterkomponente) konnten Eigenschaften erreicht werden, die bzgl. Bruchzähigkeit und Glasübergangstemperatur mit dem Referenzmaterial übereinstimmen. Dass die Zugabe des Polysilazans die Netzwerkbildung beeinflusst, ist möglicherweise auf eine Nebenreaktion des Polysilazans mit dem Epoxidharz zurückzuführen.
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Nachstehend soll die Erfindung anhand von Beispielen näher erläutert werden. Die angegebenen Teile sind Gewichtsteile.
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Beispiel 1
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Eine Lösung von 2 Teilen Dicumylperoxid in 98 Teilen VL100 wurde im Becherglas im Ölbad auf 140°C erhitzt. Beim Erwärmen trat eine exotherme Reaktion auf. Nach 10 Minuten bei 140°C wurde das Produkt auf Raumtemperatur abkühlen gelassen. Der erhaltene gelbe Feststoff wurde mit einem Pistill grob zerkleinert und anschließend mit einer Schlagmühle zu einem feinen Pulver gemahlen. Die Teilchendurchmesser dieses Pulvers waren recht breit gestreut und reichten von wenigen 100 nm bis hin zu mehreren μm. Durch weiteres Zerkleinern, Sieben oder andere, dem Fachmann bekannte Maßnahmen lassen sich daher beliebige, hinsichtlich des Teilchendurchmessers homogene Fraktionen im Rahmen der genannten Teilchengrößen erhalten.
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Beispiel 2
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Es wurden 13 Teile 4,4'-Diaminodiphenylmethan in einem Becherglas bei 110°C geschmolzen und anschließend auf 95°C abkühlen gelassen. Weiterhin wurden 40 Teile des Pulvers aus Beispiel 1 in 47 Teile Bisphenol-A-diglycidylether mit einem Glasstab eingerührt. Die Mischung wurde bei 70°C im Vakuum entlüftet und anschließend unter Rühren mit einem Magnetrührstab zu dem geschmolzenen 4,4'-Diaminodiphenylmethan gegeben. Die Mischung wurde in eine auf 95°C vorgewärmte Plattenform gegossen und zunächst auf Raumtemperatur abkühlen gelassen. Anschließend wurde die Mischung für 3 Stunden bei 90°C und für weitere 2 Stunden bei 160°C gehärtet. Das gehärtete Material wurde mittels DMA, Cone-Kalorimetrie und OCT charakterisiert (Ergebnisse s. Tabelle).
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Beispiel 3 (Vergleichsbeispiel)
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Es wurden 21 Teile 4,4'-Diaminodiphenylmethan in einem Becherglas bei 110°C geschmolzen und anschließend auf 95°C abkühlen gelassen. Anschließend wurden 79 Teile Bisphenol-A-diglycidylether unter Rühren mit einem Magnetrührstab zu dem geschmolzenen 4,4'-Diaminodiphenylmethan gegeben. Die Mischung wurde in eine auf 95°C vorgewärmte Plattenform gegossen und zunächst auf Raumtemperatur abkühlen gelassen. Anschließend wurde die Mischung für 3 Stunden bei 90°C und für weitere 2 Stunden bei 160°C gehärtet. Das gehärtete Material wurde mittels DMA, Cone-Kalorimetrie und OCT charakterisiert (Ergebnisse s. Tabelle).
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Beispiel 4
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Analog zu Beispiel 2 wurde ein Material mit 15 Teilen 4,4'-Diaminodiphenylmethan, 45 Teilen Bisphenol-A-diglycidylether und 40 Teilen Pulver aus Beispiel 1 hergestellt. Das gehärtete Material wurde mittels DMA, Cone-Kalorimetrie und OCT charakterisiert (Ergebnisse s. Tabelle).
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Beispiel 5 (Vergleichsbeispiel)
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Analog zu Beispiel 3 wurde ein Material mit 25 Teilen 4,4'-Diaminodiphenylmethan und 75 Teilen Bisphenol-A-diglycidylether hergestellt. Das gehärtete Material wurde mittels DMA, Cone-Kalorimetrie und OCT charakterisiert (Ergebnisse s. Tabelle).
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Beispiel 6
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Analog zu Beispiel 2 wurde ein Material mit 11 Teilen 4,4'-Diaminodiphenylmethan, 49 Teilen Bisphenol-A-diglycidylether und 40 Teilen Pulver aus Beispiel 1 hergestellt. Das gehärtete Material wurde mittels DMA, Cone-Kalorimetrie und OCT charakterisiert (Ergebnisse s. Tabelle).
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Beispiel 7 (Vergleichsbeispiel)
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Analog zu Beispiel 3 wurde ein Material mit 18 Teilen 4,4'-Diaminodiphenylmethan und 82 Teilen Bisphenol-A-diglycidylether hergestellt. Das gehärtete Material wurde mittels DMA, Cone-Kalorimetrie und OCT charakterisiert (Ergebnisse s. Tabelle).
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Beispiel 8
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Analog zu Beispiel 2 wurde ein Material mit 15 Teilen 4,4'-Diaminodiphenylmethan, 62 Teilen Bisphenol-A-diglycidylether und 23 Teilen Pulver aus Beispiel 1 hergestellt. Das gehärtete Material wurde mittels DMA, Cone-Kalorimetrie und OCT charakterisiert (Ergebnisse s. Tabelle).
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Beispiel 9 (Vergleichsbeispiel)
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Analog zu Beispiel 3 wurde ein Material mit 20 Teilen 4,4'-Diaminodiphenylmethan und 80 Teilen Bisphenol-A-diglycidylether hergestellt. Das gehärtete Material wurde mittels DMA, Cone-Kalorimetrie und OCT charakterisiert (Ergebnisse s. Tabelle).
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Beispiel 10
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Es wurden 18 Teile 4,4'-Diaminodiphenylmethan in 18 Teilen Methylethylketon gelöst. Mit einem Dispergierer wurden 20 Teile des Pulvers aus Beispiel 1 in die Lösung für ca. 5 Minuten eingerührt. Anschließend wurden 62 Teile Bisphenol-A-diglycidylether für ca. 35 Sekunden in die Mischung eingerührt. Mit dieser Lösung wurde ein Glasfasergewebe (FK144) imprägniert. Das imprägnierte Gewebe wurde für 9 Minuten auf 130°C erhitzt. Vier Gewebelagen wurden bei 5 bar und 150°C für 2 Stunden zu einem Laminat verpresst. Die Charakterisierung erfolgte mittels DMA und Cone-Kalorimetrie (Ergebnisse s. Tabelle).
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Beispiel 11
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Eine Lösung von 33 Teilen ungesättigtem Polyester in 33 Teilen Styrol wurde vorgelegt. Anschließend wurden 33 Teile des Pulvers aus Beispiel 1 in die Lösung eingerührt. Die Mischung wurde 15 Minuten bei 50°C stehen gelassen. Es wurde 1 Teil t-Butylperbenzoat zugegeben und verrührt. Die Mischung wurde in eine auf 80°C vorgewärmte Plattenform gegossen. Anschließend wurde die Mischung für eine Stunde bei 160°C und für eine weitere Stunde bei 180°C gehärtet. Das gehärtete Material wurde mittels DMA, Cone-Kalorimetrie und OCT charakterisiert (Ergebnisse s. Tabelle).
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Beispiel 12 (Vergleichsbeispiel)
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Beispiel 11 wurde mit der Maßgabe wiederholt, dass das Pulver aus Beispiel 1 weggelassen wurde. Wie aus der Tabelle ersichtlich, zeigt ein Vergleich von Beispiel 11 mit Beispiel 12, dass durch den Zusatz des vernetzten Polysilazans die Rauch- und Wärmeentwicklung gesenkt und der Brandrückstand erhöht werden kann. Weiterhin wurde durch den Zusatz des Polysilazans eine signifikante Erhöhung der Glasübergangstemperatur von 130°C auf 175°C festgestellt. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass der Füllstoff durch einen Restgehalt an Vinylgruppen in Kombination mit ungesättigten Polyestern zusätzlich vernetzend wirkt.
Probe | TTI | HRRpeak | MARHE | THR | TSR | CR | Tg | K1c |
[s] | [kW/m2] | [kW/m2] | [MJ/m2] | [m2/m2] | [%] | [°C] | [MN/m3/2] |
Bsp. 2(a) | 48 | 340/427 | 215 | 131 | 5436 | 44 | 152 | 1,06/1,10 |
Bsp. 3(a) | 72 | 300/393 | 251 | 178 | 9129 | 16 | 173 | 0,82/0,80 |
Bsp. 4(a) | 47 | 287/375 | 218 | 114 | 7869 | 37 | 142 | 0,94/1,00 |
Bsp. 5(a) | 62 | 323/384 | 248 | 161 | 9216 | 12 | 141 | 1,51/1,68 |
Bsp 6(a) | 60 | 289/368 | 184 | 85 | 5909 | 47 | 170 | 0,82/0,79 |
Bsp. 7(a) | 77 | 295/501 | 240 | 148 | 8201 | 14 | 126 | 0,74/0,47 |
Bsp. 8(a) | 60 | 374/428 | 230 | 139 | 6661 | 36 | 172 | 0,75/0,82 |
Bsp 9(a) | 71 | 344/401 | 230 | 167 | 8540 | 15 | 152 | 0,73/0,66 |
Bsp. 10(b) | 23/25 | 369/447 | 184/209 | 17,2/20,2 | 1060/1211 | 67/64 | 162 | - |
Bsp. 11(b) | 31 | 382/499 | 347 | 141 | 6155 | 31 | 175 | 0,34/0,36 |
Bsp. 12(b) | 45 | 797 | 440 | 165 | 6857 | 4 | 130 | - |
(a): 60 mm·60 mm; (b): 100 mm·100 m
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Abkürzungen:
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- TTI
- = (Time of ignition; Entzündungszeit)
- HRRpeak
- = Heat Release Rate peak (Maximale Wärmefreisetzungsrate)
- MARHE
- (Maximum average rate of heat emission; Maximale mittlere Wärmeemission
- THR
- = Total heat release (Gesamt-Wärmefreisetzung)
- TSR
- = Total smoke released (Gesamt-Rauchfreisetzung)
- CR
- = Char residue (Masse des Brandrückstands)
- K1c
- = Bruchzähigkeit