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Die vorliegende Erfindung betrifft einen hochfesten und verschleißresistenten Schienenstahl, ein Verfahren zu seiner Herstellung sowie die Verwendung des Schienenstahls für Gleise und Weichen hoch beanspruchter Schienenstrecken, Hochgeschwindigkeitsstrecken, Schwerlaststrecken für den Gütertransport sowie für Kranbahnen von Brückenkränen, Portal- und Sonderkränen.
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Die Entwicklung von Schienenstählen begann nach der Einführung der gusseisernen Schiene in England im ausklingenden 18. bzw. zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Als Schienenform hat sich auf den meisten Gleisstrecken die sogenannte Vignol-Schiene durchgesetzt. Im Laufe der Jahrzehnte haben sich die Anforderungen an die verwendeten Stahlgüten in Abhängigkeit von den verwendeten Zugfahrzeugen etc. geändert. Auch wenn der Schienenverkehr im Verhältnis zur Transportleistung ein umweltfreundliches und energie-effizientes Landverkehrsmittel ist, ist man bestrebt, dessen Effizienz ständig zu steigern. So wurden sowohl die Transportlasten als auch die Geschwindigkeiten der Züge erhöht, wodurch auch die Belastung der Schienen deutlich anstieg. Für den Einsatz im Güterverkehr und auch auf Hochgeschwindigkeitsstrecken wird in der Regel ein Schienenstahl mit perlitischer Struktur verwendet, der sich durch eine hohe Verschleißfestigkeit auszeichnet. Wegen der sich erhöhenden Transportlasten und der erhöhten Geschwindigkeiten bleibt es wichtig, die Verschleißfestigkeit und die Beständigkeit gegen Übermüdungserscheinungen aufgrund des Rollkontakts zu erhöhen.
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Ausgangspunkt von neueren Entwicklungen quasieutektoider Schienenstähle waren bis in die frühen 80er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts Forschungsarbeiten, die die Festigkeit und Verschleißbeständigkeit durch die Erhöhung des C-Gehaltes über die eutektoide Zusammensetzung hinaus zu steigern. Allerdings sind infolge der Bildung von proeutektoidischem Korngrenzenzementit, der wie ein feines Netzwerk die Perlitkörner umgibt, übereutektoidische Eisen-Kohlenstoff-Stähle für die stark beanspruchten Schienen nicht geeignet, da sich ausgehend von dem Zementitnetzwerk an den Korngrenzen Dauerbrüche ausbilden.
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Um die Lebenszeit von perlitischem Schienenstahl zu verbessern, wurde versucht, einen Stahl mit einer höheren Härte und einer Ausdehnung des Bereichs der Tiefe der Härte zu entwickeln. So wird beispielsweise in der europäischen Patentanmeldung
EP 2 135 966 ein perlitischer Schienenstahl offenbart, der von 0,73 bis 0,85 Masse-% C, 0,5 bis 0,75 Masse-% Si, 0,3 bis 1,0 Masse-% Mn, ≤ 0,035 Masse-% P, 0,0005 bis 0,012 Masse-% S und 0,2 bis 1,3 Masse-% Cr enthält. Es wird offenbart, dass durch die Optimierung der Anteile von Si, Mn, Cr, des DI-Index sowie des Kohlenstoffäquivalents die Härte in dem Bereich der Schienenoberfläche bis zu einer Tiefe von mindestens 25 mm verbessert werden konnte, wenn diese mit hypoeutektoiden, eutektoiden und hypereutektoiden perlitischen Schienenstählen verglichen werden. Dabei sollte eine innere Härte des Schienenstahls vom Typ des perlitischen Stahls mit guter Abriebbeständigkeit und Beständigkeit gegenüber Ermüdung des Rollkontaktes erreicht werden.
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Der vorliegenden Erfindung lag die Aufgabe zugrunde, einen ultrahochfesten und verschleißresistenten Schienenstahl zur Verfügung zu stellen, der gegenüber die dem Stand der Technik verbesserte Eigenschaften aufweist.
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Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist demgemäß ein quasiperlitischer oder leicht unterperlitischer Schienenstahl, welcher die folgenden Legierungsbestandteile enthält:
- 0,85 bis 1,3 Masse-% C
- 0,50 bis 3,00 Masse-% Al
- 0,30 bis 1,00 Masse-% Cr
- 0,30 bis 1,00 Masse-% Mn
- 0,20 bis 0,60 Masse-% Si
sowie herstellungsbedingte Verunreinigungen.
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Mit der vorliegenden Erfindung werden ultrahochfeste und verschleißresistente naturharte Schienenstähle erhalten, die eine quasiperlitische (quasieutektoide) oder leicht unterperlitische (hypoeutektoide) Struktur aufweisen. Es wurde festgestellt, dass sich durch das Zulegieren von Aluminium die eutektoide/eutektoidische Zusammensetzung von Eisen-Kohlenstoff-Stählen zu höheren Kohlenstoffgehalten hin verschiebt. Zudem wird die eutektoidische Transformationstemperatur des Drei-Phasen-Gleichgewichts: γ-Fe → α-Fe + Fe3C zu höheren Temperaturen verschoben. So weist beispielsweise die eutektoide Zusammensetzung des Zweistoffsystems Fe-C einen C-Gehalt von cc = 0,8 Masse-% auf, die eutektoide Temperatur beträgt Teut. = 727°C.
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Es wurde festgestellt, dass der Zusatz von 0,5 bis 3,0 Masse-% Al die eutektoide Konzentration des Quasidreistoffsystems Fe-Al-C zu höheren Kohlenstoffgehalten von cc = 0,87 bis 1,13 Masse-% (vgl. ) verschiebt. Aus dieser Verschiebung resultiert ein größerer Volumenanteil an Zementit (Fe3C), der ebenfalls gewisse Aluminiumanteile gelöst enthält ((Fe, Al)3C).
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Diese Feststellung steht im Widerspruch zu der Darstellung in den Lehrbüchern der Werkstoffwissenschaften und der Metallphysik, dort heißt es, dass durch Zulegieren von Aluminium sowie den Legierungselementen Se, Mn, Ni usw. die eutektoide Zusammensetzung des Systems Fe-C zu niedrigeren C-Gehalten und Umwandlungstemperaturen hin verschoben werden.
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Die Abriebbeständigkeit der erfindungsgemäßen Schienenstähle kann weiter verbessert werden, wenn die Legierung als weitere Legierungszusätze Ti in einer Menge von 0,012 bis 0,03 Masse-% und V in einer Menge von 0,01 bis 0,08 Masse-% enthält.
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Herstellungsbedingt enthalten Stahllegierungen Verunreinigungen, wie P, S und H. Vorzugsweise sollten diese Verunreinigungen nur in geringen Mengen vorhanden sein, so sollte P in einer Menge von bis zu 0,035 Gewichtsprozent, S in einer Menge bis zu 0,030 Masse-% und H in einer Menge bis zu 2,5 ppm enthalten sein.
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Der erfindungsgemäße Schienenstahl enthält ein quasiperlitisches oder leicht unterperlitisches Gefüge, das vorzugsweise als fein lamellares perlitisches Gefüge (α-FeFe3C) vorliegt, wobei zwischen den Lamellen koexistierend Ferrit- und Zementitphasen mit Lamellenabständen von ΔSIam = 1 μm vorliegen. Sofern die Legierung Vanadium als Legierungszusatz enthält, betragen die Volumenanteile an Zementitlamellen von VFe3C > 23 Vol.-%, vorzugsweise von 23 bis 30 Vol.-%. Es wurde festgestellt, dass sich dadurch der der Verschleißwiderstand der erfindungsgemäßen Schienenstähle verbessern erhöhen lässt (Mikrohärte von Zementit > 930 HV0,3 (Vickershärte, Prüflast 0,3 kp). Zur Darstellung dieser Zementitlamellen ist als Abbildung...Gefügebild beigefügt.
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Es wurde festgestellt, dass, insbesondere durch das Legierungselement Aluminium eine intensive Mischkristallhärtung der Ferritphase (Ferritlamellen) erreicht wird. Es wird vermutet, dass diese Härtung zurückzuführen ist auf die ausgeprägte par-elastische Wechselwirkung der gelösten Aluminiumatome (Atomradius: RAl = 1,43 Å mit den Eisenatomen des α-Eisengitters (rFe = 1,24 Å).
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Die erfindungsgemäßen Schienenstähle zeigen eine deutliche Fließspannungs- und Festigkeitszunahme. Vorzugsweise weisen sie Zugfestigkeitswerte (Rm) von 1200 MPa bis 1650 MPa auf. Auch bei hohen Festigkeitswerten können noch Bruchdehnungen (A) von bis zu 13% erzielt werden. Untereutektoide und eutektoide Schienenstähle aus dem Stand der Technik, die üblicherweise gehärtete bzw. vergütete Schienenköpfe (Fahrfläche und Fahrkanten) aufweisen, zeigen Festigkeiten von Rm = 1250 bis 1275 MPa bei den Grenzen von 875 bis 900 MPa. Die 2-Dehn-Grenze (RP 0,2) liegt vorzugsweise zwischen 875 MPa bis 1150 MPa.
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Ein weiterer Vorteil der erfindungsgemäßen Schienenstähle sind deren hohe Werte für Bruchzähigkeiten. So liegen die Spannungsintensitätsfaktoren (KIC-Werte) bei Raumtemperatur, d. h. bei 20°C, vorzugsweise bei ca. ≥ 50 MPa m1/2, insbesondere zwischen 55 und 70 MPa m1/2 und der Spannungsintensitätsfaktor bei –60°C vorzugsweise über etwa 35 MPa m1/2 und bei –40°C vorzugsweise über etwa 45 MPa m1/2. Vergleichbare aus dem Stand der Technik bekannte bainitische Schienenstähle mit 0,2%-Dehngrenzen von RP0,2 = 850 bis 886 MPa und Rm = 1350 bis 1400 MPa zeigen bei Raumtemperatur Spannungsintensitätsfaktoren KIC = 60 bis 75 MPa m1/2.
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Diese verbesserten Bruchzähigkeiten ergeben einen deutlich verbesserten Widerstand gegen Roll- und Reibverschleiß verglichen mit den hochfesten bainitischen Schienen.
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Insgesamt zeigt der erfindungsgemäße Schienenstahl eine hohe Härte, die vorzugsweise zwischen 375 und 475 HB187,5/2,5 liegt. Durch die hohe Festigkeit des erhaltenen mikrolamellaren Gefüges kann die Ausbreitung von Ermüdungsrissen verhindert werden und führt insgesamt zu einer guten Beständigkeit gegenüber Verschleiß, wie beispielsweise die Riffelbildung, periodischen Verschleiß der Fahrfläche, Unebenheiten (Wellenberg- und Wellentalbildung) mit kleinen und großen Wellenlängen 'λ von 80 mm ≤ λ ≤ 300 mm bzw. 300 mm ≤ λ ≤ 2500 mm und variierenden Tiefen der Wellentäler mit Übergratungen von 4 mm bis 1,5 mm, Pittingbildung in Folge von hohen Hertzschen Flächenpressung und Headchecks-Sequenz von Fahrkantenrissen.
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Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ein Verfahren zur Herstellung von Schienenstahl mit einem quasiperlitischen oder leicht unterperlitischen Gefüge enthaltend
- 0,85 bis 1,3 Masse-% C
- 0,50 bis 3,00 Masse-% Al
- 0,30 bis 1,00 Masse-% Cr
- 0,30 bis 1,00 Masse-% Mn
- 0,20 bis 0,60 Masse-% Si
sowie übliche unvermeidbare Verunreinigungen, in welchem eine in an sich bekannter Weise erhaltene Stahlschmelze entgast wird, eventuell vorhandener Sauerstoff und oxidische Verbindungen entfernt werden, anschließend die Legierungszusätze eingestellt werden, und die Schmelze nachfolgend in einer Stahlgussanlage vergossen und in an sich bekannter Weise gehärtet und weiterverarbeitet wird.
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Zur Herstellung des erfindungsgemäßen Schienenstahls kann eine nach herkömmlichen Verfahren hergestellte Stahlschmelze eingesetzt werden. Üblicherweise werden Stahlschmelzen nach den Linz-Donawitz-Verfahren (LD-Verfahren) oder nach dem Linz-Donawitz-Arbed-Centre-National-Verfahren (LDAC-Verfahren) hergestellt. In einem ersten Verfahrensschritt wird die Schmelze entgast, üblicherweise indem ein Vakuum angelegt wird. Sofern vorhanden, werden anschließend Sauerstoff und oxidische Verbindungen entfernt, beispielsweise indem Al bzw. eine Al/Fe-Vorlegierung oder Ca, z. B. als Ca-Spuldraht, zugegeben werden. Zum Entfernen von ggf. vorhandenen Verunreinigungen kann die Schmelze nachfolgend mit Inertgas, wie Argon, gespült und abgesetzte Schlacke kann entfernt werden. Die so aufbereitete Schmelze wird anschließend mit den Legierungsmetallen und -zusätzen versetzt und vergossen. Die vergossene Schmelze wird in an sich bekannter Weise gehärtet und weiterverarbeitet. Das Vergießen der Schmelze erfolgt üblicherweise in einem Stranggussverfahren. Die erhalten Gussteile können mit üblichen Walztechniken zu den jeweiligen Endprodukten weiterverarbeitet werden.
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Die erfindungsgemäßen Schienenstähle eignen sich als ultrahochfeste und verschleißresistente Schienenstähle für Vignol- und/oder Rillenschienen einschließlich den dazugehörigen Schienenweichen und Herzstückspitzen, die für den Gleisbau konventionell befahrener Schienenstrecken, Hochgeschwindigkeitsstrecken sowie Schienengüterverkehr mit hohen Achslasten (Schwerlastverkehr) sowie für Kranbahnen von Brückenkränen, Portal- und Sonderkränen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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