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Die
Erfindung betrifft Bauteile aus hochmanganhaltigem, festem und zähem
Stahlformguss, Verfahren zu deren Herstellung sowie deren Verwendung
als Gussbauteil in der Anlagen- und Kältetechnik, für
Anlagen und Bauteile zum Transport, zur Gewinnung und zum Verflüssigen
und Fraktionieren von Gasen sowie als Gussbauteile im Fahrzeug-
und Flugzeugbau, insbesondere für crashbeanspruchte Bauteile.
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Bei
metallischen Werkstoffen wird in der Technik zwischen so genannten
Knet- und Gusslegierungen unterschieden. Knetlegierungen zeichnen sich
dadurch aus, dass sie sich bei erhöhten und bei Raumtemperatur
mit verschiedenen Verfahren in der Regel gut umformen lassen. Durch
einen Abguss in speziellen Gießanlagen, der in der Regel
kontinuierlich für mehrere Schmelzeinheiten (die jeweils
bis zu mehreren hundert Tonnen betragen können) erfolgt, entstehen
s. g. Brammen, Knüppel und Vorblöcke, die anschließend
warm und dann kalt umgeformt werden. Das gegossene Material eignet
sich aufgrund des Gefüges (Gussgefüge) und der
daraus resultierenden Materialeigenschaften sowie der geometrischen
Abmessungen nicht für die Herstellung von Fertigteilen.
Durch die Umformvorgänge wird das Gussgefüge zerstört
und gezielt ein Gebrauchsgefüge eingestellt, das besondere
mechanische Eigenschaften aufweist. Diese Verfahrensweise ist die Voraussetzung
für die Herstellung von Fertigteilen mit gewünschten
Eigenschaften, wie z. B. Karosseriebleche für Automobile,
die aus dünnen Blechen hergestellt werden. Die Forschung
und die Ausbildung in dieser Industriebranche wird abgedeckt durch
ingenieurwissenschaftliche Ausbildung in Vertiefungsrichtungen Metallurgie/Hüttenkunde
und Umformtechnik und die Ingenieure sind in branchenspezifischen
Fachverbänden organisiert.
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Eine
andere Industriebranche stellt die Gießereitechnik dar.
In dieser Industriebranche werden in Form gegossene Gussteile – Formguss – hergestellt,
die ohne jegliche Umformprozesse im gegossenen Zustand als Fertigteile
eingesetzt werden. Ein Beispiel stellen Gehäuse von Getrieben
oder Pumpen dar. An solchen Formgussteilen werden ggf. eine Wärmebehandlung
und eine spanabhebende mechanische Bearbeitung der Passflächen
durchgeführt. Das Gefüge solcher fertigen Formgussteile
ist ein Guss-/Erstarrungsgefüge, das auch bei gleicher chemischer
Zusammensetzung grundsätzlich schlechtere mechanische Eigenschaften aufweist, als
durch Umformprozesse eingestelltes Gefüge. Die Forschung
und die Ausbildung in dieser Industriebranche werden abgedeckt durch
ingenieurwissenschaftliche Ausbildung in Vertiefungsrichtung Gießereitechnik
und die Ingenieure sind im fachspezifischen Verband der Gießereifachleute
organisiert. Aufgrund der sehr fachspezifischen Ausbildung erfolgt
fast kein Personalaustausch zwischen diesen Industriebranchen. Sowohl
ingenieurtechnische als auch wissenschaftliche Berichte werden in
unterschiedlichen, fachspezifischen Zeitschriften veröffentlicht
und an fachspezifischen Konferenzen vorgetragen so, dass dem Fachingenieur
aus der einen Branche die Entwicklungen in der anderen Branche i. d.
R. nicht bekannt sind.
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Bekannt
sind hochmanganhaltige Stähle mit Mangan als Hauptlegierungselement,
die im Herstellungsprozess eine Umformung erfahren und im dadurch
geformten Gefüge metastabilen Austenit und damit besondere
mechanische Eigenschaften aufweisen. Diese Eigenschaften werden
maßgeblich durch einen TRIP- bzw. TWIP-Effekt beeinflusst. Beim
TRIP-Effekt (transformation induced plasticity) wird eine verformungsinduzierte
Martensitbildung ausgelöst, wenn die Stähle einer äußeren
Beanspruchung ausgesetzt werden. Beim TWIP-Effekt (twinning induced
plasticity) erfolgt hingegen unter äußerer Spannungseinwirkung
eine verformungsinduzierte Zwillingsbildung. Beide Effekte verursachen
einen gleichzeitigen Anstieg der Zugfestigkeit und der Bruchdehnung
aber auch der Kerbschlagarbeit. Darüber hinaus werden das
Kaltumform- und das Energieabsorptionsvermögen der Stähle
verbessert.
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Das
Auslösen eines TRIP- bzw. eines TWIP-Effekts setzt einen
Austenit mit einer entsprechenden Austenitstabilität sowie
eine bestimmte Defektstruktur voraus. Die Austenitstabilität
wird dabei durch die chemische Zusammensetzung des Austenits festgelegt.
Die Defektstruktur des Austenits wird darüber hinaus von
der Warm- und Kaltumformung beeinflusst. Die Defektstruktur hat
maßgeblichen Einfluss auf die Keimbildungsbedingungen für
die martensitischen Phasen, die bevorzugt durch Stapelfehler hervorgerufen
werden. Die Stapelfehlerenergie des Austenits bestimmt darüber,
welche Deformationsprozesse im Austenit während einer äußeren Beanspruchung
ablaufen (Scherband-, Zwillings-, Martensitbildung). Sie entscheidet
darüber ob ein TRIP- oder ein TWIP-Effekt in Knetlegierungen
ausgelöst wird.
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Darüber
hinaus muss eine Kaltumformung erfolgen, die die Auslösung
der beiden Effekte verursacht. Aus diesem Grund werden der TRIP-
und der TWIP-Effekt bislang ausschließlich in Knetlegierungen
bzw. an umgeformtem Material nachgewiesen und technisch genutzt.
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Warm-
bzw. kaltgewalzte Halbzeuge dienen als Ausgangsmaterial für
kaltumgeformte Teile. Der TRIP- und TWIP-Effekt in austenitischen
Knetlegierungen wird über die chemische Zusammensetzung des
Austenits und die Umformbedingungen gesteuert. Je höher
der Anteil an verformungsinduzierten Martensit bzw. die Anzahl der
Verformungszwillinge ist, desto höher sind der Anstieg
der Zugfestigkeit, der Bruchdehnung und der Kerbschlagarbeit.
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In
der Patentschrift
EP
0 889 144 A1 wird ein hochmanganhaltiger austenitischer
Leichtbaustahl mit TRIP- bzw. TWIP-Effekt beschrieben, der sich durch
ein gutes Kaltumformvermögen auszeichnet und deshalb für
kaltumgeformte Teile, wie Karosseriebleche, versteifende Strukturkomponenten,
Cryogenbehälter und Rohre verwendet wird.
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Der
TRIP- bzw. der TWIP-Effekt in hochmanganhaltigen austenitischen
Stählen lassen sich über die Austenitstabilität
und vor allem über die Höhe der Stapelfehlerenergie
des Austenits beschreiben und beeinflussen. Die Austenitstabilität
und die Stapelfehlerenenergie des Austenits sind von der chemischen
Zusammensetzung des Austenits und der Temperatur abhängig.
Ist die Stapelfehlerenergie des Austenits relativ hoch, so dominiert
der TWIP-Effekt. Solche Stähle neigen zu einer α'-Martensitbildung. Bei
niedrigen Stapelfehlerenergiewerten ist hingegen der TRIP-Effekt
favorisiert. Diese Stähle neigen zu einer bevorzugten ε-Martensitbildung.
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Der
Einfluss der Festigkeit des Austenits auf den TRIP- bzw. TWIP-Effekt
ist bisher nicht systematisch untersucht worden. Es fehlen deshalb
eine Vielzahl von Informationen über den Einfluss der verschiedenen
Verfestigungsmechanismen auf den TRIP- bzw. TWIP-Effekt in Stählen.
Das bezieht die Mischkristallverfestigung, oder eine Ausscheidungs- und
Teilchenverfestigung, oder eine Verfestigung durch Zweitphasen oder
eine Kornfeinung o. ä. weitestgehend ein. Lediglich in
der Patentschrift
DE
10 2005 024 029 B3 wird die Wirkung einer AlN-Ausscheidung
auf die Festigkeitserhöhung des Austenits beschrieben.
Es wird der positive Einfluss von AlN-Ausscheidungen auf den TRIP-
bzw. TWIP-Effekts herausgestellt. Er führt zu einer Verbesserung der
mechanischen Eigenschaften und wird technisch genutzt.
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In
der Patentschrift
DE
10 2005 030 413 B3 wird zusätzlich der Einfluss
einer martensitischen Zweitphase im austenitischen Grundgefüge
herausgestellt. Auch hier zeigt sich, dass eine Festigkeitserhöhung
des Stahles zu einem erhöhten TRIP- bzw. TWIP-Effekt führt
und technisch genutzt werden kann.
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In
austenitischen Knetlegierungen wird beispielsweise durch die Variation
der Kaltumformbedingungen der verformungsinduzierte Martensitanteil und
damit der TRIP-Effekt gezielt eingestellt, um ein bestimmtes Kaltumformvermögen
oder ein entsprechendes Eigenschaftsprofil zu erhalten. Eine solche Verfahrensweise
ist für austenitischen Stahlguss technisch nicht gegeben.
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In
Stahlformgusslegierungen wurde dem TRIP- und TWIP-Effekt bisher
keine Bedeutung beigemessen, da diese Stähle nicht umgeformt
werden und folglich der TRIP- und TWIP-Effekt nicht ausgelöst
werden. Bislang liegen auch keine Untersuchungsergebnisse über
verformungsinduzierte Martensitbildungen bzw. der Zwillingsbildungen
in austenithaltigen hochmanganhaltigen Gussgefügen vor.
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Der
Einfluss einer dendritischen Gussstruktur und die Wirkung von damit
auftretenden Seigerungen auf den TRIP- bzw. TWIP-Effekt sind bisher nicht
analysiert worden. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass
Stahlgusslegierungen andere Defektstrukturen im Austenit aufweisen
als Knetlegierungen. Hinzu kommt, dass bei Voraussetzung gleicher chemischer
Zusammensetzung des Austenits in Knet- und Gusslegierungen aufgrund
der Seigerungen in Gusslegierungen eine ungleichmäßigere
Verteilung der Elemente im Austenit vorliegt. Das muss sich entsprechend
auf den TRIP-Effekt auswirken. Aus diesem Grund ist der TRIP-Effekt
in Knet- und Gusslegierungen gleicher chemischer Zusammensetzung
unterschiedlich. Diese Unterschiede sind bisher nicht bekannt und
auch noch nicht analysiert worden.
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Nachteilig
am Stand der Technik bleibt die Nichtnutzung des von hochlegierten
austenitischen Knetlegierungen bekannten TRIP- bzw. TWIP-Effekts
für Stahlformguss als auch die Nichtnutzung der Vielzahl
von festigkeitssteigernden Möglichkeiten, durch die der
TRIP- bzw. der TWIP-Effekt beeinflusst wird und was zur Verbesserung
der Eigenschaften von Stahlformgussbauteilen beiträgt.
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Es
ist deshalb Aufgabe der Erfindung, Bauteile aus einem hochfesten
und zähen Stahlformguss mit einem TRIP- bzw. TWIP-Effekt
mit einem breiten Anwendungsbereich bereitzustellen.
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Erfindungsgemäß wird
die Aufgabe gelöst durch Bauteile aus hochmanganhaltigem
festem und zähem Stahlformguss mit einer Zusammensetzung in
Masseprozent
- – Mangangehalt von 4
bis 30%,
- – Aluminiumgehalt von 0,01 bis 4%,
- – Siliziumgehalt von 0 bis 4%,
- – Stickstoffgehalt von 0,005 bis 0,5%,
- – Kohlenstoffgehalt von 0,01 bis 0,6%,
- – Niobgehalt von 0 bis 2%,
- – Tantalgehalt von 0 bis 1%,
- – Titangehalt von 0 bis 3% und
- – Vanadingehalt von 0 bis 1%,
wobei der Rest
Eisen sowie erschmelzungsbedingte Begleitelemente sind und wobei
das Bauteil unter Belastung einen TRIP- bzw. TWIP-Effekt aufweist,
so dass bei einer Verformung bzw. Zerstörung des Bauteils
eine Phasenumwandlung in der Weise auftritt, dass die Zugfestigkeit
auf 550 bis 1100 MPa, die Bruchdehnung auf mehr als 30% und die
Kerbschlagarbeit auf größer 125 J ansteigt.
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Überraschenderweise
konnte gefunden werden, dass in den erfindungsgemäßen
Stahlformgusslegierungen eine verformungsinduzierte Martensitbildung
bei Raumtemperatur und tiefen Temperaturen im Zugversuch ausgelöst
wird. Diese Martensitbildung verursacht den TRIP-Effekt. Darüber
hinaus werden auch Verformungszwillinge gebildet, die den TWIP-Effekt
auslösen. Als Folge des TRIP- und TWIP-Effekts werden die
Zugfestigkeit und die Bruchdehnung angehoben und die Kerbschlagarbeit erhöht.
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Stahlformgussteile
müssen unter Einsatzbedingungen äußeren
Spannungen standhalten. Sie dürfen nicht reißen,
wenn sie z. B. einer Schlag- oder Crashbeanspruchung ausgesetzt
werden. Die Auslösung eines TRIP- bzw. eines TWIP-Effekts
unter Einsatzbedingungen verhindert bzw. erschwert die Rissbildung.
Das Gussmaterial kann ohne zu brechen höhere Spannungen
aufnehmen bzw. bei vorgegebenen Spannungen können dünnere
Querschnitte verwendet werden. So wird die Voraussetzung für
die Herstellung von dünnwandigen, kostengünstigen, gewichtseinsparenden
Gussteilen geschaffen.
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Vorzugsweise
beträgt in dem erfindungsgemäßen Stahlformguss
in Masseprozent der Mangangehalt 10 bis 25%, der Aluminiumgehalt
0,05 bis 1%, der Siliziumgehalt 0 bis 1%, der Stickstoffgehalt 0,05 bis
0,2% und der Kohlenstoffgehalt von 0,03 bis 0,2%, Rest Eisen sowie
erschmelzungsbedingte Begleitelemente.
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Insbesondere
mit der chemischen Zusammensetzung in Masseprozent
Mangangehalt
von 15 bis 20%,
Aluminiumgehalt von 0,05 bis 0,1%,
Siliziumgehalt
von 0 bis 0,5%,
Stickstoffgehalt von 0,05 bis 0,1%
Kohlenstoffgehalt
von 0,03 bis 0,1%
Rest Eisen sowie erschmelzungsbedingte Begleitelemente
werden
besonders günstige mechanische Eigenschaften der erfindungsgemäßen
Bauteile erzielt.
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Erschmelzungsbedingte
Begleitelemente, wie z. Bsp. S, P, O sowie Cr sind verfahrensbedingt und
werden dem erfindungsgemäßen Stahlformguss nicht
gezielt zugegeben.
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Die
Vorteile der erfindungsgemäßen Bauteile aus hochmanganhaltigem
festem und zähem Stahlformguss liegen in der Anhebung der
Zugfestigkeit, der Bruchdehnung und der Kerbschlagarbeit. Das bedeutet,
durch den erhöhten TRIP- bzw. TWIP-Effekt wird der Stahlformguss
zäher und gleichzeitig fester. Er kann somit unter Belastung
größere Kräfte aufnehmen und sich stärker
verformen, ohne zu brechen. Der Anwendungsbereich der erfindungsgemäßen
TRIP- und TWIP-Stahlformgusslegierungsbauteile wird dadurch erweitert.
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Vor
allem durch die daraus resultierende Leichtbauweise werden Kosten
für Energie und Material eingespart. Für den erfindungsgemäßen
Stahlformguss werden Zugfestigkeiten größer 550
MPa, Bruchdehnungen über 30% und Kerbschlagarbeiten von
mehr als 125 J erreicht. Damit können aus dem Stahlformguss
gegossene Teile mit einer Art Crash-Reserve ausgestattet werden.
Dies bedeutet, dass der Stahlformguss gegossen und, ohne einer Zugbelastung
ausgesetzt zu sein, in eine Anwendung integriert wird. Falls es
jedoch zu einem Crash oder einer hohen Belastung kommt, kann das
Bauteil auf Grund des Potentials, den TRIP- bzw. TWIP-Effekt zu
zeigen, hohe Zugfestigkeiten und Bruchdehnungen aufweisen und sich
zäh verhalten.
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Gegenüber
Knetlegierungen weist das erfindungsgemäße Gussmaterial
einen maßgebenden Vorteil auf. Es neigt zu keiner verzögerten
Rissbildung in Form des delayed cracking. Durch die Verwendung des
Materials in Formgussteilen werden Versprödungserscheinungen
vermieden.
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Im
erfindungsgemäßen hochmanganhaltigen Stahlformguss
liegt bei Raumtemperatur ein austenitisches oder austenitisch-martensitisches feindisperses
Gefüge vor. Aufgrund des im Zugversuch ausgelösten
TRIP- bzw. TWIP-Effets werden Zugfestigkeiten von mehr als 550 MPa,
Bruchdehnungen von mehr als 30% und einer Kerbschlagarbeit von mehr
als 125 J erreicht.
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Bei
Raumtemperatur und unterhalb Raumtemperatur verhält sich
der erfindungsgemäße Stahlformgusswerkstoff trotz
angehobener Festigkeitswerte zäh. Der erfindungsgemäße
Stahlformguss hat ein Energieabsorptionsvermögen bei Raumtemperatur
größer ca. 0,37 J/mm3.
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Insbesondere
zeigt der erfindungsgemäße hochmanganhaltige Stahlformguss
unter Belastung einen TRIP- bzw. einen TWIP-Effekt. Aufgrund des TRIP-
und TWIP-Effekts, der während der Zugbeanspruchung in dem
erfindungsgemäßen Stahlformguss bei Raumtemperatur
und tiefen Temperaturen ausgelöst wird, verbessern sich
die mechanischen Eigenschaften. So erreicht die Zugfestigkeit Werte von
mehr als 550 MPa, die Bruchdehnung von mehr als 30% und die Kerbschlagarbeit
von mehr als 125 J. Bei Raumtemperatur und tiefen Temperaturen verhält
sich der Stahlformgusswerkstoff trotz angehobener Festigkeitswerte
besonders zäh. Darüber hinaus weist der erfindungsgemäße
Stahlformguss ein hohes Energieabsorptionsvermögen bei
Raumtemperatur und tiefen Temperaturen auf. Das Energieabsorptionsvermögen
bei Raumtemperatur liegt für diese Legierungen zwischen
ca. 0,30–0,40 J/mm3. Das bedeutet,
dass bei einer schlagartigen Beanspruchung, wie z. B. im Crashfall,
der Stahlformguss sich verfestigt und gleichzeitig verformt, ohne
zu brechen. Deshalb eignet sich der erfindungsgemäße
Stahlformguss besonders für dünnwandige und crashbeanspruchte
Bauteile im Automobilbau.
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Für
die Entstehung von verformungsinduziertem Martensit und damit eines
TRIP-Effekts ist im erfindungsgemäßen Stahlformguss
ein metastabiler Austenitzustand im Gefüge eingestellt.
Dadurch besitzt der Austenit eine entsprechende Neigung zur Bildung
von verformungsinduziertem Martensit bei Raumtemperatur und bei
tiefen Temperaturen.
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Mangan
wird dem erfinderischen Stahlformguss zulegiert, um bei hohen Temperaturen
Austenit zu bilden, der nach Abkühlung auf Raumtemperatur vollständig
oder teilweise erhalten bleibt. Unter Belastung wandelt dieser metastabile
Austenit in ε- bzw. α'-Martensit um, und/oder
es bilden sich Verformungszwillinge im Austenit.
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Kohlenstoff
und Stickstoff dienen ebenfalls der Austenitbildung. Mit steigenden,
im Austenit gelösten Gehalten an Kohlenstoff und Stickstoff
wächst die Austenitstabilität gegenüber
der Bildung von martensitischen Phasen und der Austenit wird aufgrund der
Mischkristallverfestigung fester.
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Kohlenstoff
und Stickstoff werden darüber hinaus verwendet, um Karbide,
Nitride und Karbonitride zu bilden. Zu diesem Zweck werden Legierungselemente
mit einer hohen Affinität zu Kohlenstoff und Stickstoff,
wie Ti, Nb, Ta, V und Al dem Stahl zulegiert. Besonders wirksam
ist dabei Aluminium, was als Aluminiumnitrid ausgeschieden wird. Über
die erfindungsgemäßen Gehalte an diesen karbid-
und nitridbildenden Legierungselementen kann der TRIP- bzw. TWIP-Effekt
gezielt über den Lösungs- bzw. Ausscheidungszustand
beeinflusst werden. Darüber hinaus wird als Folge des Ausscheidungszustandes sowohl
eine Kornfeinung als auch eine Verfestigung des Austenits erreicht.
Durch feindisperse Ausscheidungen im feinkörnigen Austenit
wird das Profil des Stahlformgusses bezüglich seiner Festigkeits-
und Zähigkeitseigenschaften zusätzlich verbessert.
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Silizium
und Aluminium sind kostengünstige Legierungselemente, mit
denen nach der Erfindung gezielt die Stapelfehlerenergie des Austenits
beeinflusst wird. Mittels dieser Elemente gelingt es, den TRIP-
und den TWIP-Effekt in hochmanganhaltigen Stahlformgusslegierungen
zu favorisieren.
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Sinkende
Legierungsgehalte werden gemäß der Erfindung dazu
genutzt, um neben austenitischen Stahlformgusslegierungen auch Stahlformgusslegierungen
mit austenitisch-martensitischem Ausgangsgefüge herzustellen.
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Zur
Erfindung gehören auch Bauteile, bei den der erfindungsgemäße
Stahlguss aus Stahlformgussschaum besteht und die in bekannter Weise
hergestellt werden können.
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Das
erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung eines
Bauteiles aus einer Stahlformgusslegierung mit TRIP- bzw. TWIP-Effekt
umfasst die folgenden Schritte:
- a) Erschmelzen
einer Legierung mit einer Zusammensetzung in Masseprozent
- – Mangangehalt von 4 bis 30%,
- – Aluminiumgehalt von 0,01 bis 4%,
- – Siliziumgehalt von 0 bis 4%,
- – Stickstoffgehalt von 0,005 bis 0,5%,
- – Kohlenstoffgehalt von 0,01 bis 0,6%,
- – Niobgehalt von 0 bis 2%,
- – Tantalgehalt von 0 bis 1%
- – Titangehalt von 0 bis 3% und einem
- – Vanadingehalt von 0 bis 1% und
Rest Eisen sowie
erschmelzungsbedingte Begleitelemente,
- b) Gießen des Stahlgusses in eine Gussform
- c) Entformen und gegebenenfalls Bearbeiten unter Beibehaltung
des Gussgefüges.
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Erfindungsgemäß erfolgt
das Entformen ohne die Durchführung eines spanlosen Umformprozesses
erfolgt. Spanlose bzw. nicht spanabhebende Umformprozesse sind im
Rahmen dieser Erfindung sämtliche Umformprozesse, die die
Geometrie des Stahlformgussteiles verändern und die aufgrund
der mechanischen Einwirkung ein TRIP Prozess im Stahlformguss ausgelöst
werden würde. Diese Umformprozesse, beispielsweise Walzen,
Schmieden, Pressen, usw. werden nicht durchgeführt, so
dass der Stahlformguss nach dem Einsatz in der Anwendung nach wie
vor das Potential hat, den TRIP Effekt zu entwickeln und damit im
Fall einer Belastungssituation eine Reserve hinsichtlich Zugfestigkeit
und Bruchdehnung aufweist. Dagegen sollen beispielsweise spanabhebende
Bearbeitungen des Stahlformgusses, die keinen TRIP Effekt auslösen,
durchgeführt werden können, ohne den Rahmen der
Erfindung zu verlassen.
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Die
gegossenen Bauteile können nach einer vorteilhaften Ausgestaltung
des erfindungsgemäßen Verfahrens in einem weiteren
Schritt einer Wärmebehandlung mit dem Ziel der Verbesserung
der Festigkeit und Zähigkeit unterzogen werden.
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Vorzugsweise
wird eine Legierung mit der Zusammensetzung in Masseprozent
Mangangehalt
10 bis 25%,
Aluminiumgehalt 0,05 bis 1%,
Siliziumgehalt
0 bis 1%,
Stickstoffgehalt 0,05 bis 0,2%,
Kohlenstoffgehalt
von 0,03 bis 0,2%,
Rest Eisen sowie erschmelzungsbedingte Begleitelemente
erschmolzen.
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Insbesondere
mit der Erschmelzung einer Legierung mit der chemischen Zusammensetzung
in Masseprozent
Mangangehalt von 15 bis 20%,
Aluminiumgehalt
von 0,05 bis 0,1%,
Siliziumgehalt von 0 bis 0,5%,
Stickstoffgehalt
von 0,05 bis 0,1%,
Kohlenstoffgehalt von 0,03 bis 0,1%,
Rest
Eisen sowie erschmelzungsbedingte Begleitelemente
werden besonders
günstige mechanische Eigenschaften der erfindungsgemäßen
Bauteile erzielt.
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Erschmelzungsbedingte
Begleitelemente, wie z. Bsp. S, P, O sowie Cr sind verfahrensbedingt und
werden dem erfindungsgemäßen Stahlformguss nicht
gezielt zugegeben.
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Die
nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten
Bauteile weisen unter Belastung einen TRIP- bzw. TWIP-Effekt auf,
so dass bei einer Verformung bzw. Zerstörung des Bauteils
eine Phasenumwandlung in der Weise auftritt, dass die Zugfestigkeit
auf 550 bis 1100 MPa, die Bruchdehnung auf mehr als 30% und die
Kerbschlagarbeit auf größer 125 J ansteigt.
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Insbesondere
wird der Stahlformguss als Gusswerkstoff für die in der
Anlagen- und Kältetechnik, für Maschinenbauteile,
Armaturen, Gehäuse, Deckel, Halterungen u. ä.
und so Anwendungen im Fahrzeug- und Flugzeugbau, für crashbeanspruchte Teile,
wie z. B. Crashboxen bei Kraftfahrzeugen und als Bauteil, das tiefen
Temperaturen ausgesetzt ist, und/oder als Stahlformgussschaum für
geschäumte Teile verwendet.
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Anhand
nach folgendem Ausführungsbeispiel wird die Erfindung näher
erläutert.
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Es
wird eine Legierung mit folgender Zusammensetzung in Masseprozent
erschmolzen:
- – Mangangehalt 17%,
- – Aluminiumgehalt 0,05%,
- – Siliziumgehalt 0,5%,
- – Stickstoffgehalt 0,2% und
- – Kohlenstoffgehalt 0,05% beträgt.
- – Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Begleitelemente
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Der
Stahlguss wird in eine Gussform der B-Säule eines Fahrzeugs
gegossen und daraus ein B-Säulenstahlformgussteil hergestellt.
Dieses Stahlformgussteil weist bei Raumtemperatur eine Zugfestigkeit
von 820 MPa, eine Bruchdehnung von 46% und eine Kerbschlagarbeit
von 150 J auf.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- - EP 0889144
A1 [0008]
- - DE 102005024029 B3 [0010]
- - DE 102005030413 B3 [0011]