-
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Raffination von Ölen und Fetten sowie die Verwendung von vollständig oder teilneutralisierten Carbonsäuren als Zusatzmittel bei der Dämpfung von Ölen und Fetten.
-
3-Monochlor-1,2-propandiol (3-MCPD) ist seit 1978 als Verunreinigung in Sojasoßen und Eiweißhydrolysaten bekannt. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Stoffe in Anwesenheit von Salzsäure oder Chloridionen während des Herstellprozesses aus Glycerin bzw. aus Triacylglyceriden als Vorstufen bilden. Einige Zeit später wurde 3-MCPD auch in anderen behandelten Lebensmitteln wie hoch erhitzten Backwaren, geräuchertem Fleisch und Milcherzeugnissen gefunden.
-
Toxikologische Studien zeigten die kanzerogene Wirkung von 3-MCPD in Ratten. Ein in vitro auftretender genotoxischer Effekt konnte in vivo nicht bestätigt werden, so dass im Folgenden eine tolerable Maximaldosis von 2 μg/kg und Tag festgelegt wurde.
-
Im Jahre 2006 wurde erstmals von 3-MCPD in raffinierten Speisefetten und -ölen berichtet, die Gehalte an freiem 3-MCPD waren dabei relativ gering. Zelinková et al. ”Fatty acid esters of 3-chloropropane-1,2-diol in edible oils”, Food Additives and Contaminants, 23 (12), 2006, S. 1290–1298 berichteten von auffällig hohen Gehalten an 3-MCPD, das gebunden an langkettige Fettsäuren vorliegt. In nativen Ölen, die keiner Raffination unterzogen werden, konnten keine 3-MCPD-Ester gefunden werden. Bis zu 95% der zum Verzehr vorgesehenen Öle werden raffiniert.
-
Toxikologische Daten zu 3-MCPD-Estern liegen bisher nicht vor. Man geht aber davon aus, dass 3-MCPD im Verdauungstrakt durch lipasenkatalysierte Hydrolyse vollständig aus den 3-MCPD-Estern freigesetzt wird. Es wird angenommen, dass die Exposition von verestertem 3-MCPD in Speisefetten und -ölen oder Lebensmitteln, die solche enthalten, keine akute Gesundheitsgefahr für den Verbraucher im Allgemeinen darstellt. Bei hohem Verzehr von raffinierten Fetten kann jedoch eine Überschreitung der als tolerabel angesehenen Menge nicht ausgeschlossen werden. Als bedenklich wird die Situation für Säuglinge und Kleinkinder angesehen. Säuglingsanfangs- und -folgenahrung auf Basis von Trockenpulver enthält pflanzliche, teilweise auch tierische Fette, um die Versorgung mit essentiellen Fettsäuren zu gewährleisten. Wegen der geforderten Geschmacksneutralität sind die pflanzlichen Fette stets raffiniert. Es besteht daher Bedarf an wirksamen Maßnahmen zur Reduktion von Chlorpropanolen, und insbesondere von 3-MCPD-Estern, in Lebensmitteln.
-
Die Raffination von Pflanzenölen und -fetten ist ein Bearbeitungsschritt bei der Herstellung dieser Produkte nach dem Prinzip der Heißpressung. Bei der Raffination werden unerwünschte Begleitstoffe aus dem vorher produzierten Rohöl (Truböl) entfernt (z. B. Pigmente, Geruchs-, Geschmacks- und Bitterstoffe), die Einfluss auf die Qualität der Produkte haben können. Hierbei geht es im Wesentlichen um Geschmack, Haltbarkeit, technische Weiterverarbeitung, Geruch und Farbe.
-
Zwei Verfahren der Raffination kommen alternativ zur Anwendung. Erstens ist dies die ”Chemische Raffination” mit den Bearbeitungsschritten:
- – Entschleimung
- – Neutralisation (Entsäuerung)
- – Bleichung (Entfärbung)
- – Desodorierung (Dämpfung)
-
Zweitens die ”Physikalische Raffination” mit den Bearbeitungsschritten:
- – Entschleimung/Entfärbung/Bleichung
- – Dämpfung/Desodorierung/destillative Entsäuerung.
-
Bei der chemischen Raffination entfernt zunächst die Entschleimung Phospholipide, Glycolipide, freie Zucker und Metallionen aus dem Öl. Bei der Neutralisation werden freie Fettsäuren, die mit 0,3 bis 0,6% im Öl enthalten sind, abgetrennt, die Bleichung entfernt den größten Teil der Farbstoffe sowie Reste von Schleimstoffen, Seifen, Spurenmetallen und Oxidationsprodukten. Bei der Dämpfung erfolgt eine Wasserdampfdestillation, um geruchs- und geschmacksintensive Begleitstoffe zu entfernen.
-
Die physikalische Raffination trennt die Fettsäuren durch Destillation ab und verbindet daher diesen Behandlungsschritt mit der Dämpfung. Zuvor muss das Öl komplett entschleimt werden. Die Entfärbung erfolgt entweder im Anschluss oder gekoppelt an die Entschleimung. Nach der Raffination stehen in beiden Fällen ”vollraffinierte Pflanzenöle” zur Verfügung.
-
Im Gegensatz zum Verfahren der Heißpressung, bei der die Raffination der Rohöle (Truböle) durchgeführt wird, entfällt dieser Schritt bei der Kaltpressung, die vor allem in dezentralen Ölmühlen genutzt wird. Bei diesem Verfahren wird das Rohöl (Truböl) üblicherweise lediglich filtriert. Jedoch wird auch bei kaltgepressten Ölen zuweilen eine Dämpfung durchgeführt.
-
Untersuchungen deuten darauf hin, dass in Speisefetten und Speiseölen nahezu die gesamte Menge an 3-MCPD-Estern erst im letzten Schritt der Raffination, der Desodorierung, gebildet wird. Bei der Behandlung kaltgepresster Öle mit Wasserdampf unter milderen Bedingungen können ebenfalls 3-MCPD-Ester gebildet werden, wenn die Bedingungen (Temperatur und Zeit) zu drastisch sind.
-
Des Weiteren können beim Entschleimungsschritt von pflanzlichen Fetten und Ölen sogenannte Glycidol-Fettsäureester aus Triglyceriden unter Abspaltung von Wasser und zwei Fettsäureresten entstehen. Es wird vermutet, dass diese Glycidolester Vorstufen von 3-MCPD-Estern darstellen. Eine Reduzierung der Entstehung von 3-MCPD-Ester bei der Raffination könnte daher möglicherweise durch die Reduzierung der Glycidolester im vorherigen Schritt erfolgen. Außerdem sind Glycidolester selber unerwünschte, weil genotoxische und kanzerogene Inhaltsstoffe.
-
Überraschend wurde nun gefunden, dass der Gehalt an 3-MCPD, 3-MCPD-Estern und/oder Glycidol und Glycidolestern in raffinierten Ölen und Fetten stark vermindert werden kann, indem die Dämpfung in Gegenwart von mit Alkali teilweise oder vollständig neutralisierten Carbonsäuren durchgeführt wird.
-
Die obige Aufgabe wird daher gelöst durch ein Verfahren zur Raffination von Ölen oder Fetten, bei welchem die Dämpfung in Gegenwart von mit Alkali teilweise oder vollständig neutralisierten Carbonsäuren durchgeführt wird.
-
Die Erfindung löst die obige Aufgabe weiterhin durch die Verwendung der mit Alkali teilweise oder vollständig neutralisierten Carbonsäuren als Zusatzmittel bei der Dämpfung von Ölen und/oder Fetten, zur Reduktion der Bildung von 3-MCPD, 3-MCPD-Estern und/oder Glycidol und Glycidolestern.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren reduziert die Gehalte an 3-MCPD-Estern bzw. 3-MCPD in den Fetten bzw. Ölen und in damit hergestellten Lebensmitteln um bis zu 98%, typischerweise werden wenigstens 40% Reduktion, häufig 80 bis über 95% Reduktion erreicht.
-
Mit der verringerten Bildung der Glycidolester wird einerseits eine an sich unerwünschte Substanz vermindert, andererseits wird einer in nachfolgenden Schritten wie der Desodorierung möglichen 3-MCPD bzw. 3-MCPD-Ester Bildung die Grundlage entzogen.
-
Aus
GB 1 564 681 A ist ein Verfahren zur Entschleimung von Ölen in Gegenwart eines Gemisches aus Natriumacetat und Essigsäure bekannt.
US 2004/0 005 399 A1 beschreibt eine enzymatische Entschleimung von pflanzlichen Ölen, wobei der pH-Wert durch Zusatz von Zitronensäure und Natriumhydroxid geregelt werden soll. In
DE 691 27 127 T2 wird ein Glyceridöl einer Säurebehandlung, bei der eine Säure oder ein Säureanhydrid in dem Öl dispergiert wird, einer Hydratationsbehandlung, bei der Alkali zugemischt wird, und einer Trennbehandlung, bei der die zuvor gebildeten Phosphatide abgetrennt werden, unterworfen. Gemäß
US 2 678 326 A lassen sich Verluste an Öl während der Raffination vermindern, wenn die alkalische Raffination in Gegenwart von Polycarbonsäuren erfolgt. In keinem der Dokumente findet sich ein Anhalt, dass Alkalicarbonsäuresalze die Bildung von 3-MCPD, 3-MCPD-Estern und/oder Glycidol und Glycidolestern beeinflussen könnten.
-
Bevorzugt handelt es sich bei den Zusatzmitteln um mit Natrium oder Kalium vollständig oder teilweise neutralisierte Carbonsäuren, ggf. auch im Gemisch mit einer Carbonsäure. Die Carbonsäure ist vorzugsweise eine ggf. ein- oder mehrfach Hydroxy- oder Carboxyl-substituierte Carbonsäure mit 1 bis 20, bevorzugt 2 bis 6 Kohlenstoffatomen. Ganz besonders bevorzugt sind Salze oder Teilsalze mit Alkalimetallen von Essigsäure, Äpfelsäure, Citronensäure, Milchsäure, Weinsäure und Gluconsäure. Noch mehr bevorzugt sind Natrium- oder Kaliumcitrate, Natrium- oder Kaliumacetate und Natrium- oder Kaliumgluconate, wobei Acetat und Gluconat auch im Gemisch mit Essigsäure bzw. Gluconsäure vorliegen können. Am meisten bevorzugt sind Natrium- und Kaliumgluconat, Trinatrium- und Trikaliumcitrat, Natriumdiacetat und Gemische von Natriumacetat mit Essigsäure.
-
Die Zusatzmittel werden in einer für den Einsatz bei Lebensmitteln brauchbaren Reinheit, d. h. insbesondere frei von bedenklichen Verunreinigungen, eingesetzt. Bevorzugt werden sie in einer Reinheit eingesetzt, die den lebensmittelrechtlichen Zulassungsanforderungen entspricht.
-
Von den erfindungsgemäß eingesetzten Zusatzmitteln, den mit Alkali teilweise oder vollständig neutralisierten Carbonsäuren, sind sehr viele Substanzen bereits als Lebensmittelzusatzstoffe zugelassen, so dass deren Einsatz unbedenklich möglich ist, selbst wenn sich Reste dieser Substanzen in den Produkten finden sollten. Es ist bevorzugt, solche Zusatzmittel einzusetzen, die als Zusatzstoffe zugelassen sind.
-
Die Zusatzmittel sind bereits in Mengen ab 0,1 g pro 100 g Öl bzw. Fett wirksam. Besonders bevorzugt werden 0,2 bis 5 g/100 g und insbesondere 0,5 bis 2 g pro 100 g Öl/Fett eingesetzt.
-
Die Herstellung der Zusatzmittel ist dem Fachmann bekannt, diese sind auch kommerziell erhältlich.
-
Die Erfindung soll anhand der folgenden Beispiele erläutert werden, ohne jedoch auf die speziell beschriebenen Ausführungsformen beschränkt zu sein. Soweit nichts anderes angegeben ist oder sich aus dem Zusammenhang zwingend anders ergibt, beziehen sich Prozentangaben auf das Gewicht, im Zweifel auf das Gesamtgewicht der Mischung.
-
Die Erfindung bezieht sich auch auf sämtliche Kombinationen von bevorzugten Ausgestaltungen, soweit diese sich nicht gegenseitig ausschließen. Die Angaben ”etwa” oder ”ca.” in Verbindung mit einer Zahlenangabe bedeuten, dass zumindest um 10% höhere oder niedrigere Werte oder um 5% höhere oder niedrigere Werte und in jedem Fall um 1% höhere oder niedrigere Werte eingeschlossen sind.
-
Beispiel 1
-
3-MCPD bzw. 3-MCPD-Fettsäureester entstehen während der Raffination hauptsächlich bei der Dämpfung. Dieser Schritt entspricht einer Wasserdampfdestillation, bei der abdestilliertes Wasser bestimmte Stoffe aus dem Öl extrahiert. Zur Untersuchung des Einflusses verschiedener Zusatzmittel werden Öle (Delios
® C und Palmolein) in Anwesenheit dieser Zusatzmittel einer 20 minütigen Wasserdampfdestillation unterzogen. Als Referenzwert dient die Dämpfung ohne jeden Zusatz sowie unter Zusatz von 1 ml 1 M HCl pro 5 g Öl. Der Ausgangswert ohne jegliche Behandlung beträgt 0,6 bzw. 4 mg/kg. Die verschiedenen Zusatzmittel werden in einer Menge von 10% verwendet, um den Effekt deutlicher sichtbar zu machen. Zum Vergleich werden auch nicht erfindungsgemäße Zusätze gemessen. Die Bestimmung der Gehalte an 3-MCPD, Glycidol sowie deren Fettsäurestern erfolgt durch einen mit einem Tandem-Massenspektrometer gekoppelten Gaschromatographen als Summenparameter und wird in der Folge vereinfacht als „Gehalt 3-MCPD-Ester” bezeichnet. Die Gehalte an 3-MCPD-Ester und die Veränderung bei Anwesenheit des jeweiligen Zusatzmittels im Vergleich zur Behandlung ohne Zusatzmittel aber mit HCl sind in Tabelle 1 aufgeführt. Tabelle 1
Öl: | Delios C | Palmolein |
Zusatz bei der Destillation | Gehalt 3-MCPD-Ester [mg/kg] | Veränderung [%] | Gehalt 3-MCPD-Ester [mg/kg] | Veränderung [%] |
Ohne | 0,7 ± 0,1 | ./. | 4,0 ± 0,7 | ./. |
HCl | 94 ± 0,4 | 0 | 52,1 ± 4,9 | 0 |
HCl/Citronensäure* | 22,4 ± 2,7 | 138 ± 29 | 58,7 ± 7,2 | 13 ± 14 |
HCl/Gluconsäure/Natriumgluconat | 1,7 + 1,4 | –82 ± 4 | 5,1 ± 4,7 | –40 ± 3 |
HCl/Triethylcitrat* | 31,6 ± 2,9 | 237 ± 31 | 42,0 ± 9,8 | –19 ± 19 |
HCl/Acetyltributylcitrat* | 10,8 ± 1,4 | 15 ± 15 | 63,7 ± 9,9 | 22 ± 19 |
HCl/Trikaliumcitrat | 0,4 ± 0,1 | –95 ± 1 | 2,0 ± 0,0 | –96 ± 0 |
HCl/Natriumdiacetat | 0,2 ± 0,1 | –98 ± 1 | 1,7 ± 0,0 | –97 ± 0 |
HCl/Mononatriumcitrat | 1,7 ± 0,3 | –82 ± 3 | 10,6 ± 1,2 | –80 ± 2 |
HCl/Gluconodeltalacton* | 6,1 ± 1,8 | –35 ± 20 | 123,0 ± 33,8 | 136 ± 65 |
HCl/Natriumgluconat | 1,6 ± 0,6 | –83 ± 6 | 2,0 ± 0,0 | –96 ± 0 |
HCl/Trinatriumcitrat | 1,8 ± 0,3 | –85 ± 4 | 5,1 ± 0,7 | –90 ± 1 |
HCl/Kaliumgluconat | 0,2 ± 0,0 | –97 ± 0 | 1,6 ± 0,1 | –97 ± 0 |
HCl/Tricalciumcitrat | 10,6 ± 1,5 | 13 ± 16 | 99,6 ± 33,7 | 91 ± 65 |
*Vergleichsbeispiel
-
Man erkennt, dass durch die erfindungsgemäße Behandlung der Gehalt an 3-MCPD-Ester auf den Wert reduziert werden kann, der ohne Behandlung bzw. bei Behandlung ohne Anwesenheit von HCl, welche nach der Theorie für die Lieferung der Chloridionen nötig ist, erreicht wird. Zum Vergleich wurden Citronensäure, Glucono-delta-Lacton, Triethylcitrat und Acetyltributylcitrat untersucht, bei weichen Steigerungen des 3-MCPD-Ester Gehaltes von bis zu 262% gemessen wurden. So zeigten Triethylcitrat und Acetyltributylcitrat in Palmolein keine erkennbaren Effekte, in Delios C bewirkte Triethylcitrat eine Steigerung des 3-MCPD-Ester Gehaltes von 237%. Glucono-delta-Lacton als Einzelsubstanz zeigte in Delios C keine relevante Reduktion des 3-MCPD-Ester Gehaltes und in Palmolein eine Steigerung von 136%.
-
Beispiel 2
-
Analog zu Beispiel 1 wurde der Einfluss von Trikaliumcitrat, Natriumdiacetat und Kaliumgluconat bei einer Konzentration von 0,5% ermittelt. Auch HCl wurde hier in einer Konzentration von 0,5% verwendet. Die Ergebnisse sind in Tabelle 2 zusammengefasst. Tabelle 2
Öl: | Palmolein |
Zusatz bei der Destillation | Gehalt 3-MCPD-Ester [mg/kg] | Veränderung [%] |
HCl (0,5%) | 1,4 ± 0,12 | 0 |
HCl/Trikaliumcitrat (0,5%/0,5%) | 0,4 ± 0,0 | –71 ± 1 |
HCl/Natriumdiacetat (0,5%/0,5%) | 0,3 ± 0,0 | –79 ± 1 |
HCl/Kaliumgluconat (0,5%/0,5%) | 0,4 ± 0,1 | –72 ± 4 |
-
Es ist deutlich zu erkennen, dass alle drei Zusatzstoffe auch in der Konzentration von 0,5% die Reduktion der 3-MCPD-Ester bewirken. Trikaliumcitrat erreichte eine Verminderung um 70,6%, Kaliumgluconat um 72,0% und Natriumdiacetat 78,5%.