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Die Erfindung betrifft eine Lenkvorrichtung für ein Fahrzeug gemäß der im Oberbegriff des Patentanspruches 1 näher definierten Art.
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Zur Reduzierung der Kraft, die zur Betätigung des Lenkrads eines Kraftfahrzeugs beim Lenken im Stand, beim Rangieren oder bei geringen Fahrzeuggeschwindigkeiten nötig ist, sind insbesondere Fahrzeuge mit hohem Fahrzeuggewicht im Bereich der Lenkvorrichtungen mit Servoeinrichtungen ausgeführt. Die Servoeinrichtungen unterstützen jeweils den Fahrer beim Lenken, indem die vom Fahrer aufgebrachten Lenkkräfte beispielsweise durch eine Hydraulikpumpe oder einen Elektromotor entsprechend verstärkt werden.
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Zur Reduzierung des Kraftstoffverbrauches werden Fahrzeuge zunehmend mit Hybridantrieben ausgestattet und betriebszustandsabhängig in hybridem oder rein elektrischem Antriebsmodus betrieben, wobei bei diesen Ausführungen auch die Lenkkraftunterstützung elektrisch ausgebildet wird.
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Um die Ausfallsicherheit derartiger Lösungen mit der Ausfallsicherheit konventioneller hydraulischer Servosysteme zur Verfügung stellen zu können, ist ein erheblicher konstruktiver Aufwand erforderlich, der hohe Kosten verursacht. Dies resultiert aus der Tatsache, dass Hybrid- oder Elektrofahrzeuge im Bereich der Lenkvorrichtungen mit weiteren redundanten Lenkunterstützungseinrichtungen ausgebildet werden, die nur beim Ausfall der ersten Unterstützungseinheit zum Einsatz kommen.
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Diese Ausführungen sind aufgrund des hohen konstruktiven Aufwandes auch durch ein unerwünscht hohes Bauteilgewicht gekennzeichnet und benötigen entsprechend viel Bauraum, der in Fahrzeugen oftmals nicht in gewünschtem Umfang zur Verfügung steht.
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Aus der
DE 38 30 654 A1 und der
DE 100 00 219 A1 sind so genannte Vorhaltelenkungen bekannt, bei welchen das Übersetzungsverhältnis zwischen der Änderung des Drehwinkels des Lenkhandrades und der Änderung des Lenkwinkels der Lenkräder in Abhängigkeit von vorgegebenen Parametern, beispielsweise der Drehgeschwindigkeit des Lenkhandrades, veränderbar ist. Die Beeinflussung des Lenkwinkels erfolgt über einen durch die Bewegung des Lenkhandrades steuerbaren Motor.
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Über die Vorhaltelenkungen sind bei einem Ausfall einer zwischen einem Lenkhandrad und den Fahrzeugrädern angeordneten Servoeinrichtung die im Bereich einer lenkbaren Achse erforderlichen Lenkkräfte nicht in gewünschtem Umfang zur Verfügung stellbar.
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Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, eine konstruktiv einfache sowie bauraum- und kostengünstige Lenkvorrichtung zur Verfügung zu stellen, mittels welcher bei einem Ausfall einer Servoeinrichtung die im Bereich einer lenkbaren Fahrzeugachse erforderlichen Lenkkräfte wenigstens annähernd zur Verfügung stellbar sind.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe mit einer Lenkvorrichtung mit den Merkmalen des Patentanspruches 1 gelöst.
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Bei der erfindungsgemäßen Lenkvorrichtung für ein Fahrzeug mit einer mit einer fahrerseitigen Bedieneinrichtung verbindbaren ersten Welle, die mit einer Servoeinrichtung in Wirkverbindung steht, in deren Bereich fahrerseitige Lenkkräfte definiert verstärkbar sind, sind die verstärkten Lenkkräfte an Rädern einer lenkbaren Fahrzeugachse zur Umsetzung fahrerseitig angeforderter Lenkbewegungen anlegbar.
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Erfindungsgemäß ist zwischen der Servoeinrichtung der fahrerseitigen Bedieneinrichtung eine schaltbare mechanische Getriebeeinrichtung vorgesehen. Fahrerseitige Lenkkräfte sind in einem zuschaltbaren ersten Betriebszustand der Getriebeeinrichtung direkt und ohne Verstärkung und in wenigstens einem zweiten zuschaltbaren Betriebszustand der Getriebeeinrichtung, zu dem im Bereich der Getriebeeinrichtung eine Übersetzung zugeschaltet ist, verstärkt der lenkbaren Fahrzeugachse zuführbar.
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Damit besteht auf einfache Art und Weise die Möglichkeit, die Getriebeeinrichtung im fehlerfreien Betriebszustand der Servoeinrichtung im ersten zuschaltbaren Betriebszustand, d. h. vorzugsweise einem überbrückten Betriebszustand, zu halten und eine Lenkbewegung eines Fahrers bzw. fahrerseitige Lenkkräfte 1:1 an die Servoeinrichtung weiterzuleiten. Die fahrerseitigen Lenkkräfte werden dann wie gewohnt im Bereich der Servoeinrichtung entsprechend verstärkt und in Richtung der Räder der lenkbaren Fahrzeugachse weitergeleitet.
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Zusätzlich besteht bei einem Ausfall der Servoeinrichtung bzw. während eines eingeschränkten Betriebes der Servoeinrichtung die Möglichkeit, im Bereich der Getriebeeinrichtung durch Umschalten in den zweiten Betriebszustand der Getriebeeinrichtung in deren Bereich eine Übersetzung zuzuschalten bzw. einzulegen, womit die fahrerseitigen Lenkkräfte im Bereich der Getriebeeinrichtung verstärkt werden.
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Die erfindungsgemäße Lenkvorrichtung ist im Vergleich zu bekannten Lenkvorrichtungen sowohl bauraum- als auch kostengünstiger sowie mit geringem Eigengewicht herstellbar, da die verstärkten Lenkkräfte bei der erfindungsgemäßen Lenkvorrichtung entweder über die bereits vorhandene Servoeinrichtung oder die konstruktiv einfach ausführbare und daher kostengünstig herstellbare und durch ein geringes Gesamtgewicht gekennzeichnete Getriebeeinrichtung zur Verfügung stellbar sind. Die redundanten Systeme bekannter Lenkvorrichtungen, über welche bei einem Ausfall der Servoeinrichtungen die erforderlichen verstärkten Lenkkräfte zur Verfügung gestellt werden, sind konstruktiv wesentlich komplexer, teurer und auch schwerer ausgebildet.
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Weitere Vorteile und vorteilhafte Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Gegenstandes ergeben sich aus den Patentansprüchen und den nachfolgend anhand der Zeichnung beschriebenen Ausführungsbeispielen, wobei in der Beschreibung der verschiedenen Ausführungsbeispiele zugunsten der Übersichtlichkeit für bau- und funktionsgleiche Bauteile dieselben Bezugszeichen verwendet werden.
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Sowohl die in den Unteransprüchen angegebenen Merkmale als auch die in den nachfolgenden Ausführungsbeispielen der erfindungsgemäßen Lagervorrichtung angegeben Merkmale sind jeweils für sich alleine oder in beliebiger Kombination miteinander geeignet, den erfindungsgemäßen Gegenstand weiterzubilden. Die jeweiligen Merkmalskombinationen stellen hinsichtlich der Weiterbildung des Gegenstandes nach der Erfindung keine Einschränkung dar, sondern weisen im Wesentlichen lediglich beispielhaften Charakter auf.
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Es zeigt:
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1 eine stark schematisierte Darstellung einer erfindungsgemäßen Lenkvorrichtung;
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2 ein Räderschema einer als Plus-Planetenradsatz ausgeführten Getriebeeinrichtung der Lenkvorrichtung gemäß 1; und
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3 ein Räderschema einer zweiten Ausführungsform der Getriebeeinrichtung der Lenkvorrichtung gemäß 1.
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In 1 ist eine Lenkvorrichtung 1 mit einer fahrerseitigen Bedieneinrichtung 2 bzw. einem Lenkrad dargestellt, die mit einer Welle 3 verbunden ist. Die Welle 3 steht über eine Getriebeeinrichtung 4 und eine weitere Welle 5 mit einer Servoeinrichtung 6 in Wirkverbindung, in deren Bereich fahrerseitige Lenkkräfte definiert verstärkbar sind. Die verstärkten Lenkkräfte sind an Rädern 7A, 7B einer lenkbaren Fahrzeugachse 8 zur Umsetzung fahrerseitig angeforderter Lenkbewegungen im Bereich der Bedieneinrichtung 2 anlegbar.
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Die zwischen der Servoeinrichtung 6 und der fahrerseitigen Bedieneinrichtung 2 angeordnete Getriebeeinrichtung 4 ist in der nachfolgend näher beschriebenen Art und Weise zwischen einem ersten Betriebszustand und einem zweiten Betriebszustand umschaltbar und als mechanische Getriebeeinheit ausgeführt.
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Im ersten zuschaltbaren Betriebszustand der Getriebeeinrichtung 4 ist die Getriebeeinrichtung 4 überbrückt und fahrerseitige Lenkkräfte werden mit der Übersetzung 1 direkt und ohne Verstärkung über die Servoeinrichtung 6 in Richtung der Räder 7A und 7B der lenkbaren Fahrzeugachse 8 weitergeleitet. Grundsätzlich wird die Getriebeeinrichtung 4 in fehlerfreiem Betriebszustand der Servoeinrichtung 6, zu dem der volle Funktionsumfang zur Verfügung steht, im ersten Betriebszustand gehalten.
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Wird über eine Steuereinrichtung 9 festgestellt, dass die Funktion der Servoeinrichtung 6 nicht in vollem Umfang zur Verfügung steht und fahrerseitige Lenkkräfte im Bereich der Servoeinrichtung 6 nicht in gewünschtem Umfang verstärkbar bzw. erhöhbar sind, wird die Getriebeeinrichtung 4 in den zweiten Betriebszustand umgeschaltet, zu dem im Bereich der Getriebeeinrichtung 4 eine Übersetzung zugeschaltet ist und fahrerseitige Lenkkräfte im Bereich der Getriebeeinrichtung 4 verstärkt werden. Die im Bereich der Getriebeeinrichtung 4 verstärkten fahrerseitigen Lenkkräfte werden in Richtung der lenkbaren Fahrzeugachse 8 bzw. der Servoeinrichtung 6 weitergeleitet und zur Umsetzung der fahrerseitigen Lenkbewegungen auf die Räder 7A und 7B übertragen.
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Damit sind auch schwere Fahrzeuge im Notfall bzw. bei einem Ausfall der Servoeinrichtung 6 zwar mit stärkerer Lenkwinkeländerung aber ausreichend reduzierten Kräften kontrollierbar.
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Um einen Fahrer eines mit der erfindungsgemäßen Lenkvorrichtung 1 ausgeführten Fahrzeuges auf den Ausfall der Servoeinrichtung 6 und damit das veränderte Lenkverhalten des Fahrzeuges hinzuweisen, wird im Bereich der Steuereinrichtung 9 ein vorzugsweise akustisches, haptisches und/oder optisches Warnsignal generiert.
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Bei einer als hydraulische Lenkunterstützung ausgeführten Servoeinrichtung wird ein Funktionsausfall der Servoeinrichtung bei Erkennen eines abfallenden Pumpendruckes im hydraulischen System erkannt, während bei einer elektrischen Lenkunterstützung beispielsweise eine entsprechende Fehlerrückmeldung der Ansteuerelektronik eines Elektromotors als Indikator für die Fehlererkennung verwendbar ist.
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2 zeigt ein Räderschema der Getriebevorrichtung 4 der Lenkvorrichtung 1 gemäß 1. Die Getriebeeinrichtung 4 ist als Plus-Planetenradsatz ausgeführt, wobei ein Sonnenrad 10 mit der Welle 3 wirkverbunden ist und mit inneren Planetenrädern 11 kämmt. Die inneren Planetenräder 11 kämmen mit äußeren Planetenrädern 12, die wiederum mit einem Hohlrad 13 in Eingriff stehen. Das Hohlrad 13 ist drehfest mit der weiteren Welle 5 verbunden. Die inneren Planetenräder 11 und die äußeren Planetenräder 12 sind auf einem gemeinsamen Planetenträger 14 drehfest gelagert.
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Im ersten Betriebszustand der Getriebeeinrichtung 4 sind das Sonnenrad 10 und das Hohlrad 13 über ein erstes Schaltelement 15 drehfest miteinander verbunden, während der Planetenträger 14 gegenüber einem Gehäuse 16 der Getriebeeinrichtung 4 frei drehbar ist. Bei entsprechender Anforderung zum Umschalten der Getriebeeinrichtung 4 ausgehend vom ersten zuschaltbaren Betriebszustand in den zweiten zuschaltbaren Betriebszustand wird das vorliegend reibschlüssig ausgeführte erste Schaltelement 15 geöffnet und ein vorzugsweise ebenfalls reibschlüssiges zweites Schaltelement 17 geschlossen.
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Damit ist die drehfeste Wirkverbindung zwischen dem Sonnenrad 10 und dem Hohlrad 13 getrennt, während der Planetenträger 14 drehfest mit dem Gehäuse 16 verbunden ist. Die Getriebeeinrichtung 4 gemäß 2 weist in Abhängigkeit des jeweils vorliegenden Anwendungsfalles eine Standgetriebeübersetzung in einem Bereich von 2 bis 10, vorzugsweise in einem Übersetzungsbereich von 2 bis 5, auf, um im Notfall mit stärkerer Lenkwinkeländerung bei gleichzeitig entsprechend reduzierten Kräften auch ein schweres Fahrzeug kontrollieren zu können.
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Das in 3 dargestellte Räderschema eines zweiten Ausführungsbeispieles der Getriebeeinrichtung 4 der Lenkvorrichtung 1 gemäß 1 zeigt ein Vorgelegegetriebe, bei welchem die Welle 3 mit einem Zahnrad 18 einer ersten Zahnradebene drehfest verbunden ist. Das Zahnrad 18 kämmt mit einem als Losrad ausgeführten Zahnrad 19 einer zweiten Zahnradebene, das im Gehäuse 16 drehbar gelagert ist.
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Im ersten Betriebszustand der Getriebeeinrichtung 4 gemäß 3 sind die Welle 3 und das Zahnrad 18 über das erste Schaltelement 15 drehfest mit der weiteren Welle 5 bzw. einem drehfest damit verbundenen Zahnrad 20 gekoppelt, während das Zahnrad 19 der zweiten Zahnradebene im Bereich des geöffneten zweiten Schaltelementes 17 von einem Zahnrad 21 der zweiten Zahnradebene entkoppelt ist.
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Wird im Bereich der Steuereinrichtung 9 eine Beeinträchtigung der Funktionsweise der Servoeinrichtung 6 ermittelt, wird die Getriebeeinrichtung 4 in den zweiten Betriebszustand überführt, wobei hierfür das erste Schaltelement 15 geöffnet und das zweite Schaltelement 17 geschlossen wird. In diesem Fall wird ein vom Fahrer über die Welle 3 eingeleitetes Lenkmoment über das Zahnrad 18, das damit kämmende Zahnrad 19, das geschlossene zweite Schaltelement 17, das Schaltelement 21 und das wiederum damit in Eingriff stehende Zahnrad 20 auf die weitere Welle 5 mit entsprechender Verstärkung weitergeleitet und den Rädern 7A und 7B der lenkbaren Fahrzeugachse 8 zugeführt.
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Mit der erfindungsgemäßen Lenkvorrichtung wird die selten auftretende Notsituation des Funktionsausfalls einer Servoeinrichtung einer Fahrzeuglenkvorrichtung mit konstruktiv geringem Zusatzaufwand abgesichert. Die Lenkbarkeit eines Fahrzeuges bleibt durch die getriebeeinrichtungsseitige Verstärkung der fahrerseitigen Lenkkräfte beherrschbar und erhalten.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Lenkvorrichtung
- 2
- fahrerseitige Bedieneinrichtung
- 3
- Welle
- 4
- Getriebeeinrichtung
- 5
- weitere Welle
- 6
- Servoeinrichtung
- 7A, 7B
- Rad
- 8
- lenkbare Fahrzeugachse
- 9
- Steuereinrichtung
- 10
- Sonnenrad
- 11
- innere Planetenräder
- 12
- äußere Planetenräder
- 13
- Hohlrad
- 14
- Planetenträger
- 15
- erstes Schaltelement
- 16
- Gehäuse
- 17
- zweites Schaltelement
- 18, 19, 20, 21
- Zahnrad
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 3830654 A1 [0006]
- DE 10000219 A1 [0006]