-
Die
Erfindung betrifft eine vulkanisierbare Kautschukmischung sowie
einen Fahrzeugluftreifen mit einem Laufstreifen, dessen bodenberührender
Teil aus zumindest einer vulkanisierten Kautschukmischung besteht.
-
Auf
winterglatten Fahrbahnen, insbesondere auf Schnee- und Eisoberflächen,
sind zur Kraftübertragung vom Fahrzeugluftreifen auf den
Untergrund die Größe der Kontaktfläche
des Reifens zum Untergrund und die Ausgestaltung des Laufstreifenprofils
mit Griffkanten bestimmend. Die Größe der Kontaktfläche
wird üblicherweise durch die Weichheit der im Laufstreifen
verwendeten Kautschukmischung beeinflusst. Für gute Wintereigenschaften
des Reifens, insbesondere gute Eisreibungseigenschaften, sollte
die Anzahl der durch Einschnitte und Klötze zur Verfügung
stehenden Griffkanten möglichst hoch sein. Die Anzahl dieser
Griffkanten lässt sich jedoch nicht beliebig erhöhen,
da auf andere Eigenschaften des Reifens Bedacht genommen werden muss.
Die diesbezüglichen und auch bezüglich der Weichheit
der Gummimischung auftretenden Zielkonflikte bestehen vor Allem
beim Trockenhandling und hinsichtlich der Abriebseigenschaften des
Laufstreifens, sodass es in der Praxis bislang nicht möglich
war, die für den Reibbeiwert relevanten Parameter, nämlich
die Einstellung der Weichheit der Laufstreifenmischung und die Anzahl
der Einschnitte und Klötze im Profil des Laufstreifens,
für einen alltagstauglichen Reifen beliebig hoch einzustellen.
-
Um
den Griff von Reifen auf vereister oder verschneiter Fahrbahn zu
verbessern, ist in der
EP
1 006 007 B1 schon vorgeschlagen worden, 2 bis 30 Gewichtsteile
Kurzfasern in die Laufflächenkautschukmischung einzumischen
und im Bodenkontaktbereich mit Einschnitten durch Hineinpressen
dünner Platten beim Vulkanisieren zu versehen. Die Fasern
sollen sich dabei in radialer Richtung des Reifens ausrichten. Die
Kurzfasern wirken dabei allein über eine mechanische Verzahnung.
-
Der
Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, den Reibbeiwert der vulkanisierten
Kautschukmischung des Laufstreifens eines Fahrzeugluftreifens auf
Schnee- und Eisoberflächen zu verbessern, um eine signifikant höhere
Kraftübertragung zwischen dem Fahrzeug bzw. dessen Reifen
und winterglatten Fahrbahnen zu erzielen, als es bisher möglich
war. Eine höhere Kraftübertragung ist mit einer
Verkürzung des Bremsweges, einer Verbesserung in der Seitenführung
und der Beschleunigung sowie zusätzlichen Sicherheitsreserven
beim Handling verbunden.
-
Gelöst
wird die gestellte Aufgabe erfindungsgemäß dadurch,
dass die vulkanisierbare Kautschukmischung blättchenförmige
Metallpigmente mit einem Blättchendurchmesser von weniger
als 80 μm und Formfaktoren (Blättchendicke:Blättchendurchmesser)
von 1:50 bis 1:500 enthält.
-
Derartige
Metallpigmente sind aus der Lack- und Anstrichmittelindustrie bekannt
und dienen der Herstellung von beispielsweise Autolackierungen.
-
Die
Erfindung nutzt eine besondere Eigenschaft der Metallpigmente, nämlich
deren große Wärmeleitfähigkeit. Diese
beträgt z. B. für Aluminium 237 W/mK und für
Kupfer 380 W/mK, wobei eine übliche vulkanisierte Kautschukmischung
für Laufstreifen eine Wärmeleitfähigkeit
in der Größenordnung von 0,17 W/mK aufweist. Die
blättchenförmigen Metallpigmente in der Kautschukmischung
des Laufstreifens leiten die beim Reibprozess entstehende Wärme
gut ab. Damit steht der abgeleitete Anteil an Reibungswärme
nicht mehr der üblichen Wasserfilmbildung zwischen Reifen
und Fahrbahn zur Verfügung. Im Laufstreifengummi erwärmt
sich eine etwas dickere, aber immer noch sehr dünne Gummischicht
an der Reifenoberfläche, die nach dem Verlassen der Kontaktfläche
zum Untergrund einen rund zehnfachen Weg über den Reifenumfang
reibungslos durchläuft. Während dieser entsprechend
langen Zeitphase wird die aus der Kontaktzone übernommene
Reibungswärme aus der Oberfläche über
Konvektion an die kalte Umgebungsluft in Folge der besseren Wärmeleitfähigkeit
des Gummis schnell abgegeben. Nachdem die Größe
der durch eine Wasserschicht hindurch übertragbaren Reibkraft
vor allem durch die Dicke dieser Schicht bestimmt wird, bewirkt
die nun zwischen Reifen und Fahrbahn entstehende dünnere
Wasserschicht eine bessere Kraftübertragung. Damit einher
gehen eine Verkürzung des Bremsweges, eine bessere Seitenführung,
eine bessere Beschleunigung und zusätzliche Sicherheitsreserven
beim Handling.
-
Gemäß einer
vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung enthält die Kautschukmischung
5 bis 25 phr der blättchenförmigen Metallpigmente.
Bei Mengen von mehr als 25 phr kann die Mischung für die
Anwendung im Laufstreifen zu porös werden.
-
Die
in dieser Schrift verwendete Angabe phr (Parts per hundred Parts
of rubber by weight) ist dabei die in der Kautschukindustrie übliche
Mengenangabe für Mischungsrezepturen. Die Dosierung der
Gewichtsteile der einzelnen Substanzen wird dabei stets auf 100
Gewichtsteile der gesamten Masse aller in der Mischung vorhandenen
Kautschuke bezogen.
-
Weisen
die blättchenförmigen Metallpigmente einen Blättchendurchmesser
von 5 bis 45 μm auf kann eine besonders gute Erhöhung
des Reibbeiwertes bei geringer Beeinflussung von anderen Mischungsparametern
erzielt werden.
-
Als
Metallpigmente können Pigmente auf der Basis von unterschiedlichsten
Metallen oder Metalllegierungen eingesetzt werden. Vorzugsweise
werden jedoch Aluminiumpigmente eingesetzt, die am Markt erhältlich
sind und sich gut in Kautschukmischungen einarbeiten lassen.
-
Um
die Explosionsgefahr beim Einmischen der Metallpigmente zu minimieren,
ist es von Vorteil, wenn die blättchenförmigen
Metallpigmente als Paste in einem organischen Träger der
Kautschukmischung zudosiert werden. Gleichzeitig wird damit die
Verträglichkeit mit und Einmischbarkeit der Metallpigmente
in der Kautschukmatrix verbessert. Es können beispielsweise
Aluminiumpasten für Metalliclackierungen wie sie von der Firma
Eckart GmbH, Deutschland unter dem Namen STAPA® METALLIC,
STAPA® METALLUX oder STAPA® MOBILUX vertrieben werden, eingesetzt
werden.
-
Die
Herstellung der erfindungsgemäßen Kautschukmischung
erfolgt auf herkömmliche Art und Weise, wobei zunächst
in der Regel eine Grundmischung, die sämtliche Bestandteile
mit Ausnahme des Vulkanisationssystems (Schwefel und vulkanisationsbeeinflussende
Stoffe) enthält, in ein oder mehreren Mischstufen hergestellt
wird und im Anschluss durch Zugabe des Vulkanisationssystems die
Fertigmischung erzeugt wird. Anschließend wird die Mischung
weiterverarbeitet, z. B. durch einen Extrusionsvorgang, und in die
entsprechende Form gebracht
-
Die
erfindungsgemäßen Kautschukmischungen können
in allen Gummiprodukten eingesetzt werden, die thermisch belastet
werden, wie z. B. in Kautschukmischungen für innere Reifenbauteile
(Wulst- oder Gürtelkantenbereich), für Antriebsriemen
oder Gummibälge. Vorzugsweise wird die erfindungsgemäße
Kautschukmischung jedoch wegen des vorab beschriebenen Effektes
auf den Reibbeiwert für den bodenberührenden Teil
des Laufstreifens eines Fahrzeugluftreifens verwendet.
-
Die
Erfindung soll nun anhand von Vergleichs- und Ausführungsbeispielen,
die in der Tabelle 1 zusammengefasst sind, näher erläutert
werden.
-
Die
Vergleichsmischung ist mit V, die erfindungsgemäßen
Mischungen sind mit E gekennzeichnet. In den Mischungen der Tabelle
1 wurden unterschiedliche Mengen an Metallpigmenten zudosiert. Aus
den Mischungen wurden lamellierte Winterreifen hergestellt, deren
Laufstreifen aus den Mischungen der Tabelle 1 bestanden. Mit den
Reifen wurden Versuche auf einem Eistrommelversuchsstand (Innentrommelprüfstand) durchgeführt.
Die Ergebnisse sind im unteren Teil der Tabelle 1 aufgeführt,
wobei die Eisreibung des Reifens mit der Mischung 1(V) gleich 100
gesetzt wurde und Werte größer 100 eine Verbesserung
der Eigenschaft anzeigen (rating). Tabelle 1
Bestandteile | Einheit | 1(V) | 2(E) | 3(E) |
Naturkautschuk
Ruß N339
Kieselsäure
Metallpigmentea
Silankupplungsagenz
Weichmacheröl
Alterungsschutzmittel
Ozonschutzwachs
Stearinsäure
Zinkoxid
Beschleuniger
Schwefel | phr
phr
phr
phr
phr
phr
phr
phr
phr
phr
phr
phr | 100
35
40
0
3,9
42
3
2,5
1,5
3
2
2,1 | 100
35
40
12
3,9
42
3
2,5
1,5
3
2
2,1 | 100
35
40
16
3,9
42
3
2,5
1,5
3
2
2,1 |
Eigenschaften | | | | |
Shore
A Härte
Eistrommelversuch | | 50
100 | 50
104 | 50
110 |
- a Aluminiumpigmente
STAPA® WMMAT/80 Alu, Eckart GmbH,
Deutschland
-
Aus
der Tabelle 1 wird ersichtlich, dass mit den erfindungsgemäßen
Mischungen deutliche Vorteile in der Eisreibung erzielt werden.
-
Dies
ist vermutlich darin zu begründen, dass die Metallpigmente
mit ihrer hohen Wärmeleitfähigkeit dafür
geeignet sind, in der Kautschukmischung von Laufstreifen eine deutliche
Verbesserung des Reibbeiwertes auf Schnee oder Eis zu bewirken.
Ein Teil der zwischen dem Laufstreifen und dem Untergrund wirkenden Reibkräfte
wird durch viskose oder quasi-viskose Reibung übertragen.
Die Reibungswärme erzeugt auf einer Schnee- oder Eisoberfläche
eine sehr dünne flüssige oder ”quasi-flüssige” Schicht
mit einer Dicke in der Größenordnung von einigen
Nano- bis Micrometern. Diese dünne Schicht ist der maßgebliche
Grund für die niedrigen Reibbeiwerte von Reifen auf Schnee
und Eis, obwohl Schnee- oder Eisoberflächen rein mechanisch
betrachtet sehr hart sind und hochbelastbar sein können
und daher auch in der Lage sind, bei Verzahnung, etwa durch Schneeketten,
erhebliche Kräfte zu übertragen. Die Größe
der durch eine Wasserschicht hindurch übertragbaren Reibkraft
wird vor Allem durch die Dicke dieser Schicht bestimmt. Da die Wasserschicht
zwischen Laufstreifen und Untergrund (Eis, Schnee) durch Aufschmelzen
entsteht, hängt die Dicke der Wasserschicht maßgeblich
von der zugeführten sowie von der abgeführten
Reibungswärme ab. Erhöht man den abgeführten Anteil
an Wärme wird konsequenter Weise die Wasserschicht dünner
und die durch die Wasserschicht hindurch übertragbare Reibungskraft
größer. Die Größe des abgeführten
Anteils wird maßgeblich durch die Wärmeleitung
in der Kautschukmischung des Laufstreifens des Reifens beeinflusst.
Bei konventionellen, nach dem Stand der Technik erstellten Laufstreifen
ist im Laufstreifen nur eine geringe Wärmeleitung möglich.
-
Ist
nun ein hoch wärmeleitfähiges Material im Laufstreifen
des Reifens vorhanden, so wird die beim Reibprozess entstehende
Wärme mehr als üblich abgeleitet. Der abgeleitete
Anteil an Reibungswärme steht daher nicht mehr zur Bildung
einer Wasserschicht zur Verfügung. In der Kontaktfläche
des Laufstreifens zum Untergrund bleibt die Temperatur des schmelzenden
Eises nach wie vor in der Größenordnung von 0°C,
es wird jedoch weniger Schmelzwasser erzeugt. Durch die gemäß der
Erfindung besser wärmeleitende vulkanisierte Kautschukmischung
im Laufstreifen wird gegenüber üblichen Laufstreifen
eine etwas dickere, jedoch noch immer sehr dünne Gummischicht
an der Oberfläche des Laufstreifens erwärmt, da
bei den schnellen Reibvorgängen beim Abrollen des Reifens
einzelne Profilteile bzw. Profilklötze nur Bruchteile von
Sekunden der Reibung zum Untergrund ausgesetzt sind, bevor sie die
Kontaktfläche wieder verlassen und anschließend den
rund zehnfachen Weg über den Reifenumfang ohne Kontakt
und daher reibungslos durchlaufen. Während dieser vergleichsweise
langen, ”reibungslosen” Zeitphase wird die vorher
in der Kontaktzone zugeführte Reibungswärme aus
der Oberfläche des Laufstreifen an die kalte Umgebungsluft
in Folge der besseren Wärmeleitfähigkeit des Kautschukmaterials
des Laufstreifens schneller abgeben. Der Laufstreifen des Reifens
erwärmt sich daher nicht.
-
Die
Erfindung ist auf die beschriebenen Ausführungsformen nicht
eingeschränkt. Der Laufstreifenmischung können
weitere Zuschlagsstoffe, die die Wärmeleitfähigkeit
erhöhen, zugegeben sein. Die Kautschukmischung für
den Laufstreifen kann andere Kautschuktypen enthalten und es kann
auf Kieselsäure verzichtet werden, wobei dann der Rußanteil
entsprechend erhöht wird.
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste
der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert
erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information
des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen
Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt
keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-