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Die vorliegende Offenbarung betrifft ein Verfahren zum Erzeugen von Testdaten für eine Simulation zur Absicherung einer Fahrfunktion zum automatisierten Fahren, ein Speichermedium zum Ausführen des Verfahrens, und ein System zum Erzeugen von Testdaten für eine Simulation zur Absicherung einer Fahrfunktion zum automatisierten Fahren. Die vorliegende Offenbarung betrifft insbesondere eine Optimierung des Reprocessings für das automatisierte Fahren durch die Berücksichtigung von sensorperspektivischen Materialeigenschaften von Objekten im Umfeldmodell.
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Stand der Technik
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Fahrassistenzsysteme zum automatisierten Fahren gewinnen stetig an Bedeutung. Das automatisierte Fahren kann mit verschiedenen Automatisierungsgraden erfolgen. Beispielhafte Automatisierungsgrade sind ein assistiertes, teilautomatisiertes, hochautomatisiertes oder vollautomatisiertes Fahren. Diese Automatisierungsgrade wurden von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) definiert (siehe BASt-Publikation „Forschung kompakt“, Ausgabe 11/2012). Beispielsweise sind die Fahrzeuge mit Level 4 vollautonom im Stadtbetrieb unterwegs.
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Das Fahrassistenzsystem zum automatisierten Fahren verwendet Sensoren, die die Umgebung auf visueller Basis wahrnehmen, sowohl im für den Menschen sichtbaren als auch unsichtbaren Bereich. Die Sensoren können zum Beispiel eine Kamera, ein Radar und/oder ein LiDAR sein. Diese sind neben hochgenauen Karten die hauptsächlichen Signalquellen für Fahrassistenzsysteme zum automatisierten Fahren.
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Bei der Entwicklung von derartigen Fahrassistenzsystemen werden im Allgemeinen eine Kombination aus realen Testkilometern, die durch ein reales Fahrzeug im Realverkehr aufgenommen werden, und simulierten Testkilometern verwendet, um eine Absicherung der Algorithmen des Fahrassistenzsystems zu ermöglichen. Beispielsweise können etwa fünf Millionen reale Testkilometer aus realen Fahrten und etwa 240 Millionen Testkilometer aus Simulationsfahrten verwendet werden, um das Fahrassistenzsystemen zu testen und weiterzuentwickeln. Die große Menge an Testkilometern ist insbesondere nötig, um gesetzlich vorgegebene Sicherheitsstandards zu erreichen.
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Eine derartige Absicherung der Algorithmen des Fahrassistenzsystems erfordert jedoch die Verarbeitung großer Datenmengen, was wiederum viel Rechenressourcen und einen großen Zeitaufwand erfordert.
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Offenbarung der Erfindung
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Es ist eine Aufgabe der vorliegenden Offenbarung, ein Verfahren zum Erzeugen von Testdaten für eine Simulation zur Absicherung einer Fahrfunktion zum automatisierten Fahren, ein Speichermedium zum Ausführen des Verfahrens, und ein System zum Erzeugen von Testdaten für eine Simulation zur Absicherung einer Fahrfunktion zum automatisierten Fahren anzugeben, die eine Zuverlässigkeit eines Fahrassistenzsystems zum automatisierten Fahren verbessern können. Insbesondere ist es eine Aufgabe der vorliegenden Offenbarung Rechenressourcen und einen Zeitaufwand für ein Reprocessing zur Absicherung einer Fahrfunktion zu reduzieren.
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Diese Aufgabe wird durch den Gegenstand der unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind in den Unteransprüchen angegeben.
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Gemäß einem unabhängigen Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist ein Verfahren zum Erzeugen von Testdaten für eine Simulation zur Absicherung einer Fahrfunktion zum automatisierten Fahren angegeben. Das Verfahren umfasst ein Bereitstellen von Umfelddaten, die durch eine Umgebungssensorik wenigstens eines Fahrzeugs im Realverkehr erfasst wurden; ein Extrahieren von Materialinformationen in Bezug auf wenigstens ein Objekt aus den Umfelddaten; und ein Erzeugen der Testdaten für die Simulation basierend auf den extrahierten Materialinformationen.
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Erfindungsgemäß werden reale Umfelddaten verwendet, um simulierte Umfelddaten bzw. Testdaten für eine Simulation zu erzeugen. Die Testdaten für die Simulation enthalten dabei Materialeigenschaften von Objekten, die aus den realen Umfelddaten extrahiert wurden. Zum Beispiel kann das Objekt ein Fremdfahrzeug sein, und die Materialeigenschaft kann dessen Lack sein (z.B. matt oder glänzend). Die Berücksichtigung der Materialeigenschaft erlaubt eine Variation derselben, so dass basierend auf einer gegebenen Menge realer Daten wesentlich mehr simulierte Testdaten erzeugt werden können. Damit können Rechenressourcen und ein Zeitaufwand zur Absicherung einer Fahrfunktion reduziert werden. Zudem kann eine Zuverlässigkeit eines Fahrassistenzsystems zum automatisierten Fahren eines Fahrzeugs, insbesondere eines Kraftfahrzeugs, verbessert werden.
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Vorzugsweise umfasst die Umgebungssensorik wenigstens ein LiDAR-System und/oder wenigstens ein Radar-System und/oder wenigstens eine Kamera und/oder wenigstens ein Ultraschall-System und/oder wenigstens ein Laser-System. Die Umgebungssensorik kann die Umfelddaten (auch als „Umgebungsdaten“ bezeichnet) bereitstellen, die einen Umgebungsbereich des Fahrzeugs abbilden.
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Der Begriff „Objekt“, wie er im Rahmen der vorliegenden Offenbarung verwendet wird, kann sich auf alle physischen Einheiten beziehen, die durch die Umgebungssensorik des Fahrzeugs erfassbar sind. Das Objekt kann zum Beispiel eine Person, ein Fahrzeug, eine Ampel, ein Fahrrad, ein Motorrad, eine Baustruktur, etc. sein. Die Baustruktur kann zum Beispiel ein Straßenbelag, eine Brücke, ein Gebäude, etc. sein.
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Der Begriff „Simulation“, wie er im Rahmen der vorliegenden Offenbarung verwendet wird, bezieht sich auf eine Simulation von Testkilometern zum Beispiel im Rahmen des Reprocessings. Hier werden den Algorithmen des Fahrassistenzsystems simulierte Umfelddaten vorgegeben, so dass besagte Testkilometer erzeugt werden können.
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Unter dem Begriff „automatisiertes Fahren“ kann im Rahmen des Dokuments ein Fahren mit automatisierter Längs- oder Querführung oder ein autonomes Fahren mit automatisierter Längs- und Querführung verstanden werden. Bei dem automatisierten Fahren kann es sich beispielsweise um ein zeitlich längeres Fahren auf der Autobahn oder um ein zeitlich begrenztes Fahren im Rahmen des Einparkens oder Rangierens handeln. Der Begriff „automatisiertes Fahren“ umfasst ein automatisiertes Fahren mit einem beliebigen Automatisierungsgrad. Beispielhafte Automatisierungsgrade sind ein assistiertes, teilautomatisiertes, hochautomatisiertes oder vollautomatisiertes Fahren. Diese Automatisierungsgrade wurden von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) definiert (siehe BASt-Publikation „Forschung kompakt“, Ausgabe 11/2012).
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Beim assistierten Fahren führt der Fahrer dauerhaft die Längs- oder Querführung aus, während das System die jeweils andere Funktion in gewissen Grenzen übernimmt. Beim teilautomatisierten Fahren (TAF) übernimmt das System die Längs- und Querführung für einen gewissen Zeitraum und/oder in spezifischen Situationen, wobei der Fahrer das System wie beim assistierten Fahren dauerhaft überwachen muss. Beim hochautomatisierten Fahren (HAF) übernimmt das System die Längs- und Querführung für einen gewissen Zeitraum, ohne dass der Fahrer das System dauerhaft überwachen muss; der Fahrer muss aber in einer gewissen Zeit in der Lage sein, die Fahrzeugführung zu übernehmen. Beim vollautomatisierten Fahren (VAF) kann das System für einen spezifischen Anwendungsfall das Fahren in allen Situationen automatisch bewältigen; für diesen Anwendungsfall ist kein Fahrer mehr erforderlich.
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Die vorstehend genannten vier Automatisierungsgrade entsprechen den SAE-Level 1 bis 4 der Norm SAE J3016 (SAE - Society of Automotive Engineering). Beispielsweise entspricht das hochautomatisierte Fahren (HAF) Level 3 der Norm SAE J3016. Ferner ist in der SAE J3016 noch der SAE-Level 5 als höchster Automatisierungsgrad vorgesehen, der in der Definition der BASt nicht enthalten ist. Der SAE-Level 5 entspricht einem fahrerlosen Fahren, bei dem das System während der ganzen Fahrt alle Situationen wie ein menschlicher Fahrer automatisch bewältigen kann; ein Fahrer ist generell nicht mehr erforderlich.
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Vorzugsweise umfasst das Erzeugen der Testdaten für die Simulation basierend auf den extrahierten Materialinformationen ein Variieren einer Materialeigenschaft, um die Testdaten für die Simulation zu erzeugen. Beispielsweise kann ein bestimmtes Objekt, wie zum Beispiel ein Fahrzeug, mit zwei oder mehr Materialeigenschaften belegt werden, um so mit minimalem Aufwand verschiedene Testdaten zu erzeugen.
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Vorzugsweise umfassen die Materialinformationen wenigstens eine Materialeigenschaft. Die wenigstens eine Materialeigenschaft kann aus der Gruppe ausgewählt sein, die eine Lichtreflektion, eine Radarreflektion, eine Rauigkeit, eine Veränderung einer Lichtreflektion, eine Veränderung einer Radarreflektion, eine Veränderung einer Rauigkeit, und eine Punktstabilität einer Lichtreflektion umfasst, oder die daraus besteht. Die Veränderung kann beispielsweise witterungsabhängig (z.B. nass vs. trocken) und/oder abhängig von Lichtverhältnissen sein.
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Vorzugsweise umfasst das Extrahieren von Materialinformationen in Bezug auf wenigstens ein Objekt aus den Umfelddaten ein Zuordnen wenigstens eines Oberflächenattributs zu dem wenigstens einen Objekt. Das Zuordnen des wenigstens einen Oberflächenattributs zu dem wenigstens einen Objekt erfolgt beispielsweise durch einen Klassifikator, der die jeweiligen Oberflächen aufgrund der verschiedenen Sensoren einem Grundtypus zuordnet (beispielsweise Metallic-Lack, Beton, Pflanze, etc.). Dies kann mit dem Objekt verknüpft werden.
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Vorzugsweise umfasst das Extrahieren von Materialinformationen in Bezug auf wenigstens ein Objekt aus den Umfelddaten ein Komprimieren der Materialinformationen. Hierzu kann angenommen werden, dass gewisse Materialeigenschaften korrelieren (z.B. Reflektionsgrad, Farbe, Rauigkeit), wodurch eine Projektion einer Dimension auf die Menge der anderen Dimensionen mit minimalem Informationsverlust möglich ist.
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Vorzugsweise erfolgt das Komprimieren der Materialinformationen unter Verwendung von Principal Component Analysis, PCA. PCA ist ein Verfahren der multivariaten Statistik. Es dient dazu, umfangreiche Datensätze zu strukturieren, zu vereinfachen und zu veranschaulichen, indem eine Vielzahl statistischer Variablen durch eine geringere Zahl möglichst aussagekräftiger Linearkombinationen genähert wird.
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Vorzugsweise umfasst das Verfahren weiter ein Erzeugen von Bitmasken basierend auf den komprimierten Materialinformationen. Beispielsweise kann über die mittels PCA erzeugten Zahlenreihen, die die physikalische Eigenschaft der Oberfläche vereinfacht darstellen, eine Bitmaske gelegt werden, was eine sehr effiziente Suche über sämtliche Materialien sämtlicher Objekte ermöglicht.
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Gemäß einem weiteren unabhängigen Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist ein Verfahren zur Absicherung einer Fahrfunktion zum automatisierten Fahren angegeben. Das Verfahren umfasst ein Durchführen einer Simulation einer Verkehrssituation unter Verwendung der gemäß den Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung erzeugten Testdaten.
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Gemäß einem weiteren unabhängigen Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist eine Software mit Programmcode zur Durchführung des Verfahrens zum Erzeugen von Testdaten für eine Simulation zur Absicherung einer Fahrfunktion zum automatisierten Fahren und/oder des Verfahrens zur Absicherung einer Fahrfunktion zum automatisierten Fahren auszuführen, wenn die Software auf einer oder mehreren softwaregesteuerten Einrichtungen abläuft.
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Gemäß einem weiteren unabhängigen Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist ein Software (SW) Programm angegeben. Das SW Programm kann eingerichtet werden, um auf einem oder mehreren Prozessoren ausgeführt zu werden, und um dadurch das in diesem Dokument beschriebene Verfahren zum Erzeugen von Testdaten für eine Simulation zur Absicherung einer Fahrfunktion zum automatisierten Fahren und/oder des Verfahrens zur Absicherung einer Fahrfunktion zum automatisierten Fahren auszuführen.
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Gemäß einem weiteren unabhängigen Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist ein Speichermedium angegeben. Das Speichermedium kann ein SW Programm umfassen, welches eingerichtet ist, um auf einem oder mehreren Prozessoren ausgeführt zu werden, und um dadurch das in diesem Dokument beschriebene Verfahren zum Erzeugen von Testdaten für eine Simulation zur Absicherung einer Fahrfunktion zum automatisierten Fahren und/oder des Verfahrens zur Absicherung einer Fahrfunktion zum automatisierten Fahren auszuführen.
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Gemäß einem weiteren unabhängigen Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist ein System zum Erzeugen von Testdaten für eine Simulation zur Absicherung einer Fahrfunktion zum automatisierten Fahren angegeben. Das System umfasst wenigstens eine Prozessoreinheit, die eingerichtet ist, um dadurch das Verfahren zum Erzeugen von Testdaten für eine Simulation zur Absicherung einer Fahrfunktion zum automatisierten Fahren und/oder das Verfahren zur Absicherung einer Fahrfunktion zum automatisierten Fahren gemäß den Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung auszuführen.
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Die wenigstens eine Prozessoreinheit ist ein programmierbares Rechenwerk, also eine Maschine oder eine elektronische Schaltung, die gemäß übergebenen Befehlen andere Elemente steuert und dabei einen Algorithmus (Prozess) vorantreibt.
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Das System kann insbesondere ein Backend eines Fahrzeugherstellers sein.
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Der Begriff Fahrzeug umfasst PKW, LKW, Busse, Wohnmobile, Krafträder, etc., die der Beförderung von Personen, Gütern, etc. dienen. Insbesondere umfasst der Begriff Kraftfahrzeuge zur Personenbeförderung.
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Figurenliste
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Ausführungsbeispiele der Offenbarung sind in den Figuren dargestellt und werden im Folgenden näher beschrieben. Es zeigen:
- 1 schematisch ein Flussdiagramm eines Verfahrens zum Erzeugen von Testdaten für eine Simulation zur Absicherung einer Fahrfunktion zum automatisierten Fahren gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung, und
- 2 schematisch ein Fahrzeug mit einem Fahrassistenzsystem zum automatisierten Fahren gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung.
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Ausführungsformen der Offenbarung
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Im Folgenden werden, sofern nicht anders vermerkt, für gleiche und gleichwirkende Elemente gleiche Bezugszeichen verwendet.
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1 zeigt schematisch ein Flussdiagramm eines Verfahrens 100 zum Erzeugen von Testdaten für eine Simulation zur Absicherung einer Fahrfunktion zum automatisierten Fahren gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung
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Das Verfahren 100 kann durch eine entsprechende Software implementiert werden, die durch einen oder mehrere Prozessoren (z.B. eine CPU) ausführbar ist. Insbesondere kann das Verfahren 100 in einem Backend eines Fahrzeugherstellers implementiert werden.
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Das Verfahren 100 umfasst im Block 110 ein Bereitstellen von Umfelddaten, die durch eine Umgebungssensorik wenigstens eines Fahrzeugs im Realverkehr erfasst wurden; im Block 120 ein Extrahieren von Materialinformationen in Bezug auf wenigstens ein Objekt aus den Umfelddaten; und im Block 130 ein Erzeugen der Testdaten für die Simulation basierend auf den extrahierten Materialinformationen.
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Erfindungsgemäß werden reale Umfelddaten verwendet, um simulierte Umfelddaten bzw. Testdaten für eine Simulation zu erzeugen. Die Testdaten für die Simulation enthalten dabei Materialeigenschaften von Objekten, die aus den realen Umfelddaten extrahiert wurden. Zum Beispiel kann das Objekt ein Fremdfahrzeug sein, und die Materialeigenschaft kann dessen Lack sein (z.B. matt oder glänzend). Die Berücksichtigung der Materialeigenschaft erlaubt eine Variation derselben, so dass basierend auf einer gegebenen Menge realer Daten wesentlich mehr simulierte Testdaten erzeugt werden können. Damit können Rechenressourcen und ein Zeitaufwand zur Absicherung einer Fahrfunktion reduziert werden. Zudem kann eine Zuverlässigkeit eines Fahrassistenzsystems zum automatisierten Fahren eines Fahrzeugs, insbesondere eines Kraftfahrzeugs, verbessert werden.
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Im Folgenden ist eine beispielhafte Ausführungsform im Detail beschrieben.
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Die realen Umfelddaten können durch entsprechende Sensoren einer Vielzahl von Fahrzeugen bzw. einer Fahrzeugflotte während einer Fahrtzeit aufgezeichnet und in ein Datencenter bzw. ein Backend eingespielt werden. Insbesondere kann die Fahrzeugflotte Fahrzeuge mit Sensoren zur Erfassung von Objekten im Fahrzeugumfeld umfassen, wobei die Fahrzeuge das jeweilige Umfeldmodell sowie Sensorrohdaten aufzeichnen.
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In den realen Umfelddaten vorhandene Objektoberflächen (z.B. Fahrzeuge, Straßen, Randbebauungen, Brücken, Bewuchs am Straßenrand, etc.) können anhand von Parametern bzw. Materialeigenschaften modelliert werden. Die Parameter bzw. Materialeigenschaften können zum Beispiel eine Lichtreflektion, eine Radarreflektion, eine Rauigkeit, eine witterungsbedingte Veränderung der Lichtreflektion/Radarreflektion/Rauigkeit (z.B. bei Nässe), eine Veränderung der Lichtreflektion/Radarreflektion/Rauigkeit in Abhängigkeit der Lichtverhältnisse (z.B. Effektlack), eine Punktstabilität der Lichtreflektion (z.B. ergibt ein LIDAR auf einem Gebüsch bewegte Punkte), etc. sein.
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Insbesondere kann im Backend ein Postprocessing-Schritt an den realen Umfelddaten durchgeführt werden, in dem jedem Objekt entsprechende Oberflächenattribute, die den oben genannten Materialeigenschaften entsprechen können, zugeordnet werden. Dies erfolgt beispielsweise durch einen Klassifikator, der die jeweiligen Oberflächen aufgrund der verschiedenen Sensoren einem Grundtypus zuordnet (beispielsweise Metallic-Lack, Beton, Pflanze, etc.). Dies kann mit dem Objekt verknüpft werden.
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Im Detail erfolgt zunächst eine semantische Segmentierung auf Sensorebene, die die jeweiligen vom Sensor unterscheidbaren Objekte ergibt. Auf der Sensorebene wird dann jeweils ein Klassifikator ausgeführt, der den jeweiligen Oberflächentyp über die unterscheidbaren Objekte ausführt. Über die Sensorfusion ins Umfeldmodell werden somit die verschiedenen erkannten Oberflächen zusammengeführt und auf Objekte gemappt.
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Die jeweiligen Wahrscheinlichkeiten, die aus den Sensoren für die jeweiligen Oberflächen eines Objektes erkannt werden, werden beispielsweise über eine Dempster-Shafer Fusion zusammengeführt. Die Besonderheit hierbei ist, dass verschiedene Sensorsysteme Oberflächen unterschiedlich gut erkennen können. Daher kann in der Dempster-Shafer Fusion nicht mit statischen Plausability- und Belief-Werten pro Sensor gerechnet werden. Stattdessen werden die jeweiligen Werte abhängig von den zugrundeliegenden Materialeigenschaften und dem Messprinzip des Sensors angepasst. Hierdurch kann beispielsweise berücksichtigt werden, dass ein LIDAR einen Metallic-Lack besser von einem matten Lack unterscheiden kann als ein Ultraschallsensor.
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Im Backend erfolgt im Allgemeinen eine Rekonstruktion einer Verkehrssituation, um entsprechend dem Reprocessing das Harware-in-the-Loop oder Software-in-the-Loop Testen einer Fahrfunktion zu ermöglichen. Mit den Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung kann als neues Auswahlkriterium einer Situation die Oberflächeneigenschaften der umliegenden Objekte eingeführt werden. Hier kann zum Beispiel wie folgt unterschieden werden:
- - Auswahl aufgrund konkreter Materialien von Objekten (beispielsweise Fahrzeug mit schwarzem Mattlack)
- - Auswahl aufgrund von Materialeigenschaften von Objekten (beispielsweise ein dynamisches Objekt mit schlecht reflektierender Oberfläche)
- - Auswahl aufgrund von Messeigenschaften von Sensoren (beispielsweise ein Szenario, in dem ein Radarsensor große Probleme hat, Objekte korrekt zu erkennen)
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Die oben genannten Auswahlkriterien bzw. Attribute können zum Auffinden und Selektieren der Oberflächeneigenschaften in einer Datenbank verwendet werden. Hierzu kann jeder Materialeigenschaft eine eineindeutige ID zugewiesen werden, die wiederum mit einigen Attributen, wie Reflektionsgrad etc., verknüpft ist.
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Für eine effiziente Suche der Oberflächeneigenschaften in einer Datenbank zur Erzeugung von Verkehrssituationen für das Reprocessing kann eine intelligente Komprimierung der Materialeigenschaften erfolgen. Hierzu kann angenommen werden, dass gewisse Materialeigenschaften korrelieren (z.B. Reflektionsgrad, Farbe, Rauigkeit), wodurch eine Projektion einer Dimension auf die Menge der anderen Dimensionen mit minimalem Informationsverlust möglich ist.
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Beispielsweise kann hierzu eine Principal Component Analysis (PCA) mit quantifizierbarer Genauigkeit der Projektion verwendet werden. Für die jeweiligen übrigen Achsen können physikalisch sinnvolle Maximal- und Minimalwerte generiert und der Zahlenraum darunter entsprechend diskretisiert werden, sodass eine ausreichende Genauigkeit erreicht wird. Somit kann eine maximale Anzahl an Bits bestimmt werden, die den entsprechenden Zahlenraum der Dimension abdeckt. Über diese Zahlenreihen, die die physikalische Eigenschaft der Oberfläche nun vereinfacht darstellen, kann zu Suchzwecken eine Bitmaske gelegt werden, was eine sehr effiziente Suche über sämtliche Materialien sämtlicher Objekte ermöglicht. Trotzdem bleiben die IDs der originalen Materialien erhalten, um einen nachfolgenden genauen Abgleich der Anforderungen zu ermöglichen.
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Damit können im Postprocessing Materialien klassifiziert werden, und es können über die für die Sensoren relevanten Eigenschaften entsprechende Bitmasken erzeugt werden. Dies ermöglicht das zielgerichtete Auffinden von Szenarien für das Reprocessing unter Berücksichtigung spezieller Situationen aus Sensorsicht aus einer Datenbank. In einigen Ausführungsformen können die berechneten Bitmasken in einem speziellen Key-Value Store gespeichert werden, indem sie mit der jeweiligen Situation verknüpft werden.
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In der beschriebenen Ausführungsform erfolgt eine intelligente Komprimierung der Materialeigenschaften, um eine effiziente Suche zu ermöglichen, wobei die Informationen soweit komprimieren werden können, dass sie nur noch der Vorfilterung dienen. Insbesondere kann eine Projektion einer hochdimensionalen Information auf einen niederdimensionalen Raum erfolgen, beispielsweise unter Berücksichtigung einer Informationsgewichtung. Zudem kann ein „Hashvalue“ von Materialien zur Filterung erzeugt werden, um eine effiziente Suche zu ermöglichen.
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2 zeigt schematisch ein Fahrzeug 10 mit einem Fahrassistenzsystem 200 zum automatisierten Fahren gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung.
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Beim automatisierten Fahren erfolgt die Längs- und/oder Querführung des Fahrzeugs 10 automatisch. Das Fahrassistenzsystem 200 übernimmt also die Fahrzeugführung. Hierzu steuert das Fahrassistenzsystem 200 den Antrieb 20, das Getriebe 22, die (zum Beispiel hydraulische) Betriebsbremse 24 und die Lenkung 26 über nicht dargestellte Zwischeneinheiten.
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Zur Planung und Durchführung des automatisierten Fahrens werden Umfeldinformationen einer Umfeldsensorik, die das Fahrzeugumfeld beobachtet, vom Fahrerassistenzsystem 200 entgegengenommen. Insbesondere kann das Fahrzeug wenigstens einen Umgebungssensor 12 umfassen, der zur Aufnahme von Umgebungsdaten, die das Fahrzeugumfeld angeben, eingerichtet ist. Der wenigstens eine Umgebungssensor 12 kann beispielsweise ein oder mehrere Ultraschall-Systeme, ein oder mehrere LiDAR-Systeme, ein oder mehrere Radar-Systeme und/oder eine oder mehrere Kameras umfassen.
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Obwohl die Erfindung im Detail durch bevorzugte Ausführungsbeispiele näher illustriert und erläutert wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden, ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen. Es ist daher klar, dass eine Vielzahl von Variationsmöglichkeiten existiert. Es ist ebenfalls klar, dass beispielhaft genannte Ausführungsformen wirklich nur Beispiele darstellen, die nicht in irgendeiner Weise als Begrenzung etwa des Schutzbereichs, der Anwendungsmöglichkeiten oder der Konfiguration der Erfindung aufzufassen sind. Vielmehr versetzen die vorhergehende Beschreibung und die Figurenbeschreibung den Fachmann in die Lage, die beispielhaften Ausführungsformen konkret umzusetzen, wobei der Fachmann in Kenntnis des offenbarten Erfindungsgedankens vielfältige Änderungen beispielsweise hinsichtlich der Funktion oder der Anordnung einzelner, in einer beispielhaften Ausführungsform genannter Elemente vornehmen kann, ohne den Schutzbereich zu verlassen, der durch die Ansprüche und deren rechtliche Entsprechungen, wie etwa weitergehenden Erläuterungen in der Beschreibung, definiert wird.