DE102010044344A1 - Kunststoffgebundene Sprengstoffformulierung - Google Patents

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Abstract

Vorgeschlagen wird eine kunststoffgebundene Sprengstoffformulierung, die aus einem Sprengstoff oder Sprengstoffgemisch, Graphit, einem Chlorkautschuk, einem Weichmacher oder Weichmachergemisch sowie gegebenenfalls einem weiteren Bindemittel besteht. Die Sprengstoffformulierung kann zusätzlich einen anorganischen Brennstoff oder ein Brennstoffgemisch und/oder ein anorganisches Oxidationsmittel oder ein Oxidationsmittelgemisch enthalten. Alternativ kann die Sprengstoffformulierung zusätzlich ein Schwermetall und/oder eine anorganische Verbindung und/oder ein anorganisches Oxidationsmittel oder Oxidationsmittelgemisch enthalten.

Description

  • Die vorliegende Erfindung betrifft kunststoffgebundene Sprengstoffformulierungen auf der Basis von Chlorkautschuk-Matrices sowie deren Anwendung in Munitionen, insbesondere Handgranaten.
  • Aufgrund der aktuellen Einsatzszenarien (MOUT, Room-to-Room-Combat) ergibt sich im Bereich der infanteristischen Wirkmittel u. a. ein erhöhter Bedarf an Offensivhandgranaten (OHG) mit unterschiedlichen Leistungsparametern.
  • Neben der Nutzung vorhandener OHG-Applikationen werden auch entsprechend notwendige Anpassungen hinsichtlich Größe (Diversifizierung der verfügbaren Applikationen: von ca. 20 g Nettoexplosivstoffmasse (NEM) bis mehrere hundert Gramm NEM), klimatischer Bedingungen (Substitution plastischer Sprengstoffe durch Verpressbare) und zu verarbeitender Materialien (Substitution von z. B. giftigen Füllstoffen in Hüllenmaterialien etc.) durchgeführt.
  • Generell werden seitens der Einsatzkräfte leistungsstarke Systeme mit einem hohen Verhältnis von Nettoexplosivstoffmasse zur Gesamtmasse einer Applikation gewünscht. Dies gilt insbesondere für infanteristische Systeme, deren Gewicht unter Einsatzbedingungen für die Soldaten eine zusätzliche Last darstellt.
  • Im Bereich der Handgranaten liegt das Verhältnis von Nettoexplosivstoffmasse (NEM) zur Gesamtmasse je nach Größe der Applikation in etwa zwischen 0,15 (kleine OHG) und maximal 0,7 (große OHG), entsprechend einem Sprengstoffanteil von ca. 15 Gew.-% bis 70 Gew.-%. Insbesondere bei den kleineren Handgranaten ist das Verhältnis von Nettoexplosivstoffmasse zur Gesamtmasse ungünstig, da hier aus Gründen der Handhabbarkeit das Gewicht der Kipphebelzünderbaugruppe mit Anzündverzögerungs- und Detonatoreinheit nicht reduziert werden kann.
  • Prinzipiell ließe sich das Verhältnis von NEM zu Gesamtmasse durch die Verringerung der Wandstärke der Handgranatenkörper vergrößern. Bei Defensiv-Handgranaten mit im Granatkörper eingesetzter Splittereinlage lässt sich für die entsprechende OHG-Variante die NEM zusätzlich durch Weglassen der meist gängigen splitterfreien „Blindeinlage” erhöhen. Beiden zuvor angeführten Möglichkeiten zur Erhöhung der Nettoexplosivstoffmasse sind jedoch konstruktiv enge Grenzen gesetzt.
  • Hier stellt sich die Erfindung die Aufgabe, eine konstruktiv einfache Möglichkeit zur Gewichtseinsparung bei einer Handgranate, einem Wurfkörper, einer Munition etc. aufzuzeigen.
  • Der Erfindung liegt die Idee zugrunde, durch die Verwendung von Chlorkautschuk-Matrices, kunststoffgebundene Sprengstoffformulierungen bereitzustellen, die, aufgrund der hohen Wasser- sowie Wasserdampfbeständigkeit von Chlorkautschuk, die Fertigung von funktionstüchtigen hüllenlosen Handgranaten oder Handgranaten und Munitionen mit einer auf das Gesamtgewicht bezogenen, stark reduzierten Umhüllung ermöglichen.
  • Im Vergleich zu Sprengstoffformulierungen mit gängigen Bindermatrices können bei den hier vorgeschlagenen Chlorkautschuk-basierten Sprengstoffformulierungen etwaige massebezogene Leistungseinbußen allenfalls in Kauf genommen. Werden. Die auf eine OHG-Applikation bezogene Leistungssteigerung ergibt sich aus dem deutlich verbesserten Verhältnis von Nettoexplosivstoffmasse zur Gesamtmasse der jeweiligen Applikation. Neben einer zu erwartenden Leistungssteigerung bei gleichem Gesamtgewicht ist darüber hinaus im Vergleich zu Fragmentbildung aufgrund der stark reduzierten oder nicht vorhandenen Umhüllung zu rechnen. Dies ist gerade im Nahkampf zum Schutz des Anwenders von Vorteil. Gängige Kunststoffgranatkörper können im Nahbereich bis zu 2 m Splitter bilden, welche in der Lage sind, Aluminiumplatten von bis zu 1 mm Stärke zu durchschlagen.
  • Die sich möglicherweise in Bezug auf die massebezogene Leistung negativ auswirkende Chlorkautschuk-Matrix weist jedoch gegenüber anderen bei Sprengstoffformulierungen üblichen Bindermatrices den Vorteil auf, dass sie z. B. auch eine Reihe polybromierter organischer Verbindungen flammendämpfende Eigenschaften hat. Mit Blick auf die Insensivität der hier vorgeschlagenen Chlorkautschuk-basierten Sprengstoffformulierungen ergeben sich Vorteile hinsichtlich der Reaktivität bei Cook-Off-Tests.
  • Die hier vorgeschlagenen kunststoffgebundenen Sprengstoffformulierungen weisen für die Herstellung von hüllenlos zu verwendenden Sprengstoffpresslingen Matrices aus einem Chlorkautschuk, einem Weichmacher oder Weichmachergemisch sowie gegebenenfalls einem weiteren Bindemittel von in Summe über 20 Gew.-% auf. Der Kunststoffmatrixanteil von über 20 Gew.-% gewährleistet, dass die Sensitivität der hüllenlosen Applikationen (Handgranaten oder z. B. pioniertechnische Sprengmittel) vergleichbar oder besser als die von entsprechenden umhüllten Applikationen ist.
  • Eine Sprengstoffformulierung mit den vorstehenden Merkmalen enthält beispielsweise
    74,5 Gew.-% Hexogen
    1,0 Gew.-% Graphit
    15,0 Gew.-% Chlorkautschuk
    9,5 Gew.-% Weichmacher.
  • Der Anteil der Kunststoffmatrix aus Chlorkautschuk, Weichmacher oder Weichmachergemisch sowie gegebenenfalls einem weiteren Bindemittel der hier vorgeschlagenen kunststoffgebundenen Sprengstoffformulierungen beschränkt sich auf ausdrücklich nicht auf in Summe über 20 Gew.-%. Für Anwendungen in umhüllten Munitionen kann der Anteil der Kunststoffmatrix deutlich unter 20 Gew.-% liegen.
  • Darüber hinaus können die Eigenschaften und die Leistung der Sprengstoffformulierung durch Zuschläge von anorganischen Oxidationsmitteln oder Oxidationsmittelgemischen und/oder anorganischen Brennstoffen oder Brennstoffgemischen in Pulver- oder Granulatform oder durch Zuschläge von Schwermetallen und/oder anorganischen Verbindungen und/oder Salzen variiert werden.

Claims (9)

  1. Kunststoffgebundene Sprengstoffformulierung, bestehend aus einem Sprengstoff oder Sprengstoffgemisch (35,0 Gew.-% bis 91,0 Gew.-%), Graphit (0,5 Gew.-% bis 2,0 Gew.-%), einem Chlorkautschuk (3,0 Gew.-% bis 20,0 Gew.-%), einem Weichmacher oder einem Weichmachergemisch (2,5 Gew.-% bis 13 Gew.-%) sowie gegebenenfalls einem weiteren Bindemittel (0,5 Gew.-% bis 2,0 Gew.-%).
  2. Sprengstoffformulierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Sprengstoff Hexogen oder Oktogen ist oder das Sprengstoffgemisch aus einer Mischung von Hexogen und Oktogen besteht und der Chlorkautschuk Polychlorisopren ist.
  3. Sprengstoffformulierung nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass diese zusätzlich ein anorganisches Oxidationsmittel oder ein Oxidationsmittelgemisch aus der Gruppe der Perchlorate, Nitrate oder Oxide in Mengen bis zu 40 Gew.-% enthalten kann.
  4. Sprengstoffformulierung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass diese zusätzlich einen anorganischen Brennstoff oder ein anorganisches Brennstoffgranulat oder ein anorganisches Brennstoffgemisch oder ein Granulat eines anorganischen Brennstoffgemisches in Mengen bis zu 40 Gew.-% enthalten kann.
  5. Sprengstoffformulierung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass diese zusätzlich ein Schwermetall und/oder eine anorganische Verbindung und/oder ein Salz in Mengen bis zu 40 Gew.-% enthalten kann.
  6. Sprengstoffformulierung nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass der Weichmacher oder das Weichmachergemisch eine organische Substanz oder ein Substanzgemisch aus der Gruppe der Adipate, Citrate oder Phthalate ist.
  7. Sprengstoffformulierung nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass der Weichmacher oder das Weichmachergemisch ein organischer Phosphorsäureester oder ein Phosphorsäureestergemisch sein kann.
  8. Kunststoffgebundene Sprengstoffformulierung nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass das zusätzliche Bindemittel ein organisches Titanat oder ein organisches Titanatgemisch ist.
  9. Hüllenlose sowie umhüllte Wurfkörper, Handgranaten oder sonstige Munitionen, dadurch gekennzeichnet, dass eine kunststoffgebundene Sprengstoffformulierung nach einem der Ansprüche 1 bis 8 eingebunden ist.
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