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Die
vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren mit den Merkmalen des
Anspruchs 1. Sie betrifft ferner eine Vorrichtung gemäß dem Anspruch
7, ein digitales Speichermedium mit den Merkmalen des Anspruchs
8, ein Computer-Programm-Produkt mit den Merkmalen des Anspruchs
9 und ein Computer-Programm mit Programmcode mit den Merkmalen des
Anspruchs 10.
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Aus
der Praxis ist die pharmazeutische Behandlung von Patienten mit
dem Ziel der Verringerung dynamischer, insbesondere hyperkinetischer Gesichtszüge – wie dynamischen
Falten und Runzeln, auch als Rhytiden bekannt – unter Beschränkung der
Motilität
von unter den betreffenden Hautabschnitten liegenden und in diese
einstrahlenden Muskeln bekannte. Entsprechende, hierzu verwendeten Wirkstoffe,
zu welchen beispielsweise das Botulinumtoxin Typ A zählt, sind
sowohl als Arzneimittel als auch in Form von Kosmetika auf dem Markt
erhältlich.
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Eine Überprüfung der
Wirkung bzw. des Ergebnisses einer solchen ästhetischen Behandlung erfolgt
bis heute entweder basierend auf subjektiven Eindrücken oder
bislang unzulänglichen
objektiven Messverfahren. Bei den subjektiven Verfahren wurden die
erzielten ästhetischen
Ergebnisse der durch die Patienten selbst und/oder durch behandelnde Personen
beurteilt. Dies erfolgt beispielsweise mittels einer Punkteskala.
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Zu
den objektiven Verfahren, welche eine quantitative Bewertung beispielsweise
einer hemmenden Wirkung von Botulinumtoxin auf Skelettmuskel ermöglicht,
zählt die
Elektromyographie. Dieses Verfahren eignet sich zur Verwendung bei
neurologischen Untersuchungen. Aufgrund seiner begrenzten räumlichen
Auflösung
ist es jedoch nicht besonders geeignet beispielsweise zur Überprüfung von ästhetischen
oder anderen Wirkungen einer Behandlung beispielsweise im Gesichtsbereich.
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Sinnvollere
quantitative Bildanalysen waren bislang auf die Bewertung und Beurteilung
beispielsweise der Höhe
der Augenbrauen – bezogen
auf eine durch die Mitte beider Pupillen gelegte Linie oder bezogen
auf benachbarte, prominente Körperstellen – nach Injektion
von Botulinumtoxin in die Stirnhaut.
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Dieselben
Nachteile des Standes der Technik wie zuvor beschrieben sind bekannt
im Zusammenhang mit der quantitativen Analyse, Messung oder Untersuchung
der Wirkung von anderen Effektoren oder Reizen auf die Haut, darunterliegende Muskeln
oder andere Organe oder Organsysteme des Menschen oder Tieres. Zu
diesen anderen Effektoren oder Reizen zählen elektrischer Strom, mechanische,
psychische, biologische oder chemische Einwirkung und dergleichen.
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Aufgabe
der vorliegenden Erfindung ist es, ein weiteres Verfahren für eine quantitative
Analyse oder Evaluierung der Wirkung eines Reizes oder Effektors,
insbesondere eines applizierten Wirkstoffs, auf die Motilität der Haut
bzw. der darunter liegenden und in diese inserierenden Muskeln einer
Person anzugeben.
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Ein
weiteres Ziel der Aufgabe besteht darin, ein Werkzeug vorzuschlagen,
mittels welchem das Ausmaß einer
Wirkung der oben genannten und weiteren Reizen, Effektoren, Wirkstoffen,
Stressoren und dergleichen, insbesondere einer ästhetischen Wirkung, wie oben
beschrieben überprüft und gegebenenfalls
prognostiziert werden kann.
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Die
erfindungsgemäße Aufgabe
wird gelöst durch
ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1.
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So
wird erfindungsgemäß ein Verfahren
zum quantitativen Analysieren der Wirkung eines Effektors, Reizes,
Stressors, applizierten Wirkstoffs und dergleichen (im Folgenden
vereinfachend auch nur „Effektor” genannt),
auf die Motilität
der Haut eines Patienten vorgeschlagen, welches ein Bestimmen wenigstens
eines Referenzpunktes auf der Körperoberfläche des
Patienten oder eines Referenzpunktes in einer bildlichen Darstellung
hiervon, ein Bestimmen wenigstens eines Betrachtungspunktes auf
der Körperoberfläche des
Patienten oder in der bildlichen Darstellung davon, und ein Ermitteln
einer Differenz zwischen dem Abstand des wenigstens einen Betrachtungspunktes
der Hautoberfläche
vom Referenzpunkt zu einem ersten Zeitpunkt und im Abstand des Betrachtungspunktes
vom Referenzpunkt zu einem zweiten Zeitpunkt, umfasst.
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Dabei
wird unter „Reiz”, „Effektor”, „Stressor” und „Wirkstoff” erfindungsgemäß wie oben
erläutert all
das verstanden, was Einfluss nehmen kann auf die Motilität von – insbesondere
unter der Haut liegenden – Muskeln,
unabhängig,
ob diese tatsächlich einen
Einfluss nehmen, oder ob nur angenommen wird, dass sie dies täten und
daraufhin geprüft
werden sollen. Im Zusammenhang mit einem Wirkstoff ist es erfindungsgemäß unerheblich,
ob es sich um eine als Therapeutikum, Diagnostikum oder dergleichen
zugelassene Arzneidarbietung handelt, oder ob der Wirkstoff als
beispielsweise frei verkäufliches Kosmetikum
zu erwerben ist. Zu den in Betracht kommenden Wirkstoffen zählt beispielsweise das
Botulinumtoxin Typ A (im Folgenden auch als BoNT/A bezeichnet),
gegebenenfalls in Kombination mit Epinephrin oder anderen Substanzen.
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Unter
Applizieren eines Reizes, Effektors, Stressors oder Wirkstoffs (kurz: „Effektor”) wird
jede Art der „Verabreichung” verstanden,
welche dem Fachmann im Zusammenhang mit der vorliegenden Thematik
bekannt oder vorstellbar ist. Beim Wirkstoff zählt insbesondere das Injizieren,
das Auftragen mittels Creme oder Pflaster, die orale Aufnahme oder
Inhalation und dergleichen mehr zu den möglichen Applikationsformen.
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Ein
Referenzpunkt umfasst erfindungsgemäß jede geeignete geometrische
Erscheinung. Der Referenz ”punkt” kann erfindungsgemäß auch eine Kombination
aus verschiedenen, auch gewichteten Strukturen, Einzelpunkten, eine
linienförmige
Erstreckung oder eine Fläche
sein. Eine punktförmige
Ausgestaltung ist nur ein Beispiel.
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Unter
einem Bestimmen des Referenzpunktes wird erfindungsgemäß ein Festlegen
im Sinne eines Zuordnens einer Eigenschaft oder einer Benennung
verstanden. Beispielsweise kann der Augeninnwinkel, der mediane
Canthus, aber auch eine Medianlinie, welche vertikal zwischen den
Augen auf den Nasenrücken
eines gerade stehenden Patienten projiziert wird, als Referenzpunkt
ausgesucht und damit bestimmt werden.
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Die
Körperoberfläche des
Patienten ist zunächst
als dessen Hautoberfläche
zu verstehen. Die Körperoberfläche kann
erfindungsgemäß jedoch auch
Teil einer bildlichen Darstellung sein, mittels welcher das erfindungsgemäße Verfahren
ohne Anwesenheit des Patienten durchgeführt werden kann.
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Beim
erfindungsgemäßen Verfahren
wird wie oben erwähnt
wenigstens ein Betrachtungspunkt auf der Körperoberfläche des Patienten oder in der bildlichen
Darstellung davon bestimmt.
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Dabei
kann der Betrachtungspunkt frei bestimmt werden, wobei er bei der
Durchführung
des erfindungsgemäßen Verfahrens
beispielsweise in einem Hautbereich über einem Muskel liegen kann. Dabei
ist unter wenigstens einem Betrachtungspunkt auch eine Gruppe von
zwei, drei, vier oder mehr Betrachtungspunkten sowie eine Vielzahl
oder eine Mehrzahl solcher Punkte zu verstehen.
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Es
wird darauf hingewiesen, dass es sich beim vorliegenden Verfahren
um ein Verfahren zum Analysieren oder Evaluieren der Wirkung eines
Reizes, Effektors, Stressors oder Wirkstoffs handelt. Eine therapeutische
und/oder diagnostische Wirkung wird durch das Verfahren nicht erzielt.
Auch ist das Verfahren nicht zum Diagnostizieren einer Erkrankung
oder dergleichen vorgesehen.
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Vorteilhafte
Weiterentwicklungen des erfindungsgemäßen Verfahrens sind dabei jeweils
Gegenstand der Unteransprüche.
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Die
Differenz der Abstände
zwischen dem ersten Zeitpunkt und dem zweiten Zeitpunkt kann dabei
erfindungsgemäß beispielsweise
mittels bildlicher Darstellung, insbesondere mittels digitaler Fotografie,
ermittelt werden. Für
das Ermitteln einer Differenz des Abstands im Vergleich zweier Zeitpunkte
können somit
beispielsweise Fotos, insbesondere digitale Fotos, zu verschiedenen
Zeitpunkten angefertigt werden.
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Das
oben beschriebene Gitter kann dabei alkohollöslich, beispielsweise mittels
eines Stempels, auf das Gesicht oder jede andere untersuchte Körperstelle
aufgebracht werden. Auch ein Aufkleben eines insbesondere elastischen
Materials sowie jede andere, dem Fachmann bekannte Vorgehensweise zum
Aufbringen des Gitters bzw. des Referenzsystems – oder Markierungssystems allgemein – ist von der
vorliegenden Erfindung mit umfasst. Dabei kann das Gitter zu jeder
fotografischen oder anders ausgestalteten Untersuchung oder Vermessung
erneut aufgebracht werden. Es ist jedoch auch möglich – insbesondere bei optisch
unauffälligen
Aufbringungen – die
Aufbringung über
den gesamten Untersuchungszeitraum (also über Tage und ggf. Wochen hinweg) auf
der untersuchten Hautstelle zu belassen. Es ist durchaus möglich, das
Markierungssystem auch maschinell durch geeignete Einrichtungen
aufzubringen.
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Das
Markierungs- oder Referenzsystem, welches beispielsweise als ein
Gittersystem oder ein Koordinatensystem ausgestaltet sein kann,
kann dabei beliebig viele Punkte aufweisen, dies impliziert, dass
beliebig viele Punkte auf der Haut hinsichtlich ihrer Verschiebbarkeit
sowie deren Reduzierung durch den oder die Reize, Effektoren, Stressoren oder
Wirkstoffe beurteilbar sind. Dabei ist die Genauigkeit, mit welcher
einzelne Punkte voneinander diskriminiert untersucht werden können, nahezu
beliebig einstellbar durch Anzahl und Größe der gewählten Markierungs- oder Gitterabschnitte.
Als vereinfachende Regel gilt hier, dass eine feinere Unterteilung des
Markierungssystems eine bessere Ortsauflösung und Reproduzierbarkeit
mit sich bringt.
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Die
mit der Erfindung erzielbare Vorteile umfasst u. a. die Möglichkeit,
Langzeitaussagen hinsichtlich der Motilität der durch den Effektor beeinträchtigten
Muskel über
Wochen und Monate nach der Injektion zu erhalten. Das erfindungsgemäße Verfahren
zeichnet sich ferner durch die Genauigkeit von nur wenigen Millimetern
hinsichtlich der Motilität der
vom Wirkstoff beeinflussten Muskeln aus. Es ist daher Verfahren
wie der Elektromyographie und ihrer vergleichsweise geringen räumlichen
Auflösung überlegen.
Es ist darüber
hinaus präziser
als die bisher üblichen
subjektiven Verfahren zur Beurteilung der Wirkung von Effektoren,
beispielsweise von Motilität-hemmenden
Wirkstoffen.
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Mittels
des erfindungsgemäßen Verfahrens ist
es ferner vorteilhaft möglich,
beispielsweise die Haut gezielt entlang des Verlaufs eines einzelnen oder
einiger weniger Muskeln in ihrer Kinetik zu vermessen. Dabei kann
sich der Untersuchende auf Muskeln mit der größeren Wirkungskinetik – also Muskeln,
welche den größten Einfluss
auf die Ausgestaltung von dynamischen Falten und dergleichen haben – beschränken. Eine
Aussage darüber,
ob ein bestimmtes, angedachtes Behandlungsverfahren – beispielsweise
mittels BoNT/A (im Folgenden auch BXT genannt – am individuellen Patienten überhaupt die
gewünschte
Wirkung haben wird, kann daher ggf. bereits nach Injektion von nur
einer Dosis – oder
wenigen Dosen – in
den für
den individuellen Patienten am stärksten an der Faltenbildung
beteiligten Muskel abgeschätzt
werden.
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Die
Kenntnis der Geschwindigkeit, mit welcher erste Wirkungen eines
applizierten, die Motilität hemmenden
Stoffs eintritt, durch Anwendung des vorliegenden Verfahrens kann
bereits eine Dosierungsempfehlung, eine Prognose des Therapieergebnisses
und gegebenenfalls eine frühzeitige
Therapie- und/oder Dosisänderung
nach sich ziehen.
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Ferner
kann mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens
der Bereich der stärksten
Motilität
noch vor dem Behandlungsbeginn erkannt werden. So können beispielsweise
besonders hypermotile Bereiche von weniger motilen Bereichen, in
welchen eine Behandlung zu ästhetisch
weniger markanten Ergebnissen führen
wird, unterschieden werden. Das erfindungsgemäße Verfahren ist somit auch
zur Therapieplanung im Bereich der Ästhetik vorteilhaft einsetzbar.
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Die
erfindungsgemäße Aufgabe
wird ferner gelöst
durch eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 7. Sie wird
ferner gelöst
durch ein digitales Speichermedium mit den Merkmalen des Anspruchs
8, ein Computer-Programm-Produkt mit den Merkmalen des Anspruchs
9 und ein Computer-Programm mit Programmcode mit den Merkmalen des Anspruchs
10.
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Im
Folgenden wird ein Ausführungsbeispiel exemplarisch
beschrieben, wobei die Erfindung hierdurch lediglich erläutert, nicht
aber beschränkt
werden soll. Insbesondere wird darauf hingewiesen, dass die Erfindung
nicht beschränkt
ist auf eine Überprüfung der
Wirkung von Wirkstoffen zur Verringerung der Motilität im Gesicht.
Vielmehr ist das Verfahren auch an anderen Körperbereichen und mit anderen
Effektoren durchführbar.
Wenn im Zusammenhang mit der vorliegenden Erfindung von „Mimik” die Rede
ist, so ist dies rein bezogen auf das folgende Beispiels der Analyse
von Wirkungen eines Effektors im Gesichtsbereich zu verstehen. Zur
Erläuterung des
folgenden Ausführungsbeispiels
wird Bezug genommen auf die beigefügte Zeichnung. In der Zeichnung
gilt:
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1A zeigt
den fronto-glabellaren Bereich einer Patientin im Zustand maximaler
willkürlicher Entspannung
der Gesichtsmuskulatur und Dosisangaben in einem Markierungssystem;
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1B zeigt
die Patientin der 1A mit dem Markierungssystem
und einem eingezeichneten Referenzpunkt (X1,
Y1), einem Betrachtungspunkt (X2,
Y2), einer Medianlinie und jeweils zwei
Vertikalen und Horizontalen, welche sich im Referenzpunkt bzw. im
Betrachtungspunkt schneiden;
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1C zeigt
die Patientin der 1A und 1B bei
maximaler fronto-glabellarer Kontraktion oder Anspannung der entsprechenden
mimischen Muskulatur;
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2A zeigt
die horizontale Hautverschiebung bei maximaler glabellarer Kontraktion
vor Behandlung in Abhängigkeit
von der Entfernung von der Medianlinie in entspanntem Zustand;
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2B zeigt
die mittlere horizontale Hautverschiebung durch maximale glabellare
Kontraktion vor der Applikation des Wirkstoffs;
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3A zeigt
die horizontale Hautverschiebung bei maximaler glabellarer Kontraktion
an verschiedenen Untersuchungstagen;
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3B zeigt
die horizontale Hautverschiebung durch maximale Kontraktion bezogen
auf die Amplitude vor einer Behandlung in Abhängigkeit des Untersuchungszeitpunkts
vor bzw. nach Botulinumtoxin Typ A-Injektion bei 13 Patienten;
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3C zeigt
die horizontale Hautverschiebung durch maximale Kontraktion bezogen
auf die Amplitude vor einer Behandlung in Abhängigkeit von den Tagen nach
einer Botulinumtoxin Typ A-Injektion;
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3D zeigt
die horizontale Hautverschiebung bei maximaler Kontraktion bezogen
auf die Amplitude vor einer Behandlung in Abhängigkeit des Zeitpunkts vor
oder nach einer Botulinumtoxin Typ A-Injektion zwischen 15 bis 45
mm lateral zur Medianlinie;
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4 zeigt
in Tabellenform die maximale horizontale Kontraktion unmittelbar
oberhalb der Augenbraue von 13 Patienten vor Injektion von Botulinumtoxin
Typ A. Die in Klammern angegebenen Prozentzahlen beziehen sich auf
den Abstand von der Medianlinie, welche in Spalte 1 wiedergegeben ist;
und
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5 zeigt
in Tabellenform den Zeitverlauf einer mittleren Verringerung der
durch maximale fronto-glabellare
Kontraktion hervorgerufenen Hautverschiebung, normalisiert auf die
Werte des Tages 0 kurz vor einer Botulinumtoxin Typ A- Injektion, wobei die
Daten von Punkten gewonnen wurden, welche sich zwischen 15 und 45
mm lateral zur Medianlinie unmittelbar oberhalb der Augenbraue befinden,
und wobei die Werte als Durchschnittswerte +/– Standardabweichung und als
Bereichsangaben zwischen Minimum und Maximum von 13 Patienten zu
verstehen sind.
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13
Patienten bzw. Probanden (12 davon weiblich, 1 männlich), von denen 10 Patienten
niemals zuvor BONI/A und 3 Patienten kein BONI/A während der
vorangegangenen 12 Monate erhalten hatten, bekamen im Rahmen von
Routinebehandlungen fronto-glabellar
BoNT/A in standardisierter Dosierung injiziert. Eine Mimik-bedingte
Hautverschiebung wurde mittels digitaler Fotografie vor und während der
Woche nach der Gabe des Toxins dokumentiert. Dabei wurden die Patienten
im rechten und zentralen frontalen Bereich bzw. Stirnbereich mit
eine entfernbaren 0,25 cm2-Gitter der Firma
Thermage Inc., Hayward, Kalifornien markiert, was eine Gitterlänge von
5 mm zwischen zwei Kreuzungspunkten bedeutete. Eine Patientin mit
einem aufgetragenen Gitter ist in 1A zu
erkennen.
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Das
lyophilisierte BONI/A (Xeomin, Merz Pharmaceuticals GmbH, Eckenheimer
Landstrasse 100, 60318 Frankfurt am Main, Deutschland) wurde mit
2,5 ml physiologischer Kochsalzlösung
pro Ampulle von 100 Einheiten in Lösung gebracht und anschließend unter
Verwendung einer 0,3 cc-Insulinspritze mit einer 8 mm langen Nadel
der Größe 30 G intramuskulär injiziert.
Die Dosen wurden wie in 1A zu
erkennen appliziert: in die Medianlinie wurden 4 Einheiten in den
zentralen Abschnitt des Musculus procerus, 2 Einheiten zusätzlich in
die Medianlinie, 15 mm höher,
injiziert. 10 mm über
und 15 mm lateral der ersten Injektion in den M. procerus, nahe
dem medialen Ende der Augenbraue, wurden jeweils 3 Einheiten in
den medialen Teil der rechten und linken Musculi corrigator supercilii
injiziert. Weitere 15 mm lateral und 5 mm nach oben versetzt wurden
wiederum 3 Einheiten von BoNT/A in denselben Muskel injiziert. Die
BoNT/A-Verabreichung wurde durch 3 Einheiten unmittelbar am lateralen
Ende der Augenbraue jeweils in den lateralen und oberen Teil des
Musculus orbicularis oculi abgeschlossen bzw. komplimentiert. Das
Einstrahlen der zuvor genannten mimischen Muskeln in die Gesichtshaut
ist eine Ursache für
eine Entwicklung dynamischer Falten oder Rhytiden im Stirnbereich.
Insgesamt wurde eine moderate Dosis von 18 Einheiten BoNT/A in den
Fronto-Glabellaren- bzw. Stirnbereich injiziert, 6 Einheiten wurden
lateral in beide Augenbrauen injiziert.
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1B zeigt
eine Patientin mit entspanntem fronto-glabellaren Muskeltonus bzw. Stirn-Muskeltonus
und aufgebrachtem Gitter mit zusätzlicher
Markierung der Medianlinie. Vertikale und horizontale schwarze Linien
kreuzen sich am medialen Canthus des rechten Auges im Punkt (X1, Y1), welcher als
Fixpunkt des geometrischen Systems im Ausführungsbeispiel dient. Die Pixelkoordinaten
des rechten medialen Canthus werden von jedem anderen Punkt subtrahiert,
um standardisierte Bedingungen hinsichtlich eventueller Verschiebungen
oder Bewegungen des Gesichts zwischen aufeinander folgenden Fotografien
einer Serie zu erzielen. Vertikale und horizontale schwarze Linien
kreuzen sich im Ausführungsbeispiel
ferner an einem beliebigen Messpunkt von Interesse bzw. Betrachtungspunkt
(X2, Y2) der rechten
Augenbraue. Mittels solcher Linien können auch bei technisch suboptimaler
Aufbringung des Markierungsgitter mit kleineren Lücken, vorteilhaft gegebenenfalls
leicht Extrapolationen durchgeführt werden.
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Diese
beiden zuletzt genannten Punkte sind auch in der Darstellung der 1C,
welche eine maximale Kontraktion der Stirn wiedergibt, zu erkennen. Die
horizontale Bewegung des oberhalb der Augenbraue liegenden Betrachtungspunktes
(X2, Y2) während der
maximalen Stirnkontraktion im Vergleich zu seiner Position unter
entspannten Bedingungen ist im vorliegenden Beispiel die Basis der
Analyse der Wirkung des Wirkstoffs auf die Hautverschiebung durch
das erfindungsgemäße Verfahren,
welches im Folgenden auch SDA genannt wird. Die Amplitude der horizontalen
Bewegung von der entspannten in die kontrahierte Lage wurde als ΔX = X2 (Entspannter Zustand) – X2 (Kontraktion)
berechnet, wobei ΔX
die Dimension von Pixeln des digitalen Fotos hat. Um die Bewegungsamplitude
in mm zu erhalten, muss der Wert für ΔX bezogen auf die Anzahl der
Pixel entlang der Länge
eines jeweils 5 mm langen Gitterabschnitts in jeder einzelnen digitalen
Fotografie normalisiert werden.
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Am
Tag 0 – vor
der Injektion von BoNT/A – und
an den darauf folgenden Tagen 1, 2, 3 und 7 nach Applikation wurde
ein Satz von sechs digitalen Fotografien von jedem Patienten erstellt,
von welcher jeder drei Zyklen entspannter Muskeln und maximaler
Anspannung bzw. Kontraktion umfasst. Die Pixelkoordinaten der interessierenden
Punkte des Markierungssystems wurden für jede Fotografie mittels des
Mauspfeils der kommerziell erhältlichen
Software Windows Vista PaintTM ausgelesen.
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Mittels
der ebenfalls kommerziell erhältlichen Software
Windows Vista ExcelTM wurden statistische Analysen
durchgeführt,
es wurden Mittelwerte und Standardabweichungen sowie p-Werte von
Student-t-Tests berechnet.
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Die
Hautverschiebung aufgrund der Mimik des Patienten bei maximaler
horizontaler Anspannung bzw. Kontraktion des Stirnbereichs zeigte
ausgehend vom Ursprung der Medianlinie eine lineare Korrelation
bis zu 35 mm lateral von Referenz- oder Ursprungspunkt aus betrachtet,
wobei die Amplituden der Kontraktion bei 40 und 45 mm weniger Zunahme
zeigten, wie 2 zu entnehmen ist. Die
Amplitude der maximalen horizontalen Kontraktion bei 15 mm lateral
der Medianlinie zeigte eine individuelle Variabilität in einem
Bereich von 1,9 bis 4,9 mm (13%–33%),
wie 4 zu entnehmen ist, mit einem Durchschnitt von
3,2 mm (21%) und einer Standardabweichung SD +/– 1,0 mm. Diese Werte verdoppelten
sich bei 30 mm lateral der Medianlinie mit einem individuellen Bereich
von 4,5 bis 8,0 mm (13%–28%) und
einem Mittel von 6,5 mm (22%) bei SD +/– 1,4 mm.
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Eine
lineare Regressionsanalyse wurde über die mittleren Kontraktionsamplituden
ausgehend der Medianlinie bis zu 25 mm lateral gemessen ab jener (Tabelle
1, 2B) entlang des linearen Teils des Plots mittels
der Gleichung y = mx + t durchgeführt. Dabei wurde y als die
maximale Kontraktionsamplitude und x als der Abstand zwischen dem
zu analysierenden Punkt bzw. dem Betrachtungspunkt von der Medianlinie
angesetzt, wobei m als 0,22 berechnet wurde. Der Wert t betrug hingegen –0,12 mm,
was die Medianlinie als den wahren Ursprung des Systems bestätigt. Eine
Neigung bzw. Steigung von m = 0,22 bedeutet, dass im linearen Teil
bzw. Bereich der Kurve der Stirnkontraktion die mittlere Hautverschiebung
bezogen auf die Medianlinie bei maximaler Kontraktion 22% des ursprünglichen
Abstandes zur Medianlinie betrug. Das heißt, dass sich ein Punkt, welcher
im entspannten Zustand 30 mm lateral der Medianlinie liegt, bei
maximaler Kontraktion auf eine neue Position bei 23,5 mm (y = 0,22·30 mm – 0,12 mm
= 6,5 mm) lateral der Medianlinie bewegt.
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3A zeigt
die Hautverschiebungsamplituden bei der in 1 dargestellten
Patientin. Die Analyse erfolgte entlang der horizontalen Linie von
Gitterpunkten unmittelbar oberhalb der rechten Augenbraue bezogen
auf deren Abstand von der Medianlinie im entspannten Zustand. 3 zeigt die Kontraktionsamplituden am
Tag 0 vor der BoNT/A-Injektion (auch preTx genannt) und die Verringerung
dieser Amplituden zu den nachfolgenden Tagen 1, 2, 3 und 7. Jedoch
zeigte sich – vergleichbar
mit den variierenden maximalen Hautverschiebungen vor der BoNT/A-Injektion
bei verschiedenen Patienten (2) – eine Variabilität zwischen
den BoNT/A induzierten Verringerungen der Hautverschiebungsamplituden
im Stirnbereich. Um eine bessere Vergleichbarkeit der Daten verschiedener
Patienten bezogen auf die BoNT/A-Aktionskinetik zu erzielen, wurden die
zu den Tagen 1, 2, 3 und 7 erzielten Daten nach der Injektion jeweils
auf die Hautverschiebungsdaten eines jeden Patienten, welche am
Tag 0 vor der Injektion erzielt wurden, normalisiert.
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Die
Reduzierung der Kontraktionsamplituden 30 mm lateral der Medianlinie
ist für
die 13 individuellen Patienten in 3B nach
Normalisierung bezogen auf die Werte des Tages 0 dargestellt. Statistische
Analysen mittels paired double sided t-Tests zeigten, dass bereits
1 Tag nach der Injektion – verglichen
mit dem Tag 0 vor der Behandlung – eine signifikante Blockade
erzielbar war (p = 0,03), wobei die p-Niveaus unter 0,0001 lagen,
wenn gegen Ergebnisse getestet wurde, die zu den Tagen 2, 3 oder 7
nach der Injektion erzielt wurden. Unterschiede zwischen den Patienten
waren erkennbar hinsichtlich des Zeitverlaufs der BoNT/A-Wirkung,
ebenso im Endniveau der Blockade der horizontalen Kontraktion. 3B ist
zu entnehmen, dass Personen mit einer langsameren Antwort hinsichtlich
der Reduzierung der Kontraktionsamplitude nach BoNT/A bei Injektion
schlussendlich auch eine geringere Blockade der horizontalen Kontraktion
aufwiesen, wohingegen schnelle Responder bei der Verringerung der
Kontraktionsamplitude nach BoNT/A-Injektion schließlich auch
eine stärkere
Reduktion der Kontraktionsfähigkeit
auf Werte von unterhalb 20% der ursprünglichen Amplitude vor BoNT/A-Injektion
aufzeigten. Dies zeigt, dass durch Festsetzen, Auswählen oder
Bestimmen eines geeigneten Betrachtungspunktes – dieser kann in Abhängigkeit
der an dynamischen Falten oder Rhytiden beteiligten Muskeln ausgewählt sein – eine frühzeitige
Aussage über
den weiteren Behandlungsverlauf möglich ist. Es können somit
unter Einsatz des erfindungsgemäßen Verfahrens
bei geeigneter Bestimmung wenigstens eines Betrachtungspunktes bereits
zu einem sehr früheren
Zeitpunkt der Behandlung über
deren späteren
Ergebnis Prognosen aufgestellt werden und frühzeitig geeignete Maßnahmen
wie Erhöhung
der Dosierung, Wechsel des injizierten Wirkstoffs, frühzeitig
Abbruch der vielleicht ohnehin nicht viel versprechenden Therapie
zur Vermeidung von Nebeneffekten und dergleichen eingeleitet werden.
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Vergleicht
man die 6 Patienten, bei welchen die geringste Blockade 7 Tage nach
Injektion gemessen wurde, mit den 6 Patienten, bei denen 7 Tage nach
Injektion die stärkste
Blockade gemessen wurde, so zeigt sich, dass am Tag 1 nach der Injektion von
BoNT/A die mittlere Kontraktionsfähigkeit noch immer bei 98 +/– 17% – was am
Tag 1 noch keine Blockade bei einer SD Abweichung der 6 Messwerte von
17% bedeutet – bei
der Gruppe mit niedrigster Blockierung lag, wohingegen die Kontraktionsfähigkeit
in der Gruppe mit starker Blockierung bereits auf 79 +/– 17% verringert
war mit p = 0,08 im doppelseitigen t-Test. Sieben Tage nach der
Injektion von BoNT/A war die Kontraktionsfähigkeit in beiden Gruppen auf
32 +/– 10%
bzw. 4 +/– 7%
bei p = 0,0003 im doppelseitigen t-Test verringert.
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In 4 gibt
die erste Spalte den Abstand des Betrachtungspunktes von der Medianlinie,
die zweite die mittlere Kontraktionsamplitude, die dritte die Standardabweichung,
die vierte die minimale Kontraktionsamplitude und die fünfte die
maximale Kontraktionsamplitude, jeweils in mm, an.
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In 5 gibt
die erste Spalte den Abstand des Betrachtungspunktes von der Medianlinie
in mm an, die zweite, dritte, vierte und fünfte Spalte geben jeweils die
Werte zu Tag 1 (d1), Tag 2 (d2), Tag 3 (d3) und Tag 7 (d7) an.
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Aufgrund
der Eigenschaften der Cosinus-Funktion, welche zur Berechnung von
Korrekturen nach eventuellen Drehbewegungen des Kopfes bzw. Verdrehungen
des Kopfes zwischen aufeinanderfolgen Aufnahmen zum Einsatz kommen
müsste, beeinflussen
solche die genaue Berechnung bzw. Berechnung in angemessener Genauigkeit
der Hautverschiebungen nicht sonderlich. So verursacht beispielsweise
eine Drehung des Kopfes im Uhrzeigersinn um 10° lediglich einen Fehler von
rund 1,5% wenn eine horizontale Hautverschiebung unter Verwendung
des Faktors cos 10° (cos(10°) = 0,9848, Cos(0°) = 1,0)
verwendet wird. Die bekannten Dimensionen des aufgetragenen Gitters
in mm erlaubt zusätzlich
eine Kalibrierung jeder Hautverschiebung aufgrund von Kontraktion
in mm.
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Dabei
kann der mediale Canthus wie im oben wiedergegebenen Ausführungsbeispiel
als Bezugspunkt verwendet werden. Jedoch ist jeder andere Fixpunkt
ebenfalls erfindungsgemäß angedacht. Dieser
kann eine anatomische feste Struktur wie ein Zahn, ein Ohr oder
dergleichen sowie Abschnitte hiervon sein. Erfindungsgemäß ist eine
Prüfung
der Hautverschiebbarkeit durch Mimik gegen einen Fixpunkt wie die
zuvor genannten angedacht. Jedoch kann auch eine Prüfung der
Veränderung
eines Abstands zwischen zwei jeweils der Mimik unterliegenden Punkte
ebenfalls in Betracht gezogen werden. Wie oben bereits erwähnt, ist
die Erfindung dabei jedoch nicht auf die Beurteilung von Wirkungen
eines Wirkstoffs auf die Mimik des Gesichts beschränkt.
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Die
vorliegende Erfindung wurde beschrieben anhand eines Ausführungsbeispiels,
bei welchem Auswertungen nach Injektionen in die Glabella erfolgten.
Das Verfahren ist jedoch nicht auf Untersuchungen nach Applikationen
in diesen Teil des Körpers
beschränkt.
Es kann vielmehr nach Applikation an jedem anderen Körperteil
und jedem anderen Bereich des Körpers,
wie z. B. Bereiche des Gesichts (Mund, Ohren, Augen und dergleichen),
des Halses und dergleichen, vorteilhaft zum Einsatz kommen.
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Dabei
kann bspw. auch die Willkürinnervation
der mimischen Muskulatur (N. facialis) nicht nur wie im vorgestellten Beispiel
durch Blockade der neuromuskulären Übertragung,
sondern auch durch elektromagnetische Felder als Effektoren, die
auf die zuleitenden Nerven wirken, reduziert oder blockiert werden.
Die Wirkung hiervon kann mittels des vorliegenden Verfahrens ebenfalls
vorteilhaft überprüft werden.
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Erfindungsgemäß wird somit
erstmals ein objektivierbares Verfahren zum Ermitteln von Bewegungsamplituden
von Hautbereichen vorgeschlagen, mittels diesem Verfahren ist es
möglich,
Wirkungen von Effektoren wie applizierten Wirkstoffen objektiv zu
bewerten und in ihrer Wirkungskinetik zu beurteilen. Ferner ist
es möglich,
Therapieplanungen bei Einsatz des erfindungsgemäßen Verfahrens zu optimieren.