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Die Erfindung betrifft eine Röntgenröhre mit einem Vakuumgehäuse, in dem eine Anode angeordnet ist, die beim Auftreffen von in einer Elektronenquelle erzeugten Elektronen in einem Aufenthaltsbereich des Brennflecks Röntgennutzstrahlung erzeugt, welche durch ein Röntgenstrahlenaustrittsfenster aus dem Vakuumgehäuse austritt.
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Die Erzeugung von Röntgenstrahlung erfolgt in Röntgenröhren üblicherweise durch Beschuss einer Anode mit Elektronen. Die Elektronen werden ihrerseits aus einer Elektronenquelle (Kathode mit einem thermoionischen Emitter oder einem Feldemitter) freigesetzt und über eine Hochspannung, die zwischen der Elektronenquelle und der Anode anliegt, auf die gewünschte Primärenergie beschleunigt. Beim Auftreffen der Elektronen auf das Material der Anode im Aufenthaltsbereich des Brennflecks wird durch die Wechselwirkung der Elektronen mit den Atomkernen des Anodenmaterials die kinetische Energie der Elektronen teilweise in Röntgenstrahlung umgesetzt. Die Ausbeute der erzeugten Röntgenstrahlung, d. h. die Anzahl Röntgenquanten über den gesamten Energiebereich, weist eine nahezu lineare Abhängigkeit mit der Kernladungszahl (Ordnungszahl) Z des verwendeten Anodenmaterials (beispielsweise Wolfram, Z = 74) auf.
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Für eine korrekte Funktion muss die gesamte Anordnung in einem Vakuumgehäuse (Vakuumhülle) untergebracht sein. Üblicherweise besteht das Vakuumgehäuse aus Metall und/oder einem vakuumdichten Isolator wie z. B. Glas oder Keramik. Je nach Konfiguration der Röntgenröhre ist das Vakuumgehäuse mit der Anode verbunden (Vakuumgehäuse und Anode auf gleichem Potenzial, einpoliger Aufbau) oder das Vakuumgehäuse ist gegenüber Anode und Kathode isoliert (Anode liegt z. B. auf einem höheren Potenzial als das auf erdnahem Potenzial liegende Vakuumgehäuse, zweipoliger Aufbau).
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Die zur Nutzung bestimmte Röntgenstrahlung (Röntgennutzstrahlung) soll den Röntgenstrahler, in dem das Vakuumgehäuse angeordnet ist, möglichst ohne Verluste verlassen können. Dazu ist in das Vakuumgehäuse ein Röntgenstrahlenaustrittsfenster aus einem röntgentransparenten Material eingearbeitet. Da dieses Röntgenstrahlenaustrittsfenster als Teil des Vakuumgehäuses auch bestimmte Anforderungen hinsichtlich der mechanischen Stabilität, einer bestimmungsadäquaten Verbindungstechnik sowie der notwendigen Vakuumdichtheit erfüllen muss, ist bei der Materialwahl oftmals ein Kompromiss bezüglich der optimalen Erfüllung aller angesprochenen Eigenschaften einzugehen. Während bei älteren Röntgenröhren das Vakuumgehäuse oder zumindest ein Großteil desselben aus Glas gefertigt ist, ist bei moderneren Röntgenröhren das Vakuumgehäuse oftmals aus Metall gefertigt und lediglich im Austrittsbereich der Röntgennutzstrahlung aus der Röntgenröhre befindet sich ein Röntgenstrahlenaustrittsfenster aus einem röntgentransparenten Material. Bei der Drehkolben-Röntgenröhre vom Typ ”Straton” von Siemens ist es bekannt, das Röntgenstrahlenaustrittsfenster durch eine gegenüber dem aus Stahl gefertigten Vakuumgehäuse geringere Wandstärke zu realisieren. Die Röntgennutzstrahlung kann damit weitgehend ungefiltert aus der Röntgenröhre austreten.
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Der technisch geplante und konstruktiv realisierte Aufenthaltsbereich des Brennflecks, also die Stelle der Anode, an dem der Primärstrahl der in der Kathode erzeugten Elektronen auftrifft, kann entweder stationär sein (Steh-/Festanoden) oder eine Brennbahn bilden (rotierende Anoden bei Drehanoden-Röntgenröhren oder Drehkolben-Röntgenröhren).
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Der Brennfleck bzw. die Brennbahn emittiert seinerseits wiederum eine Vielzahl von Elektronen. Zum einen sind dies Sekundärelektronen, die zusätzlich aus dem Anodenmaterial durch Anregungsprozesse herausgelöst werden, und zum anderen sind dies auch Elektronen des Primärstrahls, die die Anode nach elastischer Streuung oder nach inelastischen Streu- oder Anregungsprozessen wieder verlassen. Letztere Elektronen werden im Folgenden als Rückstreuelektronen bezeichnet.
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Insbesondere die Rückstreuelektronen besitzen zumindest teilweise noch eine vergleichsweise hohe Energie (im Mittel ca. 80% der Energie der einfallenden Elektronen). Wenn die Rückstreuelektronen auf benachbarte Teile des Vakuumgehäuses, auf das Austrittsfenster oder auf die Anode selbst (diesmal auch außerhalb des eigentlichen Brennflecks bzw. außerhalb der eigentlichen Brennbahn) treffen, erzeugen sie aufgrund ihrer hohen Energie je nach Material am sekundären Auftreffpunkt eine mehr oder minder starke Röntgenstrahlung und bewirken eine Erwärmung des Materials. Insbesondere bei Hochleistungsröntgenröhren mit Vakuumgehäusen aus einem stabilen Metall, sind die sekundären Auftreffpunkte Quellen einer nicht vernachlässigbaren Röntgenstrahlung, die als Extrafokalstrahlung bezeichnet wird.
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Darüber hinaus ist der sekundäre Auftreffpunkt wiederum Quelle für Rückstreu- und Sekundärelektronen. Die Rückstreurate, also das Verhältnis der Anzahl von wieder emittierten zu einfallenden Elektronen, variiert dabei mit der Kernladungszahl Z des getroffenen Materials in einem Bereich von 0,2 bei Z = 10 bis 0,5 bei Z = 50 (bei einem Einfallswinkel der Elektronen von 40° zur Oberflächennormalen). Insbesondere bei Hochleistungsröntgenröhren tritt eine beträchtliche Rückstreuung am sekundären Auftreffpunkt auf.
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Die durch die Rückstreuelektronen beim Vakuumgehäuse, beim Röntgenstrahlenaustrittsfenster und bei den Verbindungsstellen zwischen dem Vakuumgehäuse und dem Röntgenstrahlenaustrittsfenster auftretenden Erwärmungen sind oftmals problematisch.
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Dieses Problem liegt beispielsweise der
US 7,260,181 B2 zugrunde. Die dort offenbarte Röntgenröhre umfasst ein Vakuumgehäuse, in dem ein Röntgenstrahlenaustrittsfenster in der Nähe der Anodenoberfläche eingebaut ist, durch das die von der Anode emittierte Röntgenstrahlung treten kann. Zusätzlich zum Vakuumgehäuse und zum transparenten Röntgenstrahlenaustrittsfenster wird in diesem Bereich eine Beschichtung mit einem Material hoher Kernladungszahl aufgebracht, vornehmlich mit einer Kernladungszahl Z ≥ 35. Dieses Material hat einen vergleichsweise hohen Rückstreukoeffizienten und bewirkt, dass Elektronen, die von der Anode rückgestreut worden sind und das Vakuumgehäuse in dem Bereich des Fensters treffen würden, ihrerseits wieder rückgestreut werden, so dass die Wärmebelastung des Vakuumgehäuses und des Röntgenstrahlenaustrittsfensters verringert wird. Dem wärmetechnischen Schutz des Vakuumgehäuses steht jedoch zwangsläufig die weitere Erwärmung der Anode gegenüber, da einige der von der Schicht rückgestreuten Elektronen auf die Anode treffen. Zudem wird durch die Schicht auch mehr unerwünschte Extrafokalstrahlung erzeugt, einerseits durch das Auftreffen der rückgestreuten Elektronen auf die Schicht mit vergleichsweise hoher Kernladungszahl, andererseits durch das erneute Auftreffen mehrfach rückgestreuter Elektronen auf die Anode.
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Eine Abschätzung der Eindringtiefe der Elektronen in ein Material kann aus der Veröffentlichung von
Kanaya K, Okayama S., "Penetration and energy-loss theory of electrons in solid targets", J. Phys. D: Appl. Phys., Vol. 5, 1972, pp. 43–58, entnommen werden, beispielsweise aus der auf Seite 47 abgebildeten Zeichnung oder aus der mit der Bezugsnummer
10 angeführten Formel auf Seite 46.
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Es hat sich gezeigt, dass sich die Eindringtiefe D anstatt mit der in dieser Veröffentlichung genannten Formel (Eindringtiefe dort mit ”R” bezeichnet) sehr gut und einfacher abschätzen lässt, wenn man die maximal auftretende Energie (ca. 140 keV) berücksichtigt. Dann ist die Eindringtiefe in etwa D = 280 μm·Z–0,165·g/cm3·ρ–1
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In der
US 2009/0279669 A1 ist eine Röntgenröhre beschrieben, die ein Vakuumgehäuse mit einem Röntgenstrahlenaustrittsfenster umfasst. Im Vakuumgehäuse sind eine Kathode und eine Anode angeordnet. Die erzeugte Röntgenstrahlung tritt durch das Röntgenstrahlenaustrittsfenster im Vakuumgehäuse aus. Das Vakuumgehäuse weist im Bereich des Röntgenstrahlenaustrittsfensters eine Beschichtung aus einem Material mit einer Kernladungszahl Z ≥ 35 bis zu Z ≥ 70 auf. Für diese Röntgenröhre gelten die Ausführungen zur
US 7,260,181 B2 ebenfalls.
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Die an den sekundären Auftreffpunkten von den Rückstreuelektronen erzeugte Extrafokaistrahlung führt, wenn sie nicht durch geeignete Gegenmaßnahmen ausgeblendet wird, zu einer teils erheblichen Beeinträchtigung der mit der Röntgenröhre erreichbaren Bildqualität.
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Eine nachträgliche Ausblendung der Extrafokalstrahlung erfordert jedoch einen zusätzlichen, nicht unerheblichen Aufwand und kann oftmals, je nach Einsatzgebiet der Röntgenröhre, nicht durchgeführt werden. Dies trifft insbesondere bei Anwendungen zu, die ein hohes Ausleuchtfeld erfordern, und damit nur mit einer weiten Kollimierung betrieben werden können, oder bei Systemen mit variabler Fokusposition, wie sie bei hochauflösender Computertomografie eingesetzt werden.
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Neben dem Problem, dass von der Anode rückgestreute Elektronen zur Extrafokalstrahlung beitragen, bringt die Rückstreuung der Elektronen jedoch auch einen positiven Effekt mit sich. Die Rückstreuung führt nämlich zu einem nicht zu vernachlässigenden Energiestrom weg von der Anode, der zur Rate der Rückstreu- bzw. Sekundärelektronen und zur deren Elektronenenergie proportional ist. Da somit nicht die gesamte Energie des Primärstrahls im Aufenthaltsbereich des Brennflecks umgesetzt wird, fällt die Erwärmung des Berennflecks bzw. der Brennbahn geringer aus, so dass die Anode einer geringeren thermischen Belastung ausgesetzt ist.
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Abhängig vom weiteren Weg der Rückstreuelektronen können diese jedoch trotzdem zur Erwärmung der Anode beitragen, indem die Rückstreuelektronen beispielsweise an anderer Stelle wieder auf die Anode auftreffen oder von einem sekundären Auftreffpunkt wiederum rückgestreut werden und auf die Anode treffen.
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Dem Problem der Anodenerwärmung wird im Allgemeinen durch eine Erhöhung der Wärmespeicherfähigkeit der Anode, durch eine möglichst direkte Anodenkühlung und durch die Verwendung von Anodenmaterialien und Verbindungstechniken begegnet, die eine möglichst hohe Betriebstemperatur des Anodenaufbaus erlauben. Auch hier besteht das Bedürfnis, die Erwärmung der Anode so gering wie möglich zu halten.
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Aufgrund der hohen Temperatur im Brennfleck (bis zu ca. 2.600°C) und der hohen kinetische Energie der auf die Anode auftreffenden Elektronen (typisch ca. 70 keV bis maximal 140 keV) treten beim Auftreffen der Elektronen auf der Anode positiv geladene Ionen (Kationen) aus dem Material der Anode aus. Die aus der Anode austretenden Kationen werden zu der auf negativem Potenzial liegenden Kathode hin beschleunigt und treffen auf diese auf. Beim Auftreffen der Kationen auf die Kathode kann es zu Verunreinigungen und zu unmittelbaren mechanischen Beschädigungen kommen. Die Verunreinigungen können darüber hinaus bei Feldemittern, die beispielsweise aus Carbon-Nano-Tubes gefertigt sind, aufgrund ihrer geometrischen Form und ihrer filigranen Struktur (ca. 10 nm Durchmesser bei einigen μm Länge) zu weiteren Beschädigungen führen. Bereits geringe Beschädigungen der Kathode führen zu einer Verschlechterung der Emissionseigenschaften und damit zu einer Verschlechterung der Röntgenstrahlungsintensität. Eine stärkere Beschädigung führt zwangsläufig zu einem Ausfall der Röntgenröhre.
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Aus der
US 2008/0112538 A1 ist eine Röntgenröhre mit einer Rückstreuelektronen-Fangeinrichtung bekannt. Die Rückstreuelektronen-Fangeinrichtung weist eine Elektronenabsorptionsschicht aus einem Material mit einer relativ geringen Dichte und einer relativ niedrigen Kernladungszahl von Z < 50 auf. Mit der Rückstreuelektronen-Fangeinrichtung soll die Wahrscheinlichkeit einer zweiten Streuung von Rückstreuelektronen verringert werden.
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In der
US 2010/0046716 A1 ist eine Röntgenröhre mit einem Vakuumgehäuse offenbart, in dem eine Rückstreuelektronen-Sperrvorrichtung angeordnet ist. Die Rückstreuelektronen-Sperrvorrichtung wirkt im Bereich der Röntgennutzstrahlung derart auf die Rückstreuelektronen, dass diese das Röntgenstrahlenaustrittsfenster nicht erreichen. Die Rückstreuelektronen-Sperrvorrichtung umfasst hierfür eine Rückstreuelektronen-Fangeinrichtung und optional eine Rückstreuelektronen-Ablenkeinheit sowie eine Rückstreuelektronen-Ablenkeinheit.
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In der
US 4,352,196 A1 eine Drehanoden-Röntgenröhre beschrieben, die im Bereich der Drehanode eine Abschirmung aufweist, die mit einem Material geringer Kernladungszahl beschichtet ist.
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Weiterhin ist in der
DE 199 14 825 A1 offenbart, bei einer Röntgenröhre die Innenflächen des Vakuumgehäuses zumindest abschnittsweise mit einer Beschichtung aus einem Material geringer Kernladungszahl zu versehen.
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Aus der
WO 2008/090518 A1 ist eine Röntgenröhre mit einem Vakuumgehäuse bekannt, in dem eine Kathode und eine Anode angeordnet sind. Die in der Röntgenröhre erzeugte Röntgenstrahlung tritt durch ein Röntgenstrahlenaustrittsfenster aus. An der Außenseite des Vakuumgehäuses ist vor dem Röntgenstrahlenaustrittsfenster ein Heel-Effekt-Kompesationsfilter angeordnet, das aus demselben Material hergestellt ist wie der Anodenkörper. Das Heel-Effekt-Kompesationsfilter besteht z. B. aus dem Material Wolfram oder einer Wolframlegierung, wobei das Material mittels einer Dünnfilm-Beschichtungstechnologie aufgebracht ist und dadurch eine sehr geringe Schichtdicke aufweist.
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Schließlich ist aus der
US 5,199,059 A1 eine Drehanode für eine Röntgenröhre bekannt, bei der die Anodenoberfläche mit einer Oxidschicht, beispielsweise Aluminiumoxid, Titanoxid, versehen ist. Durch diese Beschichtung der Anodenoberfläche wird die Wärmeabstrahlfähigkeit verbessert.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, eine Röntgenröhre zu schaffen, die eine verbesserte Bildqualität liefert.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch eine Röntgenröhre gemäß Anspruch 1 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen der erfindungsgemäßen Röntgenröhre sind jeweils Gegenstand von weiteren Ansprüchen.
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Die Röntgenröhre gemäß Anspruch 1 umfasst ein Vakuumgehäuse, in dem eine Anode angeordnet ist, die beim Auftreffen von in einer Elektronenquelle erzeugten Elektronen in einem Aufenthaltsbereich des Brennflecks Röntgennutzstrahlung erzeugt, welche durch ein Röntgenstrahlenaustrittsfenster aus dem Vakuumgehäuse austritt, wobei die Anode außerhalb des Aufenthaltsbereichs des Brennflecks zumindest teilweise eine Oberflächenbeschichtung aus einem Material mit einer Kernladungszahl kleiner als die Kernladungszahl des Materials der Anode aufweist.
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Der Aufenthaltsbereich des Brennflecks ist der Bereich der Anode, auf dem die Primärelektronen zur Erzeugung der gewünschten Röntgennutzstrahlung auftreffen. Dieser Bereich besteht beispielsweise aus Wolfram oder Wolframlegierungen. Bei dem Aufenthaltsbereich des Brennflecks kann sich um einen stationären Brennfleck (Steh-/Festanode) oder um eine ringförmige Brennbahn (rotierende Anode bei einer Drehanoden-Röntgenröhre oder bei einer Drehkolben-Röntgenröhre) handeln.
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Das Material der Oberflächenbeschichtung besteht erfindungsgemäß aus einem Material mit einer Kernladungszahl, die kleiner ist als die Kernladungszahl des Anodenmaterials.
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Durch die Verwendung eines derartigen Materials entstehen nur wenige Rückstreuelektronen. Damit entsteht im Material der Oberflächenbeschichtung der Anode entsprechend wenig Extrafokalstrahlung. Aufgrund der geringen Extrafokalstrahlung ist die im Aufenthaltsbereich des Brennflecks erzeugte Röntgennutzstrahlung, entsprechend gering durch die unerwünschte Extrafokalstrahlung ”verunreinigt”. Der Anteil der Röntgennutzstrahlung an der durch das Röntgenstrahlenaustrittsfenster austretenden Röntgenstrahlung ist demzufolge entsprechend höher, wodurch die Bildqualität deutlich verbessert ist.
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Bei Molybdän (Z = 42) als Anodenmaterial weist das für die Oberflächenbeschichtung eingesetzte Material eine Kernladungszahl (Ordnungszahl) Z ≤ 42 auf.
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Vorzugsweise werden Materialien verwendet mit einer Kernladungszahl Z ≤ 16. Bei Beschichtungsmaterialien aus mehreren Elementen (z. B. Legierungen) ist die über die Anzahl der Atome mittlere Ordnungszahl der beteiligten Elemente maßgebend.
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Durch die Verwendung von einem Material mit einer derart niedrigen Kernladungszahl wird die Entstehung von Rückstreuelektronen und damit die Entstehung von Extrafokalstrahlung nochmals reduziert, wodurch sich die Bildqualität nochmals verbessert.
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Erfindungsgemäß weist die Anode an mindestens einer Oberfläche eine Beschichtung auf. Gemäß einer Ausgestaltung ist die Oberseite der Anode mit einer Oberflächenbeschichtung versehen ist. Alternativ oder zusätzlich sind die Stirnseite der Anode und/oder die Unterseite mit einer Oberflächenbeschichtung versehen. Die Oberseite der Anode ist hierbei die Seite, auf der der Aufenthaltsbereich des Brennflecks liegt. Vorzugsweise besitzen alle Seiten der Anode, also die Oberseite und die Stirnseite sowie die Unterseite, eine Oberflächenbeschichtung.
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Die optimale Schichtdicke für die Oberflächenbeschichtung ist abhängig von der kinetischen Energie E0 der einfallenden Elektronen und der Kernladungszahl (Ordnungszahl) Z des verwendeten Materials bzw. des verwendeten Schichtsystems.
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Die maximale Eindringtiefe L
max von Elektronen mit der kinetischen Energie E
0 ist hierbei:
wobei mit A das Atomgewicht, mit Z die Ladungszahl und mit ρ die Dichte des Festkörpers bezeichnet ist.
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Bei einer bevorzugten Ausführungsform der Röntgenröhre gilt für die Dicke D der Oberflächenbeschichtung sowie die Dichte ρ und die mittlere Kernladungszahl Z des Materials der Oberflächenbeschichtung der Anode die Bedingung D > 280 μm·Z–0,165·g/cm3·ρ–1.
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Besitzen die einfallenden Elektronen eine kinetische Energie E0 = 140 keV, dann sollten auf der Basis von Simulationsberechnungen nach Formel (1) ca. 90% der kinetischen Energie E0 der einfallenden Elektronen in der Oberflächenbeschichtung zu deponieren sein.
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Da die Dichte des Materials der Oberflächenbeschichtung und die Ordnungszahl (Kernladungszahl) für jedes Material festliegen, ist die genannte Bedingung eine Festlegung der minimalen Dicke der Oberflächenbeschichtung. Die mittlere Kernladungszahl berechnet sich hierbei aus der Summe der relativen Auftretenshäufigkeit der Kernladungszahlen der Bestandteile des Materials der Oberflächenbeschichtung.
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Gemäß einer weitern vorteilhaften Ausgestaltung der Röntgenröhre weist die Oberflächenbeschichtung eine Dicke auf, die größer ist als die maximale Eindringtiefe Lmax Elektronen in das Material der Oberflächenbeschichtung.
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Im Rahmen der Erfindung kann die Oberflächenbeschichtung aus einer Vielzahl von Materialien oder Materialverbindungen bzw. Materialkombinationen bestehen.
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So kann die Oberflächenbeschichtung auf der Anode aus einem Kohlenstoff (Diamant, Graphit) oder aus kohlenstoffhaltigen Verbindungen bestehen. Beispiele hierfür sind tetraedischer koordinierter amorpher Kohlenstoff (ta-C), stickstoffhaltiger amorpher Kohlenstoff (CNx), DLC-Verbindungen (Diamond Like Carbon-Verbindungen), wie beispielsweise amorphe wasserstoffhaltige Kohlenstoffschichten (a-C:H), metallhaltige DLC-Schichten (Me-DLC, z. B. Me-C:H, oder modifizierte DLC-Schichten (X-DLC, z. B. a-C:H:X).
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Auch Verbindungen wie Titancarbid (TiC), Titan-Carbo-Nitrid (TiCN), Titan-Aluminum-Carbo-Nitrid (TiAlCN), Siliziumnitrid (SiC), Tantalcarbid (TaC), Hafniumcarbid (HfC), Chromcarbid (CrxCy) und Zirkoniumcarbid (ZrC) sind besonders gut als Materialien für Oberflächenbeschichtungen der Anode geeignet.
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In einer vorteilhaften Ausführungsform besteht das Material der Oberflächenbeschichtung aus einem Oxid, z. B. Siliziumoxid (SixOy, insbesondere SiO2), Aluminiumoxid (AlxOy, insbesondere Al2O3), Titanoxid (TixOy, insbesondere TiO2, TiOx) oder Oxidverbindungen mit Chrom (Cr2O3), Zirkonium (ZrO2), Yttrium (Y2O3) oder Magnesium (MgO).
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Bei einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung besteht das Material der Oberflächenbeschichtung aus einem Borid, beispielsweise aus Bornitrid (BN, TiBN), Chromborid (CrB2), Titanborid (TiB2) oder Borcarbid (BxCy, insbesondere B4C)
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Alternativ besteht das Material der Oberflächenbeschichtung aus einem Nitrid, z. B. Aluminiumnitrid (AlN), Chromnitrid (CrN), Titannitrid (TiN), Siliziumnitrid (Si3N4) oder Titanaluminiumnitride (TiAlN)
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Gemäß einer weiteren Alternative besteht das Material der Oberflächenbeschichtung aus einem Silizid, z. B. Molybdänsilizid (MoSi2) oder Wolframsilizid (WSi2).
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Sulfide, beispielsweise Molybdänsulfid (MoS2), Wolframsulfid (WS2) oder Tantalsulfid (TaS2) sind ebenfalls vorteilhaft als Material der Oberflächenbeschichtung einsetzbar.
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Schließlich sind auch Metalle (z. B. Be, Ti, Fe, V) oder Legierungen, z. B. TiAl, NiAl oder TZM (mischkristallgehärtete und teilchenverstärkte Mo-Basislegierung) für eine Oberflächenbeschichtung der Anode geeignet.
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Für eine Oberflächenbeschichtung können aus den vorgenannten Materialien auch Multilayer-Schichten hergestellt werden.
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Abhängig vom Material der Oberflächenbeschichtung und der Schichtdicke auf der Anode können verschiedene Beschichtungstechniken verwendet werden. Dies sind beispielsweise Sputtern, Plasmabeschichtung, physikalische Gasphasenabscheidung oder chemische Gasphasenabscheidung. Auch eine Kombination von wenigstens zwei der vorgenannten Beschichtungstechniken ist im Rahmen der Erfindung, insbesondere für Multilayer-Schichten, möglich.
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Nachfolgend werden zwei schematisch dargestellte Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand der Zeichnung näher erläutert, ohne jedoch darauf beschränkt zu sein. Es zeigen:
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1 eine Anode einer ersten Ausführungsform der erfindungsgemäßen Röntgenröhre und
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2 eine Anode einer zweiten Ausführungsform der erfindungsgemäßen Röntgenröhre.
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In 1 ist eine Anode 1 einer ersten Ausführungsform der erfindungsgemäßen Röntgenröhre und in 2 ist eine Anode 2 einer zweiten Ausführungsform der erfindungsgemäßen Röntgenröhre jeweils im Längsschnitt dargestellt. Das Material der Anode 1 besteht bei den Ausgestaltungen gemäß 1 und 2 aus Molybdän (Mo, Z = 42) und ist als Drehanode ausgeführt, die um eine Rotationsachse 3 drehbar ist. Gleiches gilt für die Anode 2.
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Die Drehanoden 1 und 2 sind jeweils in einem Vakuumgehäuse einer nicht dargestellten Röntgenröhre angeordnet und erzeugen beim Auftreffen von in einer Elektronenquelle erzeugten Elektronen in einer Brennbahn 4 (Aufenthaltsbereich des Brennflecks) Röntgennutzstrahlung, welche durch ein Röntgenstrahlenaustrittsfenster aus dem Vakuumgehäuse austritt. Bei den Drehanoden gemäß 1 und 2 ist der Bereich der Brennbahn 4 aus Wolfram (W, Z = 74) oder einer Wolframlegierung gefertigt.
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Die in 1 gezeigte Drehanode 1 besitzt eine konkave Oberseite 11, auf der die Brennbahn 4 verläuft, und eine parallel zur Rotationsachse 3 verlaufende Stirnseite 12 sowie eine konkave Unterseite 13.
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Die Oberseite 11 ist im Bereich außerhalb der Brennbahn 4 mit einer Oberflächenbeschichtung 51 versehen. Die Stirnseite 12 und die Unterseite 13 weisen jeweils eine Oberflächenbeschichtung 52 bzw. 53 auf. Die Oberflächenbeschichtungen 51, 52 und 53 bestehen erfindungsgemäß aus einem Material mit einer Kernladungszahl (Ordnungszahl) kleiner als die Kernladungszahl des Materials (Molybdän) der Drehanode 1.
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Die in 2 gezeigte Drehanode 2 besitzt eine Oberseite 21, auf der die Brennbahn 4 verläuft, und eine parallel zur Rotationsachse 3 verlaufende Stirnseite 22 sowie eine plane Unterseite 23.
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Die Oberseite 21 weist im Bereich der Brennbahn 4 eine Abschrägung 21a auf, so dass sich ein Anodenwinkel von α ≈ 5°–20° ergibt. Die Oberseite 21, einschließlich der Abschrägung 21a, ist im Bereich außerhalb der Brennbahn 4 mit einer Oberflächenbeschichtung 61 versehen. Die Stirnseite 22 und die Unterseite 23 weisen jeweils eine Oberflächenbeschichtung 62 bzw. 63 auf. Die Oberflächenbeschichtungen 61, 62 und 63 bestehen erfindungsgemäß aus einem Material mit einer Kernladungszahl (Ordnungszahl) kleiner als die Kernladungszahl des Materials (Molybdän) der Drehanode 2.
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Als Materialien für eine zumindest teilweise Oberflächenbeschichtung der Anode 1 bzw. 2 sind beispielsweise Siliziumoxid (SixOy, insbesondere SiO2) oder Aluminiumoxid (AlxOy, insbesondere Al2O3) besonders vorteilhaft. Diese Materialien zeichnen sich durch eine hohe Temperaturbeständigkeit eine hohe mechanische Festigkeit aus, zudem existieren bereits etablierte Standardverfahren zur Herstellung von Schichten aus derartigen Materialien.
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Alternativ kann das Material für die Oberflächenbeschichtung der Anode 1 bzw. 2 beispielsweise auch ein Carbid (z. B. Borcarbid, B4C), oder ein Nitrid (z. B. Siliziumnitrid, Si3N4) beinhalten.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- US 7260181 B2 [0010, 0013]
- US 2009/0279669 A1 [0013]
- US 2008/0112538 A1 [0020]
- US 2010/0046716 A1 [0021]
- US 4352196 A1 [0022]
- DE 19914825 A1 [0023]
- WO 2008/090518 A1 [0024]
- US 5199059 A1 [0025]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Kanaya K, Okayama S., ”Penetration and energy-loss theory of electrons in solid targets”, J. Phys. D: Appl. Phys., Vol. 5, 1972, pp. 43–58 [0011]