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Die vorliegende Erfindung betrifft zellstoffbasierte Papiere mit hoher thermischer und elektrischer Belastbarkeit sowie ein Verfahren zur Herstellung derselben.
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Es ist auf dem einschlägigen Fachgebiet wohl bekannt, dass sich Papiere auf Zellstoffbasis bei Temperaturen von über 200°C zersetzen. Folglich wird für Anwendungen bei höheren Temperaturen üblicherweise auf andere Materialien ausgewichen, beispielsweise auf dünne Stahlbleche, Keramiken oder Werkstoffe auf Aramidbasis.
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Ähnlich sieht es auch mit dem Verhalten von Papieren auf Zellstoffbasis hinsichtlich der elektrischen Durchschlagsfestigkeit aus. Unter der Durchschlagsfestigkeit wird auf dem einschlägigen Fachgebiet diejenige elektrische Feldstärke eines Isolators verstanden, welche in dem Material höchstens herrschen darf, ohne dass es zu einem Spannungsdurchschlag kommt. Berechnet wird die Durchschlagsfestigkeit E (Einheit kV/mm), indem man die Durchschlagsspannung U (Einheit kV) durch die Dicke des zu untersuchenden Isoliermaterials A (Einheit mm) teilt, d. h. E = U/A. Im Handel werden gegenwärtig als Elektroisolierpapiere Papiere auf Zellstoffbasis verkauft, die einer hohen Verdichtung (Kalandrierung) unterzogen wurden. Diese erreichen Durchschlagsfestigkeitswerte gemäß ASTM D150-98 von etwa 10 kV/mm.
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Eine höhere Isolierwirkung ist bei Einsatz von aufwändig herzustellenden Papieren aus 100% der teuren Aramidfasern (sog. Aramidpapiere) erreichbar. So werden im Handel Aramidpapiere angeboten, die thermisch bis 340°C belastbar sind und Durchschlagsfestigkeitswerte von etwa 15 kV/mm aufweisen.
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Die Herstellung von Aramidpapieren wird üblicherweise auf Schrägsiebpapiermaschinen durchgeführt, wobei hier mit extrem hoher Verdünnung von beispielsweise 0,05 bis 0,5 Gew.-% Fasermaterial im Stoffauflauf gearbeitet werden muss. Dies ist notwendig, um eine sehr gleichmäßige Faserverteilung zu erreichen, welche bei Elektroisolierpapieren nötig ist. Andernfalls käme es bei dünnen Stellen im Papier zu Schwachstellen mit der latenten Gefahr des Durchschlagens an dieser Stelle. Der Papiermacher spricht hier von der Formation des Papiers.
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Ferner krankt das aus dem Stand der Technik bekannte Verfahren zur Herstellung von Aramidpapier daran, dass dieses Verfahren den Einsatz sehr hoher Wassermengen benötigt und darüber hinaus der Betrieb einer Schrägsiebmaschine deutlich aufwändiger ist als der einer Langsiebmaschine.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es somit, ein hitzebeständiges Papier mit guten Durchschlagfestigkeitswerten im Vergleich zu Papieren auf Zellstoffbasis bereitzustellen. Weitere Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren zur Herstellung eines solchen hitzebeständigen Papiers mit guten Durchschlagsfestigkeitswerten anzugeben.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch ein Papiermaterial mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst.
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Demnach wird ein Papiermaterial bereitgestellt, das 15 bis 60 Gew.-% Zellstoff mit einem hohem Mahlgrad von mindestens 75° SR und 85 bis 40 Gew.-% Aramidfasern umfasst.
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Erfindungsgemäß wird Zellstoff mit einem hohen Mahlgrad eingesetzt, da erfindungsgemäß überraschend festgestellt wurde, dass bei Verwendung von Zellstoff mit Mahlgraden von mindestens 75° SR der Zellstoff zahlreiche Fibrillen aufweist, welche die Rückhaltung und Einbindung von Aramidfasern begünstigt. In einer bevorzugten Ausführungsform weist der Zellstoff einen Mahlgrad von 80 bis 100° SR, bevorzugt 90 bis 95° SR, insbesondere 90 bis 92° SR auf.
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In einer bevorzugten Ausführungsform handelt es sich bei dem hoch gemahlenen Zellstoff um einen Kiefernsulfatzellstoff mit einem Mahlgrad von mindestens 80° SR.
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In einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung wird als Zellstoff ein Fasermaterial mit einer Faserlänge von 0,1 bis 5 mm, vorzugsweise 0,3 bis 3 mm verwendet. Erfindungsgemäß kann es sich bei dem eingesetzten Zellstoff um ein einheitliches Fasermaterial aus Zellstoff oder um ein Gemisch aus Zellstoff und einem weiteren natürlichen Fasermaterial wie beispielsweise Kraftzellstoff, Sulfitzellulose, Baumwolle, Hanf, Lumpen, Esparto-Stroh, Hadern, Bagasse und/oder Abaca handeln. Das weitere Fasermaterial kann dem Zellstoff üblicherweise in einer Menge von 5 bis 50 Gew.-%, vorzugsweise 10 bis 40 Gew.-%, insbesondere 15 bis 20 Gew.-%, bezogen auf das Gewicht des eingesetzten Gemisches aus Zellstoff und dem weiteren natürlichen Fasermaterial, zugegeben sein.
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Ferner kann das erfindungsgemäße Papiermaterial Funktionsstoffe umfassen, bei denen es sich üblicherweise um Füllstoffe und/oder andere als Füllmaterialien verwendbare Stoffe handelt.
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Die erfindungsgemäß einsetzbaren Füllstoffe umfassen beispielsweise Kreide, Kaolin, Talkum, Magnesia, Dolomit, Glimmer, Tone, Carbide, Nitride, Oxide, Boride und/oder Zeolithe. Besonders geeignet sind hierbei insbesondere Füllstoffe wie Al2O3, ZrO2, SiC, Si3N4, TiO2, B4C, TiC, TiB2 sowie Mischungen derselben und/oder Gläser wie Alumosilikate. Darüber hinaus können als Funktionsstoffe gemäß der vorliegenden Erfindung synthetische organische Faserstoffe, wie Polyamide, Polytetrafluorethylen, Kondensationsprodukte von Dimethylterephthalaten mit Ethylenglykol, Polyacrylnitril, Copolymere von Acrylnitril und Vinylchlorid, Vinylchlorid, Polyvinylchlorid, Zelluloseester, regenerierte Zellulose, einschließlich Mineralfasern natürlicher oder synthetischer Herkunft z. B. aus Glas, Quarz, Aluminiumsilikat, wie Mullitfasern, Aluminiumoxidfasern oder Asbest verwendet werden: Ferner können Füllmaterialien wie beispielsweise Keramikpulver oder Aktivkohle in großen Mengen zugegeben werden. Diese Füllstoffe werden der Fasersuspension üblicherweise in einer Menge von 1 bis 10 Gew.-%, vorzugsweise 1 bis 5 Gew.-%, insbesondere 1 bis 3 Gew.-%, bezogen auf das Gewicht der in der auf der Papiermaschine abzulegenden Mischung enthaltenen Feststoffe, zugegeben.
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Ferner kann die abzulegende Mischung weitere Papierhilfsmittel, wie Dispergiermittel, hydrophobierende Mittel, Antischaummittel, Färbemittel, optische Aufheller, Gleitmittel, Retentionmittel und andere Hilfsstoffe, umfassen.
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Durch Zugabe von Papierhilfsmitteln, welche eine Affinität zur Zellstofffaser haben, lässt sich beispielsweise der homogene Charakter der formbaren Mischung verbessern. Als solche Hilfsmittel lassen sich beispielsweise Stärke, CMC, Gelatine, Silikonharz und/oder Latex nennen. Diese Papierhilfsmittel werden der Mischung in Mengen von 1 bis 40 Gew.-%, vorzugsweise 1 bis 15 Gew.-%, insbesondere 1 bis 10 Gew.-%, bezogen auf das Gewicht der in der abzulegenden Mischung enthaltenen Feststoffe, zugegeben.
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Als zweiten Bestandteil enthält das erfindungsgemäße Papier Aramidfasern.
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Bei den Aramidfasern handelt es sich üblicherweise um Polyamidfasern aus vollaromatischen Polyamid, das vorzugsweise mindestens 80 Mol-%, stärker bevorzugt 90 Mol-% wiederkehrende divalente aromatische Amideinheiten der folgenden allgemeinen Formel (I) enthält:
Formel (1) worin Ar
1 und Ar
2 unabhängig voneinander ein Mitglied ausgewählt aus divalenten aromatischen Gruppen darstellen, die mindestens einen Substituenten, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Halogenatomen, niederen Alkylgruppen, die vorzugsweise 1 bis 4 Kohlenstoffatome aufweisen, und einer Phenylgruppe haben können.
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In der allgemeinen Formel (I) sind die divalenten aromatischen Gruppen für Ar
1 bzw. Ar
2 vorzugsweise ausgewählt aus den Gruppen mit den Formeln:
die mindestens 1 Substituenten aufweisen können, der aus der Gruppe bestehend aus Halogenatomen, niederen Alkylgruppen, die vorzugweise 1 bis 4 Kohlenstoffatome aufweisen, und einer Phenylgruppe ausgewählt sind.
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Die Verfahren zur Herstellung der genannten vollaromatischen Polyamidfasern und die Fasereigenschaften sind detailliert in der
GB 1 501 948 ,
US 3 733 964 ,
US 3 767 756 und
3 869 425 , der ungeprüften
japanischen Patentveröffentlichung 49-100 322 ,
47-10 863 ,
58-144 152 und
4-65 513 offenbart.
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Das vollaromatische Polyamid für die vollaromatischen Polyamidfasern ist vorzugsweise ausgewählt aus vollaromatischen Polyamiden vom para-Typ, beispielsweise Poly-para-phenylen-terephthalamid und Copoly-para-phenylen/3,4'-oxydiphenylen-terephthalamid. Unter den vollaromatischen Polyamidfasern vom para-Typ zeigen die Copoly-para-phenylen/3,4'-oxydiphenylen-terephthalamidfasern ausgezeichnete Wärmebeständigkeit und sind somit für die vorliegende Verwendung gut geeignet. Das Copolyamid ist ein Copolymerisationsprodukt einer aromatischen Dicarbonsäurekomponente bestehend aus Terephthalsäure mit einem aromatischen Diamin bestehend aus p-Phenylendiamin und 3,4'-Oxydiphenylendiamin. Da p-Phenylendiamin und das 3,4'-Oxydiphenylendiamin werden vorzugsweise in einem Molverhältnis von 1:3 bis 3:1, bevorzugter 1:2 bis 2:1 noch bevorzugter 1:1,2 bis 1,2:1 verwendet.
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Die Polyamidfasern haben vorzugsweise eine Einzelfaserdicke von 0,33 bis 5,56 dtex (0,3 bis 5,0 Denier). Die Polyamidfasern haben vorzugsweise eine Faserlänge von 1 bis 2 mm, bevorzugter 1 bis 1,5 mm. Die Polyamidfasern können nach auf dem einschlägigen Fachgebiet bekannten Verfahren mittels Schmelzspinn- und Verstreckungsverfahren hergestellt werden.
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Die Anteile an Zellstoff und Aramidfasern im erfindungsgemäßen Papiermaterial betragen 15 bis 60 Gew.-% Zellstoff mit einem hohem Mahlgrad von mindestens 75° SR und 85 bis 40 Gew.-% Aramidfasern, vorzugsweise 20 bis 40 Gew.-% Zellstoff mit einem hohem Mahlgrad von mindestens 75° SR und 80 bis 60 Gew.-% Aramidfasern, stärker bevorzugt 25 bis 30 Gew.-% Zellstoff mit einem hohem Mahlgrad von mindestens 75° SR und 75 bis 70 Gew.-% Aramidfasern.
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Bei der Mischung von Zellstoff und Aramidfasern könnte man erwarten, dass die Werte für die thermische und elektrische Belastbarkeit sich aus der Belastbarkeit der schwächeren Komponente, dem Zellstoff, ergeben. Dies ist aber – für den Fachmann überraschend – nicht der Fall. Die erfindungsgemäßen Papiermaterialien besitzen eine thermische Belastbarkeit von 300 bis 350°C. So wurde erfindungsgemäß festgestellt, dass beispielsweise ein unter Verwendung von 25% Zellstoff und 75% Aramidfasern hergestelltes Papier eine thermische Belastbarkeit von 320°C aufweist. Die Zumischung von Zellstoff mit einem hohen Mahlgrad verschlechtert somit überraschender Weise die thermische Belastbarkeit im Vergleich zu reinem Aramidpapier (300 bis 340°C) nicht. Die Messung des Parameters „thermische Belastbarkeit” wurde erfindungsgemäß nach dem „Kontakterwärmungsverfahren gemäß der Norm DIN EN 702 durchgeführt. Dabei wurde bei den Messungen ein Papier einer Dicke von 0,083 mm verwendet. Wenn Papiere aus 100% Aramidfasern (Polyamid vom para-Typ) nach diesem Verfahren gemessen werden, liegen die gemessenen Werte der thermischen Belastbarkeit bei 300 bis 340°C
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Ferner weisen die erfindungsgemäßen Papiermaterialien überraschend sehr hohe Durchschlagsfestigkeitswerte in einem Bereich von 14 bis 22 kV/mm auf, die ebenfalls denen von reinem Aramidpapier nicht nachstehen. Die Durchschlagsfestigkeit wird erfindungsgemäß mit Gleichstrom gemäß ASTM D 150-98 gemessen. Dabei wurde in allen Fällen ein Papier einer Dicke von 0,083 mm verwendet.
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Bezüglich der Herstellung des erfindungsgemäßen Papiermaterials wurde überraschender Weise festgestellt, dass das erfindungsgemäße Papiermaterial auf einer Langsiebpapiermaschine hergestellt werden kann, da der erfindungsgemäß eingesetzte Zellstoff Wasserstoffbrückenbindungen ausbildet. Im Gegensatz dazu ist ein reines Aramidpapier wenig stabil, da die auch erfindungsgemäß verwendete Aramidfaser keine Wasserstoffbrücken bildet, und somit papiertechnologisch nur unter speziellen Bedingungen auf einer Schrägsiebpapiermaschine herstellbar ist. Durch Zugabe des hoch fibrillösen Zellstoffs gemäß der vorliegenden Erfindung gewinnt das erfindungsgemäße Papiermaterial jedoch deutlich an Festigkeit.
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Somit liefert die vorliegende Erfindung in einem zweiten Aspekt ein Verfahren zur Herstellung des erfindungsgemäßen Papiermaterials, bei dem eine Fasermischung aus mindestens Zellstoff und Aramidfasern auf einer Langsiebpapiermaschine verarbeitet wird. Hierbei lässt sich eine sehr gleichmäßige Formation des Papiers erreichen. Dies wird dadurch ermöglicht, dass die hoch gemahlene Zellulosefaser das Aramidmaterial in einer homogenen Mischung einbindet. Das Ergebnis ist eine Blattbildung mit ausgezeichneter Formation.
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Erfindungsgemäß werden in einem ersten Schrittvorzugsweise Mischungen hergestellt, die ein Gemisch aus Wasser, Zellstoff mit einem Mahlgrad von mindestens 75° SR, Aramidfasern sowie gegebenenfalls andere Papierhilfsmittel umfassen. Hierzu wird das Fasermaterial, hier Zellstoff mit einem Mahlgrad von mindestens 75° SR und Aramidfasern in den entsprechenden Anteilen, bei etwa 1 bis 2% Feststoffgehalt in Wasser mit den gewünschten Funktionsstoffen und/oder Papierhilfsmitteln bei etwa 500 bis 1500 U/min., vorzugsweise 800 bis 1200 U/min. verrührt. Die Füllstoffe werden gegebenenfalls als trockenes Pulver zugegeben, deren Partikelgröße üblicherweise bei 5 bis 100 μm, vorzugsweise bei 20 bis 50 μm liegt. Dieses Gemisch wird nach Verdünnung auf 0,3 bi 0,6% dem Stoffauflauf der Papiermaschine zugeführt.
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In einem weiteren Schritt des erfindungsgemäßen Verfahrens wird das Faservlies einem Trocknungsschritt unterzogen. Erfindungsgemäß wird die Trocknung üblicherweise durch Zylindertrocknung oder mittels eines Bandtrockners, vorzugsweise mittels durch Zylindertrocknung durchgeführt. Nach einem Kalandrieren wird das erfindungsgemäße Papiermaterial erhalten.
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Beispielsweise wurde ein Fasergemisch mit einem Zellstoffgehalt (bezogen auf das Gesamtgewicht der Feststoffe) von 20% und einem Aramidgehalt (bezogen auf das Gesamtgewicht der Feststoffe) von 80% bei 2% Stoffdichte in einem Pulper bei 1000 U/min aufgelöst. Dieses Gemisch wurde nach Verdünnung auf 0,5% Feststoffgehalt dem Stoffauflauf der Langsiebpapiermaschine zugeführt. Dabei wurde eine flächenbezogene Masse von 80 g/m2 eingestellt. Das Papier wurde vor der Aufrollung unter einem Anpressdruck von 100 kN/m hochkalandriert. Das erfindungsgemäß hergestellte Papier wies eine thermische Belastbarkeit von 350°C und eine Durchschlagsfestigkeit von 16 kV/mm auf.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- GB 1501948 [0020]
- US 3733964 [0020]
- US 3767756 [0020]
- US 3869425 [0020]
- JP 49-100322 [0020]
- JP 47-10863 [0020]
- JP 58-144152 [0020]
- JP 4-65513 [0020]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- ASTM D150-98 [0003]
- Norm DIN EN 702 [0024]
- ASTM D 150-98 [0025]