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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zur Zugbeeinflussung, insbesondere
bei ETCS(European Train Control System)-Strecken, sowie eine diesbezügliche
Vorrichtung.
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Die
nachfolgende Beschreibung bezieht sich im Wesentlichen auf ETCS-Systeme,
ohne dass damit eine Beschränkung auf diese Systeme verbunden
ist.
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Das
ETCS soll die Vielzahl der in den europäischen Ländern
eingesetzten Zugsicherungssysteme ablösen und so eine dichte,
schnelle und grenzüberschreitende Zugführung in
ganz Europa ermöglichen. Im Rahmen des ETCS sind mehrere
Ausbaustufen für die Zugbeeinflussung vorgesehen. Genauere
Spezifizierungen sind in UNISIG SRS 2.3.0 enthalten.
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Die
ETCS-Strecke ist üblicherweise in fahrterlaubniserteilungspflichtige Überwachungsabschnitte
eingeteilt. Die Überwachungsabschnitte werden von einer
Streckeneinrichtung mittels Balisenansteuerung oder Funkübertragung
für die Weiterfahrt des Zuges freigegeben, wenn vom überwachenden Stellwerk
die Feigabe ermittelt und an das ETCS-System übergeben
wurde. Nach ETCS-Sprachgebrauch wird die Balisen-Variante als Level
1 oder kurz L1 und die Funk-Variante als Level 2 oder kurz L2 bezeichnet.
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Bei
L1-Zugbeeinflussung werden gleisseitige Transparentdatenbalisen
von der L1-Streckeneinrichtung mit Daten versorgt und übertragen
diese beim Überfahren durch Fahrzeuge über eine
normierte Luftspaltschnittstelle an Empfangsantennen fahrzeugseitiger
Einrichtungen. Die an das Fahrzeug zu übertra genden Datentelegramme
enthalten Informationen über den der Balise folgenden Streckenabschnitt,
beispielsweise bezüglich Streckengeschwindigkeit, Streckenneigung
oder Langsamfahrstellen, sowie eine aus den aktuellen Signalbegriffen
von Streckensignalen im Bereich der Balise abgeleitete Fahrterlaubnis.
Dabei sind alle potentiell möglichen Datentelegramme im
Sinne einer statischen Datenprojektierung in der L1-Streckeneinrichtung
abgelegt. Aus diesen vorprojektierten Datentelegrammen wird in der
L1-Streckeneinrichtung das passende Datentelegramm ausgewählt
und an die Transparentdatenbalise übertragen.
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Aus
der
EP 1 607 300 A2 ist
ein Verfahren zur ETCS-L1-Zugbeeinflussung bekannt, bei dem eine
Fahrterlaubnis für mehrere vorausliegende Streckenabschnitte
gebildet wird, indem Balisentelegramme erzeugt werden, welche für
die vorgesehene Fahrstraße des jeweiligen Fahrzeugs spezifische
Signalbegriffsinformationen beinhalten.
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Anstelle
der Balisenübertragung in Level 1 ist bei Level 2 eine
direkte funkbasierte Zugbeeinflussung vorgesehen. Dabei werden von
einer speziellen L2-Streckeneinrichtung Datentelegramme erzeugt, die über
eine normierte Datenfunkschnittstelle an Fahrzeugeinrichtungen übertragen
werden. Die signaltechnischen Zustandsinformationen erhält
die Streckeneinrichtung durch Anschluss an das den entsprechenden
Gleisbereich steuernde Stellwerk. Die Fahrterlaubnis wird aus diesen
Zustandsinformationen quasi ständig aktualisiert.
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Bei
Strecken mit abschnittsweiser L1- bzw. L2-Ausrüstung können
an den Level-Übergangsstellen Probleme mit der Konsistenz
der von der L1- bzw. L2-Streckeneinrichtung übertragenen
Fahrterlaubnis auftreten. Außerdem kann es an diesen Übergangsstellen
zu Einbußen bei der bahnbetrieblichen Leistungs fähigkeit
der Strecke kommen. Innerhalb des letzten Balisen-Überwachungsabschnittes
muss das Fahrzeug eine Information über den Frei- oder
Besetzt-Zustand eines neuen Überwachungsabschnittes per
Funk-Zugbeeinflussung erhalten. Diese funkbasierte L2-Fahrterlaubnis
erweitert die noch gültige balisenbasierte L1-Fahrterlaubnis.
Jegliche Art von Störungen der Funkübertragung
beim Levelwechsel von L1 nach L2 führt dazu, dass keine
gültige Funk-L2-Fahrterlaubnis vorliegt, wodurch das Fahrzeug
am Ende der letztgültigen Balisen-L1-Fahrterlaubnis anhalten
muss.
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Der
Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung
zur Zugbeeinflussung, insbesondere bei ETCS-Strecken, anzugeben, welche
einen störungsfreien Betrieb mit verschiedenen Zugbeeinflussungssystemen,
insbesondere für ETCS-Level1- und Level2-Streckenabschnitte
und für Level1/Level2-Mischbetrieb, ermöglichen.
Dabei ist anzustreben, die betriebliche Leistungsfähigkeit der
Strecke bei optimierter Datenhaltung und Telegrammgenerierung zu
verbessern.
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Verfahrensgemäß wird
die Aufgabe dadurch gelöst, dass identische Methoden zur
Bildung von Datentelegrammen zur Ansteuerung von Balisen für punktförmige
Zugbeeinflussung, insbesondere ETCS-Level1-Zugbeeinflussung, und
zur funkbasierten Zugbeeinflussung, insbesondere ETCS-Level2-Zugbeeinflussung,
verwendet werden. Auf diese Weise ergeben sich konsistente Fahrterlaubnisse
auch an den Übergangsstellen zwischen Streckenbereichen
mit L1- und L2-Zugbeeinflussung. Ein Levelwechsel wird wesentlich
einfacher und weniger störungsanfällig als beim
Zusammenspiel zweier grundsätzlich unterschiedlicher Systeme
nach dem Stand der Technik. Identische Datentelegrammbildung für
L1- und L2-Zugbeeinflussung vereinfachen darüber hinaus
die Anpassung der Zugbeeinflussung im Falle von Änderungen
streckenseitiger Einrichtungen oder von Pro jektierungsdaten, beispielsweise
bei temporärer Einrichtung von Langsamfahrabschnitten.
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Die
Vereinheitlichung der Datentelegrammbildung für L1 und
L2 ermöglicht auch eine bedarfsgerechtere Streckenauslegung,
da L1/L2-Mischbetrieb und häufiger Levelwechsel beherrschbarer
werden. Beispielsweise kann es vorteilhaft sein, in Bahnhofsbereichen
L1-Betrieb und auf freier Strecke L2-Betrieb zu realisieren.
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Gemäß Anspruch
2 werden die Datentelegramme wahlweise über die Balisen
oder direkt per Funk an die Fahrzeuge übertragen. Dieser
bedarfsgerechte Übertragungsweg ist auch bei häufigen
Levelwechseln kein Problem, da die Bildungsroutine für das
Datentelegramm nicht geändert oder angepasst werden muss.
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Gemäß Anspruch
3 umfassen die Datentelegramme Fahrterlaubnisse, welche aus einer
stellwerkseitig vorhandenen Datenbasis gebildet werden. Bei L1-Betrieb
muss der aktuelle Signalbegriff, der für die Fahrterlaubnis
maßgeblich ist, nicht mehr von dem Signal mittels LEU – Lineside
Electronic Unit – ausgekoppelt und zur Auswahl des passenden
aus einer Anzahl vorprojektierter Balisentelegramme verwendet werden,
sondern kann direkt aus den Ursprungsdaten, nämlich den
stellwerkseitig vorhandenen Streckenzustandsinformationen, gebildet
werden. Dadurch lassen sich diverse Fehlerquellen eliminieren.
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In
bevorzugter Ausführungsform gemäß Anspruch
4 ist vorgesehen, dass die Datentelegramme dynamisch gebildet werden
und fahrstraßenspezifisch Informationen, insbesondere bezüglich
Geschwindigkeitsprofil, Neigungsprofil, Langsamfahrstellen und Länge
einer zugelassenen Fahrt, welche aus einer stellwerkseitig vorhandenen
Datenbasis abgeleitet werden, umfassen. Für die Anwendung
im L1-Betrieb ergibt sich dadurch der Vorteil, dass die Vorprojektierung – und
ggf. spätere Anderung – von Balisentelegrammen
entfällt, da diese anhand der aktuellen betrieblichen Gegebenheiten
dynamisch und mit quasi unbegrenzter Variantenvielfalt gebildet werden.
Auch die bei herkömmlichem L1-Betrieb häufig verwendeten
Repositioning-Balisen können weitgehend entfallen. Infill-Informationen
im Sinne von Vorsignal-Informationen sind in den Datentelegrammen
zur Ansteuerung der Transparentdatenbalisen vollständig
enthalten. Das betrifft auch Repositioning-Informationen, welche
fahrstraßenspezifisch, beispielsweise vor Gleisverzweigungen
in Form von Weichenlageinformationen, erforderlich sind. Die an die
Transparentdatenbalisen übertragenen Datentelegramme umfassen
nicht nur Strecken- und Fahrterlaubnis-Informationen bis zur nächsten
Repositioning-Balise wie bei herkömmlichem L1-Betrieb,
sondern können sehr viel längere Streckenabschnitte, die
der für das Fahrzeug fahrplanmäßig vorgesehenen
Fahrstraße entsprechen, umfassen – analog zu der
L2-Funk-Zugbeeinflussung. Letztlich ergibt sich, insbesondere bei
L1-Betrieb, eine Verbesserung des Fahrzeugdurchsatzes, d. h. der
betrieblichen Leistungsfähigkeit.
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Anspruch
5 betrifft eine Vorrichtung zur Lösung der oben genannten
Aufgabe, wobei eine Streckenzentrale zur identischen Erzeugung von
Datentelegrammen zur Ansteuerung von Balisen für punktförmige
Zugbeeinflussung, insbesondere ETCS-Level1-Zugbeeinflussung, und
für funkbasierte Zugbeeinflussung, insbesondere ETCS-Level2-Zugbeeinflussung,
vorgesehen ist. Die erfindungsgemäße Streckenzentrale
ist vorteilhaft sowohl für L1-Betrieb oder L2-Betrieb als
auch für L1/L2-Mischbetrieb geeignet. Gegenüber
der bekannten strikten Trennung der Vorrichtungen zur L1- und L2-Zugbeeinflussung
mittels unabhängiger und sehr unterschiedlicher Datentelegrammbildungsroutinen
ermöglicht die beanspruchte Vorrichtung auch häufigen
Levelwechsel ohne Einschränkung der betrieblichen Leistungsfähig keit.
Da die zu übertragenden Informationen weitgehend identisch
sind, ergeben sich durch die gleichartige Bildung der Datentelegramme
in einem einzigen Gerät zusätzliche Synergien
bei der Erzeugung von Fahrterlaubnissen für L1- und L2-Zugbeeinflussung.
Vorteilhaft ist dabei insbesondere die konsistente und gleichartige
Projektierung und Datenhaltung für L1- und L2-Streckenabschnitte
im Überwachungsbereich der jeweiligen Streckenzentrale.
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Gemäß Anspruch
6 ist vorgesehen, dass die Streckenzentrale mit einem Stellwerk
verbunden ist, wobei erste Mittel zur Ableitung von Fahrterlaubnisdaten
aus einer stellwerkseitig vorhandenen Datenbasis und zweite Mittel
zur Erzeugung der Datentelegramme, welche die Fahrterlaubnisdaten
umfassen, vorgesehen sind. Damit greift die Streckenzentrale auf
die ursprünglichste Datenquelle für Zugsteuerungs-
und Zugsicherungsprozesse zurück. Die Verwendung von Datenquellen,
die bereits vorverarbeitete und damit fehleranfällige Daten,
wie beispielsweise LEU-Daten, beinhalten, lässt sich somit
vorteilhaft vermeiden.
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Gemäß Anspruch
7 ist vorgesehen, dass die Streckenzentrale nach einem Spurplan-Prinzip
arbeitet, dessen Spurplan-Elemente ETCS-Elemente, insbesondere Balisen,
umfassen, wobei Funktionen und Zustände der Spurplan-Elemente
als Datenbasis für die Erzeugung der Datentelegramme verwendbar sind.
Im Stellwerk wird bei der Bauform „Spurplan” die
Topologie der Außenanlage durch sogenannte Elemente abgebildet.
Es wird jeder Komponente der Außenanlage, Weiche, Signal,
Bahnübergang usw. ein logisches Element zugeordnet. Die
Gleisverbindung in der Außenanlage wird dabei durch entsprechende
logische Verbindung der Elemente abgebildet. Auch nur betriebstechnisch
notwendige Komponenten, z. B. Durchrutschwege, werden in gleicher Weise
behandelt und mit den anderen Elementen ver bunden. Auf Basis dieser
verbundenen Elemente – Spurplan – werden alle
Stellwerksfunktionen abgewickelt. Beispielsweise werden die Zulässigkeit
einer Signalfahrtstellung und der erforderliche Signalbegriff über
generisch hinterlegte Funktionen, die auf Basis der Elemente arbeiten,
ermittelt. Auch die Ermittlung der an ein Fahrzeug zu übertragenen
Telegramme wird gemäß Anspruch 7 auf Basis des
Spurplans realisiert. Dazu sind zusätzlich ETCS-Spurplan-Elemente,
beispielsweise das Element der Balise, vorgesehen. Aufgrund der
Nutzung des Spurplanprinzips ist die Beherrschung komplexer Knotenbahnhöfe
mittels ETCS möglich. Weiterhin kann ein integriertes System
realisiert werden, da auf Basis der Projektierung des Stellwerkes
ein großer Teil der Projektierung für das ETCS-System
erzeugt werden kann.
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Speziell
im Level 1 ist durch die Nutzung der gesamten Stellwerksinformation
gegenüber der bekannten Nutzung lediglich der Signalinformation
eine wesentlich genauere Telegrammermittlung für das ETCS-System
möglich. Hierdurch kann höhere Dynamik erreicht
werden. Weiterhin können Repositioning Balisen in der Außenanlage
eingespart werden. Ein weiterer Vorteil liegt in der einfachen Umbaubarkeit
des Systems. Soll beispielsweise in einem konventionellen Level1-System
eine neue Weichenverbindung integriert werden, so muss für
alle in den LEU projektierten Telegrammen überprüft
werden, ob die neue Weichenverbindung Einfluss auf sie hat. Ist dies
der Fall, so müssen die Telegramme angepasst und neu geprüft
werden. Handelt es sich um eine zentrale Stelle in einem Bahnhof,
so ist ein sehr großer Teil der Anlage neu zu projektieren
und zu prüfen. Auch die ggf. im Gleisfeld liegenden Repositioningbalisen
sind in die Umprojektierung einzubeziehen.
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Die
Erfindung wird nachfolgend anhand figürlicher Darstellungen
näher erläutert.
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Es
zeigen:
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1 die
wesentlichen Komponenten einer ETCS-Vorrichtung für Level1-
und Level2-Zugbeeinflussung und
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2 die
Umsetzung einer Gleistopologie in einen Spurplan.
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Bisher
wurden für ETCS Level 1 und ETCS Level 2 gänzlich
unterschiedliche Vorrichtungen verwendet. Um auf einfache Weise
einen Level-Mischbetrieb zu ermöglichen, ist eine mit einem
Stellwerk 1 zusammenwirkende Streckenzentrale 2 vorgesehen, welche
Datentelegramme erzeugt, die sowohl zur L1-Balisenansteuerung als
auch zur direkten L2-Funkansteuerung von Fahrzeugen 3 geeignet
ist. Das Datentelegramm wird aus stellwerkseitig vorhandenen Daten
gebildet und entweder über ein streckenseitiges Stellteil 4 an
eine Transparentdatenbalise 5 oder über GSM-R – Global
System for Mobile Communication-Railway – 6 und
externe Sendestationen 7 direkt an das Fahrzeug 3 übertragen.
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Die
L1-Zugbeeinflussung nach dem Stand der Technik erfolgt mittels LEU-Signalbegriffsauswertung
und Auswahl eines signalbegriffsadäquaten Datentelegramms
zur Übertragung an die Transparentdatenbalise 5.
Diese LEU-Einrichtung kann bei durchgängiger Ausrüstung
der Strecke mit Stellteilen 4 zur L1-Zugbeeinflussung mittels
der Streckenzentrale 2 entfallen.
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Durch
identische Datentelegrammbildung für L1- und L2-Zugbeeinflussung
in einer gemeinsamen Hardware-Komponente, nämlich der Streckenzentrale 2,
die auch in das Stellwerk 1 integriert sein kann bzw. Einrichtungen
des Stellwerks 1 mitbenutzen kann, ergeben sich erhebliche
Vorteile, insbesondere einfacherer Gesamtaufbau und problemloser ETCS-Levelwechsel
zwischen L1 und L2.
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2 zeigt
eine Gleistopologie mit einer Weiche 8, vier Signalen 9.1, 9.2, 9.3 und 9.4,
vier diesen zugeordneten Transparentdatenbalisen 10.1, 10.2, 10.3 und 10.4 und
einer Repositioningbalise 11 im Bereich der Weiche 8.
Jedem von der Gleistopologie abgeleiteten, im unteren Figurbereich
dargestellten Element sind – analog zum Spurplan-Stellwerk – Funktionen
zugeordnet. Die Funktionen greifen auf in den Elementen hinterlegten,
d. h. projektierten, statischen Informationen und auf dynamischen
Informationen zu, welche den aktuellen Stellwerkszustand repräsentieren.
Hieraus werden die Telegramme für das ECTS System gebildet
und entweder über die körperlichen Balisen im
Gleis selbst – ETCS Level 1 – oder über
einen Funkkanal – ETCS Level 2 – zum Fahrzeug 3 übertragen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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