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Die
vorliegende Erfindung betrifft einen schmelzgießbaren pyrotechnischen
Satz.
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Zur
Herstellung pyrotechnischer Sätze werden typischerweise
pulverförmige Komponenten zusammen mit einem organischen
Binder homogenisiert. Als Binder werden herkömmlicherweise
Polyolefine wie zum Beispiel Polybutadien, Polystyrole, Polychlorverbindungen
wie zum Beispiel PVC und chloriertes PVC, Polychloroprene, Polyfluorverbindungen
wie zum Beispiel Hexafluorisopren-Vinylidenfluorid-Copolymer, Polyurethane,
usw. eingesetzt. Weiter kommen auch natürliche Gummis und Harze,
thermoplastische Polymere und ähnliche Stoffe zur Anwendung.
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Diese
Polymere werden als Lösungen bzw. Dispersionen eingesetzt,
thermisch extrudiert oder reaktiv ausgehärtet. Bis auf
diejenigen Sätze, die durch Extrusion bereits in ihre Endform
gebracht werden können, müssen alle die mit anderen
Techniken erzeugten Satzgranulate noch durch Pressen, Walzen oder
auch durch Extrusion in ihre entsprechende Form gebracht werden.
Aufgrund der nicht unerheblichen, auf das Material einwirkenden
Scherkräfte beim Kneten, Pressen, Walzen und Extrudieren kommt
es bei diesen Arbeitsschritten häufig zu Unfällen
durch explosionsartige Umsetzung des Satzes. Ebenso hat die Verwendung
von leicht entzündlichen organischen Lösemitteln
wie Aceton und n-Hexan schon oft zu Brand- und Explosionsunglücken
bei der Verarbeitung pyrotechnischer Sätze geführt.
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Es
hat daher in der Vergangenheit nicht an Versuchen gemangelt, die
Sicherheit bei der Verarbeitung von pyrotechnischen Sätzen
zu erhöhen.
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Es
ist beispielsweise vorgeschlagen worden, pyrotechnische Sätze
mit in überkritischen Lösemitteln, wie zum Beispiel überkritischem
Kohlendioxid, gelösten Bindern zu homogenisieren. Durch
Absenken des Drucks kann dann das Bindemittel ausgefällt werden,
und die erhaltenen Sätze können, da sie vollständig
lösemittelfrei sind, sofort weiterverarbeitet werden. Wenngleich
praktikabel, ist der Umgang mit überkritischen Lösemitteln
technisch sehr aufwändig.
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Es
ist auch vorgeschlagen worden, pyrotechnische Sätze durch
Extrusion mit thermoplastischen Bindern in Doppelschneckenextrudern
herzustellen. Allerdings ist dieses Fertigungsverfahren auf thermoplastische
Binder beschränkt, und die Extrusion ist mit einem nicht
unerheblichen mechanischen Energieeintrag in den Satz verbunden,
der, wie oben erwähnt, zur unbeabsichtigten Auslösung
des Satzes führen kann.
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Ein
weiteres Problem in Zusammenhang mit pyrotechnischen Sätzen
ist schließlich, dass viele derzeit eingesetzten Binder
endergonischen Charakter haben, d. h. bei der Zersetzung Energie
aufnehmen und daher die Abbrandgeschwindigkeit gegenüber
dem bindemittelfreien System verringern.
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In
der Sprengstofftechnik werden daher schon seit langer Zeit gießbare
Mischungen aus Trinitrotoluol oder Trinitroanisol oder Dinitroanisol
und anderen nicht schmelzbaren Sprengstoffen, wie zum Beispiel Hexogen
oder Oktogen, hergestellt. So sind gießbare Mischungen
aus Trinitrotoluol und Ammoniumnitrat als Amatole bekannt. Es wurden
auch Mischungen von TNT und Hexogen und Ammoniumnitrat beschrieben.
Schließlich sind als Ammonale Mischungen aus TNT, Ammoniumnitrat
und Aluminium bekannt. Vor kurzem wurden auch thermisch insensitive
Mischungen aus TNT und Guanidin-Harnstoff-Dinitramid (GUDN) beschrieben.
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Als
so genannte Wettersprengstoffe gibt es zum Beispiel die folgenden
Sprengstoffe mit niedriger Detonationstemperatur: Wetter-Permonit
mit 32,5 Gew.-% KClO4, 34,5 Gew.-% NH4NO3, 7,0 Gew.-% TNT,
3,0 Gew.-% Nitroglycerin, 15,0 Gew.-% NaCl und 8,0 Gew.-% organische
Zusätze; Perchloratit 1 und 3 mit 10 bzw. 35–45
Gew.-% Ammoniumnitrat, 68 bzw. 30–40 Gew.-% Kaliumperchlorat,
16 bzw. 15–20 Gew.-% Dinitrotoluol, 1 bzw. 3–8
Gew.-% Holzmehl und 1 bzw. 0 Gew.-% Dinitronaphthalin; Sabulite
mit 58,5 Gew.-% Ammoniumnitrat, 5,0 Gew.-% Kaliumperchlorat, 1,0
Gew.-% Trinitronaphthalin, 14,0 Gew.-% Trinitrotoluol, 20,0 Gew.-%
Natriumchlorid und 1,5 Gew.-% Holzmehl.
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Ein
im 1. Weltkrieg auf deutscher Seite eingesetzter Ersatzsprengstoff
wurde als Perdit bezeichnet und enthielt 72,0 Gew.-% Ammoniumperchlorat,
10,0 Gew.-% Kaliumperchlorat, 15,0 Gew.-% Dinitrotoluol, flüssiges
Isomerengemisch, und 3,0 Gew.-% Holzmehl. In den 1960ern wurde in
Norwegen die Verwendung von Dinitrotoluol als oxidierend wirkender
Zusatz in pressbaren Leuchtsätzen auf der Basis von Natriumnitrat
und Magnesium beschrieben: 50–60 Gew.-% Alkalimetallnitrat,
13–25 Gew.-% Dinitrotoluole (Isomerenmischung), 20–28
Gew.-% Magnesium und 4–8 Gew.-% Cellulose.
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In
der
US 7,067,024 B2 werden
Zusammensetzungen als Ersatz für die Sprengstoffformulierung Composition
B (TNT/RDX: 40/60) vorgeschlagen, die auf 2,4-Dinitroanisol, Ammoniumperchlorat,
RDX und gegebenenfalls die Schwadenenergie steigernden Metallpulvern
basieren. Eine typische Zusammensetzung enthält 34,00 Gew.-%
2,4-Dinitroanisol, 0,25 Gew.-% N-Methyl-p-nitroanilin, 25,00 Gew.-% Ammoniumperchlorat
und 40,75 Gew.-% Hexogen.
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Das
US-Patent Nr. 5,525,166 offenbart
pyrotechnische Sätze für Raketentreibsätze
mit niedrigschmelzenden (< 150°C)
Bindern auf der Basis polyaromatischer Kohlenwasserstoffe. Eine
typische Zusammensetzung enthält 47,83 Gew.-% Kaliumperchlorat,
4,35 Gew.-% Kaliumnitrat, 34,78 Gew.-% Kaliumbenzoat und 13,04 Gew.-%
(mp. 69°C) Biphenyl.
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Der
vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen gießbaren
pyrotechnischen Satz zu entwickeln, der im Vergleich zu herkömmlichen
Sätzen einfacher und sicherer zu verarbeiten ist.
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Diese
Aufgabe wird gelöst durch einen pyrotechnischen Satz mit
den Merkmalen des Anspruchs 1. Vorteilhafte Ausgestaltungen und
Weiterbildungen der Erfindung sind Gegenstand der abhängigen
Ansprüche.
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Der
erfindungsgemäße pyrotechnische Satz ist dadurch
gekennzeichnet, dass er als Bindemittel eine oder mehrere Komponenten
enthält, die ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend
aus Trinitrotoluol, Trinitroanisol und 2,4-Dinitroanisol; und dass
der Massenanteil des Bindemittels in einem Bereich von etwa 15 bis
65 Gew.-% liegt.
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Bei
Trinitrotoluol (TNT), Trinitroanisol (TNA) und 2,4-Dinitroanisol
(DNAN) handelt es sich um energetische Binder, die als Binder und
alleinige Brennstoffe mit hochreaktiven Oxidationsmitteln oder als Binder
in abbrennenden Metall/Oxidatorsystemen mit Oxidationsmitteln eingesetzt
werden können. Sie sind einfach zu verarbeiten, kostengünstig,
verfügen über eine hohe volumetrische Explosionsenthalpie und
zerfallen exotherm, wodurch die Abbrandgeschwindigkeit erhöht
wird.
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Vorzugsweise
liegt der Massenanteil des Bindemittels in einem Bereich von etwa
35 bis 65 Gew.-%.
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In
einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung enthält der
pyrotechnische Satz als Bindemittel ausschließlich Trinitrotoluol.
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Geeignete
Oxidationsmittel für einen pyrotechnischen Satz mit dem
erfindungsgemäßen Bindemittel können
ausgewählt werden aus der Gruppe bestehend aus Perchloraten,
Nitraten, Peroxiden, Dinitramiden, Fluorinitramiden, Nitroformaten
und Fluoronitroformaten der Alkali- und Erdalkalimetalle, Polytetrafluorethylen,
Graphitfluorid, Hexachlorethan und Hexachlorbenzol.
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Obige
sowie weitere Merkmale und Vorteile der Erfindung werden aus der
nachfolgenden Beschreibung bevorzugter, nicht-einschränkender
Ausführungsbeispiele pyrotechnischer Sätze besser
verständlich.
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Die
Erfinder haben herausgefunden, dass Trinitrotoluol (TNT), Trinitroanisol
(TNA) und 2,4-Dinitroanisol (DNAN), die zum Teil bereits aus dem
Gebiet der Sprengstofftechnik als Bindemittel bekannt sind, wie
eingangs beschrieben, als energetische Binder in (schmelz)gießbaren
pyrotechnischen Sätzen verwendet werden können.
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Relevante
Werkstoffeigenschaften der hier vorgeschlagenen Bindemittel sind
wie folgt.
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TNT
schmilzt bei 81°C, 2,3,5-TNA bei 106°C und 2,4-DNAN
bei 94°C. Alle drei Stoffe verfügen über
eine höhere Explosionsenthalpie als der aushärtbare
energetische Binder GAP (ΔHc(TNT)
= 7,99 kJ·cm–3, ΔHc(TNA) = 8,03 kJ·cm–3, ΔHc(DNAN) = 8,40 kJ·cm–3, ΔHc(GAP) = 2,96 kJ·cm–3).
Im Gegensatz zu GAP sind die drei Bindemittel aber erheblich einfacher
zu verarbeiten und auch erheblich kostengünstiger.
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Es
hat sich herausgestellt, dass TNT, TNA und DNAN als energetische
Binder und alleinige Brennstoffe mit hochreaktiven Oxidationsmitteln und/oder
als Binder in abbrennenden Metall/Oxidatorsystemen mit Oxidationsmitteln
mit einem Massenanteil in einem Bereich von etwa 15 bis 65 Gew.-%
gemischt werden können. Geeignete Oxidationsmittel sind
zum Beispiel Perchlorate, Nitrate, Peroxide, Dinitramide und Fluorinitramide,
Nitroformate und Fluoronitroformate der Alkali- und Erdalkalimetalle,
Polytetrafluorethylen, Graphitfluorid, Hexachlorethan und Hexachlorbenzol.
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Dabei
steigert der exotherme Zerfall von TNT, TNA und DNAN die Abbrandgeschwindigkeit gegenüber
den herkömmlichen Systemen mit einem endergonisch wirkenden
Binder erheblich.
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Die
nachfolgenden Beispiele von Leuchtsätzen dienen der Verdeutlichung
der Erfindung, ohne sie auf die speziellen Beispiele einzuschränken.
Dabei betreffen die Zahlenangaben jeweils die Massenanteile in Gew.-%,
sofern nicht ausdrücklich etwas anderes angegeben ist.
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Beispiel 1:
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- 40% Magnesium
- 30% Natriumnitrat
- 30% TNT
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Beispiel 2:
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- 38% Magnesium
- 17% Kaliumnitrat
- 45% TNT
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Beispiel 3:
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- 39% Zirkonium
- 37% Kaliumnitrat
- 24% TNT
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Beispiel 4:
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- 33% Magnesium
- 34% Ammoniumperchlorat
- 31% TNT
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Beispiel 5:
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- 63% Magnesium
- 13,5% Polytetrafluorethylen
- 23,5% TNT
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Beispiel 6:
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- 65% Kaliumperchlorat
- 34% TNT
- 1% Leitfähigkeitsruß
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Beispiel 7:
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- 63% Kaliumperchlorat
- 2% Bor
- 35% TNT
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Beispiel 8 (Tarnnebelsatz):
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- 65% Roter Phosphor
- 5% Kaliumnitrat
- 30% TNT
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Beispiel 9 (Leuchttreibsatz):
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- 33% inhibiertes Magnesium
(z. B. chromatiert, fluoridiert,
wolframiert)
- 34% Ammoniumperchlorat
- 33% TNT
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Zum
Vergleich sei erwähnt, dass in den obigen Beispielen 1
bis 8 jeweils das energetische Bindemittel TNT durch das schmelzbare,
nicht-energetische Biphenyl mit gleichem Massenanteil ersetzt werden
kann. Hinsichtlich obigem Beispiel 9 könnte TNT durch 15%
Anthracen, 14% HTPB und 4% Additive ersetzt werden.
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Die
oben angegebenen pyrotechnischen Sätze (Beispiele 1 bis
9) können mit herkömmlichen Anzündmitteln
gezündet werden. Bei metallfreien Formulierungen empfiehlt
es sich, die Gießkörper mit einer Anfeuerung auf
Basis von zum Beispiel sauerstoffüberbillanzierten Mischungen
auf Basis von Bor/KNO3/Nitrocellulose oder
Bor/KCLO4/Viton zu bestreichen, um eine
verzugsfreie Anzündung ohne Russentwicklung zu erhalten.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- - US 7067024
B2 [0011]
- - US 5525166 [0012]