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Die Erfindung betrifft ein neues Verfahren zur Herstellung eines Immobilisats von Alkoholdehydrogenasen gemeinsam mit deren Coenzymen sowie allen für die Reaktion nötigen Zusatzstoffe. Das neue erfindungsgemäße Immobilisat ist lagerfähig und erlaubt es, Reduktionsreaktionen in Rührreaktoren oder auch in Säulenreaktoren durchzuführen entweder im Batch oder im kontinuierlichen Verfahren. Insbesondere sind Reduktionen im organischen Lösungsmittel durchführbar.
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Alkoholdehydrogenasen sind Enzyme, die in der Lage sind, Aldehyde oder Ketone zu primäre bzw. sekundäre Alkohole zu reduzieren. Die Reaktionen sind reversibel, sodass umgekehrt auch die Alkohole zu den entsprechenden Aldehyden bzw. Ketonen oxidiert werden können. Alkoholdehydrogenasen benötigen für ihre volle Funktionen sogenannte Coenzyme, die in den meisten Fällen NAD bzw. NADH oder NADP bzw. NADPH sind.
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Alkoholdehydrogenasen werden schon heute in großem Umfang in der Technik eingesetzt, um insbesondere chirale Alkohole herzustellen. Dazu werden prochirale Ketone mit Alkoholdehydrogenasen und dem entsprechende Coenzym umgesetzt. Die Reaktionen finden meist in wässrigem Medium statt. Praktische Beispiele hierfür sind zu finden bei G. Jeromin, M. Bertau in Bioorganikum, Verlag Wiley 2005.
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Viele Substrate sind im wässrigen Medium schwer löslich, so dass die Umsetzung mit den wässrigen Enzymlösungen nicht immer optimal verlaufen. Um die Raum-Zeit-Ausbeuten zu verbessern werden Verfahren im Zweiphasen-System beschrieben. Eine weitere Verbesserung eines technischen Verfahrens zur enantioselektiven Reduktion von Ketoverbindungen durch Enzyme insbesondere hinsichtlich des Enzymverbrauchs, wird in
EP 1 568 780 B1 beschrieben. Da die enzymatischen Reduktionsreaktionen aufgrund ihrer hohen Spezifität und milden Reaktionsbedingungen enorme Vorteile aufweisen, gegenüber konventionellen chemischen asymmetrischen Reduktionsreaktionen mit chiralen Hydrierkatalysatoren, werden hohe Forschungsanstrengungen gemacht um neue selektivere Enzyme zu finden (
US 6,255,092 B1 ).
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Ein wichtiger Punkt bei der enzymatischen Reduktion ist die Regenerierung des Cofactors NAD zu NADH bzw. NADP zu NADPH je nach dem welches Enzym eingesetzt wird.
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Es ist Stand der Technik, dass die Cofactoren regeneriert werden können mit Hilfe eines zweiten Enzymsystems (Formiatdehydrogenase, Glucoseoxidase, NADH Oxidase wie in
US 6,987,013 B2 beschrieben, elektrochemisch (Adv. Synth. Catal. 2008, 350, 909–918), oder mit Hilfe eines Cosubstrats, was in häufigen Fällen 2-Propanol ist, aber je nach Problemstellung auch ein anderer meist sekundärer Alkohol sein kann wie 2-Heptanol bei der Herstellung von (S)-2-Butanol aus Butanon (
US 7,371,903 B2 ). Ein zweites Enzym ist hierbei nicht nötig. Die Regeneration des Coenzyms spart Coenzyme ein und bewirkt eine erhebliche Kostenreduktion, was diese Reaktionen für die Technik erst möglich gemacht hat. Besonders kostengünstig ist es, 2-Propanol zur Cofactorregenerierung zu benutzen. Um die Reduktion, die eine Gleichgewichtsreaktion darstellt, eines prochiralen Ketons zum gewünschten optisch aktiven Alkohol zu lenken, wird hierbei 2-Propanol in großem Überschuss zugegeben und häufig noch zusätzlich das Oxidationsprodukt Aceton aus dem Reaktionsgemisch entfernt (
EP 1568780 B1 ) beispielsweise bei vermindertem Druck.
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Alle bisher beschriebenen und in der Technik durchgeführten Verfahren weisen einige Nachteile auf. So finden die Reaktionen nach wie vor hauptsächlich in wässrigem Medium statt. Verbesserungen wurden dadurch erreicht, dass man zu der wässrigen Enzymlösung ein organisches Lösungsmittel gibt wie beispielsweise ein Alkan oder einen Ether, der bewirkt, dass sich in Wasser schwerlösliche Substrate darin besser lösen und so leichter reduziert werden können. Es bleiben aber immer noch die Probleme bei der Aufarbeitung der Produkte. Diese werden meist durch Extraktion aus der wässrigen Lösung gewonnen. Dabei gibt es die folgenden Nachteile: Wenn die Substrate sehr gut wasserlöslich sind, ist es sehr schwierig die Substrate quantitativ in kurzer Zeit zu isolieren. Außerdem kommt es häufig leicht zur Emulsionsbildung, was die Abtrennung der organischen Extraktionsphase von der wässrigen Enzymphase ebenfalls erheblich erschwert.
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All diese Schwierigkeiten lassen sich umgehen, wenn man das Enzym als Immobilisat gebunden hat. Die Vorteile einer Immobilisierung eines wasserlöslichen Enzyms sind somit die folgenden:
- • Das Enzym lässt sich leicht aus der Reaktionslösung abtrennen
- • Das Enzym lässt sich leichter wieder verwerten
- • Die Prozesse können im Batch-Verfahren oder
- • kontinuierlich im Säulenreaktor oder Batch-Flow-Reaktor durchgeführt werden
- • Die Produkte lassen sich leichter isolieren, ohne Emulsionsbildung.
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Die Immobilisierung eines Enzyms kann auf unterschiedliche Weise erfolgen:
- • Sie kann kovalent erfolgen
- • Sie kann physikalisch adsorptiv erfolgen
- • Sie kann durch Einschluss in eine Gelmatrix erfolgen
- • Sie kann durch Vernetzung erfolgen
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Während immobilisierte Hydrolasen in der Technik schon breite Verwendung gefunden haben, insbesondere bei enzymatischen Reaktionen in organischem Lösungsmittel, sind wenig Beispiele mit immobilisierten Alkoholdehydrogenasen (ADH) beschrieben.
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In Enzym und Mikrobielle Technology Vol 36, Not, 3–9, 2005 wird der Einschluss einer Alkohol-Dehydrogenase aus Lactobacillus Kefir in Polyvinylalkohol für die Synthese von hydrophoben chiralen Alkoholen in organischen Lösungsmitteln beschrieben (siehe auch Biocat. Biotrans. 2006, 24: 437–442).
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In FEBS Journal 273 (2006) 3938–3945 wird ein Polyacrylamidgel als Einschlussmaterial für eine Formiatdeyhdrogenase von Candida boidinii benutzt. Andere beschriebene geeignete Hydrogele für die Immobilisierung und den Einschluss von ADH auch mit deren Cofactoren sind Calciumalginate.
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Wir haben nun gefunden, dass sich Alkoholdehydrogenasen mit deren Cofactoren und allen nötigen Zusatzstoffen äußerst einfach und kostengünstig mit handelsüblichen Superabsorberpolymeren immobilisieren lassen. Die Superabsorberpolymere (SAP), wie sie für die Herstellung des erfindungsgemäßen Katalysators (im folgenden auch Immobilisat genannt) in Frage kommen sind Polyacrylsäuren, die quervernetzt sind und die neutralisiert oder partiell neutralisiert sind. Sie kommen in den Handel als Pulver oder als Granulat. Handelsnamen sind beispielsweise Luquasorb® der Firma BASF AG oder FAVOR® – Superabsorber der Firma EVONIK AG ehemals Degussa.
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Bei der Absorption bzw. beim Einschluss des Katalysatorsystem an/in den Superabsorber (was im folgenden auch als immobilisierung bezeichnet wird), bleibt die Funktion der Enzyme und Coenzyme erhalten. Die in die Polymermatrix eingelagerten Enzyme, Coenzyme und alle für die Funktion des Katalysators wichtigen Zusatzstoffe lassen sich lagern und stellen einen gebrauchsfertigen („ready-to-use”) Reduktionskatalysator da, der in dieser Form auch gehandelt werden kann.
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Reaktionen mit diesem Katalysator werden vorzugsweise in organischem Lösungsmittel durchgeführt. Der neuartige erfindungsgemäße Katalysator wird für die präparative Herstellung von chiralen Alkoholen aus prochiralen Carbonylverbindungen verwendet. Der neue Katalysator eignet sich für den industriellen Einsatz, er ist mehrfach einsetzbar.
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Der neuartige Katalysator hat somit die folgenden Vorteile:
- • Die Herstellung ist einfach
- • Die Herstellung ist billig
- • Er eignet sich für die technische Herstellung von chiralen Hydroxyverbindungen aus prochiralen Carbonylverbindungen
- • Er kann in organischem Lösungsmittel eingesetzt werden, wodurch auch hydrophobe Substrate leicht umgesetzt werden können
- • Er kann mehrfach eingesetzt werden
- • Er ist durch Filtration leicht abtrennbar von dem Lösungsmittel und den darin gelösten Produkten
- • Emulsionsbildung und langwierige Extraktion der Produkte aus sonst wässriger Lösung entfallen.
- • Er ist auch für Anwender interessant, die keine Erfahrung mit Enzymtechnologie haben und die nicht extra Puffer herstellen wollen
- • Die Entsorgung kann als Feststoff erfolgen
- • Reaktionen können kontinuierlich im Rührreaktor oder Säulenreaktor durchgeführt werden
- • Die Oxidationsprodukte, die aus der Cofaktorregenerierung entstanden sind, können mit Hilfe eines niedrigsiedenden Azeotrops aus der Reaktionsmischung entfernt werden, wodurch das Gleichewicht günstig beeinflusst wird
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Die folgenden Beispiele zeigen, wie der Katalysator hergestellt wird und wie die Reaktionen durchgeführt werden. Es handelt sich nur um Beispiele, die nicht optimiert wurden. Sie schränken die Erfindung nicht ein, weder auf die Alkoholdehydrogenasen, auf die Coenzyme und alle anderen Zusatzstoffe, noch auf die Substrate.
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Beispiel 1
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Die Konzentrationen „M” beziehen sich auf mol/l.
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Herstellung es erfindungsgemäßen Katalysators
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Zu einer Mischung aus
6,5 ml Kpi Puffer pH = 6,5 (1,5 M)
2 mg MgCl2×6H2O
2,5 ml (2000 U) Alkoholdehydrogenase von Thermoanaerobacter sp.
1 mg NADP-Dinatriumsalz
werden ca. 900 mg handelsübliches Superabsorberpolymer zugegeben. Man lässt einige Minuten stehen, bis das Ganze fest oder halbfest geworden ist. Man verrührt das Ganze mit 2-Propanol (ca. 20 ml), filtriert den Rückstand ab und trocknet im Vakuumexsikkator. Den Rückstand ca. 3 g lagert man im Kühlschrank bei 4°C.
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Beispiel 2
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1 g des in Beispiels 1 hergestellten erfindungsgemäßen Katalysators werden zerkleinert, und mit 10 ml 2-Propanol versetzt. Hierzu gibt man 109 μl (0,001 mol) 4-Acetylpyridin. Man rührt mit dem fish-clip®-spinner, um ein feineres Vermahlen des Katalysators zu verhindern.
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Laut DC (LM EE) hat sich bereits nach 8 h fast das ganze Substrat zum Produkt (S)-(–)-(4-Pyridyl)-ethanol umgesetzt.
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Die Isolierung des Produkts erfolgt ganz einfach durch Abfiltration des Lösungsmittels, nachwaschen und Eindampfen der vereinigten Lösungen.
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Beispiel 3
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1 g des in Beispiels 1 hergestellten erfindungsgemäßen Katalysators werden zerkleinert, und mit 10 ml 2-Propanol und 10 ml MTBE versetzt. Hierzu gibt man 109 μl (0,001 mol) 4-Acetylpyridin. Man rührt mit dem fish-clip®-spinner, um ein feineres Vermahlen des Katalysators zu verhindern.
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Laut DC (LM EE) wurden bereits nach 8 h fast das ganze Substrat zum Produkt (S)-(–)-(4-Pyridyl)-ethanol umgesetzt und nach 4 d war die Reaktion vollständig.
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Beispiel 4
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Wiederereinsatz der erfindungsgemäßen Immobilisate
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Zu dem aus Beispiel 2 zurückgewonnenen Katalysator gibt man 7,5 ml 2-Propanol und 218 μl (0,002 mol) 4-Acetylpyridin. Bereits nach 20 h ist mehr als die Hälfte des Substrats umgesetzt und nach weiteren 6 Tagen, war laut DC das ganze Substrat umgesetzt.
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Beispiel 5
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Direkter Einsatz des erfindungsgemäßen Immobilisats
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Zu einer Mischung aus
6,5 ml Kpi Puffer pH = 6,5 (1,5 M)
2 mg (MgCl2×6H2O
3,66 ml (2000 U) 2,5 ml (2000 U) Alkoholdehydrogenase von Thermoanaerobacter sp.
1 mg NADP Dinatrium-Salz
werden ca. 750 mg SAP (Pulver) hinzugegeben, bis das ganze gelartig ist.
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Jetzt gibt man 20 ml 2-Propanol hinzu gefolgt von 218 μl (0.002 mol) 4-Acetylpyridin gelöst in 1 ml 2-Propanol.
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Bereits nach 6 h war laut DC kein Substrat mehr zu finden. Es hatte sich alles umgesetzt.
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Beispiel 6
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Wiedereinsatz des erfindungsgemäßen Immobilisats aus Beispiel 5
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Nach dem Abtrennen der überstehenden Lösung und nachwaschen des Immobilisats aus Beispiel 5 wurden erneut 15 ml 2-Propanol und 218 μl 4-Acetylpyridin zugegeben und bei Raumtemperatur weitergerührt. Bereits nach 1 d war wieder das gesamte Substrat laut DC umgesetzt.
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Beispiel 7
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Dritter Einsatz des Immobilisats aus Beispiel 5 und Beispiel 6
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Die Reaktionslösung aus Beispiel 6 wurde abdekantiert, das Immobilisat nachgewaschen und erneut mit 15 ml 2-Propanol und 218 μl 4-Acetylpyridin versetzt. Nach 5 Tagen war laut DC das gesamte Substrat zum chiralen Alkohol umgesetzt.
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Beispiel 8
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In einem 50 ml Becherglas werden zu einer Mischung aus
6,0 ml Kpi Puffer pH = 6,5 (1,5 M)
2 mg MgCl2×6H2O
0,260 ml (1000 U) Alkoholdehydrogenase aus Lactobacillus brevis
3 mg NADP-Dinatriumsalz
0,5 ml 2-Propanol
2000 mg SAP (FAVOR®) hinzugegeben. Man lässt die Mischung einige Minuten quellen und fest werden. Dann gibt man 2-Propanol hinzu, wäscht den Katalysator und filtriert in ab.
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Dann wird der Katalysator mit 30 ml 2-Propanol aufgeschlämmt und das Ganze in einen 50 ml Erlenmeyerkolben mit Schliff gegeben.
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Zu dieser Mischung gibt man nun 1 g (0,008 mol) 4-Acetylpyridin und rührt das Ganze bei Raumtemperatur mit dem fish-clip®-spinner, um ein vermahlen des Katalysators zu verhindern.
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Die Reaktion wurde über DC (LM EE) verfolgt. Bereits nach 1 d waren 80% des Substrats umgesetzt und nach insgesamt 46 h war alles umgesetzt.
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Beispiel 9
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Zu dem zurückgewonnen Immobilisat aus Beispiel 8 wurden 15 ml 2-Propanol und 15 ml Hexan gegeben. Hierzu dann 0,5 ml 4-Acetylpyridin. Nach 4 d war das gesamte Substrat wieder zum Produkt (R)-(+)-(4-Pyridyl)-ethanol umgesetzt.