-
Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bewertung wenigstens eines
zur Verwendung bei Kraftfahrzeugen vorgesehenen vorausschauenden
Sicherheitssystems zur Unfallvermeidung und/oder Unfallfolgenminderung.
-
In
der Vergangenheit standen bei Sicherheitsmaßnahmen an Kraftfahrzeugen,
mit denen beispielsweise andere Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger geschützt werden
sollen, passive Maßnahmen
im Vordergrund. Passive Sicherheitsmaßnahmen dienen dazu, bei einem
unvermeidlichen Unfall die Schwere der Verletzungen zu vermindern.
Das Potential derartiger passiver Maßnahmen ist jedoch begrenzt.
-
Deswegen
stehen bei der derzeitigen Entwicklungsarbeit vorausschauende bzw.
aktive Sicherheitssysteme im Vordergrund, mit denen Unfälle von
vorneherein vermieden werden sollen. Diese Systeme werden unter
dem Stichwort „integrale
Sicherheit" entwickelt.
Ein wichtiger Punkt der Entwicklungsarbeit, insbesondere auch vor
dem Hintergrund gesetzlicher Vorschriften vorrangig auf europäischer Ebene,
ist es, aktive und passive Systeme hinsichtlich ihrer Wirksamkeit
zu vergleichen.
-
Dies
geschieht derzeit einzig auf der Basis von globalen Datenanalysen,
d. h. durch Zugriff auf Datenbanken, die allgemeine Unfalldaten
enthalten. Ein Vergleich mit Fahrzeugen, die um entsprechende (aktive)
Sicherheitsmaßnahmen
erweitert wurden, lässt
sich nur im Rahmen einer groben Abschätzung durchführen. Damit
sind verlässliche
Aussagen über die
Effektivität
der geplanten bzw. bereits eingesetzten vorausschauenden Sicherheitsmaßnahmen
jedoch nicht möglich.
-
Der
Erfindung liegt damit die Aufgabe zu Grunde, ein diesbezüglich verbessertes
Verfahren zur Bewertung wenigstens eines zur Verwendung bei Kraftfahrzeugen
vorgesehenen vorausschauenden Sicherheitssystems zur Unfallvermeidung
und/oder Unfallfolgenminderung anzugeben.
-
Zur
Lösung
dieser Aufgabe ist ein Verfahren dieser Art vorgesehen, das sich
dadurch auszeichnet, dass das Sicherheitssystem in Abhängigkeit
wenigstens einer Rekonstruktion wenigstens eines einen Bezug zu
diesem Sicherheitssystem aufweisenden Unfalls bewertet wird.
-
Bei
einer derartigen Effektivitätsbewertung handelt
es sich letztlich um eine Auswertung physikalischer und technischer
Daten, die einen Unfall beschreiben. Diese Daten fließen in die
Nachstellung bzw. Rekonstruktion des Unfalls ein und/oder ergeben
sich als Ergebnis der Rekonstruktion.
-
Erfindungsgemäß werden
diese Daten bzw. die Ergebnisse der Rekonstruktion, die ein Maß für die Effektivität eines
zu testenden vorausschauenden Sicherheitssystems darstellen, im
Rahmen einer Bewertung eines solchen Systems herangezogen.
-
Dabei
wird im Rahmen der Erfindung ein Unfall zur Effektivitätsbewertung
eines bzw. mehrerer vorausschauender Sicherheitssysteme rekonstruiert, also
mehr oder weniger vollständig
nachgebildet, um so realitätsnahe
Daten zu erhalten. Diese Rekonstruktion kann seitens einer Recheneinrichtung,
beispielsweise im Rahmen einer Simulation, erfolgen oder aber auch,
zumindest zum Teil, mit realen Komponenten realisiert werden.
-
Eine
solche Unfallrekonstruktion zur Bewertung vorausschauender Sicherheitssysteme
hinsichtlich ihrer Effektivität
ist bisher völlig
unbekannt. Ein derartiges Verfahren ist auch nicht mit auf dem Gebiet
der Unfallforschung eingesetzten Crashtests zu vergleichen, bei
denen keine Rekonstruktion von Unfällen erfolgt, sondern lediglich
Unfallmodelle eingesetzt werden, die keine realitätsnahe Rekonstruktion darstellen
und zudem auch nicht im Rahmen einer Effektivitätsbewertung von Sicherheitssystemen durchgeführt werden.
-
Insbesondere
kann im Rahmen der erfindungsgemäßen Rekonstruktion
wenigstens ein Fahrversuch und/oder wenigstens eine Simulation,
insbesondere eine stochastische Simulation, durchgeführt werden.
-
Das
erfindungsgemäße Verfahren
zur Effektivitätsbewertung
von vorausschauenden Sicherheitssystemen bzw. -maßnahmen,
beispielsweise für die
Fußgängersicherheit,
kann somit auf unterschiedlichen Säulen basieren. Zum einen kann
eine Rekonstruktion auf Basis von Fahrversuchen durchgeführt werden,
zum anderen ist eine Unfallrekonstruktion im Rahmen einer Simulation
möglich.
Dabei sind auch vermischte Szenarien denkbar, bei denen beispielsweise
ein Realfahrzeug in einer simulierten virtuellen Welt ein bestimmtes
Manöver
durchführt oder
dergleichen.
-
Werden
Simulationen zur Unfallrekonstruktion eingesetzt, so können stochastische
Simulationen verwendet werden, bei denen bestimmte Parameter beispielsweise
bei Modellen für
das Kraftfahrzeug, für
die Sensorik im Kraftfahrzeug bzw. für das Umfeld, in dem sich das
Kraftfahrzeug bewegt, und für andere
Verkehrsteilnehmer usw. stochastisch variiert werden. Hierzu können beispielsweise
stochastische Verteilungen eingesetzt werden, die auf Realdaten basieren.
So kann eine realitätsnahe
Rekonstruktion von Unfällen
erfolgen, die gegebenenfalls nicht exakt in dieser Form, also nicht
exakt mit den gleichen Parametern aber z. B. in leicht variierter
Form, in der Realität
stattgefunden haben, um so durch Durchlaufen eines größeren Parameterraums,
beispielsweise im Rahmen einer Vielzahl von Rekonstruktionsszenarien,
besonders aussagekräftige
und statistisch auswertbare Daten hinsichtlich der Effektivität eines
bestimmten Sicherheitssystems zu erhalten.
-
Dabei
kann als wenigstens ein Fahrversuch ein realitätsnaher Fahrversuch mit realen
und virtuellen Komponenten und/oder als Simulation wenigstens eine
virtuelle Testfahrt durchgeführt
werden. Bei dem Fahrversuch werden also reale Komponenten, beispielsweise
ein reales Fahrzeug und gegebe nenfalls ein realer Fahrer, eingesetzt,
die mit virtuellen Komponenten kombiniert sind, beispielsweise mit
virtuellen Modellen für
an einem Unfall beteiligte Fußgänger bzw.
mit einer virtuellen Umgebung und dergleichen. Selbstverständlich können auch
andere Komponenten real sein bzw. es kann ein virtueller Fahrer
mit einer realen Aktuatorik eines Sicherheitssystems kombiniert
werden und dergleichen. Im Rahmen einer Simulation kann eine virtuelle
Testfahrt durchgeführt
werden, beispielsweise eine Fahrt durch ein bestimmtes Umfeld wie
ein städtisches Umfeld
mit den dort typischen Ereignissen wie Fußgängern, die unerwartet auf die
Straße
treten, bzw. unerwartet haltenden Autos und dergleichen.
-
Im
Rahmen der Erfindung kann wenigstens ein Unfall im Hinblick auf
wenigstens eine Reaktion eines Fahrers eines Kraftfahrzeugs auf
wenigstens eine Aktion wenigstens eines vorausschauenden Sicherheitssystems
analysiert werden. Der rekonstruierte Unfall bzw. mehrere rekonstruierte
Unfälle
werden also dahingehend ausgewertet, wie der Fahrer auf Aktionskonzepte
im Fahrzeug reagiert. Hierzu werden wie bereits beschrieben reale
bzw. realitätsnahe
Unfälle
in der Simulation und Realität
nachgebildet. Dies ermöglicht
es, Fahrerreaktionen, die einen maßgeblichen Einfluss auf den
Verlauf einer Kollision bzw. eines Unfallgeschehens haben, fundiert
in die Abschätzung
des Potentials der Sicherheitssysteme einzubeziehen und so den Anteil
an Annahmen zu reduzieren. Dadurch können die Ergebnisse der Effektivitätsbewertung
mit einer höheren
Aussagekraft auf ein reales Unfallgeschehen übertragen werden. Die Effektivität künftiger
und bereits eingesetzter vorausschauender Sicherheitssysteme lässt sich
im Zuge dieses Vorgehens wesentlich genauer angeben bzw. prognostizieren.
-
Außerdem kann
wenigstens ein Unfall auf Basis von Daten wenigstens einer Datenbank
mit Einzelunfalldaten und/oder statistischen Daten mehrerer Unfälle rekonstruiert
werden, insbesondere auf Basis von Daten mehrerer Datenbanken mit
unterschiedlichem Detaillierungsgrad der Daten.
-
Für die Unfallrekonstruktion
können
(zum Teil bereits vorhandene) Datenbanken herangezogen werden, die
beispielsweise auf nationaler oder internationaler Ebene Einzelunfalldaten
bzw. statistische Daten bereitstellen.
-
Dabei
kann die Rekonstruktion im Rahmen eines Zugriffs auf unterschiedliche
Datenbanken erfolgen, insbesondere auf Datenbanken mit einem unterschiedlichen
Detaillierungsgrad. Eine Datenbank mit einem niedrigeren Detaillierungsgrad
kann beispielsweise für
eine Vorauswertung derart verwendet werden, dass aus den Daten dieser
Datenbank abgeleitet wird, in welchen Parameterbereichen ein Einsatz
von Sicherheitssystemen und damit eine Effektivitätsbewertung
mit besonders großem
Nutzen vorgenommen werden kann. Beispielsweise kann aus den Daten
einer allgemeineren Datenbank abgeleitet werden, in welchem Geschwindigkeitsbereich
der Einsatz von Sicherheitssystemen besonders zweckmäßig wäre bzw.
in welchem Bereich der Geschwindigkeit oder eines anderen Parameters
mit einem Sicherheitssystem am meisten erreicht werden könnte. Aus
dieser ersten Auswertung kann dann ein effektiverer Zugriff auf
Datenbanken mit detaillierten Daten zu Einzelunfällen erfolgen. Gegebenenfalls
können diese
Datenbanken auch in Abhängigkeit
einer solchen ersten Auswertung erstmalig gezielt angelegt bzw.
ergänzt
werden.
-
Selbstverständlich ist
es im Rahmen der erfindungsgemäßen Effektivitätsbewertung
ebenso möglich,
dass ergänzend,
zweckmäßigerweise
direkt parallel zur Unfallrekonstruktion, eine Bewertung anhand
einer Datenbankanalyse, also ohne eine Rekonstruktion des Unfallgeschehens,
durchgeführt wird.
Die daraus folgenden Ergebnisse können zusätzlich in die Effektivitätsbewertung
einfließen,
beispielsweise zur Verifizierung von Daten oder im Sinne einer Redundanz
von Ergebnisdaten und dergleichen.
-
Erfindungsgemäß kann in
Abhängigkeit
von Daten wenigstens einer Datenbank, insbesondere einer Datenbank
mit statistischen Daten, ein auf wenigstens ein vorausschauendes
Sicherheitssystem bezogenes geeignetes Wirkungsfeld für wenigstens eine
Unfallrekonstruktion und/oder den Aufbau wenigstens einer erweiterten
Datenbank, insbesondere mit Daten mit höherem Detaillierungsgrad, definiert werden
und/oder es kann ein definiertes Wirkungsfeld in Abhängigkeit
wenigstens einer bereits erfolgten Bewertung wenigstens eines vorausschauenden Sicherheitssystems
angepasst werden.
-
Datenbankdaten
können
also dazu verwendet werden, Wirkungsfelder zu ermitteln bzw. anzugeben,
also Bereiche, in denen durch ein vorausschauendes Sicherheitssystem
voraussichtlich am meisten erreicht werden kann. Bei einer derartigen Festlegung
eines Wirkungsfeldes geht es also zum einen darum festzustellen,
in welchem Bereich von relevanten Parametern für ein Unfallgeschehen besonders
häufig
bzw. besonders schwere Unfälle
auftreten. Ein weiterer Aspekt der Festlegung des Wirkungsfeldes
ist der Aspekt, in welchem Bereich beispielsweise von Parametern
für ein
Sicherheitssystem dieses mit einiger Wahrscheinlichkeit effektiv
arbeiten bzw. mit diesem am meisten erreicht werden kann. Auf diese
Art und Weise wird ein Bewertungsbereich definiert, in dem die Unfallrekonstruktion
für die
erfindungsgemäße Effektivitätsbewertung
durchgeführt
wird. Ein solches Wirkungsfeld kann auch im Sinne einer Rückkopplung
in Abhängigkeit
von einer bereits erfolgten Effektivitätsermittlung geändert werden.
Das Wirkungsfeld kann also, je nachdem, welches Ergebnis eine vorangegangene
Effektivitätsbewertung
ergeben hat, geeignet angepasst werden.
-
Mit
besonderem Vorteil kann im Rahmen der Rekonstruktion wenigstens
eines Unfalls wenigstens ein detailliertes Mensch-Modell verwendet
werden und/oder es kann im Rahmen der Rekonstruktion wenigstens
eines Unfalls anhand wenigstens eines Mensch-Modells eine verletzungsmechanische
Analyse durchgeführt
werden.
-
Wenn
in der Rekonstruktion ein möglichst detailliertes
Mensch-Modell eingesetzt wird, so bietet dies den Vorteil, dass
die Effektivitätsbewertung
ohne eine Gefährdung
realer Personen durchgeführt
werden kann, während
andererseits bei einem geeigneten Detaillierungsgrad des Modells
dennoch zuverlässige
Schlüsse
auf die Art und Schwere möglicher Verletzungen
gezogen werden können.
Dabei ist ein Mensch-Modell vorzugsweise so detailliert aufgebaut,
dass beispielsweise das Skelett vollständig modelliert wird, so dass
mit einer hohen Sicherheit vorausgesagt werden kann, ob beispielsweise
die Gefahr von Knochenbrüchen
besteht. Auch weitere Bestandteile des Menschen, beispielsweise
die Muskeln, weitere Gewebestrukturen sowie (ein Teil der) Gefäße können in
das Modell einbezogen werden.
-
Dabei
ist letztlich der Detaillierungsgrad lediglich beschränkt durch
einen in Kauf zu nehmenden Rechenaufwand bei virtuellen Modellen
bzw. durch den Fertigungsaufwand bei Realmodellen. Mit derartigen
Mensch-Modellen, die insbesondere eine verletzungsmechanische Analyse
ermöglichen,
lassen sich wesentlich präzisere
Aussagen hinsichtlich der Effektivität der zu bewertenden Sicherheitssysteme
treffen, als dies z. B. mit herkömmlich
bei Crashtests verwendeten Puppen möglich ist.
-
Wie
bereits erwähnt
wurde, kann zur Bewertung wenigstens eines vorausschauenden Sicherheitssystems
wenigstens ein datenbankspezifisches Analyseverfahren verwendet
werden. Ein derartiges datenbankspezifisches Analyseverfahren kann
direkt zur Bewertung von Datenbankdaten parallel zur erfindungsgemäßen Unfallrekonstruktion
eingesetzt werden, aber auch in Ergänzung der erfindungsgemäßen Bewertung
anhand einer Unfallrekonstruktion zur Auswertung der in einem Fahrversuch
bzw. in einer Simulation gewonnenen Daten. Die Datenbankanalysemethodik
kann dabei unterschiedlichste Komponenten umfassen, beispielsweise
eine gezielte Extraktion bestimmter Parameter zur Erstellung von Kurven
zur Visualisierung der ermittelten Daten bzw. eine datenbankspezifische
Algorithmik und dergleichen.
-
Wenigstens
ein im Rahmen der Erfindung zu bewertendes vorausschauendes Sicherheitssystem kann
in Abhängigkeit
einer globalen Analyse wenigstens eines Wirkungsfeldes für wenigstens
eine Unfallrekonstruktion analysiert werden. Die Daten, die beispielsweise
anhand realitätsnaher
Versuche oder virtueller Testfahrten unter Durchführung verletzungsmechanischer
Analysen bzw. unter Einsatz vorhandener Effektivitätsstudien
auf Basis von Datenbanken und dergleichen gewonnen wurden, können also
verwendet werden, um für
das Wirkungsfeld, das der Effektivitätsbewertung zu Grunde gelegt wurde,
eine globale Analyse durchzuführen,
um so Daten für
die Effektivität über diesen
gesamten Bereich angeben zu können.
Für den
globalen Bereich des Wirkungsfeldes wird eine Effektivitätsbestimmung
vorgenommen.
-
Dabei
kann diese Analyse ebenso wie insgesamt die Effektivitätsbewertung
zumindest teilweise automatisch durch eine Recheneinrichtung durchgeführt werden.
Gegebenenfalls ist ein vollautomatischer Ablauf denkbar, bei dem
z. B. mit Hilfe entsprechender Programmmittel zunächst Datenbankdaten selbsttätig ausgewertet
und anhand dieser Daten virtuelle Testfahrten oder auch ein Aufbau
für einen
realitätsnahen
Versuch ermittelt werden, wobei die Daten aus dem Fahrversuch bzw.
der Simulation wiederum automatisch durch entsprechende Programmmittel
bzw. ein Programmpacket auf der Recheneinrichtung ausgewertet werden
und zur Kenntnisnahme für
eine Person, beispielsweise in Form eines Reports, zusammengestellt
werden. Gegebenenfalls sind auch an einigen bzw. mehreren Stellen
dieses Ablaufs ergänzende
Bedienereingaben möglich.
Des Weiteren ist es denkbar, dass die Effektivitätsbewertung im Wesentlichen
durch einen Bediener geführt wird,
wobei selbstverständlich
auch auf Programmmittel, beispielsweise für die Simulation bzw. für die Erstellung
einer Auswertung, zugegriffen werden muss.
-
Insbesondere
kann als wenigstens ein vorausschauendes Sicherheitssystem ein System
zum Fußgängerschutz
und/oder zum Schutz weiterer Verkehrsteilnehmer bewertet werden.
Dabei bietet sich insbesondere eine Bewertung von Sicherheitssystemen
zum Fußgängerschutz
an, da hier durch die vorgeschlagenen Simulationen bzw. die Verwendung der
detaillierten Mensch-Modelle besonders aussagekräftige Daten gewonnen werden
können.
Es können
aber auch weitere Sicherheitssysteme, beispielsweise Systeme zum
Schutz anderer Verkehrsteilnehmer wie beispielsweise von Fahrradfahrern oder
anderen Kraftfahrern oder auch Systeme zum Eigenschutz bewertet
werden.
-
Dabei
betrifft die erfindungsgemäße Effektivitätsbewertung
in erster Linie eine Quantifizierung der Effektivität der Systeme,
aber auch die Bestimmung allgemeiner Effektivitätsaussagen qualitativer Art.
-
Realisieren
lässt sich
das vorgeschlagene Verfahren anhand eines Systems mit einer Recheneinrichtung,
auf der eine oder mehrere Datenbanken mit Einzelunfalldaten bzw.
statistischen Daten abgelegt sind bzw. die Zugriff auf derartige
Daten hat und auf der Programmmittel laufen, mit denen beispielsweise
eine Definition eines Wirkungsfeldes sowie eine Definition realitätsnaher
Versuche bzw. virtueller Testfahrten und deren Durchführung möglich ist.
Des Weiteren muss die Recheneinrichtung zur Auswertung der Versuchsergebnisse
aus der Unfallrekonstruktion anhand von Mensch-Modellen bzw. Datenbankenanalysemethoden
ausgebildet sein. Außerdem
verfügt
die Recheneinrichtung über
Mittel zur auswertenden Effektivitätsbewertung, gegebenenfalls
in Abhängigkeit
einer globalen Analyse eines Wirkungsfeldes beispielsweise in Form
geeigneter Tools. Dabei können
die Programmmittel auf einer einzigen Recheneinrichtung als zentraler
Recheneinrichtung oder auf einer Recheneinrichtung, die verteilt,
also insbesondere mit verschiedenen externen Rechnern, ausgebildet
ist, implementiert sein.
-
Weitere
Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich anhand
der folgenden Ausführungsbeispiele
sowie aus den Zeichnungen. Dabei zeigen:
-
1 eine
Skizze zum Ablauf eines erfindungsgemäßen Verfahrens,
-
2 eine
Darstellung zur Erfassung eines Parameterraums mit Realtests und
Simulationen bei einer erfindungsgemäßen Effektivitätsbewertung,
-
3 ein
Ergebnis einer erfindungsgemäßen Effektivitätsbewertung
und
-
4 Darstellungen
zu den Möglichkeiten der
Abdeckung eines Testsraums mittels eines erfindungsgemäßen Verfahrens.
-
In
der 1 ist eine Skizze 1 zum Ablauf eines
erfindungsgemäßen Verfahrens
gezeigt. Diese Skizze 1 zeigt die technische Umsetzung
einer erfindungsgemäßen Effektivitätsbewertung.
-
Dieser
Effektivitätsbewertung
liegt zunächst eine
Datenbank 2 mit Unfalldaten und (zugehörigen) nationalen und internationalen
Statistiken zu Grunde. In dieser Unfalldatenbank ist beispielsweise
angegeben, wie schnell sich ein Fahrzeug bei einem Unfall bewegt
hat bzw. in welcher Konstellation ein Unfall aufgetreten ist und
dergleichen.
-
Anhand
dieser Datenbank 2 wird, z. B. durch eine geeignete Auswertung
der Daten beispielsweise seitens eines Programmmittels auf einer
Recheneinrichtung, ein Wirkungsfeld 3 definiert, also ein
Bereich, in dem der Einsatz eines vorausschauenden Sicherheitssystems
am ehesten sinnvoll bzw. zweckmäßig erscheint
und/oder in dem mit einem solchen Sicherheitssystem am meisten erreicht
werden kann. In Abhängigkeit
von der Definition des Wirkungsfeldes 3 wird eine weitere
Datenbank 4 herangezogen, die einen höheren Detaillierungsgrad hat
und entsprechend höher
detaillierte Einzelunfalldaten enthält. Diese Datenbank 4 dient
dann als Grundlage für realitätsnahe Versuche 5 auf
der einen Seite, also für Fahrversuche,
und für
virtuelle Testfahrten 6 auf der anderen Seite, also für computerbasierte
Simulationen. Diese beiden Komponenten, also die realitätsnahen
Versuche 5 und die virtuellen Testfahrten 6, werden
im hier dargestellten Ausführungsbeispiel
parallel zur Unfallrekonstruktion genutzt, wobei die Ergebnisse
dieser Rekonstruktionsverfahren mit Hilfe eines Mensch-Modells 7,
das einen hohen Detaillierungsgrad (z. B. hinsichtlich der Knochenstruktur bzw.
der Organe, des Muskelgewebes usw.) aufweist, um so eine verletzungsmechanische
Analyse detailliert durchführen
zu können,
sowie unter Verwendung einer Datenbankanalysemethodik 8 ausgewertet
werden.
-
Daran
schließt
sich eine globale Analyse 9 des Wirkungsfeldes 3 an,
um so für
den gesamten Bereich des Wirkungsfeldes 3 quantitative
und gegebenenfalls auch qualitative Effektivitätsaussagen zu erhalten, also
eine Effektivität 10 (in
Form von Zahlen, Reports, Kurven usw.) angeben zu können.
-
Das
geschilderte Vorgehen betrifft somit eine Analyse, hier durch den
Pfeil 11 in Ablaufrichtung angedeutet.
-
Darüber hinaus
umfasst das Verfahren (im Sinne einer Rückkopplung) eine Synthese,
hier durch den Pfeil 12 angedeutet, in deren Rahmen anhand der
Potentialabschätzung
für ein
Realunfallgeschehen, das erfindungsgemäß rekonstruiert wurde, erneut
ein Wirkungsfeld definiert bzw. ein definiertes Wirkungsfeld angepasst
und eine Analyse gemäß dem Pfeil 11 durchgeführt werden
kann. Des Weiteren besteht eine Pfeilverbindung 13 vom
Wirkungsfeld 3 zurück
zur Datenbank 2, die anhand dieses gegebenenfalls nach
der Synthese gemäß dem Pfeil 12 veränderten
Wirkungsfeldes ausgewertet werden kann bzw. für die gezielt wirkungsfeldabhängige bzw. -wichtige
Daten neu ermittelt werden können.
-
Erfindungsgemäß werden
also ausgewählte Unfälle, beispielsweise
Fußgängerunfälle, für die ein vorausschauendes
Sicherheitssystem bewertet werden soll, im Detail rekonstruiert
und mit Hilfe neuentwickelter Tools realitätsnah nachgestellt und nachgefahren.
Parallel erfolgen Simulationsrechnungen, insbesondere stochastische
Simulationen. Durch eine Kombination dieser beiden Säulen kann
eine aussagekräftige
Quantifizierung der Effektivität
der zu bewertenden Systeme erfolgen.
-
Die 2 zeigt
eine Darstellung zur Erfassung eines Parameterraums mit Realtests
und Simulationen bei einem erfindungsgemäßen Effektivitätsbewertungsverfahren.
-
Dabei
ist auf der x-Achse 14 ein erster Parameter, hier die Geschwindigkeit
eines Fahrzeugs, aufgetragen, während
auf der y-Achse 15 ein zweiter Parameter, hier die Geschwindigkeit
eines Fußgängers, aufgetragen
ist. Die Punkte 16 geben Parameterkombinationen wieder,
die im Rahmen von Tests in einem realen Umfeld erfasst wurden. Die
Punkte 17 stehen dagegen für Parameterkombinationen, die
im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens
bei computerbasierten Simulationen verwendet wurden. Die durchgeführten computerbasierten
Simulationen sind stochastische Simulationen, bei denen die Parameter
nach einer Wahrscheinlichkeitsverteilung variiert werden. Durch
die Ergänzung
der realen Tests gemäß den Parameterkombinationen,
die durch die Punkte 16 gegeben sind, mit den computerbasierten Simulationen
lässt sich
eine wesentlich breitere Erfassung des Parameterraums erreichen.
Insbesondere können
in der näheren
Umgebung der Punkte 16 weitere Punkte 17 des Parameterraums
mit Computersimulationen erfasst werden, um so eine Effektivität eines
vorausschauenden Sicherheitssystems in bestimmten Parameterbereichen
bzw. für
nur leicht variierte Parameter angeben zu können und somit aussagekräftige Daten,
insbesondere auch statistisch verwertbare Daten, zu erhalten.
-
Des
Weiteren können
mit Computersimulationen Bereiche, die realen Tests nicht zugänglich sind,
wie beispielsweise hier der mittlere Bereich des durch die x-Achse 14 und
die y-Achse 15 aufgespannten Raums, erfasst werden.
-
Die 3 zeigt
ein Ergebnis einer erfindungsgemäßen Effektivitätsbewertung,
wobei hier auf der x-Achse 18 eine Kollisionsgeschwindigkeit, und
auf der y-Achse 19 die Zahl der Kollisionen angegeben ist.
Dabei zeigt die Kurve 20 die Zahl der Kollisionen in Abhängigkeit
von der Kollisionsgeschwindigkeit bei einem aktiven zu bewertenden
Sicherheitssystem, während
die Kurve 21 die Situation ohne aktives Sicherheitssystem
zeigt. Anhand der Kurven 20 und 21 lässt sich
eindeutig feststellen, dass die Zahl der Kollisionen mit aktiven
Sicherheitssystem insgesamt niedriger liegt, wobei allerdings im Bereich
geringerer Kollisionsgeschwindigkeiten eine höhere Anzahl von Kollisionen
im Vergleich zur Situation ohne aktives Sicherheitssystem gegeben
ist. Gerade bei den höheren
Kollisionsgeschwindigkeiten, die in aller Regel schwerere Unfallfolgen
nach sich ziehen, liegt jedoch die Zahl der Kollisionen deutlich
niedriger, wenn das Sicherheitssystem aktiv ist. So wird mit Hilfe
der erfindungsgemäßen Effektivitätsbewertung
anhand geeigneter Auswertetools die Effektivität der Sicherheitssysteme verlässlich und
einfach erfassbar quantifiziert.
-
Die 4 zeigt
schließlich
eine Darstellung der Möglichkeiten
der Abdeckung eines Testsraums mittels eines erfindungsgemäßen Verfahrens.
-
Dabei
ist auf der x-Achse 22 der Produktprozess aufgetragen,
also der (zeitliche) Ablauf der Entwicklung des jeweiligen Sicherheitssystems.
Auf der y-Achse 23 ist
die Abdeckung des Testraums bis zu einem Wert von 100% am Punkt 24 angegeben.
Die Kurve 25 gibt die Abdeckung des Testraums in Abhängigkeit
vom Produktprozess mit Realtests wieder, während die Kurve 26 die
Abdeckung für
virtuelle Testfahrten zeigt. Dabei kann mit virtuellen Testfahrten
gemäß der Kurve 26 relativ
früh im
Produktprozess eine beachtliche Abdeckung des Testraums zu 50% bis
hin zu Werten von etwa 90% zum Abschluss des Produktprozesses erreicht
werden.
-
Mit
Realtests ist hingegen, nicht zuletzt aus Kosten- und Sicherheitsgründen, nur
eine geringere Abdeckung des Testraums erreichbar, wobei insbesondere
erst relativ zum Ende des Produktprozesses hin eine derartige Abdeckung
erreicht werden kann, dass statistische Aussagen möglich werden.
-
Diese
Darstellung zeigt, dass der parallele Einsatz von virtuellen Testfahrten
und Realtests für die
Unfallrekonstruktion beim erfindungsgemäßen Effektivitätsbewertungsverfahren
den Vorteil bietet, dass zum einen durch die Simulation eine sehr
hohe Abdeckung des zu testenden Bereichs erreicht werden kann, während andererseits
durch die Realnachbildung des Unfallgeschehens stets ein Test der
Zuverlässigkeit
bzw. Aussagekraft der computererzeugten Daten gegeben ist.
-
So
erweitert das erfindungsgemäße Verfahren
eine reine Datenbankanalyse, wie sie bisher verwendet wird, indem
eine neuartige Toolkette mit der Nachbildung realer Unfälle in der
Simulation und der Realität
aufgebaut wird.