-
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Kunststoffmaterials mit erhöhter Feuerbeständigkeit, ein Kunststoffmaterial mit erhöhter Feuerbeständigkeit sowie einen Kunststoffartikel aus einem solchen Kunststoffmaterial.
-
Kunststoffmaterialien mit erhöhter Feuerbeständigkeit werden in vielen technischen Bereichen benötigt. Ein Beispiel hierfür ist der Baubereich, in dem Kunststoffteile für die Installation von elektrischen Anlagen, wie z. B. Unterputzdosen, Gehäuse von Schaltkästen etc. bestimmte Anforderungen an die Feuerbeständigkeit erfüllen müssen, damit auch im Falle von Kurzschlüssen ein Feuer nicht entstehen oder sich nicht ausbreiten kann. Die Feuerbeständigkeit, welche das Kunststoffgrundmaterial, wie z. B. Polyethylen oder Polypropylen, hierfür bietet, ist in der Regel nicht ausreichend. Um die Feuerbeständigkeit zu erhöhen, können dem Kunststoffgrundmaterial Flammschutzmittel zugegeben werden. Als Flammschutzmittel oder Brandhemmer werden Stoffe bezeichnet, welche die Ausbreitung von Bränden und/oder die Entwicklung von Rauch einschränken, verlangsamen oder verhindern.
-
Prinzipiell unterscheidet man vier Typen von Flammschutzmitteln:
- – Additive Flammschutzmittel: Die Brandhemmer werden in die brennbaren Stoffe als Zusatzstoffe eingearbeitet
- – Reaktive Flammschutzmittel: Die Substanzen sind selbst Bestandteil des Materials
- – Inhärenter Flammschutz: Das Material selbst ist flammwidrig
- – Coating: Der Brandhemmer wird von außen als Beschichtung aufgebracht
-
Flammschutzmittel für Kunststoffe sind beispielsweise in der DIN EN ISO 1043-4 beschrieben.
-
Bislang werden als Flammschutzmittel zur Erhöhung der Feuerbeständigkeit von Kunststoffen häufig Zusätze auf der Basis von Antimon oder Halogenverbindungen eingesetzt. Um den jeweiligen Anforderungen der Prüfnorm zu genügen, müssen z. B. bei der Herstellung von Unterputzdosen bis zu 25 Gew.-% dieser Zusätze vor der Verarbeitung zugegeben werden. Derartige Additive sind vergleichsweise teuer und erhöhen die Herstellungskosten signifikant. Zudem bergen sie Risiken im Hinblick auf die Gefährdung der Umwelt. Die Verarbeitung wird aufwändiger, da die Zusätze vor der Verarbeitung dem Kunststoffgrundmaterial in einem gesondert vorzusehenden Mischschritt zugemischt werden. Weitere bekannte Flammschutzmittel, welche dem Kunststoff zugegeben werden, sind Stickstoff basierte Flammschutzmittel, Organophosphor-Flammschutzmittel und anorganische Flammschutzmittel.
-
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren zur Herstellung eines Kunststoffmaterials mit erhöhter Feuerbeständigkeit sowie ein solches Kunststoffmaterial anzugeben, wobei die Herstellung einfach und kostengünstig durchführbar ist.
-
Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren zur Herstellung eines Kunststoffmaterials mit erhöhter Feuerbeständigkeit unter Verwendung einer Fasern enthaltenden Biomasse gelöst, wobei das Verfahren folgende Schritte aufweist:
- – Bereitstellen der Fasern enthaltenden Biomasse;
- – Aufbereiten der Fasern;
- – Ausrüsten wenigstens eines Teils der Fasern mit einem Flammschutzmittel;
- – Einbringen der ausgerüsteten Fasern in ein Kunststoffgrundmaterial.
-
Auf diese Weise kann ein Kunststoffmaterial erhalten werden, welches einfach herstellbar ist und gleichzeitig eine gegenüber dem Kunststoffgrundmaterial erhöhte Feuerbeständigkeit aufweist. Die Feuerbeständigkeit kann dabei gegenüber dem Kunststoffgrundmaterial ohne ausgerüstete Fasern erheblich erhöht werden.
-
Die erhöhte Feuerbeständigkeit wird dadurch erreicht, dass die Fasern der Biomasse aufbereitet und mit einem Flammschutzmittel ausgerüstet werden. Auf diese Weise kann das Flammschutzmittel besonders einfach verarbeitet werden, da die Fasern mit dem Flammschutzmittel ausgerüstet werden und diese Fasern dann in das Kunststoffgrundmaterial eingebracht werden. Es ist also nicht erforderlich, Flammschutzmittel unmittelbar in das Kunststoffgrundmaterial einzuarbeiten. Vielmehr genügt es, die Fasern mit dem Flammschutzmittel auszurüsten, was aufgrund der chemischen Eigenschaften der Fasern aus Biomasse eine andere Verarbeitung und auch die Verwendung von Flammschutzmitteln ermöglicht, die ansonsten nicht oder nur schwer in Kunststoff eingearbeitet werden könnten. Indem das Flammschutzmittel mit den organischen Fasern aus der Biomasse zusammengebracht wird, kann aber nicht nur die Verarbeitung erleichtert werden. Hierbei kann auch die Wirksamkeit des Flammschutzmittels in überraschender Weise gesteigert werden. Bei dem beschriebenen Ausrüsten der Fasern mit dem Flammschutzmittel wird wesentlich weniger Flammschutzmittel benötigt, als wenn das Flammschutzmittel direkt in das Kunststoffgrundmaterial eingebracht wird. Darüber hinaus tragen die Fasern zu verbesserten mechanischen Werten des Kunststoffmaterials bei, da die Fasern das Kunststoffmaterial verstärken. Zudem wird die erforderliche Menge an Kunststoffgrundmaterial und damit der Einsatz von wertvollen Rohstoffen reduziert.
-
Um eine gleichmäßige hohe Qualität zu erhalten werden die Fasern der bereitgestellten Biomasse aufbereitet. Hierzu kann die Biomasse z. B. durch einen Mazerator behandelt werden, sodass die Fasern aufgeschlossen werden und enthaltener Zellsaft austritt. Zudem können die Fasern der Biomasse, welche Cellulose enthalten, auf diese Weise von unerwünschten Stoffen, wie Verunreinigungen und Eiweißstoffen gereinigt werden. Die entsprechend aufbereiteten Fasern können dann gut mit dem Flammschutzmittel ausgerüstet und in das Kunststoffgrundmaterial eingebracht werden.
-
Eine weitere Verbesserung wird dadurch erreicht, dass das Ausrüsten mit dem Flammschutzmittel in einer wässrigen Phase erfolgt. Das Flammschutzmittel kann beispielsweise in der wässrigen Phase suspendiert, dispergiert oder gelöst sein. Auf diese Weise kann das Flammschutzmittel auf die Fasern problemlos und gleichmäßig aufziehen. Daher kann eine dauerhafte Verbindung zwischen den Fasern und dem Flammschutzmittel erreicht werden, was die weitere Verarbeitung erleichtert, zumal eine spätere Trennung von Flammschutzmittel und Fasern vermieden werden kann. Insbesondere kann die Ausrüstung der Fasern in einem Ausziehverfahren erfolgen, wie es auch beim Färben Anwendung findet. Wenn das Flammschutzmittel in gelöster Form vorliegt, ist die Verarbeitung besonders einfach. Zudem können die Fasern dann besonders einfach mit dem Flammschutzmittel ausgerüstet werden, da die Cellulose enthaltenden Fasern aufgrund ihrer hydrophilen Eigenschaften Wasser und ein darin gelöstes Flammschutzmittel problemlos aufnehmen.
-
Besonders bewährt hat sich, wenn das Flammschutzmittel ein anorganisches Flammschutzmittel und/oder ein Organophosphor-Flammschutzmittel enthält. Als anorganische Flammschutzmittel können beispielsweise eingesetzt werden: Bor, Bor enthaltende Verbindungen, Aluminiumhydroxid, Magensiumhydroxid, Ammoniumsulfat, Roter Phosphor, Antimontrioxid, Antimonpentoxid oder Mischungen hiervon. Als Organophosphor-Flammschutzmittel können aromatische und aliphatische Ester der Phosphorsäure eingesetzt werden, wie beispielsweise TCEP (Tris(chlorethyl)phosphat), TCPP (Tris(chlorpropyl)phosphat), TDCPP (Tris(dichlorisopropyl)phosphat), TPP (Triphenylphosphat), TEHP (Tris(2-ethylhexyl)phosphat), TKP (Trikresylphosphat), ITP („Isopropyliertes Triphenylphosphat”), Mono-, Bis- und Tris(isopropylphenyl)phosphate, RDP (Resorcinol-bis(diphenylphosphat)), BDP (Bisphenol-A-bis(diphenylphosphat)) oder Mischungen hiervon.
-
Erfindungsgemäß besonders vorteilhaft ist, wenn das anorganische Flammschutzmittel, Bor, eine Bor enthaltende Verbindung, insbesondere Borax und/oder Borsäure enthält. Diese Stoffe ermöglichen einen guten Brandschutz bei einer geringen Rauchentwicklung. Sie zeichnen sich zudem durch eine gute Verarbeitbarkeit in dem erfindungsgemäßen Verfahren und eine geringe Umweltbelastung aus. Besonders vorteilhaft ist, wenn das Flammschutzmittel Borsäure und Borax enthält.
-
Nach einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass der Gehalt an Bor oder der Bor enthaltenden Verbindung in den ausgerüsteten Fasern zwischen 1 und 10 Gew.-% beträgt, insbesondere zwischen 2 und 7 Gew.-%. Besonders bevorzugt wird erfindungsgemäß ein Gehalt zwischen 2,5 und 5 Gew.-%. Ein höherer Gehalt an Bor oder der Bor enthaltenden Verbindung führt zu einer höheren Wasseraufnahme, welche zu einer schlechteren Qualität bei der thermoplastischen Verarbeitung führen kann.
-
Weiterhin hat sich bewährt, wenn das Kunststoffgrundmaterial ein Duroplast oder ein Thermoplast ist und insb. Polypropylen, Polyethylen und/oder Polystyrol enthält. Als Polystyrol kann beispielsweise Styrolacrylnitril und/oder Acrylnitril-Butadien-Styrol eingesetzt werden.
-
Eine weitere Verbesserung kann dann erreicht werden, wenn die Fasern nach dem Aufbereiten und vor dem Einbringen in das Kunststoffgrundmaterial einer Trocknung unterzogen werden. Hierdurch wird erreicht, dass die in das Kunststoffgrundmaterial eingebrachte Wassermenge gering gehalten wird. Gleichwohl verbleibt das Flammschutzmittel in den Fasern und kann später in dem Kunststoffmaterial zur Verbesserung der Feuerbeständigkeit beitragen.
-
Besonders gute Eigenschaften des Kunststoffmaterials werden dann erreicht, wenn bei der Trocknung ein Gehalt an Trockensubstanz von 95% nicht überschritten wird. Vorzugsweise werden die Fasern bis zu einem Gehalt an Trockensubstanz von 88 bis 92% getrocknet. Hierbei kann ein Flugschichttrockner eingesetzt werden, in dem die Fasern bei einer Temperatur von etwa 140°C schonend getrocknet werden.
-
Weiterhin hat sich als vorteilhaft erwiesen, wenn die Fasern bis zum Ausrüsten mit dem Flammschutzmittel einen Gehalt an Trockensubstanz von 90% nicht überschreiten, insbesondere einen Gehalt an Trockensubstanz von 60% nicht überschreiten. Hierdurch wird einer Verhornung der Fasern vorgebeugt, welche nicht nur die mechanischen Eigenschaften der Fasern nachteilig verändert, sondern auch die Ausrüstung mit dem Flammschutzmittel erschwert.
-
Eine besonders gute Aufnahme des Flammschutzmittels ergibt sich dann, wenn die Ausrüstung der Fasern nach dem Aufbereiten der Fasern erfolgt.
-
Eine gute Feuerbeständigkeit und eine gute Verarbeitbarkeit ergeben sich, wenn die Fasern enthaltende Biomasse Grasschnitt, Roggengrünschnitt, Treber und/oder Bargasse enthält.
-
Die vorliegende Erfindung betrifft darüber hinaus ein Kunststoffmaterial mit erhöhter Feuerbeständigkeit, enthaltend ein Kunststoffgrundmaterial und Fasern aus Biomasse, wobei wenigstens ein Teil der Fasern mit einem Flammschutzmittel ausgerüstet ist.
-
Besonders bewährt hat sich, wenn das Flammschutzmittel ein anorganisches Flammschutzmittel und/oder ein Organophosphor-Flammschutzmittel enthält. Als anorganische Flammschutzmittel können beispielsweise eingesetzt werden: Bor, Bor enthaltende Verbindungen, Aluminiumhydroxid, Magnesiumhydroxid, Ammoniumsulfat, Roter Phosphor, Antimontrioxid, Antimonpentoxid oder Mischungen hiervon. Als Organophosphor-Flammschutzmittel können aromatische und aliphatische Ester der Phosphorsäure eingesetzt werden, wie beispielsweise TCEP (Tris(chlorethyl)phosphat), TCPP (Tris(chlorpropyl)phosphat), TDCPP (Tris(dichlorisopropyl)phosphat), TPP (Triphenylphosphat), TEHP (Tris(2-ethylhexyl)phosphat), TKP (Trikresylphosphat), ITP („Isopropyliertes Triphenylphosphat”), Mono-, Bis- und Tris(isopropylphenyl)phosphate, RDP (Resorcinol-bis(diphenylphosphat)), BDP (Bisphenol-A-bis(diphenylphosphat)) oder Mischungen hiervon.
-
Eine gute Feuerbeständigkeit bei niedrigen Herstellungskosten wird auch dann erreicht, wenn das Kunststoffgrundmaterial zusätzlich zu den mit dem Flammschutzmittel ausgerüsteten Fasern weitere Fasern aus Biomasse enthält, die nicht mit einem Flammschutzmittel ausgerüstet sind.
-
Die Erfindung bezieht sich auch auf einen Kunststoffartikel, hergestellt unter Verwendung des beschriebenen Kunststoffmaterials. Die Kunststoffartikel können beispielsweise Installationsmaterial für elektrische Zwecke, Unterputzdosen, Aufputzdosen, Schaltergehäuse, Schaltkästen, Rohre sein.
-
Weitere Ziele, Merkmale, Vorteile und Anwendungsmöglichkeiten der vorliegenden Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen anhand der Zeichnung. Dabei bilden alle beschriebenen und/oder bildlich dargestellten Merkmale für sich oder in beliebiger Kombination den Gegenstand der Erfindung, unabhängig von der Zusammenfassung in einzelnen Ansprüchen oder deren Rückbeziehung.
-
1 illustriert schematisch ein Verfahren zur Herstellung eines Kunststoffmaterials mit erhöhter Feuerbeständigkeit unter Verwendung einer Fasern enthaltenden Biomasse.
-
In einem Schritt 1 wird eine Fasern enthaltende Biomasse bereitgestellt. Hierbei kann es sich um Fasern enthaltende Pflanzenteile von verschiedenen Pflanzen handeln. Besonders geeignet für das beschriebene Verfahren sind Pflanzenteile, welche nicht verholzt sind und daher nur geringe Mengen oder kein Lignin enthalten. Vorteilhaft sind weiterhin Pflanzenteile, die in nur geringem Maß oder gar nicht verhornt sind. Eine Verhornung wird bei Pflanzenfasern in der Regel durch eine Trocknung ausgelöst. Daher wird vorgeschlagen, solche Pflanzenteile zu verwenden, die nicht getrocknet wurden. Für das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich frisches geschnittenes Gras oder siliertes Gras besonders. Auf diese Weise werden als Ausgangsmaterial Faserqualitäten bereitgestellt, deren Trockensubstanzgehalte zwischen 25 und 40 Gew.-% liegen. Trockensubstanzgehalt bezeichnet dabei den Gehalt an trockener Substanz, der zurückbleibt, wenn sämtliches Wasser entfernt wird. Ein Gehalt an Trockensubstanz von 25 bis 40 Gew.-% entspricht daher einem Wassergehalt zwischen 75 und 60 Gew.-%. Die Silierung hat den Vorteil, dass das nur zu bestimmten Jahreszeiten zur Verfügung stehende Gras über das ganze Jahr ohne Qualitätsverlust verarbeitet werden kann. Weitere geeignete Stoffe sind Roggengrünschnitt, Treber und/oder Bargasse, wobei auch je nach Region verfügbare andere nachwachsende faserhaltige Rohstoffe eingesetzt werden können.
-
In einem Schritt 2 werden die Fasern aus der Biomasse aufbereitet. Hierzu kann z. B. ein Mazerator eingesetzt werden, welcher aufgrund der erzeugten Friktion die mit Zellflüssigkeit gefüllten Zellen öffnet und den Zellsaft austreten lässt. Die Aufbereitung erfolgt dabei unter Zugabe von Wasser, welches gleichzeitig ermöglicht, Verunreinigungen und unerwünschte Stoffe auszuwaschen, so dass nach der Aufbereitung die Fasern in aufgeschlossener und gereinigter Form vorliegen. Die aufbereiteten Fasern bestehen im Wesentlichen aus Alpha-Zellulose und Hemi-Zellulose. Das Verhältnis zwischen diesen beiden Zellulosearten ist von dem Schnittzeitpunkt der Biomasse abhängig. Beide Zellulosearten sind zudem wichtig. Die Alpha-Zellulose ist wichtig für die mechanische Stabilität der Fasern, die Hemi-Zellulose ist wichtig für die Gleichmäßigkeit der Aufnahme des Flammschutzmittels sowie für die Verarbeitung, insbesondere die Fließfähigkeit des Kunststoffmaterials bei einer thermoplastischen Verarbeitung.
-
In Schritt 3 werden die Fasern mit einem Flammschutzmittel ausgerüstet. Bei dem bevorzugten Verfahren erfolgt die Ausrüstung mit dem Flammschutzmittel in wässriger Phase. Das Flammschutzmittel kann in dem Wasser gelöst oder suspendiert bereitgestellt werden. Auf diese Weise wird das Flammschutzmittel in den Fasern aufgenommen oder an diesen angelagert. Die Ausrüstung mit dem Flammschutzmittel kann auf diese Weise genauso einfach erfolgen wie ein Färbeprozess.
-
Als Flammschutzmittel können insbesondere anorganische Flammschutzmittel und/oder Organophosphor-Flammschutzmittel eingesetzt werden. Besonders bewährt hat sich in dem vorliegenden Verfahren die Verwendung von anorganischen Flammschutzmitteln, insbesondere solche, die Bor oder eine Bor enthaltende Verbindung aufweisen. Als vorteilhaft erwiesen hat sich eine Mischung aus Borax und Borsäure. Diese Stoffe ziehen wie ein Farbstoff auf die aufbereiteten Fasern auf und verleihen den Fasern nach dem Abtrennen der wässrigen Phase einen bleibenden Brandschutz. Das Flammschutzmittel ist insbesondere halogenfrei und antimonfrei und daher für die Umwelt unbedenklich.
-
Vorteilhaft ist bei dem erfindungsgemäßen Verfahren, wenn die im feuchten Zustand bereitgestellten Fasern vor dem ersten Trocknen unter Zugabe von Wasser aufgeschlossen und dann mit dem Flammschutzmittel ausgerüstet werden. Auf diese Weise wird eine gute Aufnahme des Flammschutzmittels in die Fasern erreicht. Eine Trocknung vor der Ausrüstung würde hingegen zu einer Verhornung der Fasern führen. Hierdurch würden nicht nur die mechanischen Eigenschaften der Fasern beeinträchtigt, sondern auch die Aufnahme mit dem Flammschutzmittel erschwert.
-
Nach der Ausrüstung der Fasern mit dem Flammschutzmittel erfolgt als Zwischenschritt 4 eine Trocknung der Fasern. Dies ist die erste Trocknung der Fasern, welche bis zu diesem Zeitpunkt stets feucht gehalten wurden. Die Trocknung erfolgt schonend, gegebenenfalls in einem mehrstufigen Verfahren. Die Trocknung kann beispielsweise in einem Flugschichtrockner bei Temperaturen zwischen 120°C und 160°C erfolgen. Die Trocknung erfolgt bis zu einem Gehalt an Trockensubstanz von 88 bis 92 Gew.-%, was anders ausgedrückt einer Restfeuchte von 8 bis 12 Gew.-% entspricht. Durch diese schonende Trocknung wird eine Verhornung bzw. Versprödung der Fasern weitgehend verhindert. Die Fasern behalten ihre Geschmeidigkeit, was sich positiv auf die mechanische Stabilität des fertigen Kunststoffprodukts auswirkt. Nach dem Trocknen ergibt sich ein Gehalt an Flammschutzmittel, z. B. an Bor oder der Bor enthaltenden Verbindung in den gereinigten Fasern zwischen 1 und 10 Gew.-%, insbesondere zwischen 2 und 7 Gew.-%, wobei der Bereich von 2,5 bis 5 Gew.-% besonders bevorzugt wird.
-
In einem Schritt 5 werden die mit dem Flammschutzmittel ausgerüsteten Fasern in ein Kunststoffgrundmaterial eingebracht. Als Kunststoffgrundmaterial können sowohl Duroplaste als auch Thermoplaste bzw. Komponenten hiervon verwendet werden. Insbesondere geeignet sind Polypropylen, Polyethylen und Polysterol, wie z. B. Styrolacrylnitril und/oder Acrylnitril-Butadien-Styrol. Das Einbringen der Fasern in das Kunststoffgrundmaterial kann z. B. durch Compoundieren erfolgen. Erfindungsgemäß können bis zu 75 Gew.-% der Fasern, die sämtlich oder teilweise mit dem Flammschutzmittel ausgerüstet sind, mit 25 Gew.-% Kunststoffgrundmaterial zusammengebracht werden (Prozentangaben bezogen auf das faserhaltige Kunststoffmaterial). Auf diese Weise wird eine erhebliche Einsparung an dem Kunststoffgrundmaterial erreicht. Bereits mit einem Anteil von 25 Gew.-% des Kunststoffgrundmaterials und 75 Gew.-% Fasern lassen sich sehr gute Ergebnisse sowohl im Hinblick auf die Festigkeit als auch auf den Brandschutz erreichen. Bewährt hat sich, die Fasern mit einem Anteil zwischen 25 Gew.-% und 75 Gew.-% einzusetzen. Bei einem Anteil von 40 Gew.-% bis 60 Gew.-% Fasern werden sehr gute Ergebnisse erreicht.
-
Das Kunststoffmaterial hat einen Gehalt an Flammschutzmittel, welches in bzw. an den Fasern enthalten ist, zwischen 0,5 Gew.-% und 5 Gew.-%, bezogen auf das faserhaltige Kunststoffmaterial. Vorteilhafterweise liegt der Gehalt an Flammschutzmittel zwischen 1 Gew.-% und 3,5 Gew.-%, wobei 1,25 Gew.-% bis 2,5 Gew.-% besonders bevorzugt werden.
-
Das faserhaltige Kunststoffmaterial kann beispielsweise in Pelletform bereitgestellt und auf diese Weise mit herkömmlichen Kunststoffverarbeitungsmaschinen weiterverarbeitet werden. Änderungen an diesen Einrichtungen sind nicht erforderlich. Das Kunststoffmaterial kann unproblematisch in Extrusionsmaschinen und Spritzgussmaschinen zu den verschiedensten Kunststoffartikeln weiterverarbeitet werden. Insbesondere können Kunststoffartikel hergestellt werden, bei denen erhöhte Feuerbeständigkeit wichtig ist. Insbesondere eignet sich das Kunststoffmaterial für Kunststoffartikel, wie Installationsmaterial für elektrische Zwecke, Unterputzdosen, Aufputzdosen, Schaltergehäuse, Schaltkästen und Teile hiervon, Rohre etc. Es können aber auch Kunststoffartikel für beliebige andere technische Bereiche hergestellt werden, beispielsweise für den Fahrzeugbau.
-
Wie effizient eine Ausrüstung der Fasern in der vorbeschriebenen Weise ist, zeigen folgende Vergleichsversuche. Um bei Unterputzdosen aus Polypropylen eine normgerechte Feuerbeständigkeit zu erreichen, ist ein Gehalt an Additiven von etwa 25 Gew.-% erforderlich. Hierbei werden üblicherweise antimon- und halogenhaltige Additive eingesetzt. Nur durch diese umfangreichen Maßnahmen, welche zudem für die Umwelt bedenklich sind, kann bei einer Glühdrahtprüfung nach DIN EN 60695-2-11 die geforderte Prüftemperatur von 750°C erreicht werden.
-
Mit der vorliegenden Erfindung kann man denselben Brandschutz durch Ausrüstung von Grasfasern mit nur 5 Gew.-% Flammschutzmittel bestehend aus Borax und Borsäure erreichen. Stellt man daraus Compounds mit 50 Gew.-% Fasern und 50 Gew.-% reinem Polypropylen her, so beträgt der Borax/Borsäure-Gehalt bezogen auf das fertige Kunststoffmaterial nur 2,5 Gew.-%. Dennoch kann die Glühdrahtprüfung nach DIN EN 60695-2-11 bei einer Prüftemperatur von 750°C erreicht werden. Dies zeigt, dass der Einsatz von Flammschutzmittel von 25 Gew.-% auf 2,5 Gew.-% reduziert werden konnte. Zudem können Flammschutzmittel eingesetzt werden, welche für die Umwelt viel weniger bedenklich sind.
-
Die erfindungsgemäße überraschend gute Feuerbeständigkeit zeigt sich auch daran, dass Unterputzdosen, denen handelsübliche Brandschutzadditive auf der Basis von Bor in Pulverform zugesetzt werden, selbst bei Zugaben von 25 Gew.-% dieser Zusatzstoffe den geforderten Brandschutz nicht erreichen. Dies belegt, wie effizient die Ausrüstung von Zellulosefasern nach dem oben beschriebenen Verfahren insbesondere mit Borsalzen ist. Auf diese Weise kann der Einsatz von umweltschädigenden Flammschutzmitteln erheblich gesenkt werden, genauso wie die Kosten, die für deren Einsatz anfallen. Gleichzeitig können durch den Einsatz von Zellulosefasern, beispielsweise aus Gras, der Anteil von erdölbasierenden Kunststoffen um 25 bis 75 Prozent reduziert werden, wodurch weitere Ressourcen und Kosten eingespart werden.
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Nicht-Patentliteratur
-
- DIN EN ISO 1043-4 [0004]
- DIN EN 60695-2-11 [0036]
- DIN EN 60695-2-11 [0037]