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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Blechumformverfahren zur Herstellung eines Blechbauteils, wobei ein Blechbauteil aus einem in einen Einspannrahmen gespannten Blechzuschnitt mittels inkrementeller Blechumformung durch mindestens eine mehrachsige Umformmaschine erzeugt wird, wobei das Blechbauteil innerhalb einer vom Einspannrahmen beabstandeten Umformfläche erzeugt wird.
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Aus dem Stand der Technik sind Umformverfahren bekannt, mittels welcher auch kleine Stückzahlen von Blechbauteilen wirtschaftlich umgeformt werden können. Diese Umformverfahren verzichten auf bauteilspezifische Werkzeuggeometrien und sind rein kinematisch basiert. Sie erzeugen die gewünschte Geometrie des herzustellenden Blechbauteils inkrementell mittels eines von der Werkstückgeometrie unabhängigen Umformwerkzeugs und eines Gegenhalterwerkzeugs. Die Werkzeuge können von mehrachsigen Handhabungseinheiten, wie z. B. Roboterarmen oder von Werkzeugmaschinen, geführt werden.
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Bei diesen Blechumformverfahren wird die gewünschte Endkontur eines herzustellenden Bauteils durch wiederholte lokale Umformung eines Blechzuschnittes erzeugt. Es wird in diesem Zusammenhang auch von inkrementellen Umformverfahren gesprochen. Ein Gegenhalterwerkzeug stützt den Blechzuschnitt lokal ab, während ein Umformwerkzeug die Geometrie schrittweise ausformt. Die Position des Gegenhalterwerkzeugs wird an die jeweilige Position des Umformwerkzeugs angepasst. Der Blechzuschnitt wird während des Umformverfahrens an seinen Rändern fest fixiert. Ein Unterschied und auch ein Vorteil gegenüber konventionellen Umformwerkzeugen ist, dass bei der inkrementellen Blechumformung die Werkzeuge in Relation zu dem Blechzuschnitt geometrisch klein sind.
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Bei der inkrementellen Blechumformung können durch den Verzicht auf Patrizen oder ähnliche bauteilspezifische Abstützungen eines Blechzuschnitts, besonders bei großformatigen Blechzuschnitten oder Geometrien mit einer großen Tiefe, Instabilitäten im Bereich der freien, ungeformten Blechfläche zwischen Einspannrahmen und Geometriefuß auftreten. Von Nachteil ist, dass durch diese Instabilitäten unerwünschte Geometrieabweichungen des eigentlich herzustellenden Blechbauteils hervorgerufen werden.
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Ein weiterer Nachteil des Verfahrens der inkrementellen Blechumformung ist, dass durch wiederholte lokale Umformung an den Übergangsbereichen des Werkstückes in der Einspannebene Biegewechselspannungen auftreten. Diese Biegewechselspannungen können eine Gefügeänderung des Werkstoffes bewirken. Der Werkstoff verfestigt sich mit fortschreitender Umformung. Dadurch können Ermüdungsbrüche auftreten.
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Aus der
JP 2000-153313 A ist ein inkrementelles Blechumformverfahren bekannt, bei dem ein Formwerkzeug mit einem Niederhalter ein Blechwerkstück inkrementell derart umformt, dass eine gewünschte Endgeometrie erreicht wird. Das Ausgangswerkstück wird dabei auf eine Haltevorrichtung gespannt und anschließend rotatorisch bearbeitet. Hierdurch können ausschließlich rotationssymmetrische Werkstücke erzeugt werden, die durch das Einbringen weiterer Formungsstufen, beispielsweise nur durch das Umformwerkzeug oder aber durch Umformwerkzeug und Gegenhalter, einen Verzug des Werkstücks mit sich bringen können. Weiterhin offenbaren die
DE 103 17 880 B3 und die
JP 2004-268-087A inkrementelle Blechumformverfahren. Je nach herzustellender Werkstückgeometrie kommt es hier auch während des Verfahrens zu einem Verzug des herzustellenden Bauteils.
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Aus der
EP 0 970 764 B1 ist eine Plattenmaterialumformvorrichtung bekannt, die einen Halte- und Einspannmechanismus zur Fixierung des Plattenmaterialumfangs aufweist. Zur Vermeidung von Verformungen der freien, unverformten Blechflächen ist eine Hilfsträgerplatte vorgesehen. Die Hilfsträgerplatte wird unter dem zu verformenden Plattenmaterial positioniert. Es handelt sich dabei um eine rahmenähnliche Konstruktion, also ein zusätzliches Bauteil, das in gewissem Umfang an die Blechplatine anzupassen ist. Mit dieser rahmenähnlichen Konstruktion kann das Endergebnis positiv beeinflusst werden, weil die Blechplatine besser abgestützt wird.
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Ein Nachteil ist, dass diese Stützkonstruktionen, die der Blechplatine während der Umformung Steifigkeit verleihen, zusätzlich angefertigt werden müssen. Sowohl die Herstellung der Stützkonstruktionen als auch die Rüstzeit für inkrementelle Blechumformverfahrensanlagen mit Stützkonstruktionen stellen einen zusätzlichen Aufwand dar.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, ein Verfahren zur Verfügung zu stellen, mit dem die Steifigkeit des eingespannten Blechzuschnittes während der Umformung in kostengünstiger und einfacher Weise erhöht wird, so dass die hergestellten Blechbauteile eine höhere Genauigkeit aufweisen.
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Die vorliegende Aufgabe wird gemäß den Merkmalen des Patentanspruchs 1 gelöst, indem zwischen dem auszuformenden Blechbauteil und dem Einspannrahmen zumindest bereichsweise eine Stützstruktur aus dem Blechzuschnitt ausgebildet wird.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen des grundsätzlichen Erfindungsgedankens sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche 2 bis 9.
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Bei der erfindungsgemäß hergestellten Stützstruktur handelt es sich um kein Bauteil in Form eines Hilfsbaurahmens, sondern um eine Zusatzgeometrie, die mit dem inkrementellen Blechumformverfahren selbst hergestellt wird. Die Stützstruktur wird ähnlich wie ein Stützring an passender Stelle, je nach Notwendigkeit, an dem herzustellenden Blechbauteil ergänzt. Sie wird vor der Herstellung des eigentlich zu formenden Blechbauteils von der Umformmaschine mit dem Umformwerkzeug und dem Gegenhalter ausgeformt. Das ist in ein und derselben Werkstückaufspannung möglich.
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Vorzugsweise grenzt das inkrementell ausgeformte Blechbauteil mit seinem Fußbereich zumindest teilweise an eine Randseite der Umformfläche. Die Form der Stützstruktur wird in Abhängigkeit des herzustellenden Blechbauteils bevorzugt so gewählt, dass sie zum einen möglichst nahe am Fuß des eigentlichen Bauteils und zum anderen zumindest teilweise möglichst nahe am geometrieunabhängigen Blechzuschnitteinspannrahmen angeordnet ist. Hierdurch wird eine besonders gute Steifigkeitserhöhung erreicht. Zur Herstellung des Blechbauteils werden also größere Bereiche des ursprünglichen Blechzuschnittes inkrementell umgeformt als es für das eigentliche Blechbauteil notwendig wäre.
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Besonders vorteilhaft ist es, wenn die Umformfläche für das Blechbauteil bei Herstellung der Stützstruktur ausgebildet wird. Zunächst wird die Stützstruktur mittels inkrementeller Blechumformung an dem eingespannten Blechzuschnitt ausgebildet. Hierbei kann eine Ebene ausgebildet werden, die der späteren inkrementellen Blechumformung als Umformfläche für das herzustellende Blechbauteil dient.
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Vorzugsweise ist dabei die Stützstruktur als Plateau ausgebildet, so dass die Umformfläche in einer Plateauebene liegt. Das herzustellende Blechbauteil kann dann in einem späteren inkrementellen Umformverfahren in der Plateauebene ausgebildet werden. Die verfahrensbedingten Randbereiche, in welchen die nachteiligen Biegewechselspannungen entstehen, werden durch die Stützstruktur auf ein Minimum reduziert. Das Blechbauteil kann mit höherer Genauigkeit gefertigt werden.
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Vorzugsweise ist die Stützstruktur mit der Plateauebene als Pyramidenstumpf, Kegelstumpf, zylinder- und/oder sternförmig ausgebildet. Die Geometrie der Stützstruktur ist aber nicht auf die vorstehenden Geometrien beschränkt, sondern ist individuell auf die jeweilige Bauteilgeometrie anpassbar. Die plateauartigen Formen bieten den Vorteil, dass sie zum einen eine Plateauebene als Abschluss, zum anderen aber auch jeweilige Seitenteile aufweisen, welche die Plateauebene aus dem Blechzuschnitt herausragen lassen. Die Höhe des Plateaus und die Geometrie und Anordnung der Seitenteile bestimmt dabei das Widerstandsmoment gegen Durchbiegung des Blechzuschnitts während des Umformverfahrens. Im Zuge der Erfindung ist unter einer Plateauebene eine flache, hügelige oder leicht gekrümmte Ebene zu verstehen. Die gekrümmte Ebene kann dabei, konkav, konvex, hemisphärisch oder in einer Mischform der zuvor genannten Beispiele ausgebildet sein.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform wird der Spannrahmen relativ zu der Umformmaschine bewegt. Hierdurch kann eine noch flexiblere Bearbeitung des Werkstücks erfolgen. Die Relativbewegung dient z. B. der Genauigkeitssteigerung des herzustellenden Blechbauteils. Ebenfalls ist durch diese Relativbewegung eine Korrektur während des Herstellprozesses des Blechbauteils möglich. Die Korrektur während des Blechumformverfahrens kann z. B. erforderlich sein, wenn sich durch hohe Umformkräfte eine Verschiebung von Umformwerkzeug und Spannrahmen ergibt. In diesem Fall kann der Spannrahmen bzw. kann das Werkstück durch eine gezielte Gegenbewegung in der richtigen Position gehalten werden.
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Die Biegesteifigkeit des Blechzuschnitts wird durch das Ausformen der Stützstruktur erhöht. Die Höhe der Stützstruktur bestimmt die Biegesteifigkeit des Blechzuschnitts maßgeblich. Sie geht mit der dritten Potenz in die Berechnung des Widerstandsmoments gegen Biegung ein. Somit muss nach Anforderung des herzustellenden Bauteils an seine Genauigkeit bzw. nach auftretenden Umformkräften zur Herstellung des Blechbauteils eine entsprechende Höhe der Stützstruktur gewählt werden.
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Als bevorzugte Ausführungsform steht die Stützstruktur in Bezug auf die Blechdicke mindestens um das Fünffache der Blechdicke aus dem Blechzuschnitt hervor.
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Ein weiterer Vorteil der vorliegenden Erfindung ist, dass die Stützstruktur schon im Koordinatensystem der Umformmaschine erzeugt werden kann und damit unabhängig von Abweichungen zum Koordinatensystem des Einspannrahmens aufgrund fehleranfälliger Einmessvorgänge wird. Die Umformmaschine schafft sich damit eine exaktere Ausgangsposition für das zu erzeugende Blechbauteil.
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Weitere Vorteile, Merkmale, Eigenschaften und Aspekte der vorliegenden Erfindung ergeben sich aus der folgenden Beschreibung, bevorzugte Ausführungsformen anhand der schematischen Zeichnungen. Diese dienen dem einfacheren Verständnis der Erfindung. Es zeigen:
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1 ein mittels inkrementeller Blechumformung hergestelltes Blechbauteil in einer Einspannung in einer Umformmaschine;
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2 ein Blechbauteil auf einer Stützkonstruktion.
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In 1 ist ein Aufbau für ein Verfahren zur Herstellung eines Blechbauteils 1 abgebildet. Hierzu ist ein Blechzuschnitt 3 in einem Einspannrahmen 2 gespannt. Zur Herstellung des Blechbauteils 1 mittels inkrementellen Umformverfahren greift eine Umformmaschine 4 an dem Blechzuschnitt 3 an. Die Umformmaschine 4 benutzt dazu ein Umformwerkzeug U und einen Gegenhalter G und bewegt beide Werkzeuge an gegenüberliegenden Seiten des Blechzuschnitts 3 in relativem Abstand zueinander zur Erzeugung des Blechbauteils 1.
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2 zeigt ein Blechbauteil 1, welches aus einer zuvor ausgeformten Umformfläche 5 einer Stützstruktur 6 ausgebildet ist. Die Umformfläche 5 bildet dabei eine Plateauebene auf der Stützstruktur 6. Die Stützstruktur 6 wurde vor der Herstellung des eigentlichen Blechbauteils 1 ebenfalls mit einem inkrementellen Umformverfahren durch dieselbe Umformmaschine 4, die auch das Blechbauteil 1 ausgeformt hat, hergestellt.
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Das Blechbauteil 1 grenzt in einem Fußbereich 7 an eine komplementäre Randseite 8 der Stützstruktur 6. Somit verbleiben nur noch kleine Abschnitte in der Umformfläche 5, die sich im Zuge der inkrementellen Umformung unerwünscht verformen könnten. Durch eine Realisierung möglichst geringer Räume zwischen den Fußbereichen 7 des Blechbauteils 1 und den oberen Randseiten 8 der Stützstruktur 6 sowie dem Einspannrahmen 2 und den unteren Randseiten 8 der Stützstruktur 6 wird eine hohe Maßhaltigkeit des herzustellenden Blechbauteils 1 sichergestellt und Biegewechselspannungen werden auf ein Minimum reduziert.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Blechbauteil
- 2
- Einspannrahmen
- 3
- Blechzuschnitt
- 4
- Umformmaschine
- 5
- Umformfläche
- 6
- Stützstruktur
- 7
- Fußbereich
- 8
- Randseite
- U
- Umformwerkzeug
- G
- Gegenhalter