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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Beseitigung von Vinylchlorid aus Wasser.
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Vor einiger Zeit wurde festgestellt, dass sich in bestimmten Gegenden Vinylchlorid (Chlorethen bzw. Monochlorethen) im Grundwasser befindet. Vinylchlorid im Grundwasser gibt es beispielsweise in der Umgebung von Stellen, an welchen chlorierte Kohlenwasserstoffe wie etwa Perchlorethen oder Trichlorethen in den Boden gelangen oder gelangt sind; Vinylchlorid ist ein Stoff, der unter anderen bei dem im Boden stattfindenden biologischen Abbau von Perchlorethen oder Trichlorethen entsteht. Der Eintrag von Perchlorethen oder Trichlorethen in den Boden kann beispielsweise in Industrieunternehmen erfolgen, die mit diesen Stoffen arbeiten. Das Vinylchlorid und/oder die in den Vorstufen der Abbaukette entstehenden Stoffe gelangen über kurz oder lang ins Grundwasser und konnen von dort weiter ins Trinkwasser gelangen.
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Vinylchlorid ist fur den Menschen toxisch. Es ist krebserregend und verursacht eine ganze Reihe weiterer Beschwerden und Krankheiten. Zwar wird Vinylchlorid im Boden oder Grundwasser auch ohne fremdes Zutun biologisch weiter zu weniger gefährlichen Stoffen abgebaut, doch dauert dieser Abbau sehr lange (Jahrzehnte). Es besteht daher ein großes Risiko, dass das sehr schädliche Vinylchlorid über das Grundwasser ins Trinkwasser, und hieruber in den menschlichen Korper gelangt.
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Es ist daher dringend notwendig, das im Grundwasser befindliche Vinylchlorid aus dem Grundwasser zu beseitigen. Die am weitesten verbreitete Moglichkeit hierfur besteht darin, dass man eine Reinigungsanlage einsetzt, die das Grundwasser hochpumpt, dort reinigt, und anschließend wieder zurückführt.
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Beim Reinigen wird zunachst das Vinylchlorid vom Wasser getrennt, genauer gesagt beispielsweise in einer Stripkolonne bzw. Gegenstrombeluftungsanlage ausgegast. Das ausgegaste Vinylchlorid wird sodann durch einen Filter aufgefangen oder katalytisch verbrannt. Eine derartige Reinigung ist aufwendig und teuer.
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Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, eine einfach und kostengünstig realisierbare Moglichkeit zu finden, im (Grund-)Wasser enthaltenes Vinylchlorid aus diesem zu beseitigen.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemaß durch das in Patentanspruch 1 beanspruchte Verfahren und die in Patentanspruch 13 beanspruchte Vorrichtung gelöst.
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Das erfindungsgemaße Verfahren zeichnet sich durch die Schritte
- – Zugabe von Sauerstoff oder einem oxidierende Wirkung aufweisenden Mittel zum zu reinigenden Wasser, und
- – Leiten dieses Wassers durch einen Biofilm, der Vinylchlorid zersetzende Mikroorganismen enthält,
aus.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung zeichnet sich dadurch aus, dass sie
- – eine Zugabevorrichtung zur Zugabe von Sauerstoff oder einem oxidierende Wirkung aufweisenden Mittel zum zu reinigenden Wasser, und
- – eine von diesem Wasser durchströmten Filtervorrichtung mit einem Biofilm, der Vinylchlorid zersetzende Mikroorganismen enthalt,
aufweist.
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Durch das beschriebene Verfahren und die beschriebene Vorrichtung kann das im Wasser enthaltene Vinylchlorid auf sehr einfache Art und Weise direkt aus dem Wasser, d. h. ohne vorheriges Ausgasen beseitigt werden. Die dabei entstehenden Zersetzungsprodukte sind ungefährlich oder lassen sich einfach entsorgen.
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Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind der folgenden Beschreibung, den Unteransprüchen und der Figur entnehmbar.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand von Ausführungsbeispielen unter Bezugnahme auf die Figur näher beschrieben.
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Die Figur zeigt ein Ausfuhrungsbeispiel der im Folgenden naher beschriebenen Anlage zur Beseitigung von Vinylchlorid aus Wasser.
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Das durch die Anlage zu reinigende Wasser ist in der Figur mit KGW bezeichnet. Es ist im betrachteten Beispiel Vinylchlorid enthaltendes Grundwasser, das aus dem Boden nach oben zu der hier vorgestellten und in der Figur gezeigten Anlage gefördert wird. Bei dem zu reinigenden Wasser muss es sich allerdings nicht unbedingt um Grundwasser handeln; es kann auch anderes mit Vinylchlorid verunreinigtes Wasser sein.
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Das zu reinigende Wasser KGW gelangt in einen Mischbehalter 1. Dem Mischbehälter 1 wird ferner eine aus einem Kaliumpermanganatlösungs-Behälter 2 stammende Kaliumpermanganatlösung KL zugeführt. Bei dieser Kaliumpermanganatlösung KL handelt es sich um in Wasser gelostes Kaliumpermanganat (KMnO4). Im Mischbehalter 1 werden das zu reinigende Wasser KGW und die Kaliumpermanganatlösung KL vermischt.
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Das dabei entstehende vermischte Wasser VW wird einem Festbettfilter 3 zugeführt. Bei diesem Festbettfilter 3 handelt es sich beispielsweise um einen Sandfilter, einen Kiesfilter oder einen sonstigen anderen Festbettfilter.
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In diesem Festbettfilter 3 bildet sich bereits nach kurzer Zeit selbständig, d. h. ohne besonderes Zutun durch den Betreiber der Anlage ein Biofilm aus, in dem unter anderem Vinylchlorid zersetzende Mikroorganismen enthalten sind. Diese Mikroorganismen stammen aus dem Boden. Sie werden vom zu reinigenden Grundwasser KGW mitgebracht und setzen sich im Festbettfilter ab.
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Das Entstehen des besagten Biofilms hangt nicht vom Ort der Wasserentnahme ab. Versuche an verschiedenen Standorten haben ergeben, dass sich uberall ein Biofilm mit Vinylchlorid zersetzenden Mikroorganismen bildet.
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Wenn das vermischte Wasser VW den Festbettfilter 3 durchläuft, gelangt es hierbei automatisch auch durch den darin enthaltenen Biofilm. In diesem Biofilm wird das im Wasser enthaltene Vinylchlorid zersetzt. Dieser Zersetzungsprozess wird durch das dem Wasser zugegebene Kaliumpermanganat, genauer gesagt durch die oxidierende Wirkung des Kaliumpermanganats begunstigt und beschleunigt.
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Die Zersetzungsprodukte, die bei der Zersetzung des Vinylchlorid entstehen, bleiben entweder im Festbettfilter und/oder im Biofilter zuruck oder sind für den Menschen nicht mehr oder zumindest sehr viel weniger gefahrlich als das Vinylchlorid.
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Das aus dem Festbettfilter wieder austretende Wasser GGW ist gereinigtes Grundwasser, das kein oder nur noch vernachlassigbar geringe Anteile an Vinylchlorid enthält.
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Im betrachteten Beispiel
- – ist die im Kaliumpermanganatlosungs-Behalter 2 enthaltene Kaliumpermanganatlosung eine 2,5% Kaliumpermanganat enthaltende wässrige Losung,
- – wird dem Mischbehälter 1 so viel Kaliumpermanganatlosung zugeführt, dass sich in dem den Mischbehälter 1 verlassenden Wasser VW ungefahr 0,5–5 ppm (0,5–5 mg/kg) Kaliumpermanganat befinden,
- – wird als Festbettfilter 2 ein Schüttgut-Filter verwendet, dessen (unten angeordnete) Stützschicht durch Kieselsteine mit einer Körnung von 2–3 mm gebildet wird, und dessen (oben angeordnete) aktive Filterschicht durch Kieselsteine mit einer Kornung von 0,5–3 mm gebildet wird,
- – durchlauft das den Festbettfilter 3 durchlaufende Wasser VM den Festbettfilter 3 mit einer Geschwindigkeit von 0,5–20 Meter pro Stunde.
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Hierbei werden ca. 97% des ursprunglich im Grundwasser KGW enthaltenen Vinylchlorid abgebaut (zersetzt).
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Zur Vermeidung von Missverständnissen sei gleich an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die vorstehend zahlenmäßig spezifizierten Größen der genannten Parameter nur als ein Beispiel anzusehen sind. Die angegebenen Werte konnen ohne eine signifikante Verschlechterung des Vinychlorid-Abbaus innerhalb weiterer Grenzen variiert werden.
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Das gereinigte Grundwasser GGW kann entweder sofort wieder in den Boden zurückgeleitet werden oder – falls die Vinylchlorid-Konzentration noch zu hoch ist, einer weiteren Reinigung unterzogen werden. Diese weitere Reinigung kann beispielsweise darin bestehen, dass das Wasser durch einen zweiten Festbettfilter geleitet wird, oder eine zweite Anlage der vorstehend beschriebenen Art durchlauft.
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In vielen Fallen ist es nicht notwendig, dass das gereinigte Wasser vollig frei von Vinylchlorid ist. Das in den Boden zurückgeleitete Grundwasser kann ja auch noch im Boden durch die dort vorhandenen Mikroorganismen nachgereinigt werden. Dies ist insbesondere dann möglich, wenn aufgrund der großen Entfernung zur nächsten Wasserentnahmestelle fur die Trinkwassergewinnung oder einer geringen Fließgeschwindigkeit des Grundwassers viel Zeit vergeht, bis das Grundwasser zur Wasserentnahmestelle gelangt.
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Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass der Festbettfilter 3 in gewissen zeitlichen Abständen gereinigt werden muss. Dies erfolgt üblicherweise durch ein sogenanntes Ruckspülen. Dabei wird der Festbettfilter in entgegengesetzter Richtung von Wasser durchströmt. Genauer gesagt wird in der Nähe der Stelle, an welcher das gereinigte Wasser GGW den Festbettfilter 3 verlasst, Rückspulwasser RSWIN in den Festbettfilter 3 gepumpt. Das Ruckspülwasser nimmt zumindest teilweise die Stoffe mit, die zuvor aus dem bereits gefilterten Wasser herausgefiltert wurden, und verlasst den Filter auf der gegenuberliegenden Seite als Wasser RSWOUT. Wahrend des Rückspülens wird der Festbettfilter 3 naturlich nicht von zu reinigendem Wasser durchströmt. Das Ruckspulen erfolgt vorzugsweise so, dass der Biofilm zumindest teilweise erhalten bleibt.
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Ferner sei der Vollständigkeit halber angemerkt, dass die Anlage diverse Pumpen, Ventile, Messgerate, Messstellen zum Probenziehen, Mischvorrichtungen etc. umfasst bzw. umfassen kann. Ob und gegebenenfalls wo diese Anlagenkomponenten vorgesehen sind, hangt vom jeweiligen Einzelfall ab. Dem Fachmann dürfte es jedoch auch ohne weitere Erläuterungen klar sein, wo diese Anlagenkomponenten vorzusehen sind.
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Wie vorstehend bereits angedeutet wurde, ist die hier vorgestellte Anlage nicht gleich von Anfang an voll leistungsfähig, weil es eine gewisse Zeit dauert bis sich der zur Zersetzung des Vinylchlorid benotigte Biofilm im Festbettfilter 3 aufgebaut hat. Ferner ist es auch nicht auszuschließen, dass beim Ruckspülen des Festbettfilters 3 ein teilweiser Abbau des Biofilms erfolgt. Es existieren mehrere Möglichkeiten, hiermit umzugehen.
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Eine Möglichkeit besteht darin, dass man in Phasen, in welchen die hier vorgestellte Anlage nicht voll leistungsfähig ist, das Vinylchlorid bzw. die noch nicht zersetzten Teile davon auf andere Art und Weise beseitigt. Hierzu konnte beispielsweise vorgesehen werden, das den Festbettfilter 3 verlassende Wasser bei Bedarf durch einen zweiten Filter wie etwa einen Aktivkohlefilter zu leiten. Da die zusatzliche Filterung nur bis zum Aufbau des Biofilms im Festbettfilter 3, also nur relativ kurzzeitig erfolgen muss, ist mit dieser zusätzlichen Filterung nur ein relativ geringer zusatzlicher Aufwand verbunden. Dies gilt in besonderem Maße in Fällen, in welchen ein Aktivkohlefilter zum Einsatz kommt, weil solche Filter billig herstellbar und einfach handhabbar sind. Aufgrund des nur kurzzeitigen Betriebes gilt dies aber auch für alle anderen Methoden zur Beseitigung von Vinylchlorid aus Wasser.
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Bei der vorstehend beschriebenen Anlage zur Beseitigung von Vinylchlorid aus Wasser bildet sich der zur Vinychlorid-Beseitigung benötigte Biofilm selbstständig aus im zu reinigenden Wasser enthaltenen Mikroorganismen. Bei Bedarf kann jedoch zusätzlich oder alternativ vorgesehen werden, den Biofilm auf andere Art und Weise zu erzeugen. Insbesondere kann beispielsweise vorgesehen werden, die benötigten Mikroorganismen enthaltendes Material in den Festbettfilter zu geben. Das zugegebene Material kann z. B. Sand oder Kies oder ein sonstiger geeigneter Biofilm-Träger sein, in dem zuvor (beispielsweise durch Hindurchleiten von Grundwasser oder auf eine beliebige sonstige Art und Weise) der benotigte Biofilm erzeugt wurde. Solche Biofilm-Zugaben in den Festbettfilter 3 erweisen sich unter anderem als vorteilhaft, wenn direkt nach der Inbetriebnahme des Festbettfilters noch kein Biofilm vorhanden ist, oder wenn nach einem Ruckspulen des Festbettfilters zu viel vom Biofilm ausgespult wurde, oder wenn das zu reinigende Wasser zu wenig oder gar keine Mikroorganismen enthält, die fur die Bildung des benotigten Biofilms erforderlich sind.
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Eine Alternative zur Beseitigung von Vinylchlorid durch die hier vorgestellte Anlage besteht darin, dass in den Boden Kaliumpermanganat oder eine Kaliumpermanganatlösung eingebracht wird. Das Kaliumpermanganat bzw. die Kaliumpermanganatlosung gelangt uber kurz oder lang beispielsweise durch Niederschlage ins Grundwasser oder wird gleich direkt ins Grundwasser eingeleitet, wodurch aus dem Grundwasser KGW ein dem Wasser VW entsprechendes Wasser wird. Weil sich im Boden ferner auch Vinylchlorid zersetzende Mikroorganismen, also dem Biofilm im Festbettfilter 3 entsprechende Mikroorganismen befinden, geschieht mit dem mit Kaliumpermanganat versetzten Grundwasser im Boden genau das selbe wie im Festbettfilter 3. D. h., das Vinylchlorid wird in kurzer Zeit nahezu vollständig zersetzt.
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In den vorstehend betrachteten Beispielen zur Vinylchlorid-Beseitigung aus Grundwasser wurde die für die Vinylchlorid-Beseitigung benötigte Sauerstoffanreicherung des zu reinigenden Grundwassers KGW durch die Zugabe von Kaliumpermanganat erreicht. Mit Hilfe einer Kaliumpermanganatzugabe lässt sich im Zusammenwirken mit dem sich im Festbettfilter 3 bildenden Biofilm fast das gesamte Vinylchlorid aus dem Wasser beseitigen. Die Verwendung von Kaliumpermanganat wird daher derzeit als optimal angesehen.
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Es existieren jedoch diverse Alternativen: Dem zu reinigenden Wasser kann auch direkt Sauerstoff oder ein anderes Mittel mit oxidierender Wirkung zugegeben werden.
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Bei der direkten Zugabe von Sauerstoff in Form von O2 ist zu beachten, dass hierbei das zu beseitigende Vinylchlorid zumindest teilweise ausgasen (in die Luft gehen) kann, und folglich eventuell zusatzlich Maßnahmen zur Beseitigung des ausgegasten Vinylchlorid aus der Luft ergriffen werden müssen.
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Es kann auch Sauerstoff in Form von O3 zugegeben werden.
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Ein alternatives Mittel mit oxidierender Wirkung ware Wasserstoffperoxid (H2O2).
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Bekanntlich gibt es eine Vielzahl weiterer Mittel, die oxidierende Wirkung aufweisen und folglich grundsatzlich als Alternative zu Kaliumpermanganat und Wasserstoffperoxid geeignet sind.
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Insbesondere bei der direkten Zugabe von Sauerstoff, vor allem bei der Zugabe von Sauerstoff in Form von O3 ist darauf zu achten, dass das zu reinigende Wasser KGW nicht zu sauerstoffreich wird, weil anderenfalls der Aufbau des Biofilms behindert werden konnte.
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Das vorstehend beschriebene Verfahren und die vorstehend beschriebene Vorrichtung erweisen sich unabhangig von den Einzelheiten der praktischen Realisierung als vorteilhaft. Durch sie lasst sich in Wasser enthaltenes Vinylchlorid auf sehr einfache Art und Weise aber gleichzeitig sehr wirkungsvoll (fast vollstandig) beseitigen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Mischbehälter
- 2
- Kaliumpermanganatlösungs-Behälter
- 3
- Festbettfilter
- GGW
- gereinigtes Wasser
- KGW
- Vinylchlorid enthaltendes, zu reinigendes Wasser
- KL
- Kaliumpermanganatlosung
- RSWIN
- zugefuhrtes Rückspulwasser
- RSWOUT
- abgefuhrtes Rückspulwasser
- VW
- vermischtes Wasser