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Die
vorliegende Erfindung betrifft ein neues in vitro Verfahren zur
Risikostratifizierung von Patienten mit leichten kognitiven Störungen
zum Zweck der Ermittlung von therapiebedürftigen Patienten,
die ein erhöhtes Risiko bezüglich einer Verschlechterung
ihrer ursprünglich leichten kognitiven Störungen
und bezüglich der Entwicklung einer klinisch manifesten
neurodegenerativen Erkrankung vom Typ Alzheimer Demenz aufweisen,
und zu dem Zweck, derartige therapiebedürftige Patienten
einer Therapie mit bestimmten Mitteln zuzuführen, deren
Eignung zu Therapiezwecken im vorliegenden Zusammenhang eine Erkenntnis
ist, die einen wesentlichen Teil der vorliegenden Erfindung darstellt.
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Ferner
betrifft die Erfindung ein Verfahren zur präventiven Behandlung
von aufgrund einer Biomarker-Messung ermittelten bestimmten Risiko-Patienten
mit leichten kognitiven Störungen mit Herz-Kreislauf-Mitteln
zur Verhinderung oder Verzögerung der Ausbildung von klinisch
manifesten neurodegenerativen Störungen von Typ Alzheimer
Demenz bzw. die Verwendung der Wirksubstanzen von Herz-Kreislauf-Mitteln in
einem solchen Verfahren sowie zur Herstellung von Arzneimitteln
für den genannten Zweck der Verhinderung oder Verzögerung
der Ausbildung von klinisch manifesten neurodegenerativen Störungen
vom Typ Alzheimer Demenz.
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Der
Begriff "Risikostratifizierung" (auch "Risikostratifikation" oder
einfach "Stratifikation") bezeichnet in der Medizin das Abschätzen
des Risikos, dass bei einem Patienten, oder bei einer Untergruppe
eines Prüfkollektivs von Patienten, eine Erkrankung fortschreitet
und zu zunehmend ernsteren Komplikationen oder zu einem vorgegebenen
Endpunkt (z. B. Tod aufgrund der Erkrankung) führt. Zum
Zweck einer Risikostratifizierung werden Risikofaktoren oder diagnostisch
relevante Parameter erfasst, von denen bekannt ist, dass sie im
Zusammenhang mit dem Fortschreiten einer Erkrankung und/oder mit
dem Auftreten von Komplikationen stehen. Mit Hilfe verschiedener
statistischer biometrischer Auswertungstechniken in Form von Tabellen,
Algorithmen oder damit arbeitenden Computerprogrammen wird auf der
Basis der erfassten Daten das individuelle Risiko eines Patienten
oder das Risiko einer Patienten-Untergruppe ermittelt.
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Man
kann die Risikostratifizierungen auch als Instrument der Prognose
betrachten, mit dem eine Prognose, zu verstehen als eine bestimmte
Wahrscheinlichkeit, aus Prüfkriterien abgeleitet werden
soll, die sich in vorausgehenden Untersuchungen als für
die jeweilige Fragestellung relevant bzw. valide erwiesen haben, z.
B. um rechtzeitig erforderliche Gegenmaßnahmen einzuleiten,
wenn es für die sich entwickelnden Gesundheitsstörungen
sinnvolle Präventionstherapien gibt, oder um zu vermeiden,
dass auch solche Patienten belastenden und/oder teuren Therapie-
und Präventionsmaßnahmen unterzogen werden, die
derartige Maßnahmen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit überhaupt
nicht benötigen.
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Ein
bekanntes, an spezielle Testbedingungen angepasstes mathematisches
Verfahren zur Risikostratifizierung ist die sog. Kaplan-Meier-Methode
(auch "Kaplan-Meier-Schätzer" oder "Kaplan-Meier-Estimator"), die
z. B. zur Überlebenszeitanalyse dann zur Anwendung kommt,
wenn nicht alle im Test berücksichtigten Testpersonen für
die gesamte Testdauer zu Verfügung stehen, z. B. weil sie
erst später zu dem Patientenkollektiv hinzukommen, aus
diesem ausscheiden, z. B. durch Tod, der nicht auf das untersuchte
Risiko zurückgeht, oder weil sie innerhalb der Testdauer
keine eindeutigen Befunde zeigen.
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Das
genannte Auswerteerfahren, das genauer z. B. in Lehrbüchern
der medizinischen Biometrie beschrieben wird und/oder zu dem sich
unter den genannten Bezeichnungen im Internet Erläuterungen
finden und für dessen Anwendung kommerzielle Computerprogramme
angeboten werden, wird im Rahmen der Auswertung der im nachfolgenden
experimentellen Teil beschriebenen Messung von kreislauf-relevanten
Peptid-Biomarkern im Plasma von solchen Patienten angewandt, für
die eine Erstdiagnose "leichte kognitive Störungen" gestellt
wurde. Bei Anwendung dieses Verfahrens werden sog. "Kaplan-Meier-Plots"
erhalten, wie sie in den meisten Figuren der vorliegenden Anmeldung
gezeigt werden.
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Die
Patienten, für die im Rahmen der vorliegenden Anmeldung
eine retrospektive Abschätzung ihres Anfangsrisikos zur
späteren Entwicklung einer nachgewiesenen klinisch manifesten
neurodegenerativen Erkrankung erfolgte, und bei denen außerdem
aus ihrer Vorgeschichte (Krankenakte) Faktoren ermittelt wurden, die
sich retrospektiv als prognoseverbessernd erwiesen, sind Patienten
mit der Diagnose "leichte kognitive Störungen" (abgekürzt:
LKS). In der englischsprachigen Literatur werden die Kriterien für
eine Feststellung "leichter kognitiver Störungen" in jüngerer
Zeit vor allem unter dem Begriff "mild cognitiv impairment" (abgekürzt:
MCI) abgehandelt. Es wird diesbezüglich beispielsweise
verwiesen auf
Serge Gauthier et al., "Mild cognitive impairment"
in: Lancet 2006, 367: 1262–1270, sowie ergänzend
auf
Ronald C. Petersen et al., "Mild Cognitive Impairment,
Clinical Characterization and Outcome", In: Arch Neurol. 1999, 56:
303–308, oder
Ronald C. Petersen et al.,
"Current Concepts in Mild Cognitive Impairment" in: Arch Neurol.
2001; 58: 1985–1992. Eines der im Zusammenhang
mit der Feststellung eines LKS- oder MCI-Zustands eines Patienten
angewandten Testverfahren ermittelt einen bestimmten, als "Mini
Mental State" (MMS) bezeichneten Kennwert für einen bewerteten
Patienten, vgl.
Marshal F. Folstein et al., "MINI-MENTAL
STATE – a practical method for grading the cognitive state
of patients for the clinician", in: J. psychiat. Res., 1975, 189–198.
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Es
ist bekannt, dass nur bei einem Teil derjenigen Patienten, bei denen
zu einem bestimmten Zeitpunkt auf der Basis eigener Beobachtungen,
oder aufgrund von Beobachtungen ihrer Umwelt, "leichte kognitive
Störungen" (LKS) festgestellt werden bzw. die die Kriterien
für "mild cognitive impairment" (MCI) erfüllen,
in der Folge eine fortschreitende Verschlechterung ihres Zustand
zu beobachten ist. Bestimmte Patienten entwickeln allmählich
das volle klinische Symptombild einer neurodegenerativen Erkrankung,
z. B. einer solchen vom Typ Alzheimer Demenz (AD). Bei anderen entwickelt
sich eine Demenz anderen Typs, z. B. einer vaskuläre Demenz.
Bei einem anderen Teil der LKS- bzw. MCI-Patienten tritt dagegen
keine nennenswerte Verschlechterung auf, und manchmal verschwinden
die ursprünglichen Symptome sogar wieder. Die erstgenannte
Gruppe, bei der sich eine neurodegenerative Erkrankung entwickelt,
wird auch als Gruppe der "Konverter nach Alzheimer" (converter)
bezeichnet, während die letztgenannte Gruppe die Gruppe
der "Nicht-Konverter" (non-converter) bildet.
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Es
wäre bei der beschriebenen Ausgangssituation wünschenswert,
innerhalb der Gruppe der Patienten, für die eine Diagnose
"leichte kognitive Störungen" gestellt wird, bereits bei
der Diagnosestellung das individuelle Risiko, ob die einzelnen Patienten
wahrscheinlich zur Gruppe der "Konverter nach Alzheimer" gehören
oder nicht, abschätzen zu können, damit bei einem
hohen festgestellten Risiko früh mit präventiven
oder therapeutischen Maßnahmen begonnen werden kann (wenn
derartige Maßnahmen überhaupt existieren), während
bei Feststellung eines nur geringen Risikos einer solchen Konversion
unnötige Maßnahmen vermieden werden könnten
und die betroffenen Patienten psychisch erheblich entlastet würden.
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Es
wäre ferner wünschenswert, Patienten, für
die ein erhöhtes Risiko zur Konversion nach Alzheimer besteht,
einer Behandlung zuführen zu können, deren langfristige
Wirksamkeit im Sinne einer Vermeidung oder Verzögerung
einer Konversion gewährleistet ist.
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Der
vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren
zu schaffen, das eine Identifizierung der Gruppe der Konverter nach
Alzheimer mit einer hohen statistischen Wahrscheinlichkeit ermöglicht, und
das ferner eine Basis für die Entscheidung liefert, die
ermittelten Konverter einer wirksamen präventiven Behandlung
zuzuführen.
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Diese
Aufgaben werden durch Verfahren und deren bevorzugte Ausgestaltungen
gelöst, wie sie der Fachmann den Patentansprüchen
entnehmen kann.
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Die
Erfindung verkörpert sich in einem ihrer Aspekte in einem
analytischen in vitro Verfahren, das in einer Gruppe von Patienten,
für die aufgrund klinischer Befunde die Diagnose "leichte
kognitive Störungen" gestellt wurde, bereits bei Diagnosestellung
die Ermittlung der Patienten mit einem hohen Risiko einer späteren
Konversion nach Alzheimer ermöglicht und das es ferner
ermöglicht, für diese Patienten eine konkrete
Therapieempfehlung auszusprechen.
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Im
Rahmen der vorliegenden Erfindung wird daher als eine erste Stufe
ein analytisches in vitro Verfahren zur Ermittlung der Konzentrationen
von kreislaufrelevanten Peptid-Biomarkern in Patientenproben (Plasma,
Serum) angewandt, und bei Ermittlung von Konzentrationen, die im
Vergleich mit entsprechenden Bezugskonzentrationen erhöht
gefunden werden, wird den betreffenden Patienten eine Behandlung
mit Herz-Kreislauf-Mitteln, insbesondere blutdrucksenkenden Mitteln
empfohlen, da die nachfolgend beschriebenen Auswertungen ergaben,
dass eine Behandlung mit blutdrucksenkenden Mitteln das Risiko vermindert, dass
sich eine festgestellte leichte kognitive Störung zu einer
klinisch manifesten neurodegenerativen Erkrankung vom Typ Alzheimer
Demenz (AD) verschlechtert.
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Gemäß einem
anderen ihrer Aspekte betrifft die Erfindung ein Verfahren zur präventiven
Behandlung von Patienten mit leichten kognitiven Störungen,
für die ein als signifikant ermitteltes Risiko zur Verschlechterung
ihres Zustandes unter Ausbildung einer klinisch manifesten neurodegenerativen
Störung von Typ Alzheimer besteht (AD-Risikopatienten),
mit Arzneimitteln, die einen oder mehrere Wirkstoffe von Herz-Kreislauf-Mitteln,
insbesondere von blutdrucksenkenden Mitteln, enthalten.
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Gemäß einem
anderen ihrer Aspekte betrifft die vorliegende Erfindung die Verwendung
von einem oder mehreren Wirkstoffen von Herz-Kreislauf-Mitteln,
insbesondere von blutdrucksenkenden Mitteln, zur präventiven
Behandlung von AD-Risikopatienten bzw. zur Herstellung von Arzneimitteln
für die präventive Behandlung von AD-Risikopatienten.
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Verfahren
zur Diagnose (in einer weitgefassten Definition dieses Begriffs)
von neurodegenerativen Erkrankungen durch Bestimmung von kreislauf-relevanten
(vasoaktiven) Peptiden in z. B. Serum- oder Plasmaproben von einschlägigen
Patienten werden beschrieben in älteren Anmeldungen der
Anmelderin, und zwar insbesondere in
DE 10 2006 023 175 A1 bzw.
WO 2007/131 775 A1 ,
wo eine statistisch relevante Korrelation zwischen der Schwere einer
neurodegenerativen Erkrankung und den in den Patientenproben messbaren Konzentrationen
von natriuretischen Peptiden nachgewiesen wird, sowie in
DE 10 2006 027 818
A1 bzw.
WO 2007/144
194 A1 , wo beschrieben wird, dass eine noch bessere, statistisch
relevantere Korrelation insbesondere dann erhalten wird, wenn man
gleichzeitig mehr als ein vasoaktives Peptid berücksichtigt,
und zwar insbesondere in Form einer Kombination der Konzentrationen
von vasodilatorisch wirkenden Peptiden einerseits und vasokonstriktiv
wirkenden Peptiden in der Patientenprobe andererseits.
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Die
in den genannten älteren Anmeldungen beschriebenen Messungen
erfolgten unter Verwendung von Proben (insbesondere Plasmaproben)
von Patienten, für die bereits eine Diagnose "entwickelte
neurodegenerative Erkrankung" vorlag, oder bei denen wenigstens
der Verdacht bestand, dass sie an einer Frühform einer
solchen Erkrankung litten.
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Die
Messungen wurden nicht für Prognosezwecke ausgewertet,
da die weitere gesundheitliche Entwicklung der einzelnen Patienten,
deren Proben vermessen worden waren, nicht über längere
Zeiträume verfolgt wurde und zu den vorher gemessenen Biomarker-Konzentrationen
in Beziehung gesetzt wurde.
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Die
genannten älteren Anmeldungen enthalten jedoch ausführliche
Diskussionen der anerkannten klinischen Definitionen verschiedener
Typen von neurodegenerativen Erkrankungen, und zur Problematik ihrer zutreffenden
Diagnose. Da die vorliegende Anmeldung mindestens teilweise auf
den in den beiden genannten Anmeldungen beschriebenen Untersuchungsbefunden
aufbaut, wird der interessierte Fachmann zur Ergänzung
der nachfolgenden Ausführungen ausdrücklich auf
den gesamten Inhalt der beiden älteren Anmeldungen verwiesen.
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Wie
erläutert wird, sind neurodegenerative Erkrankungen (Demenzerkrankungen)
generell sich eher langsam entwickelnde, chronische Erkrankungen
von nichtinfektiöser Ätiologie. Die für
eine zuverlässige Diagnosestellung erforderlichen langen
Beobachtungszeiträume stellen sowohl im Hinblick auf die
Diagnose und Prognose als solche, aber auch im Hinblick auf die
Erforschung der genannten Erkrankungen und die Entwicklung wirksamer
Präventions- und Therapiestrategien ein erhebliches Problem
dar.
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Generell
werden als Demenzerkrankungen (Dementia) Krankheiten bezeichnet,
für die ein gemeinsames Merkmal der Verlust erworbener
intellektueller Fähigkeiten, vor allem des Gedächtnisses,
und des normalen Persönlichkeitsniveaus als Folge von Hirnschädigungen
ist. Treten Demenzerscheinungen vor dem hohen Alter bereits im mittleren
Lebensalter auf, werden sie als präsenile Demenz-Erkrankungen
bezeichnet.
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Bei
den Demenzerkrankungen unterscheidet man auf der Basis der für
sie typischen Symptome und der postmortal feststellbaren hirnpathologischen
Veränderungen verschiedene Erkrankungen bzw. Gruppen von
Erkrankungen:
Von diesen ist die Alzheimer Demenz (AD) (Alzheimer
Krankheit; Morbus Alzheimer) die häufigste neurodegenerative
Demenz-Erkrankung, Sie macht 2/3 aller Demenzfälle aus
und stellt auch das praktisch wichtigste Anwendungsgebiet für
die vorliegende Erfindung dar. AD zeichnet sich durch drei wichtige,
allerdings erst post mortem mit Sicherheit feststellbare pathologische
Merkmale aus: die Bildung von Amyloid-Plaques und neurofibrillären
Bündeln sowie den Verlust an Nervenzellen (vgl. ergänzend
die Beschreibungseinleitung zu den o. g. älteren Anmeldungen).
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Weitere
Demenzerkrankungen, die im Rahmen der vorliegenden Anmeldung von
geringerer Bedeutung sind und daher hier nicht im Detail diskutiert
werden, sind die sogenannten vaskulären Demenzen (vascular
dementia; VAD), bei denen eine Demenz aufgrund von Durchblutungsstörungen
im Gehirn entsteht. Es gibt unterschiedliche Typen von VAD, wobei
die Multi-Infarkt-Demenz (MID) und die subcorticale VAD (auch als
Binswanger'sche Erkrankung bezeichnet) die häufigsten Formen
darstellen. Ferner sind der Vollständigkeit halber zu zu
nennen die Demenz mit Lewy-Körperchen (dementia with lewy-bodies:
DLB) und die Frontotemporale Demenz (FTD), auch als Pick'sche Krankheit
bezeichnet.
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Die
für die verschiedenen Demenzerkrankungen typischen Gehirnveränderungen
können an lebenden Patienten naturgemäß nicht
direkt festgestellt werden, und apparatemedizinische Untersuchungen
der Gehirnfunktionen mittels z. B. Röntgen- oder Kernspin-Tomographie
sind aufwändig und teuer. Demenzerkrankungen sind daher
auch heute noch unterdiagnostiziert oder unrichtig diagnostiziert,
und entsprechend mangelhaft sind die Prognosemöglichkeiten
und Therapiemöglichkeiten. Die Arbeiten der Anmelderin
zielen darauf ab, die Diagnose- und Prognosemöglichkeiten
von neurodegenerativen Erkrankungen, insbesondere die Diagnose von
AD, durch Entwicklung von relativ einfach einsetzbaren Messverfahren
zu verbessern, im Rahmen derer in Proben aus dem Kreislauf der Patienten
gut messbare Biomarker bestimmt werden.
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Zu
den vielversprechenden Biomarkern gehören verschiedene
kreislaufrelevante Peptid-Biomarker, von denen man im Rahmen des
Verfahrens der vorliegenden Erfindung vorzugsweise Biomarker in
Form vasodilatorisch wirkender Peptide bestimmt, und zwar insbesondere
natriuretische Peptide wie ANP, BNP und/oder CNP und/oder das Peptid
Adrenomedullin (ADM).
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Die
Bestimmung der Konzentrationen von natriumdiuretischen Peptiden
wird exemplarisch an der Bestimmung der Konzentration von ANP gezeigt.
ANP wird vorzugsweise als Konzentration eines proANP-Fragments mit
Hilfe eines Assays der Anmelderin bestimmt, der einen mittleren
Abschnitt des proANP (MR-proANP) erkennt. Ein solcher Assay ist
beschrieben in
EP 1
562 984 B1 bzw. in:
Nils G. Morgenthaler et al.,
Immunoluminometric Assay for the Midregion of Pro-Atrial Natriuretic
Peptide in Human Plasma, Clinical Chemistry 50: 1, 2004, 234–236.
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Die
Konzentration von Adrenomedullin (ADM) wird vorzugsweise als Konzentration
eines midregionalen proADM-Fragments (MR-proADM) bestimmt, das die
Aminosäuren 45–92 des Prä-Proadrenomedullins umfasst.
Ein geeigneter Assay ist beschrieben in
EP 1 488 209 B1 bzw.
WO 2004/090546 bzw.
in
Nils G. Morgenthaler et al., Measurement of Midregional
Proadrenomedullin in Plasma with an Immunoluminometric Assay, Clinical
Chemistry 51: 10, 2005, 1823–1829.
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Wenn
in dieser Anmeldung ein Begriff wie "Konzentration eines Peptid-Biomarkers"
oder ein ähnlicher Begriff verwendet wird, ist daher nicht,
im Sinne einer einengenden Gleichsetzung, nur die in der biologischen Probe
messbare stationäre Konzentration des eigentlichen vasoaktiven
Peptids gemeint.
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Die
wichtigsten im Rahmen der vorliegenden Erfindung diskutierten pathophysiologisch
freigesetzten eigentlichen vasoaktiven Peptide liegen nur zu einem
geringeren Teil frei bzw. unbehindert messbar in biologischen Flüssigkeiten
vor. Wesentliche Teile der pathophysiologisch freigesetzten eigentlichen
vasoaktiven Peptide werden der biologischen Flüssigkeit
durch Bindung an Rezeptoren und andere Membran- oder Gefäßstrukturen
rasch entzogen und/oder abgebaut.
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Die
Messung von inaktiven, aus den gleichen Vorläufer-Propeptiden
gebildeten Co-Peptiden, wie sie im Rahmen der vorliegenden Erfindung
unter Verwendung der bereits genannten Assays der Anmelderin bevorzugt
erfolgt, spiegelt, anders als die messbare momentane Konzentration
in einer biologischen Flüssigkeit, die Freisetzung der
vasoaktiven Peptide im Sinne von "Wirkkonzentrationen" über
einen längeren Zeitabschnitt wieder und gestattet eine
indirekte Miterfassung auch gebundener oder schnell abgebauter Anteile
des ursprünglich freigesetzten vasoaktiven Peptids. Das
führt in Verbindung mit der höheren Stabilität
solcher Co-Peptide zu höheren messbaren Absolutkonzentrationswerten
für den zu interessierenden Analyten in der biologischen
Flüssigkeit, z. B. in Serum oder Plasma.
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Bei
Erkrankungen mit einem eher chronischen Verlauf ohne plötzliche
Verschlechterungen oder Verbesserungen des Zustands des Patienten,
wie es bei Demenzerkrankungen die Regel ist, besteht allerdings eine
erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich bezüglich
der verschiedenen krankheitsrelevanten Analyten ein nur wenig variabler,
sich nur langsam verändernder stationärer Gesamtzustand
ausbildet. Die stationär in der biologischen Flüssigkeit
des Patienten messbaren Konzentrationen eines aktiven Analyten vom
Typ eines Peptid-Biomarkers, im vorliegenden Falle eines vasoaktiven
Peptids, dürften daher im wesentlichen proportional zu
den über längere Zeiträume pathophysiologisch
freigesetzten Mengen des gleichen Analyten sein, wie sie in Form
des physiologisch inaktiven Co-Peptids gemessen werden können.
Das bedeutet, dass sich die bei der bevorzugten Bestimmung inaktiver
Co-Peptide gemäß der vorliegenden Erfindung feststellbaren Abweichungen
von den Kontrollwerten Gesunder, sowie der krankheitstypische Gang
dieser Abweichungen, auch in den in der Regel niedrigeren stationären
Konzentrationen der aktiven Analyten widerspiegeln sollten, so dass
der konkreten Wahl der gemessenen "Analytenkonzentrationen" kein
entscheidender qualitativer Einfluss auf die diagnostische Auswertung
zukommen sollte.
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Im
Rahmen der vorliegenden Erfindung konnte für Messzwecke
auf eine Sammlung von Proben von Patientenplasmen zurück
gegriffen werden, die Plasmaproben verschiedener individueller Patienten
umfasste, die zum Zeitpunkt der Diagnosestellung "leichte kognitive
Störungen" (t = 0) gewonnen worden waren ("LKS-Patienten").
Die anschließende Entwicklung des Gesundheitszustands der
einzelnen Patienten war über einen Zeitraum von 6 Jahre
dokumentiert.
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Es
wurde gefunden, dass die Konzentrationen der untersuchten Biomarker
in Plasma von LKS-Patienten gegenüber Kontrollpersonen
ohne kognitive Störungen im Mittel erhöht waren,
und dass innerhalb des Bereichs der gefundenen Konzentrationen ein
Cut-Off-Konzentrationswert definiert werden konnte, der eine Unterscheidung
von LKS-Patienten mit einem geringen Risiko zur späteren
Konversion von LKS-Patienten mit einem erheblichen Risiko zur späteren
Konversion nach AD erlaubt. Die Unterscheidung der Patientengruppen wurde
bei gleichzeitiger Betrachtung von zwei Biomarkern noch verbessert.
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Indem
der Erfinder, wie im experimentellen Teil gezeigt werden wird, darüber
hinaus die Messergebnisse gestützt auf die dokumentierten
Krankengeschichten noch zusätzlich daraufhin untersuchte,
ob Patienten, für die keine oder nur eine deutlich verzögerte
spätere Konversion im Sinne der Entwicklung einer klinisch manifesten
neurodegenerativen Erkrankung (Alzheimer Demenz) beobachtet wurde,
bereits aus anderen Gründen einer Behandlung mit bestimmten
Medikamenten oder Medikamententypen unterzogen worden waren, konnte
er feststellen, dass sich offensichtlich eine Behandlung mit Herz-Kreislauf-Mitteln,
insbesondere blutdrucksenkenden Mitteln, positiv auf die Prognose
im Sinne einer Vermeidung oder Verzögerung der "Konversion
nach AD" ausgewirkt hatte.
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Daraus
ergab sich, dass für Patienten mit leichten kognitiven
Störungen bereits bei Diagnosestellung nicht nur eine Risikostratifizierung
möglich ist, sondern dass man den Patienten mit einem ermittelten
erhöhten Konversionsrisiko nach AD auch eine sinnvolle,
derzeit nicht ins Behandlungsrepertoir der einschlägigen
Fachärzte gehörende neue Behandlung empfehlen
kann, nämlich eine Behandlung mit Herz-Kreislauf-Mitteln,
insbesondere blutdrucksenkenden Mitteln.
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Herz-Kreislauf-Mittel
bzw. blutdrucksenkende Mittel im obigen Sinne sind an sich bekannte
Mittel, die klinisch bereits umfangreich getestet wurden. Die heute
therapeutisch bzw. präventiv routinemäßig
eingesetzten blutdrucksenkenden Mittel gehören im Wesentlichen
zu vier unterschiedlichen Medikamententypen, nämlich insbesondere
zu Medikamenten aus der Gruppe der Hemmer des "Angiotensin Converting
Enzyms" (ACE-Hemmer), der Angiotension-II-Rezeptor-Antagonisten
(der "Sartane"), der Betablocker und der zur Blutdrucksenkung eingesetzten
Diuretika.
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Nähere
Einzelheiten zu den heute eingesetzten Typen dieser Medikamente
bzw. den einzelnen der in großem Umfang verschriebenen
Vertreter der genannten Wirkstoffklassen lassen sich der sehr umfangreichen Fachliteratur
entnehmen, die sich mit Maßnahmen zur Senkung des Blutdrucks
von Patienten mit erhöhtem Blutdruck befasst.
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Lediglich
beispielhaft werden genannt als Vertreter der ACE-Hemmer die Arzneistoffe
Captopril, Enalapril, Lisinopril und Ramipril, als Vertreter der
Angiotension-II-Rezeptor-Subtyp-1-Antagonisten (AT1-Antagonisten;
Sartane) die Arzneistoffe Losartan, Valsartan, Candesartan, Irbesartan,
Telmisartan, Eprosartan und Olmesartan, und als Diuretika insbesondere
die sogenannten Thiazid-Diuretika wie Hydrochlorothiazid und die Thiazid-Analoga
wie Clorthalidon, Clopramid, Indepramid, Metolazon, Xipramid und
Mefrusid.
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Die
nachfolgende Tabelle 1 fasst die Grundinformationen zu den verschiedenen
Medikamententypen und ihren Wirkmechanismen kurz zusammen: Tabelle
1:
Medikament | Wirkung |
| Sie
blockieren die Wirkung des körpereigenen Proteins ACE,
das für die Herstellung des Hormons Angiotensin-II (AT-II)
verantwortlich ist. AT-II verengt die Blutgefäße
und hält den Blutdruck hoch. Durch die Verringerung der
ATII-Konzentration im Körper bleiben die Blutgefäße
auf Dauer erweitert und der Blutdruck sinkt. |
ACE-Hemmer | Das
Herz muss gegen einen geringeren Widerstand arbeiten und wird entlastet. Zudem
können sie einen krankhaften Umbau des Herzmuskels verlangsamen. ACE-Hemmer
verbessern die Prognose der Herzinsuffizienz und sind gut verträglich.
Häufig tritt Hustenreiz auf, der aber harmlos ist. |
Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten | Sie
werden auch als "Sartane" bezeichnet und kompetieren mit Angiotensin-II
um die Bindungsstellen des zugehörigen Rezeptors. Sie werden
von verschiedenen Patienten besser vertragen bzw. zeigen bei verschiedenen
Patienten eine bessere Wirkung als ACE-Hemmer und werden eingesetzt,
wenn ein Patient keine ACE-Hemmer verträgt oder diese bei
ihm nicht die gewünschte Wirkung zeigen. |
Betablocker | Sie
reduzieren die Wirkung der Stresshormone (Katecholamine) am Herzen. Stresshormone
werden bei Herzinsuffizienz vermehrt ausgeschüttet und
können zu Herzrhythmusstörungen führen.
Betablocker verbessern die Prognose, da sie lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen
vorbeugen. |
Diuretika | Spezielle
harntreibende Medikamente (Aldosteron-Antagonisten) verbessern die Prognose
bei fortgeschrittenem Stadium. Die genaue Wirkungsweise ist bisher unklar. |
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Nachfolgend
im experimentellen Teil werden die Messungen, die der vorliegenden
Erfindung zugrunde liegen, und die zugehörigen Auswertungen
der Messergebnisse unter Bezugnahme auf mehrere Figuren und Tabellen
noch näher erläutert.
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Dabei
wird auf zehn Figuren (Diagramme) Bezug genommen, deren Inhalt nachfolgend
erläutert wird:
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1 zeigt
einen sogenannten Kaplan-Meier-Plot, in dem die Entwicklung des
Gesundheitszustands, im Sinne einer Konversion nach Alzheimer, d.
h. einer Entwicklung einer AD, des Messkollektivs von 131 Patienten
mit der ursprünglichen Diagnosestellung "leichte kognitive
Störungen" auf der Basis der rein klinischen Diagnose über
einen Zeitraum von mehr als sechs Jahren dargestellt ist. Im überwachten
Zeitraum entwickelten 57 der 131 Patienten eine klinisch manifeste
Alzheimer-Demenz (AD).
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2 zeigt
die in den Plasmaproben der Patientengruppe aus 1 gemessenen
Konzentrationen für den Peptid-Biomarker MR-proADM bei
Diagnosestellung (t = 0), getrennt für die späteren
Konverter nach Alzheimer (AD Konverter), die Nicht-Konverter und
Konverter nach anderen "Nicht-AD" Demenzformen.
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3 zeigt
die in den Plasmaproben der Patientengruppe aus 1 gemessenen
Konzentrationen für den Peptid-Biomarker MR-proANP bei
Diagnosestellung (t = 0), getrennt für die späteren
Konverter nach Alzheimer (AD Konverter), die Nicht-Konverter und
Konverter nach anderen "Nicht-AD" Demenzformen.
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4 zeigt
einen Kaplan-Meier-Plot für die Konvertierung nach AD für
zwei Gruppen von Patienten einmal mit einer gemessenen MR-proANP
Konzentration, die über dem Cut-Off-Wert, von 74 pmol/l
(größer 74) lag, und zum anderen mit einer unter
dem genannten Cut-Off-Wert liegenden Konzentration (kleiner 74).
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5 zeigt
einen Kaplan-Meier-Plot für die Konvertierung nach AD für
zwei Gruppen von Patienten einmal mit einer gemessenen MR-proADM
Konzentration, die über dem Cut-Off-Wert von mehr als 0,62
nmol/l (größer 0,62) lag, und zum anderen mit
einer unter dem genannten Cut-Off-Wert liegenden Konzentration (kleiner
0,62).
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6 zeigt
einen Kaplan-Meier-Plot für die Konvertierung nach AD von
Patienten, wobei die Plasmakonzentrationen für beide Peptid-Biomarker
MR-proANP und pro-ADM gleichzeitig berücksichtigt wurden,
und zwar unterschieden nach Patientengruppen, bei denen (a) die
Konzentrationen für beide Biomarker unter den in den 4 und 5 angegebenen
Cut-Off-Werten lagen (beide niedrig), (b) nur eine der Konzentrationen unter
einem der in den 4 und 5 angegebenen
Cut-Off-Wert lag (dazwischenliegend), und (c) die Konzentrationen
für beide Biomarker über den in den 4 und 5 angegebenen
Cut-Off-Werten lagen (beide hoch).
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7 zeigt
die klinisch diagnostizierte Konvertierung nach AD der 131 LKS-Patienten
getrennt einerseits nach Patienten, die laut ihrer Krankenakte vor
Diagnosestellung mit Herz-Kreislauf-Mitteln behandelt worden waren
(behandelt), und andererseits nach Patienten, für die keine
derartige Vorbehandlung dokumentiert war. Es ist auf der Basis einer
solchen Auswertung kein signifikanter Unterschied zwischen den genannten
Patientengruppen feststellbar.
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8 zeigt
die klinisch diagnostizierte Konvertierung nach AD einer Untergruppe
von 108 Patienten von den 131 ursprünglichen LKS-Patienten,
für die ein MR-proADM-Wert über dem Cut-Off von
0,62 nmol/l gemessen worden war, getrennt einerseits nach Patienten,
die laut ihrer Krankenakte vor Diagnosestellung mit Herz-Kreislauf-Mitteln
behandelt worden waren (behandelt), und andererseits nach Patienten,
für die keine derartige Vorbehandlung dokumentiert war
(unbehandelt).
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9 zeigt
die klinisch diagnostizierte Konvertierung nach AD einer Untergruppe
von 92 Patienten von den 131 ursprünglichen LKS-Patienten,
für die ein MR-proANP-Wert über dem Cut-Off von
74 pmol/l gemessen worden war, getrennt einerseits nach Patienten,
die laut ihrer Krankenakte vor Diagnosestellung mit Herz-Kreislauf-Mitteln
behandelt worden waren (behandelt), und andererseits nach Patienten,
für die keine derartige Vorbehandlung dokumentiert war
(unbehandelt).
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10 zeigt
die klinisch diagnostizierte Konvertierung nach AD einer Untergruppe
derjenigen 85 Patienten von den 131 ursprünglichen LKS-Patienten,
für die sowohl ein MR-proANP-Wert über dem Cut-Off
von 74 pmol/l als auch ein MR-proADM-Wert über dem Cut-Off
von 0,62 nmol/l gemessen worden war, getrennt einerseits nach Patienten,
die laut ihrer Krankenakte vor Diagnosestellung mit Herz-Kreislauf-Mitteln
behandelt worden waren (behandelt), und andererseits nach Patienten,
für die keine derartige Vorbehandlung dokumentiert war
(unbehandelt).
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Experimenteller Teil
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Patientenkollektiv:
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Von
131 Patienten mit der Diagnose leichte kognitive Störungen
(LKS bzw. MCI) und einem Altersmedian von 71,5 Jahren (n = 131)
wurden bei der ersten Diagnosestellung (t = 0) EDTA-Blut-Proben
gewonnen, und daraus wurden EDTA-Plasma-Proben als Untersuchungsmaterial
für Biomarker-Messungen generiert.
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Die
Patienten wurden in den folgenden 6 Jahren in 6-Monats-Abständen
regelmäßig untersucht. Es wurde jedes Mal festgehalten,
ob eine Konversion zu einer klinisch manifesten neurodegenerativen
Erkrankung (Alzheimer Demenz, vaskuläre Demenz) eingetreten
war.
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Alzheimer-Demenz
wurde diagnostiziert nach den NINCDS-ADRDA Kriterien (McKhann
et al., Neurology 1984; 34: 939–944). MCI wurde diagnostiziert
nach den Kriterien von Petersen (Arch Neurol 1999; 56: 303–308).
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Im
Beobachtungszeitraum entwickelten von den 131 Patienten 75 Patienten
(Konverter) eine dokumentierte Neurodegeneration (n = 60 Alzheimer
Demenz; n = 15 vaskuläre Demenz), 56 Patienten (Nicht-Konverter)
verblieben im LKS-Status.
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1 zeigt
die genannten Befunde für das gesamte Patientenkollektiv
in Form eines nur auf der klinischen Diagnose basierenden Kaplan-Meier-Plots.
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Tabelle
2 zeigt die Zahlen der LKS-Patienten (Patienten mit einem Risiko
zur Entwicklung einer Demenz) und deren klinische Entwicklung im
Untersuchungszeitraum, und zar ausgedrückt als Zahl der
Patienten, die eine Konvertierung nach Alzheimer zeigten (AD Konverter),
die eine Konvertierung nach einer anderen Demenzform zeigten (Nicht
AD Konverter), die keinerlei Konvertierung zeigten (Nicht-Konverter)
sowie den prozentualen Anteilen der AD-Konverter, bezogen auf die
Zahl der Patienten in der Studie. Tabelle 2 Konvertierung nach Alzheimer (AD)
| Einschluss | 12 Monate | 24 Monate | 36 Monate | 48 Monate | 60 Monate |
Patienten in der Studie | 131 | 131 | 131 | 131 | 125 | 106 |
AD Konverter | 0 | 6 | 27 | 41 | 50 | 57 |
Nicht AD Konverter | 0 | 3 | 8 | 17 | 17 | 18 |
Nicht-Konverter | 131 | 122 | 96 | 73 | 58 | 31 |
Anteil AD Konverter* | 0% | 4,6% | 20,6% | 31,3% | 40,0% | 53,8% |
- *Berechnet im Bezug auf Patienten in der
Studie
-
Biomarker-Messungen/Assaybeschreibung
und Auswertung
-
In
den EDTA-Plasma-Proben, die bei Diagnosestellung gewonnen worden
waren, wurden mit Assays der Anmelderin die Konzentrationen der
Peptid-Biomarker MR-proANP und MR-proADM gemessen.
-
Die
Messung von MR-proANP im Plasma erfolgte mit einem immunoluminometrischen
Sandwichassay im wesentlichen so, wie im experimentellen Teil der
o. g.
WO 2004/046181 beschrieben
wird.
-
Die
Messung von MR-proADM im Plasma erfolgte mit einem immunoluminometrischen
Sandwichassay im wesentlichen so, wie im experimentellen Teil der
o. g.
WO 2004/090546 beschrieben
wird.
-
Wie
in den genannten älteren Patentanmeldungen gezeigt wurde,
werden für Gesunde (60 symptomfreie Kontrollpersonen, die
weder Symptome kognitiver Störungen zeigten noch an irgendeiner
anderen erkennbaren Erkrankung litten, für die bekannt
ist, dass bei ihr der jeweilige Biomarker-Analyt erhöht
gemessen werden kann), Mediane für die gemessene Konzentrationen
wie folgt ermittelt:
MR-proANP = 62,3 pmol/l
MR-proADM
= 0,60 nmol/l.
-
Auswertungen
-
Die
im bei Diagnosestellung gewonnenen Plasma der 131 LKS-Patienten
gemessenen Konzentrationen der Peptid-Biomarker sind in den 2 (für
MR-proADM) bzw. in 3 (für MR-proANP) aufgetragen,
und zwar jeweils getrennt nach späteren Konvertern nach
AD, Konvertern nach anderen Demenzen (nach vaskulärer Demenz)
und Nicht-Konvertern.
-
Es
wurde gefunden, dass sich für beide Biomarker bereits bei
der ersten Diagnosestellung die Mediane für die Gruppen
der verschiedenen Konverter und der Nicht-Konverter signifikant
unterscheiden.
-
Wie
in der nachfolgenden Tabelle 3 zusammenfassend gezeigt wird, sind
die Mediane der für spätere Konverter gemessenen
Konzentrationswerte für beide Biomarker signifikant erhöht. Tabelle 3
| MR-proADM | MR-proANP |
Nicht-Konverter | 0,71 nmol/l | 73 pmol/l |
Nicht AD Konverter | 0,99 nmol/l | 125 pmol/l |
AD Konverter | 0,83 nmol/l | 113 pmol/l |
-
Die
Ermittlung eines für die weitere Auswertung optimalen Cut-Off-Werts
für den jeweiligen Biomarker erfolgte auf der Basis von
sogenannten ROC-Plots (nicht gezeigt). Es wurde gefunden, dass die
Cut-Off-Werte teilweise nur relativ geringfügig über
den für Kontrollpersonen ermittelten Medianen liegen können.
-
Die 4 und 5 zeigen
die Kaplan-Meier-Plots, die bei Anwendung der obigen Cut-Off-Werte
auf das Kollektiv von LKS-Patienten erhalten werden, aufgeteilt
nach Patientengruppen mit Konzentrationswerten für den
angegebenen Peptid-Biomarker über dem jeweiligen Cut-Off
(größer), und solchen darunter (kleiner).
-
Wie
die 4 und 5 erkennen lassen, besteht bei
Messung von MR-proANP- bzw. MR-proADM-Konzentrationen im Plasma
von LKS-Patienten, die bei der ersten Diagnosestellung über
den für die genannten Assays ermittelten Cut-Off-Werten
liegen, für die jeweiligen Patienten eine erheblich höhere Wahrscheinlichkeit
zur späteren Konversion als bei niedrigeren Werten.
-
Das
Risiko der Entwicklung von Neurodegenerationen vom Typ Alzheimer
Demenz ist somit mit der Erhöhung der ausgewählten
Blutmarker assoziiert. Von den Patienten, für die MR-proADM
Konzentrationen im Plasma unter dem Cut-Off von 0,62 nmol/l MR-proADM
gemessen wurden, entwickelten nur 17,4% eine AD-Erkrankung, wohingegen
60,1% der Patienten mit Werten über dem genannten Cut-Off
nach AD konvertierten. Das Risiko der Konversion liegt bei Konzentrationen über
dem Cut-Off somit etwa 3,45 mal höher.
-
Analog
konvertierten 67,1% der Patienten mit Werten über dem Cut-Off
von 74 pmol/l für MR-proANP und nur 18,2% derjenigen Patienten,
für die darunter liegende MR-proANP-Konzentrationen gemessen
wurden; das Risiko erhöht sich somit für Patienten
mit MR-proANP-Konzentrationswerten über dem Cut-Off um den
Faktor von etwa 3,7.
-
Durch
Kombination von Biomarkern lassen sich die Risikoprognosen noch
weiter verbessern: Exemplarisch wurden bei der Auswertung der obigen
Messergebnisse daher 3 Patientengruppen gebildet: a) Patienten mit
beiden Markern unterhalb der gewählten Cut-Off-Werte, b)
Patienten mit einem der Marker über dem entsprechenden
Cut-Off, und c) Patienten mit beiden Markern über den jeweiligen
Cut-Off-Werten. 6 zeigt die bei einer solchen
Auswertung erhaltene Kaplan-Meier-Darstellung.
-
Wie 6 zu
entnehmen ist, ergibt sich, wenn man beide Biomarker gemeinsam berücksichtigt,
dass Patienten, bei denen bei Diagnosestellung (t = 0) beide Biomarker
unter den jeweiligen Cut-Off-Werten gefunden werden, mit sehr hoher
Wahrscheinlichkeit zur Gruppe der Nicht-Konverter gehören,
während dann, wenn beide Biomarker gleichzeitig über
den entsprechenden Cut-Off-Werten gefunden werden, für
einen solchen Patienten die Wahrscheinlichkeit einer Konversion
nach AD innerhalb von 5 Jahren sehr hoch ist.
-
Das
relative Risiko der Entwicklung einer manifesten Neurodegeneration
vom Typ AD zwischen der Gruppe "beide Marker unterhalb Cut-Off"
(6,8% Konversion) und "beide Marker über Cut-Off" (69%
Konversion) erhöht sich auf etwa 11.
-
Auswertung unter Berücksichtigung
von Vorbehandlungen der Patienten mit Herz-Kreislauf-Mitteln
-
Die
gemessenen Biomarker ADM und ANP, deren Freisetzung in die Zirkulation
indirekt anhand der MR-proANP- bzw. MR-proADM-Fragmente gemessen
wurde, sind bekannt als Herzinsuffizienz-Biomarker. Somit ergibt
sich eine starke Assoziation zwischen Herzinsuffizienz-Biomarker-Erhöhungen
und der Entwicklung von neurodegenerativen Erkrankungen, vor allem
der Alzheimer Demenz. Die Korrelation zeigt sich allerdings auf
einem überraschend niedrigen Niveau der Biomarker-Konzentrationen,
die innerhalb der für die jeweiligen Marker ermittelten
Streuungen der "Normalkonzentrationen" liegen. Es handelt sich somit
um eher geringfügige Erhöhungen der betrachteten
Marker. Daraus zurück schließend wurde der Schluss
gezogen, dass bei Patienten, die später eine Neurodegeneration,
insbesondere vom Typ AD, entwickeln, auch eine zwar nur geringe,
aber kontinuierliche Verschlechterung der Kreislaufleistungsfähigkeit
zu beobachten ist.
-
Hieraus
entwickelte der Erfinder die Hypothese, dass eine Stabilisierung
des Kreislaufs von LKS-Patienten mit leicht erhöhten kreislaufrelevanten
Peptid-Biomarker-Konzentrationen im Sinne einer Verhinderung oder
Verzögerung der Konversion wirksam sein könnte.
-
Untersucht
man jedoch – ausgehend von den nachfolgend obigen Überlegungen – die
Entwicklung aller 131 LKS-Patienten bezüglich der Ausbildung
einer klinisch manifesten Alzheimer Demenz (AD) unter Berücksichtigung
des Aspekts "vor Diagnosestellung mit Herz-Kreislauf-Mitteln vorbehandelt"
und "vor Diagnosestellung nicht mit Herz-Kreislauf-Mitteln vorbehandelt",
so können keine signifikanten Unterschiede zwischen den
beiden Patientengruppen festgestellt werden. Es wird hierzu auf 7 verwiesen.
-
Die
Lage ändert sich jedoch, wenn man nicht alle LKS-Patienten
berücksichtigt, sonder nur diejenigen, für die
in den obigen Biomarker-Messungen Plasmakonzentrationen für
die vermessenen kreislauf-relevanten Biomarker über den
jeweiligen Cut-Off-Werten ermittelt worden.
-
Untersucht
man anhand der dokumentierten Krankengeschichten der LKS-Patienten
des untersuchten Patientenkollektivs, wie viele von denjenigen Patienten,
die bei Stellung der Diagnose "LKS" in ihrem Plasma Konzentrationswerte
für einen oder beide der untersuchten Peptid-Biomarker
MR-proANP und/oder MR-proADM über den gewählten
Cut-Off-Werten aufwiesen, aus anderen Gründen bereits mit
mindestens einem Medikament von den in der obigen Tabelle 1 aufgelisteten
Medikamenten vorbehandelt worden waren, und inwieweit sich eine
solche Behandlung in den genannten Patientengruppen in den beobachteten
AD-Konversionsraten widerspiegelt, findet man deutliche Korrelationen
in dem Sinne, dass Patienten, bei denen einer oder beide der vermessenen
kreislauf-relevanten Biomarker bei der Stellung der Diagnose LKS
erhöht gefunden wurde(n) und die mit Medikamenten der genannten
Klasse der Herz-Kreislauf-Medikamente vorbehandelt worden waren,
eine signifikant geringere Konversion nach AD zeigten als entsprechende
Patienten, die keine entsprechende Vorbehandlung erhalten hatten.
-
Die
nachfolgenden Tabellen 4, 5 und 6 fasst die Ergebnisse einer solchen
Auswertung der Patientendaten zusammen, und zwar einmal bei Berücksichtigung
nur von Patienten, für die MR-proANP erhöht gefunden
worden war (Tabelle 4), für die MR-proADM erhöht
gefunden worden war (Tabelle 5), und ferner von Patienten, für
die beide Biomarker erhöht gefunden worden waren. Tabelle 4 Konvertierung nach Alzheimer (AD), MR-proANP > 74 pmol/l
| Behandelt | Unbehandelt
55 |
Gesamt | 37 | 5 |
AD
Konverter | 15 | 3 |
Anteil
AD Konverter | 41% | 64% |
- Konvertierung nach AD unter Behandlung
bei Patienten mit MR-proANP > 74,
p = 0,035
- Reduktion Konvertierung nach AD bei Behandlung: 35,9%
Tabelle 5 Konvertierung nach Alzheimer (AD), MR-proADM > 0,62 nmol/l | Behandelt | Unbehandelt |
Gesamt | 43 | 65 |
AD
Konverter | 16 | 37 |
Anteil
AD Konverter | 37% | 43% |
- Konvertierung nach AD unter Behandlung
bei Patienten mit MR-proADM > 0,62,
p = 0,051
- Reduktion Konvertierung nach AD bei Behandlung: 14,0%
Tabelle 6 Konvertierung nach Alzheimer (AD), MR-proANP > 74 pmol/l und gleichzeitig
MR-proADM > 0,62 nmol/l | Behandelt | Unbehandelt |
Gesamt | 35 | 50 |
AD
Konverter | 14 | 33 |
Anteil
AD Konverter | 40% | 66% |
- Konvertierung nach Alzheimer (AD) bei mit
MR-proANP > 74 und
MR-proADM > 0,62,
p = 0,026
- Reduktion Konvertierung nach AD bei Behandlung: 39,4%
-
Der
Inhalt der Tabellen 4, 5 und 6 ist graphisch in den 8, 9 bzw. 10 in
Form von Kaplan-Meier-Plots gezeigt.
-
Den
Tabellen bzw. den zugehörigen Figuren ist zu entnehmen,
dass die Konversionsrate nach AD von medikamentös vorbehandelten
Patienten, für die bei Diagnosestellung an sich über
den festgesetzten Cut-Off-Werten liegende Plasmakonzentrationen
der gemessenen Peptid-Biomarker gefunden wurden, sehr viel niedriger
lag, d. h. dass sich weniger klinisch manifeste AD-Erkrankungen
entwickelten, als im Falle vergleichbarer Patienten, die jedoch
keine vorherige medikamentöse Behandlung erhalten hatten.
-
Hieraus
lassen sich erhebliche Verbesserungen der Prognose von Patienten
mit LKS (bzw. MCI), für die (leicht) erhöhte kreislauf-relevante
Biomarker gemessen werden können, ableiten, wenn man solche
Patienten rechtzeitig mit einem oder mehreren Herz-Kreislauf-Medikamenten
(blutdrucksenkenden Mitteln; Mitteln zur Behandlung der Herzinsuffizienz)
behandelt.
-
Folglich
kann gemäß der vorliegenden Erfindung für
LKS-Patienten, bei denen bei einer vorherigen in vitro Analyse im
Plasma erhöhte Werte für Peptid-Biomarker (ANP;
ADM) gefunden wurden, d. h. für an sich eine eher schlechte
Prognose besteht, auch direkt eine Behandlung mit Herz-Kreislauf-Medikamenten
empfohlen werden, da diese das an sich festgestellte Konversionsrisiko
nach AD absenken kann.
-
Die
Erfindung betrifft somit auch eine Methode zur Prognose und Therapie
leichter kognitiver Störungen bzw. Verfahren zur Identifizierung
von therapiebedürftigen Patienten und zur präventiven
Behandlung derartiger Patienten mit leichten kognitiven Störungen.
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
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-
Zitierte Patentliteratur
-
- - DE 102006023175
A1 [0017]
- - WO 2007/131775 A1 [0017]
- - DE 102006027818 A1 [0017]
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- - EP 1562984 B1 [0027]
- - EP 1488209 B1 [0028]
- - WO 2004/090546 [0028, 0061]
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