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HINTERGRUND DER ERFINDUNG
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1. TECHNISCHES GEBIET
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Die
Erfindung betrifft Clindamycin zur Verwendung bei der Behandlung
oder Vorbeugung der durch anaerobe und grampositive aerobe Keime
verursachten bakteriellen Vaginosis (BV), sowie eine Darreichungsform
zur Verabreichung von Clindamycin und ein Kit zur Herstellung einer
solchen Darreichungsform.
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Inzidenz
und Prävalenz von Geschlechtskrankheiten (sexuell transmitted
diseases/STD) nehmen weltweit zu. Zu den Risikogruppen zählen:
Junge Frauen (15–35 Jahre), wechselnde Sexualpartner, kein
Kondomgebrauch, Geschlechtskrankheiten in der Anamnese. Neben Neisser
gonorrhoeae ist Chlamydia trachomatis der häufigste bakterielle
Erreger von Genitalinfektionen (Inzidenzen: Deutschland = 1,2 Mio.
pro Jahr; Welt = > 90
Mio. pro Jahr). Insbesondere asymptomatische Chlamydieninfektionen bilden
bei häufig wechselnden Sexualpartnern eine permanente Kontamination-
und Infektionsquelle. Chlamydieninfektionen des Genitaltrakts sind
die weltweit häufigste Ursache von Sterilität
bei der Frau (vgl.: http://www.infekt.ch/updown/vortrag/inf04_chlam.pdf; http://www.bashh.org/guidelines/2005/pid_v4_0205.pdf; Infect
Dis Obstet Gynecol. 2002; 10(3): 133–140; "Does pre- and
postoperative metronidazole treatment lower vaginal cuff infection
rate after abdominal hysterectomy among women with bacterial vaginosis?",
Per-Göran Larsson and Bodil Carlsson, Department of Obstetrics
and Gynecology, Kärnsjukhuset, S-541 85 Skövde,
Sweden.; „Human lactobacilli as supplementation
of cindamycin to patients with bacterial vaginosis reduce the recurrence
rate; a 6-month, double-blind, randomized, placebo-controlled study." Per-Goran
Larsson, Babill Stray-Pedersen, Kjeld R Ryttig and Stig Larsen,
BMC Women's Health 2008, 8:3doi:10.1186/1472-6874-8-3, 15 January
2008).
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Bis
zu 90% der Chlamydienträgerinnen sind asymptomatisch, oder
sie deuten infektbedingte Symptome fälschlich als Menstruationsbeschwerden;
viele meiden Arztbesuche, und oft wird beim Arztbesuch nicht daran
gedacht bzw. der Abstrich vaginal – nicht jedoch endozervikal
vorgenommen. 30% der weiblichen Sterilitäten in der Schweiz
sind auf infektbedingte, tuboperitoneale Störungen zurückzuführen,
die nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wurden.
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2. STAND DER TECHNIK
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Die
Anwendung von Clindamycin Salbe/Creme intravaginal ist gängige
Praxis bei Frauen mit bakteriellen Vaginosen, deren Diagnosen werden mithilfe
der AMSEL-Kriterien (Amsel et al., 1983) vorgenommen,
die jedoch keine ätiologische und topografische Zuordnung
verlangen; einzig das Vorliegen von mindestens drei der vier AMSEL-Symptome
erlaubt die Verdachtsdiagnose:
- 1. dünne,
weiße, homogene Ausscheidungen;
- 2. Hinweiszellen bei der Mikroskopie;
- 3. pH-Wert der Scheidenflüssigkeit > 4.5;
- 4. Freisetzen eines fischigen Geruches beim Zusatz von Lauge
(10% KOH).
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Clindamycin
ist 7-Chlor-7-desoxy-lincomycin, ein Derivat des aus Streptomyces
lincolnensis gewonnenen Lincomycins der Formel I
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Es
ist zum Beispiel aus der US Patentschrift
US 3,496,163 bekannt. Verschiedene
topische Darreichungsformen werden in der Europäischen
Patentschrift
EP 1 345
765 B und der internationalen Patentanmeldung
WO 2004/064833 beschrieben.
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Clindamycin
hemmt durch Bindung an die 50S-Untereinheit bakterieller Ribosomen
die Proteinsynthese dieser Bakterien. Der Wirkstoff erreicht bei lokaler
Anwendung die Minimale Hemmkonzentration MHK-90 gegen anaerobe und
grampostive aerobe Keime und wirkt so bakteriostatisch und bakterizid.
Clindamycin ist u. a. für Entzündungen der weiblichen
Geschlechtsorgane zugelassen.
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Kommerziell
erhältliche Clindamycin Fertigpräparate sind z.
B. z. B. Dalacin, Clinda, Dalacin V 2%, Dentomycin, Turimycin, Clin-Sanorania,
Juctaclin, Sobelin, Cleorobe und Zindaclin.
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Salben/Cremes
zur Therapie von Genitalinfektionen sind bisher gemäss
Herstellerangaben intravaginal anzuwenden. Bakterien, die sich mehrheitlich
intrazellulär und hier insbesondere im Epithel des Zerivkalkanals
ansiedeln und dort vermehren, werden durch die intravaginale Anwendung
mit den bisherigen Applikationen nicht erreicht.
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Dies
kann zu einer Pelvic Inflammatory Disease führen und Endometritis,
Salpingitis, Parametritis, Oophoritis, Abszessbilungen, Peritonitis,
Periappendizits, Perihepatitis umfassen. Die aus einer befallenen
Cervix uteri aufsteigende Infektion kann, sofern sie beide Eileiter
erreicht, zur Sterilität führen.
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Jüngste
klinische Erhebungen belegen eine Ansprechrate von höchstens
74%, jedoch nur unter Studienbedingungen und in keinem Fall unter
Einschluss eines endozervikalen Abstrichs, der die posttherapeutische
Keimfreiheit belegen würde. Insbesondere fallen alle Frauen,
die zwar positiv auf Antikörper gegen solche Bakterien
getestet wurden – also zumindest vorübergehend
Trägerinnen und damit selbst eine Infektionsquelle waren – aber
keine Symptome zeigen, aus dem Screening und der wünschenswerten
Therapie heraus. Auch wird über Rückfallquoten
bis zu 80% berichtet.
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Weiterhin
zeigte eine neuere Studie das Auftreten einer hohen und persistierenden
Resistenzentwicklung anaerober Gram-negativer Bakterien und Gram-positiver
Kokken nach lokaler intravaginaler Clindamycin-Behandlung: Beigi
R. H., Austin M. N., Meyn L. A., Krohn M., Hillier S. L. Antimicrobial
resistance associated with the treatment of bacterial vaginosis.
Am. J. Obstet. Gynecol. 2004; 191: 1124-9.
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Aufgabe
der vorliegenden Erfindung war es nun, eine Behandlung der BV vorzuschlagen,
bei der die Nachteile der aus dem Stand der Technik bekannten Methoden
weitestgehend vermieden werden können.
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Überraschenderweise
wurde nun gefunden, dass die BV selbst bei Patientinnen, die zuvor
nach der gängigen Methode behandelt wurden und die bereits
unter einem Pelvic Inflammatory Disease litten, vollständig
zurückgedrängt werden kann, wenn die Verabreichung
des Clindamycins intrazervikal bzw. endozervikal anstelle der intravaginalen
Behandlung erfolgt.
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KURZE ZUSAMMENFASSUNG DER ERFINDUNG
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Gegenstand
der Erfindung ist somit Clindamycin, ein physiologisch verträgliches
Salz davon oder eine Clindamycin-haltige Zusammensetzung zur Verwendung
bei der intrazervikalen oder endozervikalen Behandlung oder Vorbeugung
der durch anaerobe und grampositive aerobe Keime wie z. B. Chlamydien
verursachten bakteriellen Vaginosis.
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Ein
weiterer Gegenstand der Erfindung ist die Verwendung von Clindamycin,
einem physiologisch verträglichen Salz davon oder einer
Clindamycin-haltigen Zusammensetzung zur Herstellung eines Arzneimittels
zur intrazervikalen oder endozervikalen Behandlung oder Vorbeugung
der durch anaerobe und grampositive aerobe Keime wie z. B. Chlamydien
verursachten bakteriellen Vaginosis.
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Weiterhin
betrifft die Erfindung eine Methode zur Behandlung oder Vorbeugung
der durch Chlamydien verursachten bakteriellen Vaginosis durch topische
Verabreichung einer für die Behandlung ausreichenden Menge
an Clindamycin, wobei Clindamycin, ein physiologisch verträgliches
Salz davon oder eine Clindamycin-haltige Zusammensetzung einer betroffenen
Patientin intrazervikal oder endozervikal verabreicht wird.
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Des
weiteren Gegenstand der Erfindung ist eine Darreichungsform zur
intrazervikalen oder endozervikalen Verabreichung von Clindamycin
umfassend:
- (i) einen Vorratsbehälter
(1) zur Aufnahme einer erfindungsgemäßen
Clindamycinhaltigen Zusammensetzung;
- (ii) einen Einführungsstutzen (5);
- (iii) eine Vorrichtung zur Beaufschlagung des Vorratsbehälters
mit Druck (2), vorzugsweise mit einem Druckteller, Stempel
oder Griff an deren äusseren Ende (3);
- (iv) gegebenenfalls einen Adapter (6) in Form eines
mit dem Einführungsstutzen zu verbindenden Rohres, und/oder
einen vorzugsweise transparenten Portioschirm (4); wobei
das offene Ende des Einführungsstutzens bzw. des Adapters
bis in die Cervix uteri reicht.
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Weiterhin
Gegenstand der Erfindung ist ein gebrauchsfertiges Kit zur Herstellung
einer Darreichungsform zur intrazervikalen oder endozervikalen Verabreichung
von Clindamycin bestehend aus:
- (A) einer erfindungsgemäßen
Clindamycin-haltige Zusammensetzung;
- (B) einem Applikator umfassend einen Vorratsbehälter
(1) zur Aufnahme der Zusammensetzung (A), eine Vorrichtung
zur Beaufschlagung des Vorratsbehälters mit Druck (2),
vorzugsweise mit einem Druckteller, Stempel oder Griff an deren äusseren
Ende (3)
und einen Einführungsstutzen (5);
- (C) gegebenenfalls einem oder mehreren Adapter (6)
und/oder einem Portioschirm;
- (D) gegebenenfalls einer Gebrauchsanweisung zur Herstellung
der Darreichungsform und zur intrazervikalen oder endozervikalen
Verabreichung der Clindamycin-haltige Zusammensetzung,
wobei
das offene Ende des Einführungsstutzens bzw. des Adapters
der entsprechend der Gebrauchsanweisung hergestellten und verwendeten
Darreichungsform bis in die Cervix uteri reicht.
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Vorzugsweise
weist der Applikator im ausgezogen Zustand eine Länge von
25 bis 30 cm und einen Aussendurchmesser von bis zu 2,5 cm auf.
Der Einführungsstutzen weist in der Regel eine Länge von
bis zu 2 cm auf und einen Durchmesser von bis zu 2,0 cm. Der Adapter
weist vorzugsweise eine Länge von 12 bis 15 cm auf.
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KURZE BESCHREIBUNG DER ZEICHNUNGEN
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1 zeigt
einen Applikator, bei dem ein Einführungsstutzen (5)
bzw. ein Adapter (6) in die Cervix uteri eingeführt
werden kann, und die Clindamycin-haltige Zusammensetzung aus einem
Behälter, z. B. einem Spritzenkörper (1)
durch einen Kolben (2) in die Cervix appliziert wird.
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DETAILLIERTE BESCHREIBUNG DER ERFINDUNG
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Die
gezielte, d. h. intrazervikale/endozervikale Anwendung von Clindamycin
aller Patientinnen mit positivem Zervikalabstrich auf sensible Bakterien oder
Antikörpernachweis der in Frage kommenden zellpathogenen
Serotypen trägt dazu bei, zellpathogene Bakterien direkt
an ihrer Prädilektionsstelle, der Endozervix, zu bekämpfen.
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Die
intrazervikale/endozervikale Behandlung mit Clindamycin kann bei
allen Patientinnen durchgeführt werden, bei denen der ärztlich
begründete Verdacht oder der Nachweis auf eine endozervikale
Besiedelung mit solchen bakteriellen Serotypen vorliegt, die zu
den sexual transmitted diseases zählen und bei deren unbehandelter
Infektion Komplikationen wie Pelvic Inflammatory Disease und Sterilität drohen.
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Bakterien,
die sich bevorzugt in den Zellen der Endozervix befinden und dort
vermehren, müssen auch dort gezielt angegriffen werden.
Dies erfordert das Einbringen eines wirksamen Antibiotikums mit
Hilfe eines speziellen Applikators in die Endozervix, nicht (nur)
in die Vagina.
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Unter
dem Begriff „intrazervikal oder endozervikal" bezüglich
der Applikation des Clindamycins wird vor- und nachstehend die Aufbringung
des Wirkstoffes im der Bereich des Gebärmutterhalses zwischen
innerem und äußerem Gebärmuttermund verstanden.
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Der
Begriff „bakterielle Vaginosis" oder abgekürzt „BV"
wie er vor- und nachstehend verwendet wird umfasst alle Formen der
durch anaerobe und grampositive aerobe Keime, insbesondere durch Chlamydien
verursachten Störungen bzw. Erkrankungen der Vagina und
der darüber liegenden Cervix uteri.
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In
einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird Clindamycin
in Form des Clindamycin Phosphats eingesetzt.
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Weitere
bevorzugte Ausführungsformen sind intracervical oder endocervikal
zu applizierende Clindamycin-haltige Zusammensetzungen, wobei
- (a) diese als Creme, Salbe, Schaum oder Gel
appliziert werden;
- (b) diese als eine Creme oder Salbe mit einem Gehalt von 1 bis
10 Gew.-% vorzugsweise 1,5 bis 5,0 Gew.-%, insbesondere etwa 2,0,
3,0 oder 4,0 Gew.-%, meist bevorzugt von 2,0 Gew-% Clindamycin appliziert
werden;
- (c) täglich 5 bis 50 mg, vorzugsweise 10 bis 40 mg,
insbesondere etwa 20 mg Clindamycin intrazervikal oder endozervikal
appliziert werden, vorzugsweise wobei diese Behandlung einmal täglich
für mindestens 3 Tage, insbesondere an 3 bis 6 Tagen, meist
bevorzugt an 4 Tagen durchgeführt wird;
- (d) das Clindamycin bei Patientinnen intrazervikal oder endozervikal
appliziert wird, bei denen zuvor eine intravaginale Verabreichung
erfolglos blieb.
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Bevorzugte
erfindungsgemässe Zubereitungen liegen als Dispersion,
Creme (O/W-, W/O-, O/W/O-, W/O/W- oder ambiphile Creme) oder Salbe vor.
Der Gehalt an Clindamycin beträgt vorzugsweise 1,0 bis
10,0 Gew.-%, bevorzugter 2,0 bis 5,0 Gew.-%, wie beispielsweise
2,0, 3,0 oder 4,0 Gew.-%, jeweils bezogen auf die Gesamtzubereitung.
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Erfindungsgemäss
kann die Zubereitung gegebenenfalls weitere Wirkstoffe enthalten,
welche die Wirksamkeit von Clindamycin ergänzen und, wenn sie
mit Clindamycin kombiniert werden, in einer deutlich geringeren
Konzentration zum Einsatz kommen können als in den bekannten
Handelsprodukten.
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Geeignete
Darreichungsformen sind halbfest:
Salben (lat. unguenta) sind
streichfähige Zubereitungen, die zur Anwendung durch Auftragen
oder Einreiben auf der Haut bestimmt sind. Sie bestehen aus einer
oder mehreren Salbengrundlagen (wie Vaselin, Wollfett, Lanolin usw.),
in die der Wirkstoff eingearbeitet wird. Der Wirkstoff sollte gelöst
oder feinst verteilt sein. Um die Löslichkeit zu erhöhen,
enthalten Salben oft Wasser oder Öle. Bei einer Salbe ist
der Fett-/Ölanteil jedoch höher als der Wasseranteil.
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Cremes
sind den Salben sehr ähnlich, jedoch ist bei ihnen der
Wasseranteil höher als der Fett-/Ölanteil.
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Bei
erfindungsgemässen Salben und Cremes beträgt die
Viskosität im Allgemeinen 500 bis 15.000 mPas, vorzugsweise
1.000 bis 10.000 mPas, gemessen mit einem Rotationsviskosimeter
bei 95 s–1 und 20°C (z.
B. vom Typ RV20, System M5, Messeinrichtung SV 1, Fa. Thermo Haake).
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Wässrig-alkoholische
Gele (Hydrogele) werden wegen ihrer Transparenz und dem nicht-fettigen Charakter
geschätzt. Lipophile Gele (Oleogele) setzt man ebenfalls
wegen ihres ästhetischen Erscheinungsbildes sowie ihrer
konsistenzgebenden Eigenschaften ein.
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Ein
Hydrogel ist eine zumeist durchscheinende Masse, die mit Hilfe von
Gelatine, Tragant, Carbopol oder ähnlichen Quellstoffen
unter Zusatz von Wasser und Glycerin hergestellt wird. Durch das Verdunsten
des Wassers haben sie eine kühlende Wirkung.
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Die
lipophilen Gele umfassen eine lipophile Phase. Als Matrixbildner
werden neben höhermolekularen Homologen der Lipidphase
auch organo-modifizierte Bentonite (Benton®)
und hochdisperses Siliciumdioxid eingesetzt.
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Beispielhafte
Darreichungsformen sind (Angaben in Gew.-%):
3 bis 20% Fettgehalt,
vorzugsweise 3 bis 20% mittelkettige Triglyceride
0,5 bis 10%
Feuchthaltemittel wie Glycerin, Propylenglykol, vorzugsweise 0,5
bis 10% Glycerin,
1 bis 10% Emulgator, vorzugsweise 1 bis 10%
Glycerin monoester, Glycerindiester, besonders bevorzugt 1 bis 10%
Glycerinmonostearat, Octenidindihydrochlorid,
Phosphatidylcholin
mit von gesättigten Fettsäuren abgeleiteten Acylresten;
5
bis 20% Fettgehalt, vorzugsweise 5 bis 20% Octyldodecanol
0,5
bis 10% Feuchthaltemittel wie Glycerin, Propylenglykol, 1,2-Pentandiol
(Pentylenglykol), insbesondere bevorzugt 0,5 bis 10% Pentylenglykol,
Octenidindihydrochlorid,
Phosphatidylcholin mit von gesättigten
Fettsäuren abgeleiteten Acylresten;
0,5 bis 10% Feuchthaltemittel
wie Glycerin, Propylenglykol, insbesondere bevorzugt 0,5 bis 10%
Propylenglykol
0,05 bis 2% Verdicker, bevorzugt 0,05 bis 2%
Carboxylate, besonders bevorzugt
0,05 bis 2% Natrium-Carboxyvinyl-Polymer,
Octenidindihydrochlorid, Phosphatidylcholin mit von gesättigten
Fettsäuren abgeleiteten Acylresten;
5 bis 30% nichtionogener
Emulgator, vorzugsweise 5 bis 30% Sorbitanester, besonders bevorzugt
5 bis 30% Polyoxyethylensorbitanmonolaurat wie z. B. Polysorbat
20 Octenidindihydrochlorid,
Phosphatidylcholin mit von Fettsäuren
abgeleiteten Acylresten.
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Beispielsweise
enthält eine erfindungsgemäße Clindamycin-haltige
Zubereitung als Träger- und Hilfsstoffe Benzylalkohol,
Cetylpalmitat, Cetylstearylalkohol, dickflüssiges Paraffin,
gereinigtes Wasser, Polysorbat 60, Propylenglycol, Sorbitanstearat
und Stearinpalmitinsäure.
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Entsprechende
Salben sind kommerziell erhältlich z. B. in Form der der
Sobelin® Vaginalsalbe (Pfizer AG)
oder von Dalacin® V 2%.
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Der
erfindungsgemäße Applikator soll im folgenden
anhand von 1 näher beschrieben
werden: Der Grundkörper des leeren oder herstellerseitig
mit Clindamycin vorgefüllten Applikators besteht einem
Wirkstoffbehälter (1) und einem Kolben (2),
die jeweils aus einem Kunststoff, vorzugsweise einem durchsichtigem,
biokompatiblem, strahlensterilisierbaren Kunststoff gefertigt sind
und zusammen eine Länge von 25 bis 35 cm im ausgefahrenen
Zustand aufweisen.
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Er
setzt sich zusammen aus einem bis zu 2,5 cm, vorzugsweise 1,75 bis
2,0 cm langem Aufsetz- und Einführungsstutzen (5)
(Spritzenkonus als Ansaug- und Austrittsstelle für Antibiotika)
mit einem Aussenumfang von mindestens 1,0 cm, vorzugsweise 1,0 bis
1,8 cm, der schräg oder U-förmig bis zu 90° vom
Lot des Zylinders (1) seitlich nach vorn abweichen kann;
dem damit fest verbundenen Zylinder (1) von mindestens
12 cm, vorzugsweise 12 bis 15 cm Länge und einem Aussenumfang
von 1,5 bis 2,5, insbesondere 2,0 cm; einem mindestens 12 cm, vorzugsweise
12 bis 20 langen Kolben (2), dessen Aussenumfang so dimensioniert
ist, dass er auf der Zylinderinnenfläche dicht anliegend
gleitet; einem mit dem oberen Teil des Kolbens fest verbundenen,
runden oder ovalen Stempel, Bügel oder Haken, der als Griffzone
(3) dient; und einem kreisrunden vorzugsweise transparenten
Portioschirm (4) (auch vorgeformter Ringwulst), der fest
verbunden am äusseren Übergang zwischen Aufsetzstutzen
(5) und Zylinder (1) sitzt oder dort als Einzelmodul
vor Anwendung vom Arzt oder von der Patientin positioniert wird.
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Der
Portioschirm (4) ist vergleichbar einer Portiokappe, im
Durchmesser aber kleiner und fester. Er dient zur Erleichterung
der Applikatorführung beim Direktaufsetzen auf die Portio
vaginalis.
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Der
Einführungsstutzen (Spritzenkonus) (5) kann mit
einem portiogängigen Adapter (6) aus Kunststoff,
der seitlich U-förmig bis 90° vorgebogen sein
kann, so weit verlängert werden, dass bei Selbstapplikation
der gesamte Spritzenkörper (1) (Spritzenzylinder)
ausserhalb der Scheide verbleiben kann, und er weist dann eine Länge
von mindestens 12, vorzugsweise 10 bis 20, insbesondere 12 bis 15 cm
auf. Der Adapter (6) weist einen Innendurchmesser auf,
der es erlaubt, ihn auf dem Einführungsstutzen zu befestigen,
vorzugsweise beträgt der Innendurchmesser des Adapters
an der extrakorporalen Seite mindestens 1,0 cm, vorzugsweise 1,0
bis 1,8 cm, im Portioteil kann er sich auch verjüngen,
um ein mögliches Verletzungsrisiko zu minimieren. Bei Verwendung
des Adapters muss sichergestellt sein, dass sich im Spritzenkörper
(1) immer so viel Wirkstoff befindet, dass bei Applikation
die im portiogängigen Adapter verbleibende Restmenge (Totvolumen)
für die therapeutische, endozervikale Wirkung unerheblich
ist.
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Der
in 1 dargestellte Applikator weist ein inneres Volumen
von mindestens 1 mL, vorzugsweise 1 bis 3 mL auf. Zur Optimierung
der Dosierung kann eine Scala auf der Aussenfläche des
Zylinders (1) angebracht sein.
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Der
Applikator dient zur Aufnahme der Clindamycin-haltigen Zubereitung
und/oder jedes anderen für dieses Indikationsgebiet zugelassenen
Antibiotikums in Creme-/Salbenform und zur anschliessenden fachgerechten
Einbringung in die Endozervix.
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Der
erfindungsgemäße Applikator ist leicht einzusetzen,
und zwar sowohl von Medizinern und geschultem Personal als auch
von gut unterwiesenen Patientinnen.
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In
einer alternativen Ausgestaltungsform der erfindungsgemäßen
Darreichungsform zur Selbstanwendung befindet sich die Glindamycin-haltige
Zubereitung in einer Tube mit einem Schraubverschluss. Auf den Verschluss
lässt sich nach Abnahme des Deckels ein Adapter dichtend
aufschrauben. Der Adapter weist dann eine Länge von mindestens
12, vorzugsweise 10 bis 20, insbesondere 12 bis 15 cm auf. Der Inhalt
der Tube entspricht vorzugsweise der einmal täglich anzuwendenden
Dosis vermehrt um das Totvolumen des Adapters.
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In
der Regel entfernt man eine Verschlusskappe des Spritzenkonus (5)
und saugt die Clindamycin-haltige Zubereitung durch Herausziehen
des Kolbens (2) in den Zylinder (1). Bei Selbstapplikation durch
die Patientin wird der Adapter (6) in Richtung des gestrichelten
Pfeils auf den Spritzenkonus (5) gesetzt bzw. über
ein nicht gezeigtes Schraubengewinde befestigt. Um den Applikator
richtig einführen zu können, sollte die Patientin
auf dem Rücken liegen. Der behandelnde Arzt stellt mit
mindestens dem vorderen vaginal eingeführten Spekulum die
Portio vaginalis dar, und er führt das offene Ende des
Applikators in Richtung des durchgezogenen Pfeils nur so wenig durch
diese in die Cervix uteri ein, dass bei Druck auf den Kolben kein
Antibiotikum seitlich der Austrittsstelle hervorquillt. Die Patientin
dagegen führt das offene Ende des Adapters (6)
so gering wie nötig über die Portio vaginalis
in die Cervix uteri ein, indem sie nach Instruktion durch eine Fachperson
die Portio vaginalis mit einer Hand positioniert und mit der anderen
das Austrittsende des Adapters durch die Portio vaginalis andockt,
wobei sie den Portioschirm auf der Portio vaginalis aufsetzt. Während
der Applikator bzw. der Adapter in Position gehalten wird, drückt
man mit dem Kolben die verordnete Menge Creme langsam in die Cervix
uteri.
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Für
jede Anwendung sollte ein neuer Applikator bzw. Adapter (6)
verwendet werden. Nach Benutzung wird der Applikator bzw. der Adapter
(6) weggeworfen und zwar um eine Neuinfektion, verursacht
durch Bakterien, die am benutzten Applikator oder Adapter haften
könnten, zu verhindern.
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Die
hier beschriebene Erfindung kann mit einer ärztlich verordneten
Co-Medikation kombiniert werden. Hierunter fallen oral und intravenös
zu verabreichende Antibiotika sowie intravaginal anzuwendende Antimykotika,
desinfizierende Lösungen und zugelassene Produkte zur Aufrechterhaltung
oder Wiederherstellung des physiologischen, intravaginalen pH-Wertes.
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Die
vorliegende Erfindung ermöglicht die gezielte, auf die
intrazervikale/endozervikale, symptomatische und asymptomatische
bakterielle Besiedelung ausgerichtete Therapie – einschließlich
potentiell aszendierender bakterieller Besiedlungen – befallener
Frauen mit Clindamycin Salbe/Creme 2%/3%/4% einzeln oder unter Verwendung
des erfindungsgemäßen Applikators. Die Anwendung
der Erfindung erfolgt direkt in den Zervikalkanal. Sie kann durch
Gynäkologinnen/Gynäkologen, andere ärztliche
Disziplinen, geschultes paramedizinisches Personal und/oder nach
Unterweisung durch die Patientinnen selbst wie vom Arzt verordnet
vorgenommen werden.
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Nachfolgend
wird die erfindungsgemäße Behandlung einer Patientin
beschrieben. Dieses Beispiel soll die Erfindung lediglich erläutern
ohne sie zu beschränken.
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In
der Praxis des Anmelders stellte sich eine 30-jährige Patientin
vor. Sie litt seit mehr als 2 Jahren unter Dysmenorrhoe und vor
allem rechtsseitigen Unter- und Oberbauchschmerzen. Drei der 4 AMSEL-Symptome
waren seit längerem erfüllt und stellten eine
zunehmende Belastung dar. Während der Symptomatik wurden
zuvor mehrfach Gynäkologen und andere Disziplinen kontaktiert.
Diagnostisch kamen alle üblichen Massnahmen zum Einsatz,
insbesondere eine umfassende gastroenterologische und onkologische
Ausschlussdiagnostik unter Einsatz modernster bildgebender Verfahren.
Jedoch wurde während der z. T. unterschwelligen Symptomatik
kein Zervikalabstrich, sondern nur ein Vaginalabstrich vorgenommen.
Unter anderem wurden zuvor folgende Diagnosen gestellt: Verdacht
auf genitale Chlamydieninfektion bei Antikörpernachweis
gegen genitalpathogene Serotypen, bakterielle Vaginose mit atypischer Überwucherung
des Vaginalepithels, Adnexitis vor allem rechtsseitig. Die Patientin
war durch folgende Anwendungen vorbehandelt worden:
- – orale Eintagsanwendung eines Antibiotikums,
- – mehrfach vaginale Applikationen von Vaginalcremes,
- – mehrfache vaginale Anwendung von gegen Candida gerichteten
Antimykotika,
- – vaginale Spülungen mit desinfizierenden
Lösungen.
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Zu
diesem Zeitpunkt waren bereits ergebnislose Therapie- und insbesondere
Diagnostikkosten von mehr als CHF 7'000.- angefallen.
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Die
dann sämtliche Voruntersuchungen einschliessende Befunderhebung
ergab im Wesentlichen folgendes: Fortbestehen der 3 AMSEL-Symptome,
Unterbauchschmerzen wechselnder Intensität, Oberbauchschmerzen
rechts mit einem fast brettharten, handflächengrossen Areal
unter dem rechten Rippenbogen, zunehmende psychische Belastung.
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Dies
führte zu der Diagnose einer verschleppten, primär
endozervikal lokalisierten und seit mindestens einem Jahr aszendierten
Chlamydieninfektion mit Adnexitis und Perihepatitis, und es wurde folgendes
im Rahmen eines Behandlungsversuchs verordnet:
Ausschliesslich
endozervikale Anwendung von Clindamycin Salbe/Creme von mindestens
3 Applikationen im 24-Stunden Rhythmus (zur Anwendung kamen dann
vier) unter Einsatz einer 1 ml Spritze mit Skalierung und einem
in die Porno vaginalis passenden Spritzenkonus.
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Nach
der letzten Anwendung wurde ein intravaginales Antimykotikum gegen
Candida nach vorgängiger Instruktion prophylaktisch eingesetzt
Anschliessend wurde 14 Tage ein Tetrazyklin (2 × 100 mg/Tag)
oral eingenommen unter Mitbehandlung des Partners und insgesamt
3-wöchiger sexueller Abstinenz.
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Während
dieser Therapie wurde die Patientin intensiv überwacht,
und ein Bericht über die endozervikale Anwendung von Clindamycin
verfasst.
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Durch
diese Behandlung wurde folgendes Ergebnis erzielt: die 4-malige
endozervikale Applikation von Clindamycin Salbe führte
zum völligen Verschwinden aller AMSEL-Symptome. Die orale
Anwendung der Tetrazykline brachte zusätzlich ab dem 9.
Behandlungstag eine komplette Schmerzfreiheit im Unter- und Oberbauch,
die handtellergrosse Verhärtung unter dem rechten Rippenbogen
verschwand am 12. Behandlungstag vollständig. Die unmittelbar
nach Beendigung der Behandlung einsetzende Menstruation verlief
erstmals schmerzlos. Die Patientin präsentierte sich bei
Behandlungsabschluss mit einer nachhaltigen Stimmungsaufhellung.
Die Therapiekosten mit Clindamycin beliefen sich auf CHF 25,-. Zur
Zeit ist die Patientin vollkommen beschwerdefrei.
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Fazit:
wäre bei der über 2 Jahre zurückliegenden
Erstsymptomatik sofort ein Zervikalabstrich mit anschliessender
endozervikaler Einbringung von Clindamycin erfolgt, wäre
der Patientin der geschilderte Leidensweg mit hoher Wahrscheinlichkeit
erspart geblieben. Der finanzielle Gesamtaufwand hätte
sich auf CHF 400.- begrenzen lassen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- - US 3496163 [0005]
- - EP 1345765 B [0005]
- - WO 2004/064833 [0005]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- - http://www.infekt.ch/updown/vortrag/inf04_chlam.pdf [0002]
- - http://www.bashh.org/guidelines/2005/pid_v4_0205.pdf [0002]
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