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Die
Erfindung betrifft ein mehrkomponentiges durch Vernetzung verfestigbares
Bindemittel.
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Man
unterscheidet zwischen organischen und anorganischen Klebstoffen.
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Organische
Klebstoffe haben eine sehr begrenzte Wärmebeständigkeit, die ihre Anwendung
z. B. im Maschinenbau und im Bauwesen oft einschränkt. Sie
reicht bei handelsüblichen
bis hochfesten Strukturklebstoffen bis ca. 200°C, bei den chemisch nicht eindeutig
zuzuordnenden Silikon-Klebstoffen bis 330°C und bei Polyimidklebstoffen
und deren Abkömmlingen
bis ca. 400°C.
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Langzeit – Temperaturbeständigkeiten
von 400°C
bis zu 1500°C,
die zur Lösung
einer Reihe von Verklebungs- und Vergussproblem in der heutigen Technik
erforderlich sind, können
nur mit anorganischen Bindemittel erreicht werden.
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Anorganische
Bindemittel sind schon aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bekannt.
Es waren insbesondere Wasserglasprodukte, die vor allem für kleinflächige, hitzebeständige und
schwingungsfreie Verbindungen eingesetzt wurden. Jedoch scheitert
deren Anwendung, z. B. in der Gerätefertigung, oft an der Sprödigkeit,
aufgrund derer sie kaum in der Lage sind, größere Dehnunterschiede zwischen
den zu verbindenden Bauteilen auszugleichen und Schwingbeanspruchungen
und betriebsbedingten Verformungen standzuhalten.
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Insgesamt
zeichnen sich anorganische nichtmetallische Bindemittel durch geringe
Flexibilität und
hohe Sprödigkeit
aus. Dadurch stößt ihre
Verwendbarkeit trotz positiver Eigenschaften wie Hitzebeständigkeit,
Unbrennbarkeit, große
Härte und
chemische Beständigkeit
dort an ihre Grenzen, wo es zusätzlich
um Schwingfestigkeit, Wärmedehnung
und einsatzbedingte Verformungen geht.
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Handelsübliche anorganische
Bindemittel, insbesondere Klebstoffe basieren vor allem auf Aluminiumoxid,
Aluminiumsilikat, Siliziumoxid, Zirkonoxid, Zirkonphosphat, Magnesiumoxid,
Magnesiumsphosphat, Kalziumoxid.
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Eine
Weiterentwicklung durch Verwendung nanoskaliger Komponenten, die
in die chemische Reaktion einbezogen werden, wird in
DE 198 12 577 C1 und
EP 0 842 967 A3 beschrieben.
Die nanoskaligen Komponenten basieren auf Silanen beziehungsweise
Silikaten. Die Verarbeitung der sehr feinen staubartigen und reaktionsfreudigen
Komponenten wird in
EP
1 082 273 B1 beschrieben. Die ausschließlich auf nanoskaligen Komponenten
basierenden Verbindungen sind dann so stark vernetzt, dass sie kochfest
und hart, aber extrem spröde
und völlig unflexibel
sind. Dies hat zur Folge, dass sich Risse schnell und ungehemmt
ausbreiten, was wiederum zum Beschädigungen der Verbindungsstellen
und Klebschichten führt,
bei denen anorganische Bindemittel beteiligt sind.
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Da
Klebstoffe trotz ihrer großen
Bedeutung für
die moderne Technik immer noch als "Hilfsstoffe" eingestuft werden, wird bis jetzt auch
ihr bruchmechanisches Verhalten noch zu wenig gewürdigt. Zwar sind
die Möglichkeiten
der Rissfortpflanzung in Festkörpern
bekannt, ebenso einige Eindämmungsversuche,
jedoch existiert bis jetzt keine Lehre, welche Rissstoppmechanismen
für mechanisch
beanspruchte Schichten aus anorganischen Klebstoffen anzuwenden
sind. Verschiedene metallische und nicht metallische Zusätze für Zemente,
Keramik und anorganische Bindemittel beziehungsweise Klebstoffe
sind seit längerem
in Gebrauch. Sie dienen jedoch nur als Füll- und Dichtstoffe beziehungsweise
für die Verbesserung
der Wärme-
und der elektrischen Leitfähigkeit.
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Aufgabe
der vorliegenden Erfindung ist es demgegenüber, ein mehrkomponentiges
Bindemittel der eingangs beschriebenen Art vorzustellen, das eine
höhere
Flexibilität
und einer verbesserte Festigkeit besitzt als bisherige Bindemittel.
Darüber
hinaus ist es Aufgabe der Erfindung ein widerstandfähigeres Verbundsystem
ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Verbundsystems sowie
ein Verfahren zum Lösen
einer mittels des Bindemittels hergestellten Kleberverbindung in
einem Verbundsystem vorzuschlagen.
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Diese
Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein
Bindemittel gemäß Patentanspruch
1 sowie durch ein Verbundsystem gemäß Patentanspruch 9 einem Verfahren
zur Herstellung eines Verbundsystems gemäß Patentanspruch 11 und einem
Verfahren zum Lösen
einer Kleberverbindung gemäß Anspruch
15 gelöst.
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Das
erfindungsgemäße Bindemittel
umfasst eine erste Komponente in Form mindestens eines anorganischen,
nanofeinen Pulvers mit einer mittleren Partikelgröße ≦ 1 μm, welche
in Anwesenheit einer eine zweite Komponente unter Freisetzung von Spaltprodukten
vernetzend reagiert, wobei die zweite Komponente in Form einer wässrigen
Flüssigkeit
vorliegt, und eine dritte Komponente, die sich während der Vernetzung der anorganischen
Partikel der ersten Komponente in den Verbund der anorganischen Partikel
einlagert, ohne Bindungen mit diesen einzugehen, in Form mindestens
eines Metallpulvers mit einer mittlerer Partikelgröße ≦ 10 μm und einer
Brinellhärte
nach DIN 50 351 von 3 bis 39 HB 5/31,2/15 und/oder 6 bis 78 HB 5/62,5/15
und/oder 11 bis 158 HB 5/125/15 und/oder 22 bis ca. 100 HB 2,5/62,5/154 nach
DIN 50 351.
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Bei
der Verarbeitung des erfindungsgemäßen Bindemittels findet eine
Vernetzung der Partikel des anorganischen, nanofeinen Pulvers der
ersten Komponente statt. Die Partikel der dritten Komponente durchsetzen
die gehärtete
Bindemittelschicht als feinste Einlagerungen ohne dabei feste Bindungen
mit den anderen Komponenten einzugehen, so dass kein durchgehärteter starrer
anorganischer Polymerblock von vernetzten Partikeln der ersten Komponente,
sondern ein Raumgerüst
entsteht, in dem sich Metallpulvereinlagerungen mit spannungsausgleichender
und dämpfender
Wirkungen befinden. Diese spannungsausgleichenden und dämpfenden Wirkungen
sind auf die Weichmetalleigenschaften der dritten Komponente zurückzuführen. Ein
solches Gerüst
weist eine höhere
Flexibilität
auf als ein durchgehärteter
Kompaktblock, wie er aus dem Stand der Technik bekannt ist. Das
erfindungsgemäße Bindemittel
ermöglicht
somit die Herstellung von flexibleren und damit widerstandsfähigeren
Verbindungsschichten.
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Das
Metallpulver der dritten Komponente liegt dabei vorzugsweise in
nanofeiner Form vor und weist eine mittlere Partikelgröße ≦ 1 μm auf. Durch die
Verwendung eines solchen nanofeinen Metallpulvers kann auch die
abrasive Wirkung auf die Geräte bei
der maschinellen Verarbeitung verringert werden.
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Besonders
vorteilhaft ist es daher wenn das Metallpulver der dritten Komponente
eine mittlere Partikelgröße ≦ 700 nm, vorzugsweise
zwischen 100 nm und 500 nm aufweist.
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Ebenso
ist es von Vorteil, wenn die erste Komponente eine mittlere Partikelgröße ≦ 700 nm, vorzugsweise
zwischen 100 nm und 500 nm aufweist. Bindemittel mit derartig kleinen
Pulverpartikeln lassen sich problemlos mit Hilfe von feinen Düsen auftragen.
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Bei
einer besonders bevorzugten Ausführungsform
des erfindungsgemäßen Bindemittels
enthält
die dritte Komponente Zinkpulver.
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Zusätzlich oder
stattdessen kann die dritte Komponente ein Weichmetallpulver in
Form von Aluminium und/oder Kupfer und/oder Blei und/oder Magnesium
und/oder Zinn und/oder Beryllium mit Brinellhärten 3 bis 39 HB 5/31,2/15
und/oder 6 bis 78 HB 5/62,5/15 und/oder 11 bis 158 HB 5/125/15 und/oder
22 bis 100 HB 2,5/62,5/15 nach DIN 50 351 enthalten. Diese Materialien
sind Weichmetalle und eignen sich daher als dämpfende Einlagerungen in einer
Verbindungsschicht.
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Eine
weitere vorteilhafte Ausführungsform sieht
vor, dass die dritte Komponente ein Metallpulver enthält, das
beim Aushärten
des Bindemittels chemisch aufschäumt.
Auf diese Weise werden Hohlräume
geschaffen, was wiederum zu einer gerüstartigen Struktur der vernetzten
Partikeln der ersten Komponente führt. Die dabei entstehenden
Hohlräume
innerhalb der Verbindungsschicht wirken als Rissstopp-Punkte. Eine
solche Verbindungsschicht weist gegenüber den aus dem Stand der Technik
bekannten Verbindungsschichten eine höhere Flexibilität und eine
geringe Dichte auf.
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Bei
einem derartigen Bindemittel enthält die dritte Komponente vorzugsweise
Lithium und/oder Natrium und/oder Kalzium.
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Zur
Erhöhung
der elektrischen und/oder Wärme-Leitfähigkeit
der zu erzeugenden Verbindungsschicht kann es von Vorteil sein,
wenn die dritte Komponente Edelmetallpulver, insbesondere Silberpulver
enthält.
Darüber
hinaus kann hiermit auch die Reaktivität der dritten Komponente verringert
werden.
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Die
Erfindung betrifft auch ein Verbundsystem mit zwei über eine
ausgehärtete
anorganische Verbindungsschicht verbundenen Bauelementen, wobei
die Verbindungsschicht mittels eines zuvor beschriebenen Bindemittels
hergestellt ist.
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Bei
dem erfindungsgemäßen Verbundsystem
ist die ausgehärtete
Verbindungsschicht in Form eines Gerüsts aus vernetzten anorganischen
Nanopartikeln ausgebildet ist, wobei das Gerüst Metallpulvereinschlüsse umgibt.
Das Gerüst
hat eine tragende Funktion und besteht aus Partikeln der ersten
Komponente. Die Me tallpulvereinschlüsse wirken als Stützkörper für das Gerüst mechanisch
dämpfend und
bauen Spannungsspitzen innerhalb der Verbindungsschicht ab. Durch
die Metallpulvereinschlüsse, welche
als Fein- bis Nanopulvereinlagerung vorliegen, ist das Gerüst biegsam
und erhöht
damit die Flexibilität
der Verbindungsschicht. Darüber
hinaus wird die Rissbildung und -fortpflanzung gehemmt. Die Gefahr
der Entstehung von Kerbspannungen durch die eingeschlossene Metallpartikel
ist zumindest bei mikro- bis nanofeinen Metalleinschlüssen vernachlässigbar.
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Erfindungsgemäß ist der
Wärmeausdehnungskoeffizient
der Metallpulvereinschlüsse
größer als
der Wärmeausdehnungskoeffizient
des Materials des Gerüsts.
Somit kann durch Erhitzen der Metallpulvereinschlüsse ein
Innendruck in der Verbindungsschicht aufgebaut und die Klebeverbindung, mit
der die Bauteile verbundenen sind, zerstörungsfrei gelöst werden.
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Bei
einer bevorzugten Ausführungsform
des erfindungsgemäßen Verbundsystems
macht der Anteil des Metallpulvers innerhalb der Verbindungsschicht
mindestens 10 Gew%, vorzugsweise mindestens 30 Gew%, aus. Hierdurch
wird eine deutliche Verbesserung der elektrischen Leitfähigkeit
und der Wärmeleitfähigkeit
für die
verschiedensten klebetechnischen Anwendungen, z. B. für antistatische
Effekte, erreicht.
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Drüber hinaus
betrifft die Erfindung auch ein Verfahren zur Herstellung eines
Verbundsystem mittels eines erfindungsgemäßen Bindemittels, wobei der
ersten Komponente des Bindemittels zunächst die dritte Komponente
zugemischt wird, und anschließend
durch Anmischen mit der zweiten Komponente eine chemische Vernetzung
der anorganischen Nanopartikel der ersten Komponente unter Bildung
eines flexiblen Raumgerüsts
eingeleitet wird, die Mischung aus erster, zweiter und dritter Komponente
vor Abschluss der chemischen Vernetzung zur anorganischen Verbindungsschicht
verarbeitet wird, und die durch die dritte Komponente gebildeten
Metallpulvereinschlüsse
zur beschleunigten Verfestigung des Bindemittels der Verbindungsschicht
durch Anlegen eines elektromagnetischen Wechselfeldes erwärmt werden.
Die Metallpulverpartikel werden dabei in den Verbund der vernetzenden
Nanopartikeln der ersten Komponente des erfindungsgemäßen Bindemittels
eingelagert.
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Bei
Raumtemperatur benötigt
die chemische Vernetzungsreaktion zwischen 24 Stunden und mehreren
Wochen, um die mechanisch-physikalischen Endwerte einer Klebung
beziehungsweise eines Kompaktkörpers
aus dem anorganischen Bindemittel zu erreichen. Darüber hinaus
kommt es, bei konventioneller Aushärtung mit Wärmezufuhr von außen nach
innen, besonders bei dickeren Schichten wegen des dabei entstehenden
Temperaturgradienten und der Dehnungsdifferenz oft zu Wärmespannungen
mit der Gefahr der Rissbildung. Durch eine Erwärmung der Verbindungsschicht
von innen über
die Metalleinschlüsse
kann dies verhindert werden.
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Besonders
vorteilhaft ist es, wenn durch die Metallpulvereinschlüsse Spaltprodukte,
die bei der chemischen Vernetzung während des Zufügens der zweiten
Komponente des Bindemittels zu der ersten und dritten Komponente
entstehen, gebunden werden. Durch die Bindung der Spaltprodukte,
wie z. B. H2O, wird vermieden, dass diese
Spaltprodukte entweichen und somit ein Schwund innerhalb der Verbindungsschicht
entsteht. Ebenso wird die Bildung von Gasblasen verhindert. Auf
diese Weise wird eine definierte Dichte der Verbindungsschicht gewährleistet
und das Eindringen von Fremdstoffen in die Schicht erschwert.
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Vorzugsweise
werden die Metallpulvereinschlüsse
auf eine Temperatur zwischen 100°C
und 300°C
erwärmt.
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Bei
einer besonders bevorzugten Variante des Verfahrens liegen die erste
und die dritte Komponente bis zu ihrer Vermischung getrennt vakuumverpackt
vor. Funktionsbeeinträchtigungen,
wie beispielsweise unerwünschte
Agglomeration der Partikel der ersten Komponente und ihre chemische
Veränderung,
können
damit eingeschränkt
oder ganz unterbunden werden.
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Gegenstand
der Erfindung auch ein Verfahren zum Lösen einer mittels eines erfindungsgemäßen mehrkomponentigen
Bindemittels hergestellten Klebeverbindung in einem erfindungsgemäßen Verbundsystem,
wobei die Metallpulvereinschlüsse
in der Klebeverbindung durch Anlegen eines elektromagnetischen Wechselfeldes
so stark erhitzt werden, dass es aufgrund der unterschiedlichen
Wärmeausdehnungen
des anorganischen Raumgerüsts
und der Metallpulvereinschlüsse
zu mechanischen Spannungen und daraus resultierend zu einer Sprengung des
anorganischen Raumgerüsts
kommt. Auf diese Weise können
Klebeverbindungen bruchempfindlicher Bauteile, wie zum Beispiel
aus Keramik, schadensfrei wieder gelöst werden. Dies kann z. B.
für Reparaturzwecke
bei der zunehmenden und bis jetzt verbindungstechnisch problematischen
Verwendung von Keramik im Motorbau nützlich sein.
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Hierbei
werden die Metallpulvereinschlüsse vorzugsweise
auf eine Temperatur zwischen 300°C und
1000°C erhitzt.
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Weitere
Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung und der
Zeichnung. Ebenso können
die vorstehend genannten und die weiter aufgeführten Merkmale je für sich oder
zu mehreren in beliebigen Kombinationen Verwendung finden. Die gezeigten
und beschriebenen Ausführungsformen sind
nicht als abschließende
Aufzählung
zu verstehen, sondern haben vielmehr beispielhaften Charakter für die Schilderung
der Erfindung.
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Es
zeigen:
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1 einen
Ausschnitt eines Raumgerüst eines
aus anorganischen Feinstpulver eines erfindungsgemäßen Bindemittels
durch Einlagerungen von Metallpulver entstandenen Polymerblocks;
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2 einen
Ausschnitt eines erfindungsgemäßes Verbundsystem
unter Einwirkung von Scherkräften;
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3a eine
schematische Darstellung der Rissausbreitung in einem Kompaktkörper;
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3a eine
schematische Darstellung der Rissausbreitung in einer erfindungsgemäßen Verbindungsschicht;
und
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4 ein
Reaktionsschema einer Kondensationsreaktion, die zur Vernetzung
von Polysilicaten der ersten Komponente des erfindungsgemäßen Bindemittels
führt.
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Das
erfindungsgemäße Bindemittel
besteht aus mindestens drei Komponenten, wobei die erste Komponente
ein anorganisches Feinstpulver ist, welches vorzugsweise aus Nanopartikeln
besteht. Als erste Komponente eignen sich z. B. Polysilicate und Verbindungen
auf Zirkonbasis. Diese Partikel der ersten Komponente können durch
Zugabe einer anorganischen oder wässrigen Flüssigkeit als Reaktionspartner,
Reaktionsbeschleuniger oder Katalysator (zweite Komponente) unter
Freisetzung von Spaltprodukten vernetzen, was zu einer Aushärtung des
Gemisches führt.
Die zweite Komponente ist dabei reaktionsauslösend.
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Typisch
für die
Aushärtung
von Phosphaten und Alkalisilikaten sind Kondensationsreaktionen,
die zu einer Vernetzung führen. 4 zeigt
ein typisches Reaktionsschema einer solchen Kondensationsreaktion
mit einer Vernetzung von Polysilicaten. Die dabei als zweite Komponente
eingesetzten Härter
(oft auch "Verdünner" genannt) basieren
auf einer wässrigen Flüssigkeit
oder auf Wasserglas, das allerdings bei der Härtung fest eingebunden wird.
Dabei entsteht das Spaltsprodukt H2O, welches
Blasenbildung und Schwund begünstigt
und die Qualität
von z. B. Klebschichten beeinträchtigen
kann.
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Als
Mischungsverhältnis
von erster Komponente (anorganisches Pulver) zu zweiter Komponente
(Härter)
werden in der Fachliteratur 2 bis 3 Gewichtsteile anorganisches
Pulver zu 1 Gewichtsteil Härter
empfohlen. Bei Feinstpulver mit erhöhten Anteilen an Nanopartikeln
kann ohne Störung
der Stöchiometrie
der Anteil des Härters
auf bis zu 50% erhöht
werden, was auf die größere Oberflächenenergie und
gesteigerte Reaktionsfähigkeit
aufgrund des höheren
Oberflächen-Volumenverhältnisses
jener Partikel zurückgeführt werden
kann. Damit gewinnt man für
die Verarbeitungsphase durch geringere Viskosität Vorteile bezüglich eines
Sprüh- und Flüssigauftrags
und weniger abrasive Beanspruchung der Geräteteile.
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Eine
solche Vernetzungsreaktion führt
bei den aus dem Stand der Technik bekannten Bindemitteln zu einem
kompakten Polymerblock, der zum einen spröde und unflexibel ist und zum
andern durch die Freisetzung der Spaltprodukte einem Schwund ausgesetzt
ist. Beides macht eine durch ein solches Bindemittel hergestellte
Verbindungsschicht anfällig für Rissbildung.
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Um
einer solchen Rissbildung vorzubeugen sieht das erfindungsgemäße Verfahren
daher vor, dass vor der Zumischung des Härters (zweite Komponente) zu
dem anorganischen Pulver (ersten Komponente) dem anorganischen Pulver
eine dritte Komponente in Form eines Metallpulvers zugemischt wird.
Dieses Metallpulver liegt vorzugsweise in nanofeiner Form vor und
enthält
kristalline Weichmetallpartikel oder Metallpartikel, welche zumindest
bei niedriger Langzeitbeanspruchung und kleinen Partikelgrößen Weichmetalleigenschaften
aufweist. Unter Weichmetalleigenschaften wird sowohl die leichte Umformbarkeit
des Materials bei niedrigem Verarbeitungsdruck als auch die Kriech-/Fließfähigkeit
des Material bei langsamer Beanspruchung (kleine Krafteinwirkung
pro Zeit) verstanden. Die Brinellhärten solcher Metalle liegen
im Allgemeinen bei 3 bis 39 HB 5/31,2/15 bzw. 6 bis 78 HB 5/62,5/15
bzw. 11 bis 158 HB 5/125/15 bzw. 22 bis 100 HB 2,5/62,5/15 nach DIN
50 351. Die als dritte Komponente verwendbaren Materialien müssen demnach
bei niedriger bzw. langsamer Beanspruchung duktil und fließfähig sein.
Zink beispielsweise weist diese Eigenschaften bei niedriger Beanspruchung
auf, auch wenn es bei schneller Druckeinwirkung spröde reagiert,
und ist daher als dritte Komponente für das erfindungsgemäße Bindemittel
geeignet. Darüber
hinaus ist Zink auch im Temperaturbereich von 100°C bis 150°C weich.
Schon bei Temperaturen zwischen Raumtemperatur und 100°C neigt Zink
zum Kriechen (kalter Fluss), was ihm vor allem bei Partikelgrößen im Nanometerbereich
einen Weichmetallcharakter verleiht.
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Bei
dem erfindungsgemäßen Verfahren
werden die Partikel des Metallpulvers während der Vernetzung der anorganischen
Partikel der ersten Komponente in den Verbund der anorganischen
Partikel eingelagert, ohne Bindungen mit diesen einzugehen. Eine
auf diese Weise entstandene Verbindungsschicht 1 ist in 1 gezeigt.
Es entsteht hierdurch kein durchgehärteter starrer anorganischer
Polymerblock, sondern ein Raumgerüst 2 in Form eines
Skeletts, welches die Metallpulverpartikel der dritten Komponente
umgibt. Die Metallpulverpartikel bilden Metallpulvereinschlüsse 3 innerhalb
der Verbindungsschicht 1, welche bei Krafteinwirkung auf
die Verbindungsschicht 1 aufgrund ihrer Weichmetalleigenschaften
die Spannung auf das umgebende Gerüst nicht erhöhen, sondern
Spannungsspitzen auffangen und abbauen. Das durch das erfindungsgemäße Verfahren
entstehende Raumgerüst
aus anorganischen Nanopartikeln ist flexibler als ein gleichvolumiger
Kompaktblock aus demselben Material. 2 zeigt
ein erfindungsgemäßes Verbundsystem 4 mit
zwei durch eine erfindungsgemäße Verbindungsschicht 1 verbundenen
Bauelementen 5a, 5b. Durch die innerhalb der Verbindungsschicht 1 als Stützkörper spannungsausgleichend
und mechanisch dämpfend
wirkenden Metallpulvereinschlüsse 3 bewirkt
eine in 2 gezeigte Krafteinwirkung F keine
Beschädigung
des Verbundsystems 4, sondern lediglich eine elastische
Verformung der Verbindungsschicht.
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Neben
der Bildung des anorganischen Raumgerüsts 2 wirken die Metallpulvereinschlüsse 3 auch
bis in den submikroskopischen Bereich als Rissstoppzusätze. 3a zeigt
eine schematische Darstellung der Rissausbreitung in einem Kompaktkörper 6.
Ein Riss 7a kann sich geradlinig durch den Kompaktkörper 6 ausbreiten,
was eine schnelle Rissausbreitung zur Folge hat (Autobahneffekt). 3b zeigt
einen Ausschnitt aus einer erfindungsgemäßen Verbindungsschicht 1,
mit einem Metallpulvereinschluss 3. Ein auf einen solchen
Metallpulvereinschluss 3 (Rissstopppartikel) treffender
Riss 7b muss den Metallpulvereinschluss 3 umlaufen,
was zu einem längeren
Rissweg führt
(Roundabout-Effekt) und die Ausbreitung des Risses 7b verlangsamt.
Die Lebensdauer der erfindungsgemäßen Verbindungsschicht 1 wird
daher gegenüber
konventionellen Verbindungsschichten erhöht.
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Bei
der Verwendung von reaktiven Metallpulvereinschlüssen wird erreicht, dass die
Metallpulverpartikel die bei der Aushärtung durch Polykondensation
entstehenden Spaltprodukte, hier vor allem H2O, binden.
Hierdurch kann ein Entweichen der Spaltprodukte und ein damit verbundener
Materialschwund verhindert werden. Die Bildung von Anrissen durch Schwinden
des Materials wird hierdurch minimiert. Darüber hinaus kann auf diese Weise
Gasblasenbildung im Material eingeschränkt werden.
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Die
Metallpulverpartikel, zum Beispiel aus Zink, können je nach vorangegangener
Lagerdauer und -art mehr oder weniger Feuchte binden. Ihre Korrosion,
selbst wenn es durch den Mangel an CO2 zu "Weißrostbildung" im Innern des Materialverbundes kommt,
ist einmalig und für
die Qualität
unbeachtlich, wegen des umgebenden anorganischen Gerüsts.
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Alternativ
hierzu ist es jedoch auch denkbar, ein Material für die Metallpulvereinschlüsse 3 zu
wählen,
das beim Aushärten
des Bindemittels chemisch aufschäumt
und somit gezielt Gasbläschen
erzeugt. Besonders reaktive Weichmetalle können durch Dissoziation eine
Aufspaltung von H2O-Molekülen bewirken.
Das hat zur Folge, dass der Sauerstoff mit dem jeweiligen Metall
Oxide bildet, während
durch den freigesetzten Wasserstoff Gasblasen entstehen. So kann
bei der Härtung
des anorganischen Bindemittels eine Schäumung erreicht werden, die
ebenso die Bildung eines massiven Blocks verhindert und zu einem
Raumgerüst
führt,
das je nach Metallpartikelgröße von Nano-
bis Mikrohohlräumen
(Lunkern) durchsetzt ist. Solche Lunker wirken wie die Metallpulvereinschlüsse 3 als
Rissstopp-Punkte, da Anrisse sie ebenso umlaufen müssen wie
die Metallpulver- bzw. Oxideinschlüsse, wie in 3b gezeigt.
Besonders reaktionsfreudig sind in diesem Zusammenhang Alkalimetalle
wie Natrium, Kalium und Kalzium, aber auch die Leichtmetalle, wie
z. B. Lithium.
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Durch
die Einlagerung von Metallpulverpartikeln in die erfindungsgemäße Verbindungsschicht 1 können sowohl
die elektrische als auch die Wärmeleitfähigkeit
der Verbindungsschicht 1 beeinflusst werden.
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Die
Metallpulvereinschlüsse 3 können mit Hilfe
von HF-Feldern erhitzt werden. Durch die Wärmeabstrahlung der Metallpulvereinschlüsse 3 in
die angrenzenden anorganischen Materialbereiche (Raumgerüst 2)
wird eine wirksame, schnelle Warmaushärtung realisiert, was insbesondere
bei dicken Verbindungsschichten vorteilhaft ist, da diese wegen
der beim konventionellen Warmaushärten mit Zufuhr der Wärme von
außen
auftretenden Spannungen vermehrt zur Rissbildung neigen.
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Darüber hinaus
können
die Metallpulvereinschlüsse
mit der zuvor beschriebenen Technik auch so stark erhitzt werden,
dass eine Sprengung des anorganischen Polymergerüsts erfolgt, wodurch auch Klebeverbindungen
bruchempfindlicher Bauteile, wie zum Beispiel aus Keramik, schadensfrei
wieder gelöst
werden können.
Dieses behutsame Absprengen ist möglich, wenn der Wärmedehnungskoeffizient
der Metalleinschlüsse 3 größer ist
als der Wärmedehnungskoeffizient
der ausgehärteten
anorganischen Verbindungsschicht. Dies ist beispielsweise der Fall bei
der Verwendung von Aluminiumpulver als dritte Komponente (αAl ~
24 10–6 K–1)
und einer auf Silikatbasis basierenden anorganischen ersten Komponente
(α ~ 3–10 10–6 K–1).
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Wird
das erfindungsgemäße Bindemittel
bei höheren
Betriebstemperaturen, beispielsweise im Bereich von 300°C bis 1000°C eingesetzt,
so gehen Weichmetalle, deren Schmelzpunkt (bei Legierungen Schmelzbereich,
beziehungsweise Eutektika) vom kristallinen in den amorphem Zustand über. Inwieweit nano-
bis mikrofeine Metallpartikeln, die ja nur aus wenigen Gitterzellen
bestehen, diesen Prinzipien folgen, ist noch nicht bekannt. Jedoch
dürften
sich solche Einschlüsse,
da sie vom anorganischen Gerüst umgeben
sind, wie metallische Gläser
(also zwar amorph, jedoch stabil) verhalten. Sind die Metallpulvereinschlüsse 3 in
Form von Weichmetall- und/oder Alkalimetalleinschlüssen durch
den vorangegangenen Härtungsprozess
mit der Zerlegung beziehungsweise chemischen Bindung des Spaltproduktes
H2O oxidiert, so ist damit sowieso eine
Erhöhung
der Temperaturbeständigkeiten
gegen Schmelzen verbunden. Bei vorgesehenem Hochtemperatureinsatz empfiehlt
es sich jedoch, das anorganische Raumgerüst 2 und die Metallpulvereinschlüsse 3 so
aufeinander abzustimmen, dass ein möglichst geringer Unterschied zwischen
den beiden Wärmeausdehnungskoeffizienten
besteht, um so niedrige mechanische Spannungen beim Erhitzen des
Bindemittels zu gewährleisten.
Dies steht nicht im Widerspruch zur oben beschriebenen Lösbarkeit
des erfindungsgemäßen Verbundsystems 4 durch
HF-Erhitzung der Metallpulvereinschlüsse 3, da bei einem
solchen Lösungsprozess
die Erhitzung, im Gegensatz zu hohen Betriebstemperaturen, gezielt
schockartig von feinsten Hitzezentren (Metallpulvereinschlüsse 3)
ausgehend von innen nach außen
erfolgt, wodurch auch bei kleinen Unterschieden in den Wärmeausdehnungskoeffizienten
die unterschiedliche Wärmeausdehnung
von anorganischen Raumgerüst 2 und
Metallpulvereinschlüssen 3 zur
Geltung kommt und hohe innere Spannungen erzeugt.
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Neben
den für
die Rissausbreitung verzögernden
Eigenschaften der erfindungsgemäßen Metallpulvereinlagerungen
in einem anorganischen Raumgerüst
können
die Metallpulvereinlagerungen auch zur optischen Angleichung anorganischer
Klebstoffe bei der Verbindung von metallischen Konstruktionsteilen
dienen.
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Zusammenfassend
lässt sich
feststellen, dass durch der Einlagerungen von Metallpulverpartikeln
und die chemische Vernetzung von anorganischen Nanopartikeln des
erfindungsgemäßen Bindemittels
ein flexibles Raumgerüst
erzeugt wird, in dem die Metallpulvereinschlüsse mehrfunktionell, jedoch hauptsächliche
spannungsausgleichend, dämpfend, rissstoppend,
kondensatbindend und als Wärmekeime
für eine
HF-Härtung
wirken. Das erfindungsgemäße Bindemittel
bietet daher ein enormes Fortschrittpotenzial im Vergleich zu organischen
Klebstoffen, und kann dazu beitragen, einige Hürden beim Einsatz für umfangreichere
technische Anwendungen, zum Beispiel bei der Realisierung des treibstoffsparenden
und dadurch umweltfreundlichen Keramik-Triebwerks in der Serienfertigung,
zu überwinden.
Das erfindungsgemäße Bindemittel
kann dabei hauptsächlich
Ausgangsstoff für
Kleb- und Dichtzwecke sein.
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Neben
der Keramik- Technologie im Triebwerksbau ist auch eine Anwendung
des erfindungsgemäßen Bindemittels
in der Zahnmedizin zur Verklebung von Inlays, Kronen, Brücken etc.
denkbar. Hierbei sollten vorzugsweise nickelfreie und gewebeverträgliche Materialien
als Komponenten des Bindemittels zum Einsatz kom men. Darüber hinaus
empfiehlt es sich für
die Behandlung elektrosensibler Patienten die Leitfähigkeit
des Metallpulvers der dritten Komponente klein zu halten.
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- 1
- Verbindungsschicht
- 2
- Raumgerüst
- 3
- Metallpulvereinschlüsse
- 4
- Verbundsystem
- 5a,
5b
- Bauelemente
- 6
- Kompaktkörper
- 7a,
b
- Riss
- F
- Krafteinwirkung