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Alle bisherigen Verfahren zur Synthese von Trinukleotidsynthons verlaufen in Lösung nach dem Posphortriesterverfahren oder dem Phosphoramiditverfahren. Die Lösungschemie hat den Vorteil, dass der Maßstab der Synthese prinzipiell beliebig wählbar ist, also auch größere Mengen an Trinukleotiden in einem Ansatz hergestellt werden können. Allerdings ist das mehrstufige Verfahren aufwendig, da nach jedem Syntheseschritt eine Isolation und Reinigung des Produktes notwendig ist. Insbesondere bei der Herstellung mehrerer Trinukleotide ist die Zeit ein entscheidender Faktor, da eine solche Synthese teilweise mehrere Wochen dauern kann.
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Durch Festphasenchemie lassen sich diese sehr zeitaufwändigen Schritte umgehen, da lediglich ein Herunterwaschen der Nebenprodukte, Reagenzien und unumgesetzten Ausgangsstoffe vom Träger erforderlich ist, während das gewünschte Produkt auf der Festphase verbleibt. Zudem sind die Bausteine für die Festphasensynthese von Trinukleotiden, die -3'-O-Phosphoramidite der N-Acyl-5'-O-DMT geschützten Nukleoside, kommerziell erhältlich, und erlauben so eine schnelle Synthese der Trinukleotide in wenigen Stunden. Dies ist ein entscheidender Vorteil gegenüber der Lösungschemie, die durch oben genannte Reinigungsschritte zumindest mehrere Tage benötigt.
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Bei der Darstellung von RNA- bzw. -DNA-Strängen an der Festphase werden heutzutage festphasengebundene Nukleoside verwendet, die mittels eines O-Succinat-Linkers an das Festphasenmaterial gebunden sind.
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Die Festphasensynthese von geschützten Trinukleotiden scheiterte bisher daran, dass eine Abspaltung der Trinukleotide von den handelsüblichen Trägermaterialien mit einem Verlust der Schutzgruppen einherging. Das Startnukleosid ist üblicherweise durch eine Esterbindung zum Linkermolekül an die Festphase gebunden. Eine solche Bindung wird üblicherweise durch Reaktion mit geeigneten Nukleophilen, beispielsweise wässrigem oder methanolischem Ammoniak, gespalten.
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Nukleophile greifen aber ebenfalls die Acylschutzgruppen an den Nukleobasen sowie die üblichen Phosphatschutzgruppen an, und führen zu deren Abspaltung, d. h. nahezu alle Schutzgruppen gehen auf diesem Weg verloren. Nach Entfernen von fast allen Schutzgruppen hat ein daraus resultierendes Trinukleotid als ungeschütztes Polyanion aus synthetischer Sicht keinerlei Bedeutung mehr. Kopplungsreaktionen sind auf Grund zahlreicher reaktiver Gruppen (Hydroxylgruppen, Aminogruppen) nicht mehr gezielt durchführbar. Darüber hinaus erfordert die hohe Polarität des Moleküls polare, möglichst protische Lösungsmittel, welche mit den üblichen bedingungen der Festphasensynthese nicht kompatibel sind.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es somit, festphasengebundene Nukleoside bzw. ein Verfahren zur Festphasensynthese von Nukleosiden bereitzustellen, welche(s) die oben genannten Nachteile überwinden/überwindet.
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Insbesondere war von Interesse, die Freisetzung des Trinukleotids von der Festphase unter Bedingungen zu erreichen, die alle übrigen Schutzgruppen intakt lassen.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch festphasengebundene Nukleoside gemäß Anspruch 1 bzw. durch ein Herstellungsverfahren für festphasengebundene Nukleoside gemäß Anspruch 8. Weitere bevorzugte Ausführungsformen ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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In anderen Worten wird die Aufgabe durch festphasengebundene Nukleoside der allgemeinen Formel 1 gelöst, wobei der Rest R für Wasserstoff, eine Schutzgruppe PG oder weitere, über Phosphatgruppen gebundene Nukleoside steht, wobei die freien OH-Gruppen der Phosphate selbst Schutzgruppen PG' aufweisen und wobei das Nukleosid eine Base B aus der Gruppe der Purin- und Pyrimidin-Basen aufweist, wobei im Falle freier NH
2-Gruppen diese acyliert vorliegen und wobei im Falle mehrerer Nukleoside die Basen B gleich oder unterschiedlich sind, wobei kennzeichnend ist, dass das Nukleosid über eine 3'-O-Disulfid-Brücke kovalent an eine Festphase gebunden ist
Formel 1 wobei n gleich 0 oder 1 ist und X bei n = 1 eine -(CR
1R
2)
m-(NH)
p-C(=Y)-Gruppe ist, worin R
1 und R
2 unabhängig voneinander Wasserstoff oder verzweigte oder unverzweigte Alkylgruppen mit jeweils 1 bis 10 C-Atomen sind und worin m eine Zahl zwischen 1 und 10 ist, wobei die Summe aller C-Atome nicht größer 10 ist und worin p gleich 0 oder 1 ist und Y Sauerstoff oder Schwefel ist.
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Der Begriff „Phosphat” bezeichnet hier generell einen Phosphorsäure-di- oder -tri-ester. Mit „Phosphit” werden generell Phosphorigsäureester bezeichnet.
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Bevorzugt ist ein festphasengebundenes Nukleosid gemäß der allgemeinen Formel 2, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass es zwei weitere Nukleoside aufweist (d. h. dass der Rest R aus Formel 1 zwei weitere Nukleoside bedeutet), welche jeweils über 3',5'-Phosphatgruppen gebunden sind, wobei die Phosphatgruppen und die abschließende 5'-OH-Gruppe Schutzgruppen PG' und PG aufweisen
Formel 2
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In einer bevorzugten Ausführungsform ist n = 1 und X eine -(CHR1)m-(NH)p-C(=Y)-Gruppe, worin R1 Wasserstoff oder eine verzweigte oder unverzweigte Alkylgruppe mit jeweils 1 bis 10 C-Atomen ist und worin m eine Zahl zwischen 1 und 10 ist, wobei die Summe aller C-Atome nicht größer 10 ist und worin p gleich 0 oder 1 ist und Y Sauerstoff oder Schwefel ist. Höchst bevorzugt ist n = 1 und X eine -(CHCH3)-C(=O)-Gruppe.
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Die Schutzgruppen PG' der Phosphatgruppen sind vorzugsweise ausgewählt aus Methylgruppen und substituierten oder unsubstituierten Ethylgruppen, vorzugsweise β-Cyanoethylgruppen (CE). Die Schutzgruppen PG der 5'-OH-Gruppe sind vorzugsweise Dimethoxytrityl-Gruppen (DMT). Bei Methylgruppen oder unsubstituierten Ethylgruppen ist später in der Synthese noch ein weiterer Abspaltungsschritt mit einem weichen Nukleophil, vorzugsweise einem Thiolat, erforderlich.
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Als Festphasenmaterial werden Flüssigphasenpolymere, gelatineartige Polymere, makroporöse Polymere, nicht-poröse Polymere und gepfropfte Polymere, vorzugsweise Polystyrol oder poröses Glas (CPG), besonders bevorzugt CPG, verwendet, wobei kovalent gebundene funktionelle Gruppen, vorzugsweise Thiolgruppen oder Aminogruppen, an der Festphase vorhanden sind. Verwendbar sind auch (Papier-)Filterscheiben, Membranen oder gesinterte Blöcke.
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Flüssigphasenpolymere sind Polymere mit hohem Molekulargewicht, welche in den für die Synthese erforderlichen Lösungsmittel komplett gelöst werden können. Nach Beendigung der Kopplungsreaktion können sie durch Zugabe von Lösungsmitteln, in welchen sie unlöslich sind, wieder ausgefällt werden. Flüssigphasenpolymere sind insbesondere PEG-Polymere mit durchschnittlichen Molekulargewichten von 5000 bis 2000, Celluloseacetate und Poly(N-acryloylmorpholine). Gelatineartige Polymere sind insbesondere Polystyroldivinylbenzol-Polymere mit geringem Quervernetzungsgrad (1–5%) und Polyacrylamid-Träger. Gepfropfte Polymere weisen lange Polymerketten auf, welche auf einen festen Träger aufgepfopft vorliegen. Insbesondere sind hier Polystyrol-Tetrafluorethylen-(PS-PTFE) oder Polyethylenglycol-Polystyrol-(PEG-PS) gepfropfte Copolymere zu nennen. Nicht-poröse Trägermaterialien sind beispielsweise Silica-Perlen, welche keine Poren aufweisen.
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Makroporöse Festphasenmaterialien umfassen Kieselgele und poröse Gläser (CPG), sowie Polymere wie Polystyrol oder Polymethacrylat oder deren Copolymere mit anderen Monomeren wie beispielsweise Polymethacrylat-Vinylalkohol-Copolymere. Dabei werden variable Vernetzungsgrade genutzt, d. h. es können Polymere mit hohen, aber auch mit niedrigen Vernetzungsgraden eingesetzt werden.
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Bevorzugt werden makroporöse Polymere als Festphasenmaterial genutzt. Die Festphase ist dabei vorzugsweise ausgewählt aus Polystyrol oder porösem Glas (CPG), vorzugsweise CPG, wobei kovalent gebundene funktionelle Gruppen, vorzugsweise Thiolgruppen oder Aminogruppen, an der Festphase vorhanden sind.
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Bei festphasengebundenen Nukleosiden gemäß Formel 1 oder 2, in welchen n = 0 ist, wird als Festphase in einer bevorzugten Ausführungsform Polystyrol mit an der Festphase gebundenen Thiolgruppen als Trägermaterial verwendet.
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Das Verfahren zur Herstellung eines festphasengebundenen Nukleosids gemäß Formel 1, wobei der Rest R für Wasserstoff, eine Schutzgruppe PG oder weitere, über Phosphatgruppen gebundene Nukleoside steht, wobei die freien OH-Gruppen der Phosphate selbst Schutzgruppen PG' aufweisen und wobei das Nukleosid eine Base B aus der Gruppe der Purin- und Pyrimidin-Basen aufweist, wobei im Falle freier NH
2-Gruppen diese acyliert vorliegen und wobei im Falle mehrerer Nukleoside die Basen B gleich oder unterschiedlich sind, und wobei das Nukleosid über eine 3'-O-Disulfid-Brücke kovalent an eine Festphase gebunden ist
Formel 1 wobei n gleich 0 oder 1 ist und X bei n = 1 eine (CR
1R
2)
m-(NH)
p-C(=Y)-Gruppe ist, worin R
1 und R
2 unabhängig voneinander Wasserstoff oder verzweigte oder unverzweigte Alkylgruppen mit jeweils 1 bis 10 C-Atomen sind und m eine Zahl von 1 bis 10 ist, wobei die Summe aller C-Atome nicht größer 10 ist und worin p gleich 0 oder 1 ist und Y Sauerstoff oder Schwefel ist,
umfasst die folgenden Schritte:
- • Umsetzen eines Nukleosids der allgemeinen Formel 3, welches eine mit einer Schutzgruppe PG geschützte 5'-OH-Gruppe und eine freie 3'-OH-Gruppe aufweist, wobei der Rest B die oben genannte Bedeutung hat, Formel 3 mit Dimethylsulfoxid (DMSO) zum 3'-O-Methylthiomethylderivat der allgemeinen Formel 4 Formel 4 und
- • anschließende Umsetzung des 3'-O-Methylthiomethylderivats mit einem Festphasenmaterial, welches kovalent gebundene Thiol- oder Aminogruppen aufweist, woraus ein festphasengebundenes Nukleosid gemäß Formel 1 mit R = PG resultiert.
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Eine bevorzugte Ausführungsform ist dadurch gekennzeichnet, dass bei Festphasen mit kovalent gebundenen Aminogruppen das 3'-O-Methylthiomethylderivat der allgemeinen Formel 4 an der Methylthiomethylgruppe zuerst mit einem bifunktionalen Reportermolekül umgesetzt wird, welches eine Thiolgruppe und eine mit Aminogruppen umsetzbare elektrophile Gruppe, vorzugsweise eine Carboxyl-, eine Isothiocyanat- oder Isocyanat-Gruppe aufweist, wobei zwischen der Thiolgruppe und der mit Aminogruppen umsetzbaren Gruppe eine (CR1R2)m-Gruppe vorhanden ist, worin R1 und R2 unabhängig voneinander Wasserstoff oder verzweigte oder unverzweigte Alkylgruppen mit jeweils 1 bis 10 C-Atomen sind und m eine Zahl von 1 bis 10 ist, wobei die Summe aller C-Atome nicht größer 10 ist, und anschließende Umsetzung mit dem Festphasenmaterial, welches kovalent gebundene Aminogruppen aufweist, wobei bei einer Carboxylgruppe am Reportermolekül diese zuerst aktiviert wird, woraus ein festphasengebundenes Nukleosid gemäß Formel 1 mit R = PG und n = 1 resultiert.
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Die (CR1R2)m-Gruppe ist vorzugsweise eine (CHR1)m-Gruppe, worin R1 Wasserstoff oder eine verzweigte oder unverzweigte Alkylgruppe mit jeweils 1 bis 10 C-Atomen ist und worin m eine Zahl zwischen 1 und 10 ist, wobei die Summe aller C-Atome nicht größer 10 ist und worin p gleich 0 oder 1 ist und Y Sauerstoff oder Schwefel ist. Vorzugsweise ist das Reportermolekül 2-Mercaptopropansäure.
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In weiteren Schritten des Herstellungsverfahrens wird aus einem Nukleosid gemäß Formel 1 mit R = PG diese Schutzgruppe PG abgespalten, das festphasengebundene Nukleosid anschließend mit einem Nukleosid-3'-O-Phosphoramidit der allgemeinen Formel 5, wobei die Phosphatgruppe und die abschließende 5'-OH-Gruppe Schutzgruppen PG' und PG aufweisen,
Formel 5 worin B die oben genannte Bedeutung hat, umgesetzt. Anschließend wird die 5'-OH-Schutzgruppe abgespalten und danach erfolgt eine erneute Umsetzung mit einem weiteren Nukleosid-3'-O-Phosphoramidit der allgemeinen Formel 5, worin PG, PG' und B die oben genannte Bedeutung haben.
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Die Schutzgruppen PG' der Phosphatgruppen sind vorzugsweise ausgewählt aus Methylgruppen und substituierten oder unsubstituierten Ethylgruppen, vorzugsweise β-Cyanoethylgruppen (CE). Die Schutzgruppe PG der 5'-OH-Gruppe ist vorzugsweise eine Dimethoxytrityl-Gruppe (DMT). Die Besonderheiten für Methyl- und unsubstituierte Ethylgruppen wurden oben bereits erläutert.
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Schema 1 gibt einen Überblick über das Syntheseverfahren für festphasengebundene Nukleoside gemäß Formel 1 oder 2, in welchen n = 0 ist. Dabei wird als Festphase bevorzugt Polystyrol mit an der Festphase gebundenen Thiolgruppen als Trägermaterial verwendet. Die jeweiligen Reste/Schutzgruppen in Schema 1 haben die bereits genannte Bedeutung, wobei hier für die Schutzgruppe PG exemplarisch eine DMT-Gruppe dargestellt ist. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird die Festphase durch einen Kreis symbolisiert.
Schema 1
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Zunächst wird durch Umsetzung des N-Acyl-5'-O-DMT geschützen Nukleosids mit Acetanhydrid, DMSO und Essigsäure ein 3'-O-Methylthiomethyl funktionalisiertes Nukleosid hergestellt. Dieses wird in einer Folgereaktion durch Bildung einer Disulfidbrücke kovalent an eine thiolmodifizierte Festphase, beispielsweise Mercaptoethylpolystyren, gebunden. Anschließend wird das Trinukleotid an der Festphase durch Kopplung zweier N-Acyl-5'-(DMT)-3'-O-Nukleosidphosphoramidite nach dem Standardphosphoramiditverfahren synthetisiert. Die Abspaltung des geschützten Trinukleotids von der Festphase erfolgt durch Behandlung mit Dithiothreitol (DTT) in einer Mischung aus DMF und Wasser (1:1) bei 45°C über 10 Stunden. Dabei wird zunächst die Disulfidbrücke gespalten und eine 3'-O-Methylenthiolgruppe am Nukleosid erzeugt. Dieses gemischte Halbacetal unterliegt einer raschen Folgereaktion unter Freisetzung von Methanthial und Generierung der freien 3'-OH-Gruppe.
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Bei festphasengebundenen Nukleosiden gemäß Formel 1 oder 2, bei welchen n = 1 ist, ist die Festphase vorzugsweise CPG mit an der Festphase gebundenen Aminogruppen. Verschiedene chemisch modifizierte CPG-Träger mit verschiedenen funktionellen Gruppen sind kommerziell erhältlich, welche alle für diese Synthese einsetzbar sind. Die Oberfläche sowie die maximale Beladung hängen von der Porengröße ab, so dass größere Poren eine höhere Beladungskapazität bedeuten. Höchst bevorzugt wird ein CPG-Träger eingesetzt, welcher ein langkettiges Alkylamin trägt („long chain alkyl amin”, LCAA; LCAA-CPG).
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Alternativ wird also in einem zweiten Verfahren das 3'-O-methylthiomethyl funktionalisierte Nukleosid über ein Reportermolekül mit der Festphase verknüpft, wobei vorzugsweise wie oben beschrieben 2-Mercaptopropansäure verwendet wird. Einsetzbar ist aber auch jedes andere bifunktionelle Molekül, welches einerseits mit einer Thiolgruppe und andererseits mit einer elektrophilen Gruppierung, die sich mit Aminen umsetzen lässt, vorzugsweise Carbonsäurederivate, Isocyanate oder Isothiocyanate, ausgerüstet ist.
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Schema 2 gibt einen Überblick über das Verfahren für festphasengebundenen Nukleoside gemäß Formel 1 oder 2, bei welchen n = 1 ist und 2-Mercaptopropansäure als Reportermolekül eingesetzt wird. Die jeweiligen Reste/Schutzgruppen haben die bereits genannte Bedeutung, wobei hier für die Schutzgruppe PG exemplarisch eine DMT-Gruppe dargestellt ist. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird die Festphase durch einen Kreis symbolisiert.
Schema 2
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Die Umsetzung des 3'-O-methylthiomethyl funktionalisierten Nukleosids mit 2-Mercaptopropansäure nach Aktivierung mit Sulfurylchlorid und Kaliumthiotosylat führt zur Ausbildung einer Disulfidbrücke und somit zur kovalenten Verknüpfung des Nukleosids mit dem Reportermolekül. Die Carboxylgruppe der Mercaptopropansäure wird anschließend nach Aktivierung, vorzugsweise mit TSTU, mit Amino-funktionalisiertem CPG umgesetzt, und so das Nukleosid mit der Festphase verknüpft. Andere Aktivatoren neben TSTU sind HBTU, HATU und TBTU. Die Synthese des Trinukleotids erfolgte nach dem Phosphoramiditverfahren wie oben beschrieben, und auch die Freisetzung der geschützten Trinukleotide geschah unter identischen Bedingungen, vorzugsweise durch Behandlung mit DTT in einer DMF-Wasser-Mischung im Verhältnis 1:1. Als Zwischenprodukt wird dabei ein 3'-O-Thiomethylderivat gebildet, welches an schließend unter Freisetzung von Methanthial die freie 3'-OH-Gruppe liefert.
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Durch HPLC und MALDI-MS-Analyse wurde eindeutig die Identität der synthetisierten Trinukleotide und der Erhalt aller Schutzgruppen belegt (siehe 1). Neben den Acylschutzgruppen an den Nukleobasen und den 5'-O-DMT-Gruppen erwiesen sich sowohl Methylgruppen als auch β-Cyanoethylgruppen an den Phosphaten unter diesen Bedingungen als stabil.
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Das zweite Verfahren unter Verwendung von CPG als Festphase erwies sich vorteilhaft gegenüber der Verwendung von Mercaptoethylpolystyren, da das verwendete aminofunktionalisierte CPG besser an die Bedingungen der Oligonukleotidsynthese angepasst ist, beispielsweise nicht quillt und einen größeren Abstand zwischen Polymerphase und Nukleosid gewährleistet.
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Festphasengebundene Nukleoside gemäß der allgemeinen Formel 2 werden zur Herstellung eines Trinukleotid-5'-O-PG-3'-O-Phosphoramidits der allgemeinen Formel 6, worin PG, PG' und B die oben genannte Bedeutung haben, verwendet,
Formel 6 wobei eine Abspaltung von der Festphase, bei welcher alle Schutzgruppen am Trinukleotid erhalten bleiben, und eine anschließende Phosphitylierung der freien 3'-OH-Gruppe erfolgt.
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Zur Abspaltung von der Festphase wird dabei ein nicht basisches weiches Nukleophil, gelöst in einem organischen Lösungsmittel, gegebenenfalls unter Zusatz von Wasser bei einem pH-Wert von 6,5 bis 7,5 genutzt. Vorzugsweise wird zur Abspaltung von der Festphase Dithiothreitol (DTT), gelöst in einem organischen Lösungsmittel, vorzugsweise Dimethylformamid (DMF) genutzt.
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Die Phosphitylierung der freien 3'-OH-Gruppe der Trinukleotide erfolgt vorzugsweise durch Reaktion mit 2-Cyanoethyl-N,N,N',N'-tetraisopropylphosphoramidit, wodurch ein 3'-O-Phosphoramidit erhalten wird.
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Beschreibung der Figur
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1 Die Abbildung zeigt drei verschiedene Trinukleotide, welche an einer CPG-Festphase synthetisiert wurden. Die entsprechenden MALDI-Massenspektren zeigen, dass die Synthese erfolgreich verlief. Die Abspaltung von der Festphase führte in allen Fällen zur Freisetzung des jeweiligen Trinukleotids unter Erhalt aller erforderlichen Schutzgruppen, wobei als Zwischenprodukt eine 3'-O-Thiomethylgruppe gebildet wird. Gezeigt sind die zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgenommenen Massenspektren. Nach drei Stunden ist ein beginnender Verlust der Thiomethylgruppe zu erkennen. Nach 8–10 Stunden kann ein fast vollständiger Verlust der Thiomethylgruppe unter Generierung einer freien 3'-OH-Gruppe nachgewiesen werden (Spektren II, IV und VI).
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Beispielen erläutert.
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Beispiele
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Beispiel 1: N-Acylierung von 2'-Desoxyadenosin/2'-Desoxycytidin/2'-Desoxyguanosin
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Ansatz:
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- 1. 500 ml Pyridin
- 2. 50 mmol 2'-Desoxynukleosid (13.45 g dA-Hydrat; 13.35 g dG; 13.15 g dC-Hydrochlorid)
- 3. 5 Äq. Trimethylchlorsilan (32.5 ml)
- 4. 5 Äq. Acylierungsmittel (42.5 ml Isobuttersäureanhydrid bzw. 30 ml Benzoylchlorid)
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In einem 1000 ml Einhalskolben wurden 50 mmol 2'-Desoxyadenosin/2'-Desoxycytidin/2'-Desoxyguanosin zwei Mal mit je 100 ml trockenem Pyridin coevaporiert und schließlich in 500 ml trockenem Pyridin suspendiert. Unter Kühlung wurden 5 Äquivalente Trimethylchlorsilan (32,5 ml) innerhalb 10 Minuten zur Lösung hinzugetropft, die Lösung daraufhin 15 Minuten lang weitergerührt. 5 Äquivalente Isobuttersäureanhydrid (Desoxyadenosin, Desoxyguanosin; 42,5 ml) bzw. Benzoylchlorid (Desoxycytidin; 30 ml) innerhalb von 10 Minuten zur weiterhin gekühlten Lösung getropft, das Eisbad daraufhin entfernt. Nach 20 Minuten wurde die Lösung wiederum in einem Eisbad gekühlt und die Reaktion durch die Zugabe von 200 ml kaltem Wasser beendet, nach weiteren 15 Minuten wurden 100 ml einer 30% Ammoniaklösung hinzugegeben. Nach 30 Minuten Rühren wurden alle Lösungsmittel entfernt, der Rückstand in möglichst wenig Wasser (ca. 50 ml) vollständig gelöst. Die wässrige Phase wurde daraufhin mit 100 ml Diethylether gewaschen und in einen Erlenmeyerkolben überführt. Die Kristallisation begann z. T. bereits nach einigen Sekunden und konnte ggf. durch Kühlung bzw. durch Entfernen eines Teils des Wassers beschleunigt bzw. ermöglicht werden. Der Erlenmeyerkolben wurde über Nacht im Kühlschrank aufbewahrt, das auskristallisierte Produkt am nächsten Tag abgesaugt, mit Wasser gewaschen und in einem Exsikkator bei vermindertem Druck über Nacht getrocknet. Als Produkt wurden farb- und geruchlose Kristalle von watteartiger Konsistenz erhalten. Die Mutterlauge wurde für eine etwaige Nachfällung aufbewahrt, die Kristallisation unter o. g. Bedingungen wiederholt.
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Bei nicht erfolgter Kristallisation wurde das Produkt bis zur Trockene eingeengt und mittels Säulenchromatographie (CH2Cl2:Methanol 80:20) von den organischen Salzen getrennt. Nach Entfernen des Dichlormethan/Methanol-Gemisches wurde ein farbloser Feststoff erhalten.
Rf-Wert (CH2Cl2:MeOH 8:2): 0,5
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Ausbeuten:
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- • dA (N-acyl): 94%
- • dC (N-acyl): 90%
- • dG (N-acyl): 96%
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Beispiel 2: 5'-O-Tritylierung
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Ansatz:
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- 1. 100 ml Pyridin (trocken)
- 2. 7 mmol N-Acyl-Nukleosid 1
- 3. 2 ml Triethylamin (trocken)
- 4. 0.05 Äq. DMAP (0.043 g)
- 5. 1.3 Äq. DMTCl (3.1 g)
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7 mmol des N-acylierten Desoxynukleosids 1 bzw. Thymidins wurden in einem 250 ml Einhalskolben jeweils zwei Mal mit je 30 ml trockenem Pyridin coevaporiert und schließlich in 100 ml trockenem Pyridin und 1.5 ml trockenem Triethylamin suspendiert. 0.05 Äquivalente DMAP (43 mg) und daraufhin 1.3 Äquivalente Dimethoxytritylchlorid (3.1 g) wurden zur Suspension hinzugegeben. Die Bildung des tritylierten Produkts wurde mittels Dünnschichtchromatographie überprüft. Bei nicht vollständiger Umsetzung wurde weiteres DMTCl zugegeben. Die Reaktion wurde nach Zugabe von 100 ml Wasser beendet. Das Produkt wurde so oft mit jeweils 100 ml Diethylether extrahiert bis kein Produkt mehr in der wässrigen Phase vorhanden war (ca. 10×). Nachdem die Lösungsmittel unter vermindertem Druck vollständig am Rotationsverdampfer entfernt wurden, konnte das Produkt säulenchromatographisch gereinigt werden (CH2Cl2:MeOH = 99:1→95:5)
Rf-Wert (CH2Cl2:MeOH 9:1): 0.5
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Ausbeuten:
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- • 5'-O-Trityl-dA (N-acyl): 92%
- • 5'-O-Trityl-dA (N-acyl): 91%
- • 5'-O-Trityl-dA (N-acyl): 86%
- • 5'-O-Trityl-T: 97%
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Die tritylierten Nukleoside wurden mittels MALDI als Natriumsignale nachgewiesen.
- • 5'-O-Trityl-dA (N-acyl): 646.3 m/z (Natriumpeak)
- • 5'-O-Trityl-dA (N-acyl): 656.1 m/z (Natriumpeak)
- • 5'-O-Trityl-dA (N-acyl): 663.0 m/z (Natriumpeak)
- • 5'-O-Trityl-T: 566 m/z (Natriumpeak)
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Beispiel 3: Synthese eines 3'-O-MTM funktionalisierten Nukleosids
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Ansatz:
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- 1. 50 ml DMSO
- 2. 50 ml Acetanhydrid
- 3. 40 ml Essigsäure
- 4. 10 mmol Nukleosid 2
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In einem mit 10 mmol eines 5'-O-DMT-geschützten Desoxynukleosids 2 gefüllten 250 ml Einhalskolben wurden nacheinander 50 ml DMSO, 50 ml Acetanhydrid und 40 ml Essigsäure zugegeben. Die Lösung wurde solange gerührt bis sich das Edukt vollständig umgesetzt hat (5–24 h). Nach vollständiger Umsetzung wurde die Lösung in 200 ml gesättigte Natriumhydrogencarbonatlösung gegossen, das Produkt durch Zugabe von weiteren 200 ml Dichlormethan extrahiert. Sofern noch Produkt in der wässrigen Phase vorhanden war, wurde die Extraktion mit weiteren 100 ml Dichlormethan wiederholt.
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Die Lösungsmittel wurden bei vermindertem Druck destillativ entfernt, das Produkt danach säulenchromatographisch gereinigt.
Rf-Wert (CH2Cl2:MeOH 95:5): 0.7
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Ausbeuten:
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- • 3'-O-MTM-dA (N-acyl): 71%
- • 3'-O-MTM-dC (N-acyl): 80%
- • 3'-O-MTM-dG (N-acyl): 66%
- • 3'-O-MTM-T: 75%
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Folgende Nukleoside wurden mittels MALDI nachgewiesen:
dA: errechnet: 684 g/mol; gemessen: 685 m/z
(kein Natriumpeak)
dC: errechnet: 694 g/mol; gemessen: 717 m/z
dG: errechnet: 700 g/mol; gemessen: 701 m/z
(kein Natriumpeak)
T: errechnet: 604 g/mol; gemessen: 627 m/z Beispiel 4: Synthese eines über eine Disulfidbrücke an eine Festphase gebundenen Nukleosids 3'-O-Disulfidsäure
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3'-O-MTM funktionalisiertes Nukleosid 3 wurde mit 2-Mercaptopropansäure umgesetzt, um das gewünschte Produkt zu erhalten.
Rf-Wert (CH2Cl2:MeOH 95:5): 0.2
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Ausbeuten:
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- • dA: 62%
- • dC 55%
- • T: 60%
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Folgende Nukleoside wurden mittels MALDI als Natriumsignale nachgewiesen:
dA: errechnet: 794 g/mol; gemessen: 774 m/z
dC: errechnet: 783 g/mol; gemessen: 786 m/z
T: errechnet: 694 g/mol; gemessen: 694 m/z Kopplung mit einem Amino-CPG-Träger
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In einem 2 ml Eppendorfgefäß wurden 0,1 mmol der 3'-O-Disulfidsäure 4 in 1,5 ml einer 1:1 Mischung aus DMF und Wasser gelöst, es wurden 50 μl Triethylamin und 0,2 mmol TSTU zugegeben, woraufhin sich die Lösung braun färbte. Schließlich wurde 1 g des CPG-Trägers (105 μmol/g; 1 Äq.) zugegeben, das Eppendorfgefäß wurde über Nacht bei Raumtemperatur geschüttelt. Am nächsten Tag wurde das Eppendorfgefäß anzentrifugiert, der Überstand daraufhin vorsichtig abgenommen und verworfen. Der Träger wurde daraufhin in 1 ml einer 1:1 Mischung aus Wasser und Ethanol aufgenommen, kurz geschüttelt, wiederum anzentrifugiert, der Überstand verworfen. Der Vorgang wurde fünf Mal wiederholt, der CPG-Träger daraufhin im geöffneten Eppendorfgefäß an der Luft getrocknet. Beispiel 5: Synthese eines Trinukleotids an der Festphase
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Die Präparation des Trinukleotids an der Festphase (CPG) erfolgte nach dem Standard-Phosphoramiditverfahren im 1 μmol Maßstab unter Nutzung eines DNA-Syntheseautomaten (GeneAssembler, Pharmacia). Kommerziell erhältliche N-Acyl-5'-DMT geschützte 3'-O-Phosphoramidite der vier Nucleoside A, C, G und T wurden an die Festphase (CPG mit Startnukleosid gebunden über eine Disulfidbrücke) entsprechend der gewünschten Sequenz gekoppelt. Die Synthesen erfolgten im ”Trityl off”-Modus. Durchschnittliche Kopplungsausbeuten lagen bei 99,4%. Beispiel 6: Abspaltung des Trinukleotids von der Festphase
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Ansatz:
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- 1. 100 mg CPG-Träger (500 Å; 105 μmol/g; ca. 1 μmol gebundenes Trinukleotid)
- 2. 15 mg DTT (154 g/mol; 100 Äquivalente)
- 3. 1 ml trockenes DMF
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Der nach der Festphasensynthese erhaltene CPG-Träger wurde fünf Mal mit 1 ml einer 1:1 Mischung aus Wasser und Acetonitril gewaschen. Nach Entfernen der Lösungsmittel wurde der Träger in 1 ml DMF in einem Eppendorfgefäss aufgeschlemmt, es wurde ein 100-facher Überschuss DTT zugegeben. Das Eppendorfgefäss wurde mit Parafilm verschlossen und bei 40°C inkubiert. In Abständen von 1 h wurde der Überstand auf Vollständigkeit der Abspaltreaktion untersucht (DC, MALDI). Auszüge der MALDI-Massenspektren zur Abspaltung sind in 1 wiedergegeben. Nach vollständiger Abspaltung der 3'-O-Thiomethylgruppe (Verbindungen 8) wurde das Lösungsmittel entfernt, das Produkt in 100 μl Acetonitril/Wasser (1:1) aufgenommen, filtriert und mittels präparativer RP-HPLC gereinigt.
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Lösungsmittelsystem:
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- Puffer A: 5% Acetonitril in Wasser
- Puffer B: 70% Acetonitril in Wasser
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Beispiel 7: Synthese des Trinukleotid-3'-O-Phosphoramidits
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Ansatz:
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- 1. 5 ml Dichlormethan (trocken)
- 2. 0.5 mmol Trinukleotid 7
- 3. 0.55 mmol 2-Cyanoethyl-N,N,N',N'-tetraisopropylphosphoramidit
- 4. 0.6 mmol BMT (0.12 g)
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In einem 10 ml Einhalskolben wurden 0.5 mmol des gereinigten Trinukleotids 7 in 5 ml trockenem Dichlormethan gelöst, es wurden 0.55 mmol 2-Cyanoethyl-N,N,N',N'-tetraisopropylphosphoramidit und 0,6 mmol BMT zugegeben. Die Reaktionslösung wurde ca. zwei Stunden gerührt bis das Edukt vollständig verschwunden war. Nach vollständiger Reaktion wurde das Lösungsmittel entfernt, das Phosphoramidit zwei Mal mit trockenem Dichlormethan coevaporiert und über Nacht am Ölpumpenvakuum getrocknet. Eine wässrige Aufarbeitung und Reinigung fand nicht statt. Das Phosphoramidit wurde sofort für die Festphasensynthese verwendet.
Rf-Wert (CH2Cl2:MeOH 9:1): 0.7
Ausbeute: 50–70%