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Die vorliegende Erfindung betrifft die Herstellung von Bauteilen, die im Innenraum von Landfahrzeugen, Wasserfahrzeugen und Luftfahrzeugen zum Einsatz kommen und insbesondere Bauteile für den Innenraum von Kraftfahrzeugen. Rein beispielhaft fallen hierunter Verkleidungsteile im Bereich der Türen, Armaturentafeln, Handschuhkästen und Mittelkonsolen. Im Besonderen betrifft die vorliegende Erfindung ein Werkzeug für eine Kaschieranlage sowie ein Verfahren zum Kaschieren eines Dekormaterials auf einen vorzugsweise formstabilen Träger zur Herstellung solcher Bauteile.
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Zur Herstellung von mit einem Dekormaterial kaschierten Trägern wird im Stand der Technik primär zwischen dem sogenannten Vakuumkaschieren (auch als Folienkaschieren bezeichnet) und dem sogenannten Presskaschieren unterschieden.
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Beim Vakuumkaschieren werden in der Regel Kunststofffolien wie TPO-, PVC- oder PU-Folien als Dekormaterialien durch Applikation von Vakuum auf Träger kaschiert. Zur Verbindung zwischen dem Träger und dem Dekormaterial dient ein auf den Träger und/oder das Dekormaterial aufgetragenes Klebemittel.
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Das Presskaschieren kommt in der Regel bei der Verarbeitung von Dekormaterialien, die entweder nicht vakuumfähig sind, wie beispielsweise Textilien oder die nicht bzw. nur bedingt dehnbar sind, wie beispielsweise Leder oder Kunstleder, zum Einsatz. Hierbei werden der Träger und das Dekormaterial, die in das Werkzeug eingelegt sind, in einem vordefinierten Pressspalt verpresst. Auch hier wird die Verbindung der Elemente durch auf den Träger oder das Dekormaterial aufgetragenes Klebemittel erreicht.
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Zur Fertigstellung des Bauteils ist es darüber hinaus in der Regel notwendig, das Dekormaterial um die Kanten des Trägers umzuschlagen und an der Rückseite wiederum unter Verwendung eines Klebemittels zu befestigen. Dieser Vorgang wird im Stand der Technik auch als Umbugen bezeichnet.
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In der Automobilindustrie besteht ferner der Trend, innerhalb einer Modellreihe verschiedene Dekorvarianten anzubieten, wodurch die gleichen Bauteile mit unterschiedlichen Dekormaterialien herzustellen sind. Dabei werden bevorzugt gleiche Träger mit verschiedenen Dekormaterialien kaschiert, wozu je nach Dekormaterial ein Vakuumkaschierverfahren mit der Notwendigkeit für ein Vakuumkaschierwerkzeug oder ein Presskaschierverfahren mit der Notwendigkeit eines Presskaschierwerkzeugs zum Einsatz kommen. Darüber hinaus ist es insbesondere beim Vakuumkaschieren, bei dem das Dekormaterial in der Vakuumkaschieranlage frei geschnitten wird, notwendig, separate Umbugverfahren mit den zugehörigen Umbugwerkzeugen vorzusehen, um die Bauteile nacharbeitsarm herstellen zu können.
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Somit werden in der Regel für ein Bauteil bzw. einen Träger je nach gewähltem Dekormaterial drei Werkzeuge mit drei Verfahren (Arbeitsgängen) auf drei unterschiedlichen Anlagen eingesetzt. Bei Bauteiländerungen müssen folgerichtig alle drei Werkzeuge geändert werden, was zu erhöhten Investitionskosten führt. Darüber hinaus ist für die drei Anlagen (Maschinen) eine entsprechende Fertigungsfläche erforderlich.
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Dementsprechend beruht die Aufgabe der vorliegenden Erfindung darauf, ein Werkzeug für eine Kaschieranlage und ein Verfahren zum Kaschieren eines Dekormaterials auf einen Träger vorzuschlagen, mit dem die Investitionskosten reduziert und die Fertigungsfläche vermindert werden können.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Werkzeug mit den Merkmalen des Anspruchs 1, ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 14 sowie eine Verwendung gemäß Anspruch 16. Vorteilhafte Weiterbildungen der vorliegenden Erfindung finden sich in den Unteransprüchen.
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Der vorliegenden Erfindung liegt der Gedanke zu Grunde, das Kaschierwerkzeug so umzugestalten, dass es zum einen für ein Vakuumkaschierverfahren und zum anderen für ein Presskaschierverfahren eingesetzt werden kann. Des Weiteren liegt ein Grundgedanke der vorliegenden Erfindung darin, das Werkzeug so umzugestalten, dass das Umbugen auch beim Vakuumkaschieren in der Kaschieranlage erfolgen kann, so dass auf eine separate Anlage hierfür verzichtet werden kann. Der Umbug erfolgt dabei im Gegensatz zu der bestehenden Schnapphub-Technik (vgl. z. B.
DE 24 16 514 A1 ) so, dass das Bauteil in einem nachbearbeitungsfreien Zustand entnommen werden kann.
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Dementsprechend umfasst das Werkzeug für eine Kaschieranlage zum Kaschieren eines Dekormaterials auf einen vorzugsweise formstabilen Träger der vorliegenden Erfindung eine erste und eine zweite Werkzeughälfte. Hierbei ist der Begriff Hälfte jedoch nicht so zu verstehen, dass es nur zwei Werkzeugteile gibt. Vielmehr können die erste und zweite Werkzeughälfte auch durch mehrere Einzelteile gebildet sein und zusätzliche formgebende Elemente vorgesehen werden. Auch wird bei den Werkzeughälften von Ober- und Unterwerkzeug gesprochen.
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Erfindungsgemäß ist die erste Werkzeughälfte zur Aufnahme des Trägers ausgestaltet, d. h. der Träger kann lose in die Werkzeughälfte eingelegt oder an dieser vorfixiert bzw. befestigt werden. Darüber hinaus weist die erste Werkzeughälfte einen über den Außenumfang des Trägers vorzugsweise vollumfänglich vorragenden Ankaschierbereich auf. Der Ankaschierbereich ist der Bereich, auf dem ein Teil oder Abschnitt des Dekormaterials mit seiner auf dem Träger zu befestigenden Seite aufliegt. Der besagte Teil des Dekormaterials ist der, der nach dem Umschlagen (Umbugen) um die Kanten des Trägers an wenigstens der Rückseite des Trägers ankaschiert bzw. mit dem Träger verbunden wird. Das Werkzeug der vorliegenden Erfindung kennzeichnet dadurch, dass die erste Werkzeughälfte mehrteilig gestaltet ist und einen ersten, den Ankaschierbereich umfassenden Teil und einen zweiten Teil umfasst. Hier können der erste und zweite Teil selbst wiederum mehrteilig gestaltet sein. Um die Verfahren Presskaschieren, Vakuumkaschieren und Umbugen oder zumindest Vakuumkaschieren oder Umbugen in einem Werkzeug realisieren zu können, sind der erste und der zweite Teil der ersten Werkzeughälfte relativ zueinander zwischen einer ersten Stellung einer zweiten Stellung bewegbar. Z. B. kann der erste den Ankaschierbereich umfassende Teil bewegbar gestaltet sein, während der zweite Teil fest steht. Die Bewegung kann hydraulisch, pneumatisch oder mechanisch erfolgen. Die erste Stellung kann vorzugsweise eine Vakuumkaschierstellung sein, in der die Ankaschierbereiche aktiv sind und im Betrieb den anzukaschierenden vorragenden Teil des Dekormaterials ausformen und stützen, während die zweite Stellung eine Umbugstellung, in der das vakuumkaschierte Bauteil umgebugt werden kann oder eine Presskaschierstellung ist, in der das Dekormaterial mit dem Träger verpressbar ist. Beim Presskaschieren ist aufgrund des meist erfolgten Konturschnitts des Dekormaterials keine Unterstützung des Ankaschierbereichs notwendig. Insbesondere Leder und Kunstleder sind an Kontursprüngen mit Nähten zu einem Nähkleid verarbeitet, wobei die anzukaschierenden Bereiche lose an den Kanten des Trägers herunterhängen können. Somit ist der Ankaschierbereich beim Presskaschieren nicht erforderlich und der erste Teil kann sich in der zweiten Stellung befinden. Durch die erfindungsgemäße Ausgestaltung ist es möglich, die Verfahren Vakuumkaschieren und Presskaschieren und/oder Umbugen in einem Werkzeug zu verschmelzen, wodurch die Investitionskosten in Betriebsmittel reduziert werden können. Dadurch kann auf separate Anlagen verzichtet werden. Weiterhin fällt der separate Arbeitsgang des Umbugens, insbesondere beim Vakuumkaschieren weg und kann in der gleichen Anlage realisiert werden. Dadurch lässt sich die Fertigungsfläche in den Werken erheblich reduzieren. Darüber hinaus können Werkzeugänderungskosten bei Bauteiländerungen minimiert werden, da nur ein Werkzeug statt drei Werkzeuge geändert werden muss. Die vorliegende Erfindung stellt daher gegenüber dem Stand der Technik ein erhebliches Einsparpotenzial zur Verfügung.
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Die Relativbewegung zwischen dem ersten und zweiten Teil kann entweder geradlinig entlang einer Schließbewegung der Werkzeughälften erfolgen oder durch eine Schwenkbewegung. Auch ist es denkbar, überlagerte geradlinige und rotatorische Bewegungen vorzusehen, je nachdem wie es der zur Verfügung stehende Bauraum gestattet.
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Darüber hinaus ist es bevorzugt, die zweite Werkzeughälfte mit einem Negativ der Außenkontur des Bauteils aus Träger und Dekormaterial auszugestalten, so dass bei geschlossenen Werkzeughälften ein definierter Pressspalt zwischen den Werkzeughälften geschaffen werden kann, der den flächigen Druck zwischen dem Dekormaterial und dem Träger erzeugt, um das Dekormaterial mit dem Träger in einem Presskaschierverfahren zu verbinden. Zur Verbindung dient ein Klebemittel, das vorab durch eine beliebige Art der Erwärmung aktiviert werden kann. Das Klebemittel kann auf dem Dekormaterial und/oder dem Träger jeweils auf den einander zugewandten Seiten vorgesehen sein.
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Ferner ist es erfindungsgemäß bevorzugt, dass die zweite Werkzeughälfte eine Doppelfunktion hat und als Negativkonturschale („Vorblasschale”) für das Vakuumkaschierverfahren ausgestaltet ist. Eine Vorblasschale wird beim Vakuumkaschieren benötigt, um die Folie vor dem Vakuumkaschieren vorzuformen. Diese Verformung wirkt sich günstig auf die Umformung aus, da extreme Verstreckungen vermieden werden können und somit die Dekormaterialwandstärke gleichmäßiger verläuft. Eine etwaige Dekornarbung auf dem Dekormaterial wird somit optisch weniger verzerrt. Hierfür kann die zweite Werkzeughälfte mit einem Vakuumanschluss zum Anlegen eines Vakuums an die Konturschale ausgestaltet sein oder es können Entlüftungsbohrungen vorgesehen sein, um das eingebrachte Dekormaterial mittels Luftüberdruck aus einem geschlossenen Vorblaskasten in die Konturschale zu blasen.
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Des Weiteren ist es bevorzugt, den Ankaschierbereich heizbar zu gestalten, wodurch das Klebemittel, wenn es auf der im Träger zugewandten Seite des Dekormaterials aufgebracht ist, aktivierbar ist. Ein weiterer Vorteil liegt darin, den vorragenden Bereich des Dekormaterials, der auf dem Ankaschierbereich aufliegt, den sogenannten Dekormaterialumbuglappen „warm” zu halten, so dass die Verformbarkeit des Dekormaterials beim Umbugen gewährleistet bleibt. Die Länge des Umbuglappens beträgt dabei bevorzugt im Querschnitt zwischen 5 und 20 mm.
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Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform weist der erste Teil eine Stützfläche für den Träger auf, die sich vorzugsweise in der ersten Stellung an eine Trägerstützfläche des zweiten Teils anschließt. Unter Anschließen ist dabei zu verstehen, dass die Stützflächen im Wesentlichen fluchten, wenn auch ein Zwischenraum zwischen den Stützflächen des ersten Teils und dem zweiten Teil vorhanden sein kann. Dies führt dazu, dass ein entsprechendes Widerlager für den Träger beim Presskaschieren und Vakuumkaschieren geschaffen wird, und gleichzeitig ausreichender Raum zum Einbringen von Umbugschiebern einer Umbugeinrichtung vorhanden ist, wenn sich die Teile in der zweiten Stellung befinden, um den vorragenden Abschnitt des Dekormaterials (Umbuglappen) um das Trägerteil schlagen und daran befestigen zu können. Umfasst der erste Teil ferner die Trägerstützfläche, kann auch oder nur diese heizbar sein. Dadurch lässt sich ein Klebemittel auf der Rückseite des Trägers erwärmen und aktivieren. Bei einer Reizbarkeit der gesamten zweiten Werkzeughälfte, d. h. des ersten und zweiten Teils, kann beim Presskaschieren eine vollständige Erwärmung des Trägerteils und damit eine zuverlässige Aktivierung des Klebemittels zwischen Dekormaterial und Träger gewährleistet werden, wodurch die Taktzeiten niedrig gehalten werden können.
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Des Weiteren umfasst das Werkzeug der vorliegenden Erfindung vorteilhafterweise eine Schneideinrichtung, die zum umfänglichen Abtrennen des Dekormaterials entlang des Außenumfangs des Ankaschierbereichs und unterstützt durch den Ankaschierbereich entlang einer Schließbewegung der Werkzeughälften bewegbar ist. Dabei kann die Schneideinrichtung in die zweite Werkzeughälfte integriert oder separat vorgesehen sein. Hierbei wird zwischen der der Außenkante des Trägers abgewandten Außenseite des Ankaschierbereichs und einer sich über einen Spalt an den Ankaschierbereich bzw. die Ankaschierfläche anschließenden Stützfläche ein Schneidkanal definiert, in den das Stanz- bzw. Schneidwerkzeug zum Beschneiden des Dekormaterials eintaucht. Dies ist insbesondere bei der Verwendung des Werkzeugs zum Vakuumkaschieren notwendig, bei dem das Dekormaterial in einem Rahmen gespannt gehalten wird und nach dem Kaschieren entlang der Außenkontur umfassend den Umbuglappen frei geschnitten wird.
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Darüber hinaus ist vorzugsweise eine Umbugeinrichtung vorgesehen, die separat oder als Bestandteil der ersten oder zweiten Werkzeughälfte vorgesehen werden kann. Die Umbugeinrichtung dient dazu, dass über den Außenumfang des Trägers vorragende Dekormaterial, den Umbuglappen, um den Träger zu schlagen, wenn sich der erste und zweite Teil in der zweiten Stellung befinden und somit ausreichend Platz vorhanden ist, um die Umbugeinrichtung zwischen Träger und erste Werkzeughälfte zu bewegen. Dabei werden meist Umbugschieber eingesetzt, die sich entlang der Schließbewegung der Werkzeughälften und quer dazu bewegen können, so dass der Umbuglappen durch entsprechende Bewegungen um das Trägerteil bzw. dessen Außenkante geschlagen und an die Rückseite angedrückt werden kann. Es sind jedoch auch rotatorisch bewegbare Umbugschieber bekannt. Gegebenenfalls kann das Andrücken des Umbuglappens auch durch die Relativbewegung zwischen erstem und zweitem Teil der ersten Werkzeughälfte erfolgen, wozu die Teile in Richtung der ersten Stellung bewegt werden.
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Darüber hinaus ist es insbesondere dann bevorzugt, wenn der erste Teil heizbar ist, dass die Ankaschierfläche und/oder die oben erwähnte Trägerstützfläche des ersten Teils mit einer Antihaftbeschichtung versehen sind. Je nachdem ob das Klebemittel auf der Rückseite des Dekormaterials oder dem Träger aufgebracht ist, ist es dabei notwendig die Ankaschierfläche, auf der das Dekormaterial aufliegt und gestützt wird und/oder die Trägerstützfläche mit einer Antihaftbeschichtung zu versehen, so dass das Klebemittel nicht mit dem Ankaschierbereich bzw. ersten Teil verklebt.
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Des Weiteren ist es bevorzugt, die erste Werkzeughälfte zum Vakuumkaschieren mit einem Vakuumanschluss zu versehen, der gegebenenfalls über eine Adapterplatte mit einer herkömmlichen Vakuumkaschieranlage verbindbar ist. Diesbezüglich sei erwähnt, dass das vorliegende Werkzeug von den Abmessungen und allen Anschlüssen her so auszulegen ist, dass es sowohl auf eine konventionelle Vakuumkaschieranlage als auch auf eine konventionelle Presskaschieranlage gerüstet werden kann. Hierfür kann, um sie auf beiden Anlagen verwenden zu können, gegebenenfalls eine Medien-Adapterplatte erforderlich sein, mit deren Hilfe unterschiedliche Werkzeugfunktionen wie Druckluftversorgung, Vakuum, Temperierungskreisläufe, Sensorrück- und Stromversorgung an die unterschiedlichen Maschinentische der Anlage angepasst werden können.
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Des Weiteren ist es zum Presskaschieren und zum Aktiveren des Klebemittels im Werkzeug vorteilhaft, die erste und/oder zweite Werkzeughälfte heizbar zu gestalten, insofern die Aktivierung im Werkzeug erfolgen soll.
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Schließlich liegt ein Aspekt der vorliegenden Erfindung darin, das oben beschriebene Werkzeug zum einen zum Vakuumkaschieren und zum anderen zum Presskaschieren zu verwenden.
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Alternativ und zur Lösung der obigen Ausführung ist es auch denkbar, ein Presskaschierwerkzeug mit integrierter Umbugeinrichtung zum Umbugen eines Vakuum kaschierten Bauteils zu verwenden, wodurch auf die Umbuganlage verzichtet werden kann und die Investitionskosten wie auch der Stellplatz in der Fertigung reduzierbar sind. Dementsprechend schlägt die vorliegende Erfindung auch die Verwendung eines Presskaschierwerkzeugs mit integrierter Umbugeinrichtung zum Umbugen eines Vakuum kaschierten Bauteils aus vorzugsweise formstabilem Träger und auf dem Träger befestigten vorzugsweise verklebten Dekormaterial vor, wobei das Dekormaterial über den Außenumfang des Trägers vorragt, d. h. einen Umbuglappen aufweist, der an der Rückseite des Trägers zu befestigen ist.
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Des Weiteren schlägt die vorliegende Erfindung ein Verfahren zum Kaschieren eines Dekormaterials umfassend die Schritte Einbringen eines eben gehaltenen Dekormaterials zwischen eine erste und zweite Werkzeughälfte, Einbringen eines mit einer dreidimensionalen Kontur versehenen vorzugsweise formstabilen Trägers in die erste Werkzeughälfte und Anlegen eines Vakuums an die erste Werkzeughälfte vor, so dass sich das eingebrachte Dekormaterial an eine freie Oberfläche des eingebrachten Trägers anlegt und über ein Klebemittel mit dem Träger verbunden wird, wobei ein über den Außenumfang des Trägers überstehender Teil des Dekormaterials (Umbuglappen) von einem Ankaschierbereich der ersten Werkzeughälfte ausgeformt und gestützt wird. Dabei erfolgt das Halten des Dekormaterials vorzugsweise in einem an sich bekannten Spannrahmen. Schließlich umfasst das Verfahren das Umbugen des über den Außenumfang des Trägers überstehenden Teils (Umbuglappens) des Dekormaterials um den eingebrachten Träger und ist gekennzeichnet dadurch, dass vor dem Umbugen eine Relativbewegung zwischen dem Ankaschierbereich und einem verbleibenden Teil der ersten Werkzeughälfte erfolgt, um die Außenkanten des Trägers zugänglich zu machen und den Umbuglappen um diese umbugen zu können.
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Ferner ist es vorteilhaft, nach dem Umbugen die Relativbewegung in der umgekehrten Richtung durchzuführen, um den umgebugten Teil des Dekormaterials gegen die der ersten Werkzeughälfte zugewandte Seite des Trägers zu drücken und gegebenenfalls das Klebemittel zu aktiveren.
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Weiter Vorteile und Merkmale, die alleinstehend oder in Kombination mit einem oder mehreren der obigen Merkmale insofern sie einander nicht widersprechen, umgesetzt werden können, finden sich in der Beschreibung einer vorteilhaften Ausführungsform, die unter Bezugnahme auf die begleitenden Zeichnungen erfolgt.
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In den Zeichnungen zeigt:
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1 einen Querschnitt durch ein erfindungsgemäßes Werkzeug mit erstem und zweiten Teil in der ersten Stellung;
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2 den Querschnitt aus 1 nach dem Freischneiden des Dekormaterials;
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3 den Querschnitt aus 1 mit erstem und zweiten Teil in der zweiten Stellung;
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4 den Querschnitt aus 1 mit umgebugtem Umbuglappen und erstem und zweiten Teil in der zweiten Stellung; und
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5 den Querschnitt aus 1 mit erstem und zweiten Teil in einer Zwischenstellung, in der der Umbuglappen an den Träger angedrückt wird.
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In den Figuren sind gleiche oder vergleichbare Elemente mit den gleichen Bezugziffern gekennzeichnet.
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Das in 1 dargestellte Werkzeug umfasst ein Oberwerkzeug 1 (zweite Werkzeughälfte) und ein Unterwerkzeug 2 (erste Werkzeughälfte). Das Oberwerkzeug weist dabei eine Konturschale 1.1 auf, die gemäß der Außenkontur 20.1 des fertigen Bauteils (siehe 5) ausgestaltet ist. D. h. die Konturschale 1.1 entspricht im Wesentlichen dem Negativ dieser Außenkontur und kann zum In-Mould-Graining (IMG) gegebenenfalls eine Narbung aufweisen. Das Oberwerkzeug 1 ist auf einem Träger 1.2 (Werkzeugtisch) montiert, der Teil einer Kaschieranlage ist.
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Das Unterwerkzeug 2 besteht aus einem ersten Teil 2.1 und einem zweiten Teil 2.2. Der zweite Teil 2.2 ist bei der dargestellten Ausführungsform auf einer Platte 2.3 (Werkzeugtisch), die Teil der Kaschieranlage ist, ortsfest montiert, während der erste Teil 2.1 relativ zu dem zweiten Teil 2.2, wie es durch die Doppelpfeile 2.4 angedeutet ist, verschieblich gelagert ist. Es ist jedoch auch eine Schwenkbewegung oder eine überlagerte, lineare und rotatorische Bewegung denkbar. Die Bewegung erfolgt hydraulisch, pneumatisch oder mechanisch, wobei hier eine hydraulische Einrichtung 6, 7 vorgesehen ist. Bei der dargestellten Ausführungsform besteht der zweite Teil ausschließlich aus dem Ankaschierbereich 5.1 und 5.2, der sich jeweils aus einer Dekormaterialstützfläche 5.3 und einer Trägerstützfläche 5.4 zusammensetzt.
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Zwischen einer Außenkante 5.6 der Ankaschierbereiche 5.1 und 5.2 und einem jeweils über einen Abstand bzw. Zwischenraum an die Stützfläche 5.3 anschließende Stützfläche 2.5 für das Dekormaterial wird ein Schneidkanal 8 definiert, in den eine Schneideinrichtung 10 (2) eintauchen kann, um das Dekormaterial 9 frei zu schneiden. Die Stützfläche 2.5 kann als Teil des ersten Teils 2.2 oder separat vom ersten Teil 2.2 mit der Platte 2.3 verbunden sein.
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Je nachdem ob das Klebemittel auf die dem Träger 3 bzw. dessen Außenfläche 3.1 zugewandte Seite 9.1 des Dekormaterials 9 oder die Außenfläche 3.1 des Trägers 3 aufgebracht ist, sind die Stützfläche 5.3 der Ankaschierbereiche 5.1 und 5.2 und/oder die Trägerstützflächen 5.4 entsprechend mit einer Anti-Haftbeschichtung, z. B. Teflon®, versehen, um ein Verkleben der Ankaschierbereiche 5.1 und 5.2 zu vermeiden.
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Darüber hinaus liegt das Dekormaterial 9 mit seinem über den Außenumfang vorragenden Abschnitt 9.2 auf den Stützflächen 5.3 der Ankaschierbereiche 5.1 und 5.2 auf. Dieser Bereich 9.2 wird auch als Umbuglappen bezeichnet. In der in 1 dargestellten Stellung schließen sich die Trägerstützflächen 5.1 im Wesentlichen fluchtend an eine Trägerstützfläche 2.6 des zweiten Teils 2.2 an und stützen die Rückseite 3.2 des Trägers ab. Vorzugsweise sind darüber hinaus die Ankaschierbereiche 5.1 und 5.2 wie auch der zweite Teil 2.2 heizbar und weisen Temperierungskanäle und entsprechende Anschlüsse auf. Gleiches gilt für das Oberwerkzeug 1. Alternativ ist es auch denkbar nur das Oberwerkzeug 1 oder das Unterwerkzeug 2 heizbar zu gestalten.
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Ferner ist ein nicht dargestellter Spannrahmen zum ebenen Einspannen des Dekormaterials 9 vorgesehen. Auch ist das Unterwerkzeug 2 mit einem Vakuumanschluss und Vakuumkanälen ausgestattet, die in der Darstellung der Einfachheit halber nicht dargestellt sind, um über den Träger 3 ein Vakuum anzulegen, so dass sich das Dekormaterial 9 an die Außenfläche 3.1 des Trägers 3 anlegt und über eine nicht dargestellte Klebemittelschicht eine feste Verbindung mit diesem eingeht. Ferner sind separat oder als Bestandteil des Oberwerkzeugs 1, gegebenenfalls auch verbunden mit dem Unterwerkzeug 2, Umbugschieber 4.1 und 4.2 (Umbugeinrichtung) vorgesehen, die in Richtung der Doppelpfeile 4.3 in den Darstellungen parallel zu den Pfeilen 2.4 und einer Schließbewegung des Ober- und Unterwerkzeugs 1, 2 sowie quer dazu verschiebbar sind, wie es später näher beschrieben werden wird. Dabei sind in 2 zwei übliche Umbugsituationen, ein 90° Umbug linker Hand und ein 180° Umbug rechter Hand dargestellt.
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Ferner ist die Konturschale 1.1 auch als Vorblasschale zum Vakuumkaschieren ausgestaltet und kann gegebenenfalls nicht dargestellte Vakuumkanäle mit einem entsprechenden Vakuumanschluss umfassen, um das Dekormaterial 9 zum Vorformen in die Konturschale 1.1 zu ziehen. Alternativ kann auch eine Blasvorrichtung (nicht dargestellt) vorgesehen sein, die das Dekormaterial 9 vor dem Aufbringen auf den Träger 3 von der Darstellung in 1 von unten in die Konturschale 1.1 bläst.
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Das Oberwerkzeug 1 und das Unterwerkzeug 2 sind aufeinander zu bewegbar, wobei eine Werkzeughälfte feststehend und die andere bewegbar oder aber beide Werkzeughälften aufeinander zu bewegbar sein können. Dabei sind die Werkzeughälften zumindest zwischen einer Offen- und einer Schließstellung verschiebbar. Gegebenenfalls können Zwischenstellungen vorgesehen sein.
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Im Folgenden wird unter Bezugnahme auf die 1 bis 5 das Verfahren zum Kaschieren eines Dekormaterials auf den Träger 3 beschrieben.
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Der Träger 3 ist dabei vorzugsweise ein formstabiler Träger, der in einem Spritzgießverfahren und vorzugsweise aus Kunststoff hergestellt wurde.
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Zunächst wird die Verwendung des erfindungsgemäßen Werkzeugs in einem Vakuumkaschierverfahren beschrieben.
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Hierzu wird der Träger 3 auf den Trägerstützflächen 2.6 und 5.4 platziert und fixiert. Im Anschluss wird das Dekormaterial 3, bei dem es sich um ein Vakuum kaschierbares Material, z. B. eine PVC-, PU- oder TPO-Folie, handeln kann, zwischen das Oberwerkzeug 1 und das Unterwerkzeug 2 gebracht, wobei die Folie randseitig durch einen nicht dargestellten Spannrahmen gehalten wird.
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Anschließend wird gemäß einer bevorzugten Ausführungsform das Dekormaterial 9 in der Konturschale 1.1 als Vorblasschale vorgeformt, wobei ein Vakuum an der Konturschale 1.1 angelegt oder das Dekormaterial 9 in die Konturschale 1.1 geblasen wird.
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Im Anschluss wird ein Vakuum am Unterwerkzeug 2 angelegt und über Perforationen im Träger 3 übertragen, so dass sich das Dekormaterial 9 an die Außenseite 3.1 des Trägers 3 und an die Oberfläche des Ankaschierbereichs 5.3 anlegt und über das nicht dargestellte und vorher Wärme aktivierte Klebemittel eine Verbindung mit dem Träger 3 eingeht. Zur Aktivierung können beliebige Verfahren zum Einsatz kommen, wie beispielsweise Infrarotbestrahlung.
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Nach dem Kaschierungsschritt, der in 1 dargestellt ist, erfolgt ein Freischneiden des Dekormaterials 9 mittels der Schneideinrichtung 10, wobei ein umfängliches Freischneiden entlang der Außenkontur des Dekormaterials inklusive Umbuglappen 9.2 erfolgt. Dazu tauchen die Schneidmesser der Schneideinrichtung 10 in den Schneidkanal 8 und durchtrennen das Dekormaterial 9, das beidseits durch die Stützflächen 5.3 und 2.5 gestützt ist, ab (2).
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Im Anschluss werden die Kaschierbereiche 5.1 und 5.2, d. h. wird der erste Teil 2.1 des Unterwerkzeugs 2 entlang der Pfeile 2.4 in 3 nach unten verfahren, so dass die Umbugschieber 4.1 und 4.2 Zugang zu den Umbuglappen 9.2 und dem Umbugbereich des Trägers 3.2 haben, wie es in 3 dargestellt ist.
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Anschließend fahren die Umbugschieber
4.1 und
4.2 in Stellung und schlagen den Umbuglappen um die Außenkanten des Trägers
3 (
4), wie es an sich bekannt ist (siehe z. B.
DE 101 12 891 C1 oder
DE 24 16 514 A1 ). Der Klebstoff, der entweder auf der Rückseite
3.2 des Trägers oder auf der dem Träger
3.2 zugewandten Seite des Dekormaterials
9 aufgebracht ist, wird durch Beheizen des Ankaschierbereichs
5.1 und
5.2, d. h. entweder des Stützbereichs (Ankaschierfläche)
5.3 oder des Trägerstützbereichs
5.4 aktiviert, wobei der entsprechende Bereich vorzugsweise antihaftbeschichtet (z. B. mit Teflon
®) ist.
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Das Andrücken des Umbuglappens an den Träger 3 kann über die Umbugschieber 4.1 und 4.2 erfolgen, indem diese gegen den Träger 3 bewegt werden, d. h. in Bezug auf den Umbugschieber 4.1 in 4 nach oben und in Bezug auf den Umbugschieber 4.3 in 4 nach rechts.
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Alternativ kann dies auch, wie in 5 dargestellt, durch den Ankaschierbereich 5.1 und 5.2 bzw. den ersten Teil 2.1 des Unterwerkzeugs 2 erfolgen. Hierbei verfährt der linker Hand dargestellte Ankaschierbereich 5.1 mit seiner Trägerstützfläche 5.4 gegen den Umbuglappen 9.2 und drückt diesen gegen die Rückseite 3.2 des Trägers 3. Bei dem rechter Hand dargestellten Ankaschierbereich 5.2 erfolgt eine Bewegung nach oben, wobei das Andrücken des Umbuglappens 9.2 gegen die Rückseite 3.2 des Trägers 3 in 5 nach rechts über zwei Keilflächen 12.1 und 12.2 erfolgt, die einerseits Bestandteil des Ankaschierbereichs 5.2 und andererseits des zweiten Teils 2.2 des Unterwerkzeugs 2 sind, so dass eine Relativbewegung der Keilflächen 12.1 und 12.2 gegeneinander ein Verschieben einer Andruckfläche 12.3 gegen den Umbuglappen 9.2 und den Träger 3 in 5 nach rechts zur Folge hat.
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Im Anschluss wird das fertig gestellte Bauteil aus dem Werkzeug entnommen.
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Bei einem Presskaschierverfahren wird der Träger 3 im Unterwerkzeug 2 gleichermaßen befestigt und im Anschluss das bereits auf Kontur geschnittene Dekormaterial 9, z. B. in Form eines Leder- oder Kunstledernähkleids auf dem Träger 3 platziert und gegebenenfalls vorfixiert. Alternativ kann auch ein bereits mit Dekor vorfixierter Träger eingelegt werden. Im Anschluss schließen sich Ober- und Unterwerkzeug und definieren einen Pressspalt zwischen der Konturschale 1.1 und dem Trägerteil 3 bzw. dem Dekormaterial 9. Ein Aktiveren des Klebemittels zwischen dem Dekormaterial 9 und dem Träger erfolgt z. B. durch Heizen des Ober- und/oder Unterwerkzeugs 1 bzw. 2.
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Das Umbugen des überstehenden Umbuglappens erfolgt gleichermaßen, wie in den 4 und gegebenenfalls 5 dargestellt. Je nach Ausgestaltung der Ankaschierbereiche 5.1 und 5.2 können sich diese beim Presskaschieren in der in 3 dargestellten abgetauchten Stellung oder aber der in 1 dargestellten angehobenen Stellung befinden. Letztere Stellung kann bevorzugt sein, um ein entsprechendes Widerlager für den Träger 3 beim Verpressen zu bilden. Sind die Stützflächen 5.4 jedoch nur kurz gehalten und decken beispielsweise nur den Bereich, an dem der Umbuglappen zu befestigen ist, ab, ist es auch denkbar, das Presskaschieren bei abgetauchter Stellung der Ankaschierbereiche 5.1 und 5.2 durchzuführen.
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Gemäß der obigen Beschreibung ist es also denkbar, das gleiche Werkzeug sowohl zum Press- wie auch Vakuumkaschieren zu verwenden und das Umbugen im gleichen Werkzeug durchzuführen. Dadurch können Werkzeugänderungskosten bei Bauteiländerungen minimiert werden, da nur ein Werkzeug geändert werden muss. Darüber hinaus lassen sich die Investitionskosten in Betriebsmittel reduzieren und der separate Arbeitsgang Umbugen, der insbesondere beim Vakuumkaschieren bisher notwendig war, entfällt. Dadurch kann zumindest auf die üblicherweise benötigte Umbuganlage zum Umbugen Vakuum kaschierter Bauteile entfallen, wodurch die benötigte Fertigungsfläche in den Werken erheblich reduziert werden kann.
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Es versteht sich jedoch, dass die obige Ausführungsform nur exemplarisch ist und verschiedenartige Modifikationen durchgeführt werden können. Beispielsweise ist es auch denkbar, lediglich ein konventionelles Folienkaschierwerkzeug gemäß der vorliegenden Erfindung umzuwandeln und dadurch das Umbugen Vakuum kaschierter Bauteile in einem Werkzeug zu realisieren. Weiter kann es erfindungsgemäß auch vorteilhaft sein, ein Vakuum kaschiertes Bauteil in eine Presskaschiervorrichtung einzulegen, die ohne die Ankaschierbereiche 5.1 und 5.2 ausgestaltet ist und die dort integrierte Umbugeinrichtung zum Umbugen des Vakuum kaschierten Bauteils zu verwenden. Auch dies macht zumindest die separate Umbuganlage zum Umbugen Vakuum kaschierter Bauteile überflüssig und führt zu den genannten Vorteilen.
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Darüber hinaus betrifft die vorliegende Erfindung auch die Verwendung eines oben beschriebenen Werkzeugs zum Vakuumkaschieren und Presskaschieren eines Dekormaterials auf einen formstabilen Träger sowie ein entsprechendes Verfahren.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 2416514 A1 [0010, 0051]
- DE 10112891 C1 [0051]