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Die Erfindung betrifft allgemein beschichtete Glasscheiben, insbesondere Sol-Gel-beschichtete Gläser.
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Das Beschichten von Glasscheiben mittels eines Sol-Gel-Verfahrens ist dem Fachmann bekannt. Bei dieser Beschichtung wird ein Sol auf ein zu beschichtendes Glassubstrat aufgetragen. Aus diesem Sol, beziehungsweise dem sich bildenden Gel wird dann durch Temperung eine Oxidschicht erzeugt. Beispielsweise können SiO2-Schichten mittels eines Sols hergestellt werden, welches TEOS (Tetraethoxysilan) als Precursor enthält. Für hochbrechende Schichten können Titanoxidschichten mittels der Sol-Gel-Methode hergestellt werden. Ein gebräuchlicher Precursor für solche Schichten ist Titan-Tetraisopropoxid. Anwendung finden solche Beschichtungen unter anderem als Interferenzschichten, beispielsweise zur Entspiegelung von Gläsern.
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Es wäre hierbei wünschenswert, derartig beschichteten Gläsern weitere vorteilhafte Eigenschaften zu verleihen. Eine wichtige Eigenschaft ist dabei die Festigkeit des Glases. Um die Festigkeit zu erhöhen, ist allgemein das chemische und thermische Vorspannen von Gläsern bekannt. Die thermische Vorspannung, beziehungsweise die thermische Härtung basiert darauf, dass das zu härtende Glas abgeschreckt wird. Dabei kühlt zunächst die Oberfläche des Glases ab, während sich im Inneren noch flüssiges oder weiches Glas befindet. Die Temperaturdifferenz zur Umgebung ist dann innen größer als außen. Das Innere des Glases würde sich im folgenden mehr zusammenziehen, was allerdings durch die bereits feste Oberfläche verhindert wird. Dadurch kommt es im Inneren zu einer Zugspannung, während sich an der Oberfläche eine Druckspannung ausbildet. Das chemische Härten basiert darauf, dass ein im Glas vorhandenes kleineres Ion an der Oberfläche durch ein größeres ausgetauscht wird. Durch den höheren Platzbedarf dieser Ionen entsteht an der Oberfläche eine Druckspannung.
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Thermisches Vorspannen ist zwar eine vergleichsweise preisgünstige Methode zur Erhöhung der Festigkeit, allerdings auch gegenüber dem chemischen Vorspannen mit einigen Nachteilen behaftet. So können dünne Gläser nicht oder allenfalls nur unzureichend thermisch vorgespannt werden, da beim Abkühlen des Glases kein hinreichender Temperaturgradient im Glas erreichbar ist. Weiterhin können thermisch vorgespannte Gläser nicht mehr geschnitten werden. Bei chemisch vorgespannten Gläsern kommt es andererseits bei einer nachfolgenden Erwärmung des Glases zu einer Relaxation der aufgebauten Spannungen. So werden für die Temperung von Sol-Gel-Schichten meist Temperaturen über 300°C eingesetzt.
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Der Erfindung liegt angesichts der oben genannten Probleme daher die Aufgabe zugrunde, beschichtete Gläser mit erhöhter Festigkeit bereitzustellen. Diese Aufgabe wird bereits in höchst überraschend einfacher Weise durch den Gegenstand der unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben.
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Demgemäß sieht die Erfindung eine beschichtete Natrium-haltige Glasscheibe und ein Verfahren zu deren Herstellung vor, bei welchem die Glasscheibe mit einer optisch wirksamen, ein- oder mehrlagigen Beschichtung versehen und nach dem Aufbringen der optisch wirksamen Beschichtung chemisch vorgespannt wird, indem die Glasscheibe in einer Kalium-haltigen Lösung, vorzugsweise einer Schmelze gelagert wird, so dass Natrium-Ionen des Glases in oberflächennahen Bereichen zumindest teilweise durch Kalium-Ionen ausgetauscht werden. Geeignet ist beispielsweise eine Kaliumnitrat-Schmelze.
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In besonders bevorzugter Ausgestaltung sieht die Erfindung ein Verfahren zur Herstellung einer beschichteten Natrium-haltigen Glasscheibe vor, bei welchem die Glasscheibe mit einer Sol-Gel-Beschichtung versehen und dann mit der Sol-Gel-Beschichtung zur Aushärtung der Beschichtung bei einer Temperatur von mehr als 200°C, bevorzugt zumindest 300°C, besonders bevorzugt bei einer Temperatur von zumindest 400°C, vorzugsweise für eine Dauer von zumindest 20 Minuten getempert wird. Temperaturen oberhalb von 400°C werden vorzugsweise kurzzeitig eingesetzt. Vorzugsweise wird das Tempern zur Aushärtung aber bei Temperaturen kleiner 550°C, besonders vorzugsweise kleiner 520°C durchgeführt.
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Dabei wird die so beschichtete Glasscheibe nach dem Tempern der Sol-Gel-Beschichtung chemisch vorgespannt, indem die beschichtete Glasscheibe in einem Kalium-haltigen Medium gelagert wird, so dass Natrium-Ionen des Glases in oberflächennahen Bereichen zumindest teilweise durch Kalium-Ionen ausgetauscht werden, wobei der Ionenaustausch dementsprechend durch die getemperte Sol-Gel-Beschichtung hindurch erfolgt. Die mit diesem Verfahren herstellbare beschichtete Natrium-haltige Glasscheibe ist dementsprechend mit einer ein- oder mehrlagigen Sol-Gel-Beschichtung versehen und chemisch vorgespannt, wobei die chemische Vorspannung nach dem Herstellen der Sol-Gel-Beschichtung in einem Kalium-haltigen Medium, wie insbesondere einer Kalium-haltigen Schmelze durchgeführt ist, so dass Natrium-Ionen des Glases in oberflächennahen Bereichen zumindest teilweise durch Kalium-Ionen ausgetauscht sind, wobei der Ionenaustausch durch die getemperte Sol-Gel-Beschichtung hindurch erfolgt ist, wobei die Sol-Gel-Schicht aufgrund des chemischen Vorspannens Kalium aus dem Kalium-haltigen Medium, wie insbesondere einer Schmelze enthält. Die Kalium-Ionen in der Sol-Gel-Beschichtung stellen gewissermassen ein Charakteristikum für dieses Herstellungsverfahren dar. Ebenfalls kann Natrium, welches aus dem Glas heraus in die Beschichtung hineindiffundiert ist, nachgewiesen werden. Damit ein Ionenaustausch durch die optisch wirksame Beschichtung hindurch in hinreichend kurzer Zeit ermöglicht wird, ist in vorteilhafter Weiterbildung der Erfindung das Aufbringen einer für Kalium- und Natrium-Ionen permeablen optisch wirksamen Beschichtung vorgesehen. Insbesondere kann die Beschichtung dazu eine gewisse Restporosität aufweisen. Die Verfahrensparameter für das Aufbringen der Schicht werden dazu vorzugsweise abweichend von Parametern für die Herstellung von Diffusionsbarriereschichten gewählt.
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Ein Sol-Gel-Verfahren ist ein nasschemisches Beschichtungsverfahren, mit dem anorganische Oxidschichten herstellbar sind. Die Herstellung der Beschichtung geht jeweils von einem flüssigen Sol aus, welches durch eine Sol-Gel-Transformation in einen festen Gel-Zustand überführt wird. Das Sol stellt dabei eine Dispersion von Partikeln dar, die typischerweise Größen im Bereich deutlich unter 1 Mikrometer aufweisen. Vielfach werden metallorganische Verbindungen als Precursor-Substanzen für die Beschichtung eingesetzt, wobei hier der Begriff ”Metall” auch Halbleiter, wie insbesondere Silizium mit einschließt. Bei der Transformation des Sols in ein Gel kommt es zu einer Vernetzung der dispergierten Partikel im Lösungsmittel. Ist das Sol aufgetragen und in ein Gel überführt, wird die so erhaltene Beschichtung noch – vorzugsweise unter Luft oder in einer anderen oxidierenden Umgebung- getempert, so dass organische Rest-Bestandteile der Beschichtung pyrolisieren und eine verdichtete anorganische Oxidschicht erhalten wird. Die Umsetzung des metallorganischen Precursors erfolgt typischerweise durch Hydrolyse- und Kondensationsreaktionen.
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Auch andere Beschichtungsverfahren, wie insbesondere chemische oder physikalische Dampfphasenabscheidung, wiederum vorzugsweise zur Abscheidung ein- oder mehrlagiger interferenzoptischer Beschichtungen können der chemischen Vorspannung vorgeschaltet werden. Unabhängig von der Art und Weise der Beschichtung -Sol-Gel, CVD oder PVD- bleiben Kalium-Ionen aus dem Vorspann-Prozess in der Beschichtung zurück. Ebenso sind entsprechend, wie oben anhand des Sol-Gel-Prozesses erläutert, Natrium-Ionen aus dem Glas auch in einer CVD- oder PVD-Beschichtung vorhanden.
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Es ist dabei ein unerwarteter Effekt, dass ein chemisches Vorspannen des Glases überhaupt noch durch die ausgehärtete Sol-Gel-Beschichtung hindurch möglich ist.
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Es hat sich dabei weiterhin gezeigt, dass die chemische Vorspannung sowohl durch eine auf der Glasscheibe hergestellte Siliziumoxid-haltige Sol-Gel-Beschichtung, als auch durch eine Titanoxid-haltige Sol-Gel-Beschichtung hindurch erfolgen kann.
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Dies gilt allgemein für viele metalloxidhaltige Beschichtungen, wie sie mit dem Sol-Gel-Verfahren hergestellt werden können, dabei insbesondere auch für solche Metalloxide, wie sie für optische, im Speziellen auch ein- oder mehrlagige interferenzoptische Beschichtungen eingesetzt werden.
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Allgemein kann die Beschichtungszusammensetzung zur Herstellung der Sol-Gel-Beschichtung hydrolysierbare Verbindungen oder Salze zumindest eines der Elemente der Hauptgruppen III bis V des Periodensystems, zum Beispiel Al, In und/oder der Nebengruppen II bis V des Periodensystems, zum Beispiel Sn, Zn, Zr, Nb, Ta, V und/oder hydrolysierbare Verbindungen der Lanthaniden, wie etwa Ce enthalten. Auch andere hydrolisierbare Verbindungen können eingesetzt werden, wie solche von Elementen der Hauptgruppen I und II des Periodensystems, z. B. Na, Ca, Mg und der Nebengruppen VI bis VIII des Periodensystems, wie beispielsweise Mn, Cr, Ni. Die fertig getemperte und ausgehärtete Sol-Gel-Beschichtung enthält dann entsprechend Oxide der vorgenannten Elemente. Als besonders wichtig für optische, insbesondere interferenzoptische Beschichtungen sind dabei Oxide der Metalle Ti, Si, Nb, Ta, Al, Zr zu nennen.
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Neben einlagigen Beschichtungen kann auch eine mehrlagige Sol-Gel-Beschichtung, insbesondere mit den oben genannten Metalloxiden, vorzugsweise unter Verwendung von Titanoxid und/oder einem anderen hochbrechenden Oxid und Siliziumoxid hergestellt und nach der Temperung die chemische Vorspannung durchgeführt werden. Insbesondere können dabei die einzelnen Lagen der mehrlagigen Beschichtung unterschiedliche Zusammensetzungen mit Oxiden der oben genannten Elemente aufweisen. Die vorgenannten Materialien können insbesondere auch zur Erzeugung gewünschter Schichteigenschaften, wie etwa einem bestimmten Brechungsindex gemischt werden, so dass entsprechende Mischoxid-Schichten erhalten werden.
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Ein weiterer unerwarteter Effekt ist, dass eine gute Haftung der Beschichtung auch nach der chemischen Vorspannung erhalten bleibt, da gerade an der Grenzfläche zur Beschichtung nach dem chemischen Vorspannen eine erhöhte Konzentration an Kalium-Ionen vorhanden ist, was die chemische Zusammensetzung des Glases dort dementsprechend ändert. Insbesondere ist anzunehmen, dass sich durch die chemische Vorspannung Spannungen zwischen Beschichtung und Glas deutlich ändern.
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Es zeigt sich, dass das chemische Vorspannen einen Einfluss auf die optischen Eigenschaften der optisch wirksamen Beschichtung hat. Ursächlich hierfür kann insbesondere eine Änderung der Brechungsindizes aufgrund der Einlagerung von Natrium und Kalium sein. In Weiterbildung der Erfindung wird daher bei der Beschichtung ein Vorhalt vorgesehen, welcher die Brechungsindex-Änderung mitberücksichtigt. Mit anderen Worten werden spektrale Eigenschaften der Beschichtung, insbesondere deren Farbe durch das chemischen Vorspannen auf vorgegebene Werte geändert. Bei einer Entspiegelungsschicht wird gemäß einer Weiterbildung der Erfindung die Entspiegelungsschicht so ausgebildet, dass das Minimum der Reflektivität, gemessen unter 8° Lichteinfallswinkel bei einer Wellenlänge liegt, welche zumindest 10 Nanometer von der vorgesehenen Wellenlänge abweicht.
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Ein weiterer überraschender Effekt ist, dass eine ein- oder mehrlagige Sol-Gel-Beschichtung auch noch nach der chemischen Vorspannung mit signifikanter Festigkeitssteigerung erfolgen kann. Demgemäß ist in noch einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung vorgesehen, die Glasscheibe mit einer Sol-Gel-Beschichtung zu versehen und das Glas mit der Sol-Gel-Beschichtung zur Aushärtung der Beschichtung bei einer Temperatur von mehr als 200°C, vorzugsweise zumindest 300°C für eine Dauer von zumindest 20 Minuten zu tempern, wobei die Glasscheibe vor der Sol-Gel-Beschichtung chemisch vorgespannt wird. Damit wird eine beschichtete Natrium-haltige Glasscheibe erhalten, welche vor dem Sol-Gel-Beschichten chemisch vorgespannt ist, so dass die Vorspannung durch das Tempern der Sol-Gel-Beschichtung teilweise relaxiert ist. In diesem Fall ist im allgemeinen die Festigkeit zwar etwas geringer als bei einem nicht nachträglich getemperten gleichartigen Glassubstrat, allerdings kann überraschend die Festigkeit gegenüber einer unbehandelten gleichartigen Glasscheibe immer noch um zumindest 50% erhöht werden. Das Beschichten kann allgemein wie bei der weiter oben beschriebenen Ausführungsform durchgeführt werden. Gerade bei der nachträglichen Beschichtung ist es von Vorteil, wenn die Temperatur beim Aushärten der Beschichtung 550°C, vorzugsweise 520°C nicht übersteigt.
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Auch bei dieser Ausführungsform der Erfindung finden sich aufgrund der erhöhten Temperatur beim Tempern der Sol-Gel-Beschichtung Kalium- und/oder Natrium-Ionen aus dem Glas in der Beschichtung. Da hier die Diffusion alleine aus dem Glas heraus erfolgt, ist im allgemeinen die Konzentration dieser Ionen in Bereichen der Beschichtung nahe der Grenzfläche zum Glas am höchsten.
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Im Speziellen hat sich ein Temperzyklus zur Aushärtung der Sol-Gel-Beschichtung als günstig erwiesen, bei welchem die Glasscheibe für höchstens 6 Stunden oberhalb einer Temperatur von 300° gehalten wird.
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Die ein- oder mehrlagigen optisch wirksamen Beschichtungen können insbesondere als Interferenzschichten ausgebildet werden. Beispielsweise können mittels der Erfindung auf diese Weise Glasscheiben mit Entspiegelungsschichten versehen und chemisch gehärtet werden. Die Bereiche im Glas, in welchen Natrium- durch Kaliumionen durch das chemische Vorspannen ausgetauscht sind, reichen dabei im allgemeinen wesentlich tiefer, als die Schichtdicken der einen oder mehreren einzelnen Lagen einer interferenzoptischen Sol-Gel-Beschichtung, die typischerweise Dicken kleiner als die Lichtwellenlängen des optischen Spektralbereichs aufweisen. Typische Austauschtiefen liegen demgegenüber im Bereich von 10 μm bis 100 μm.
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In bevorzugter Ausgestaltung der Erfindung erfolgt der Ionenaustausch für die chemische Härtung in einer Kaliumnitrat-haltigen Salzschmelze. Vorzugsweise wird die Glasscheibe dazu mehrere Stunden in der Schmelze gelagert. Unabhängig von der Art des Kalium-haltigen Mediums sollte die Glasscheibe für mehr als 30 Minuten, vorzugsweise zumindest 3 Stunden im Medium gelagert werden, um einen guten Vorspann-Effekt zu erreichen.
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Um die Sol-Gel-Beschichtung aufzutragen, wird weiterhin bevorzugt Tauchbeschichtung eingesetzt. Bei der Tauchbeschichtung wird die zu beschichtende Glasscheibe in das Sol getaucht und dann langsam herausgezogen. Bei diesem Verfahren kann die gewünschte Schichtdicke, beispielsweise eine interferenzoptisch wirkende λ/4-Schicht sehr genau durch Einstellung der Ziehgeschwindigkeit eingestellt werden. Es kommen aber auch andere Auftragverfahren in Betracht. Hier ist insbesondere noch die Sprühbeschichtung zu nennen. Auch mit diesem Beschichtungsverfahren ist eine noch ziemlich genaue Einstellung der aufgetragenen Menge von Beschichtungsmaterial möglich, wobei dieses Verfahren gleichzeitig einen deutlich schnelleren Auftrag ermöglicht.
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Die Erfindung ist besonders geeignet, um Kalk-Natron-Gläser zu beschichten. Der hohe Natrium-Anteil solcher Gläser prädestiniert diese für das chemische Vorspannen. Zudem haften die Sol-Gel-Schichten sehr gut auf einer solchen Glasscheibe.
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Weiterhin ist die chemische Vorspannung sehr geeignet, um gerade dünneren Glasscheiben eine höhere Stabilität zu verleihen. Vorzugsweise weist daher die Glasscheibe eine Dicke kleiner 4 mm, besonders bevorzugt kleiner 3,2 mm auf. Insbesondere können auch Dünngläser mit Dicken von 21 mm oder weniger erfindungsgemäß mit einer optisch wirksamen Beschichtung versehen und nachträglich chemisch vorgespannt werden.
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Mit der Erfindung läßt sich eine Steigerung der Bruchfestigkeit um zumindest einen Faktor 1,5 gegenüber einer gleichartigen, nicht erfindungsgemäß vorgespannten Glasscheibe erreichen. Bei einer nachträglichen Vorspannung nach dem Aufbringen der optisch wirksamen Beschichtung können sogar noch größere Steigerungen der Festigkeit, nämlich um zumindest einen Faktor 2,5 erreicht werden. Derartige Glasscheiben sind in ihrer Festigkeit mit unbeschichteten, chemisch vorgespannten Gläsern vergleichbar.
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Neben einer Sol-Gel-Beschichtung kommen auch andere Beschichtungsverfahren in Frage. So können optisch wirksame Beschichtungen, wie insbesondere von ein- oder mehrlagigen Interferenzschichten mittels PVD, vorzugsweise durch Sputtern, oder durch CVD, vorzugsweise plasmaunterstützter chemischer Dampfphasenabscheidung auf dem Glas abgeschieden werden. Auch mit diesen Verfahren lassen sich optisch wirksame Schichten, insbesondere interferenzoptische Schichten, wie etwa Entspiegelungsschichten herstellen. Wie auch bei Sol-Gel-Schichten müssen bei einer nachträglichen chemischen Vorspannung die abgeschiedenen Schichten hinreichend durchlässig für Natrium- und Kalium-Ionen sein. Auch bei einer Beschichtung nach dem chemischen Vorspannen ist es jedoch überraschend, dass die Schichten auf dem Glas gut haften, da das Glas durch das Vorspannen in der Oberfläche eine hohe Druckspannung aufweist. Es wird auch daran gedacht, verschiedene Herstellungsverfahren, wie Sol-Gel-Auftrag, PVD, CVD miteinander zu kombinieren. Dies kann insbesondere bei mehrlagigen optisch wirksamen Beschichtungen vorteilhaft sein. Beispielsweise kann es sinnvoll sein, das Beschichtungsverfahren zu wechseln, um eine hinreichend für Kalium- und Natrium-Ionen permeable Beschichtung zu erhalten.
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Die Glasscheibe kann in weiterer Ausgestaltung der Erfindung auch aus einer größeren Glasscheibe herausgetrennt werden. Festigkeitssteigernd wirkt hier insbesondere das Heraustrennen durch laserinduziertes Spannungstrennen. Bei diesem Verfahren wird ein Laserstrahl entlang der vorgesehenen Trennlinie über die Glasscheibe gefahren und die Glasscheibe dort lokal erwärmt. Aufgrund der so induzierten Spannungen reißt die Glasscheibe an der Trennlinie auf. Mit diesem Verfahren wird ein sehr glatter Schnitt erzielt, so dass Mikrorisse an den Rändern vermieden werden. Ein Glasbruch geht oft von solchen Mikrorissen oder anderen kleinen Verletzungen am Rand der Glasscheibe aus. Gerade bei bereits chemisch vorgespannten Gläsern kann es bei nachträglichem Heraustrennen kleinerer Glasscheiben durch Mikrorisse an den Glasrändern zu einer erheblichen Festigkeitsreduzierung kommen. Werden solche Risse vermieden, erhöht sich dementsprechend die Festigkeit. Das Abtrennen kann gemäß einer Weiterbildung der Erfindung bereits vor dem Vorspannen erfolgen. Das Glas kann dabei bereits beschichtet sein, oder die Beschichtung erfolgt nach dem Zuschnitt. Ein Vorzug des chemischen Vorspannens ist im Unterschied zu thermisch vorgespannten Flachgläsern außerdem, dass auch das bereits vorgespannte Glas noch bearbeitet werden kann. Gemäß einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung ist daher vorgesehen, die Glasscheibe nach dem Vorspannen herauszutrennen. Auch hier kann die Beschichtung, je nach Ausführungsform der Erfindung vor oder nach dem Zuschnitt erfolgen. Wird das Glas vor dem Zuschnitt sowohl vorgespannt, als auch mit einer optisch wirksamen Beschichtung versehen, ergibt sich als besonderer Effekt eine kostengünstige Herstellung, da eine großflächige Glasscheibe im Lagermass beschichtet und vorgespannt werden kann und erst anschließend eine oder mehrere Glasscheiben der gewünschten Grösse herausgeschnitten werden können. Neben Laserschnitt können erfindungsgemäß auch konventionelle Schnittverfahren, wie etwa Ritz-Brechen eingesetzt werden. Auch kann, insbesondere bei konventionellen Schnittverfahren eine Randbearbeitung, wie etwa Schleifen und/oder Polieren, Abstumpfen der Kanten durchgeführt werden, um unter anderem scharfe Kanten zu vermeiden. Auch diese Schritte des Randbearbeitens können am bereits vorgespannten Glas durchgeführt werden. Durch die Randbearbeitung, insbesondere einer Kantenglättung wird ebenfalls eine Festigkeitssteigerung erzielt.
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An sich ist eine weitere Randbearbeitung bei mittels laserinduziertem Spannungstrennen geschnittenen Flachglas für die Festigkeit nicht notwendig, da die Kanten eines mittels laserinduziertem Spannungstrennen geschnittenen Flachglases sehr glatt sind. Eine zusätzliche Randbearbeitung kann aber auch hier Sinn machen, da die Kanten sehr scharfkantig sind. Hier werden, beispielsweise beim Einbau der Glasscheibe, an den Kanten leicht kleine Verletzungen, wie Muschelbrüche oder Risse auftreten, welche dann wiederum die Festigkeit reduzieren. Um dies zu vermeiden, können die Kanten abgestumpft werden.
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Erfindungsgemäße Glasscheiben eignen sich insbesondere für Display- oder Anzeigeinstrumente. Wird die optische wirksame Beschichtung als Entspiegelungsschicht ausgebildet, kann eine transparente, hochstabile Abdeckung ohne störende Reflexionen geschaffen werden. Eingesetzt können derartige Glasscheiben unter andere für Monitore, insbesondere Computermonitore, Fernseher, Anzeigetafeln, wie etwa Großbild-Anzeigen, Navigationsgeräte, Mobiltelefone, PDA- oder Handheld-Computer, Notebooks oder Anzeigeinstrumente für Kraftfahrzeuge oder Flugzeuge. Auch für hochwertige Bildverglasungen können erfindungsgemäße Glasscheiben eingesetzt werden.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand von Ausführungsbeispielen und unter Bezugnahme auf die beigeschlossenen Zeichnungen näher erläutert. Es zeigen:
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1 einen Querschnitt durch ein erfindungsgemäß beschichtetes und chemisch vorgespanntes Glas,
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2 ein Balkendiagramm mit Festigkeiten von unbeschichtetem, beschichtetem und zusätzlich chemisch vorgespanntem Glas,
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3A und 3B SIMS-Analysen an einer erfindungsgemäßen Glassscheibe,
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4 einen vergrößerten Ausschnitt der in 3A gezeigten SIMS-Analyse,
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5 ein Tiefenprofil verschiedener Elemente an einem nachträglich mit einer dreilagigen Entspiegelungsschicht mittels Sol-Gel-Beschichtung im Tauchverfahren versehenen, chemisch vorgespannten Glas, und
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6 spektrale Verläufe der Reflektivität einer beschichteten Glasscheibe vor und nach dem chemischen Vorspannen.
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1 zeigt ein erfindungsgemäß hergestelltes Erzeugnis 1, welches eine Glasscheibe 3 mit Seiten 5, 7 umfasst. Auf die Glasscheibe 3 ist beidseitig auf den Seiten 5, 7 eine dreilagige Beschichtung 9 mit Lagen 11, 12, 13 mittels Sol-Gel-Beschichtung aufgebracht. Die Beschichtung kann insbesondere als dreilagige Entspiegelungsschicht ausgebildet sein. Dazu weisen die Lagen 11, 12, 13 unterschiedliche Brechungsindizes auf und haben eine optische Dicke von jeweils einem ganzzahligen Vielfachen einer Viertelwellenlänge. Gemäß einem Ausführungsbeispiel für eine dreilagige Entspiegelungsschicht wird als erstes eine Mischoxidlage 11 mit Siliziumoxid und Titanoxid, dann eine hochbrechende Titanoxid-Lage 12 und darauf eine Siliziumoxid-Lage 13 mittels Sol-Gel-Beschichtung im Tauchverfahren aufgetragen. Der Brechungsindex der Lage 11 liegt dabei zwischen den Brechungsindizes der Lagen 12 und 13. Vorzugsweise beträgt für eine wirksame Entspiegelung die optische Dicke der Lagen 11 und 13 jeweils eine Viertelwellenlänge und die optische Dicke der Lage 12 eine halbe Wellenlänge für eine Wellenlänge des optischen Spektralbereiches. Das so erhaltene Schichtsystem wird dann bei einer Temperatur oberhalb von 300°C getempert und damit ausgehärtet.
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Die Ausgangsverbindung (der Precursor) zur Herstellung einer Beschichtungslösung enthält ein Metall oder Übergangsmetall, beispielsweise auch Silizium. Die am häufigsten benutzten Precursor-Verbindungen sind Metallalkoxide und Salze. Zur Solherstellung werden eine oder mehrere Ausgangsverbindungen, gegebenenfalls unter saurer oder basischer Katalyse in wässrigen oder organischen Lösungsmitteln hydrolysiert und gegebenenfalls zumindest teilweise kondensiert. Die Beschichtungszusammensetzungen können allgemein, ohne Beschränkung auf das Ausführungsbeispiel der 1 variiert werden. Unter anderem können dabei auch Mischoxidschichten hergestellt werden. Zur Herstellung von Siliziumoxidschichten eignet sich als Precursor unter anderem TEOS (Tetraethoxysilan). Titanoxidschichten können beispielsweise mit Titan-Tetraisopropoxid als Precursor hergestellt werden. Es bildet sich dann durch Hydrolyse und Kondensation eine kolloidale Lösung von Metall-Alkoxiden, welche auf das zu beschichtende Glas aufgetragen wird. Die Beschichtungszusammensetzung kann auch andere oder weitere Komponenten, wie hydrolisierbare Verbindungen, Komplexe oder Salze anderer Elemente aufweisen. Für optische Beschichtungen eignen sich insbesondere neben Precursoren für Silizium und Titan noch Precursor-Verbindungen der Elemente Nb, Ta, Al, Zr.
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Anschließend an die Sol-Gel-Beschichtung mit Aushärtung wird die beschichtete Glasscheibe 3 chemisch vorgespannt. Dazu wird die Glasscheibe 3 in einer Kaliumnitrat-haltigen Salzschmelze mehrere Stunden gelagert. Die Kalium-Ionen der Schmelze diffundieren dabei durch die Sol-Gel-Beschichtung 9 hindurch in das Glas der Glasscheibe 3 hinein. Umgekehrt diffundieren Natrium-Ionen des Glases durch die Beschichtung 9 hindurch in die Schmelze. Es bilden sich demgemäß an den Seiten 5, 7 oberflächennahe Bereiche 15, in welchen Natrium zumindest teilweise durch Kalium ausgetauscht ist. Um den Ionenaustausch für die chemnische Vorspannung in kurzer Zeit zu ermöglichen, ist die Sol-Gel-Beschichtung 9 für Kalium- und Natrium-Ionen permeabel.
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Anstelle einer Sol-Gel-Beschichtung wird auch daran gedacht, optisch wirksame Beschichtungen, wie die Entspiegelungsschicht 9 mittels anderer Herstellungsverfahren, insbesondere Vakuum-Abscheideverfahren, wie PVD und CVD herzustellen.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung wird zunächst die Glasscheibe 3 wie oben beschrieben chemisch in einer Kalium-haltigen Salzschmelze vorgespannt und anschließend mit einer dreilagigen Sol-Gel-Beschichtung 9 mit den oben beschriebenen Eigenschaften versehen. Zwar kommt es beim Tempern der Beschichtung dann zu einer teilweisen Entspannung der Glasscheibe 3, allerdings weist eine solche beschichtete Glasscheibe immer noch eine signifikant höhere Festigkeit auf.
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2 zeigt ein Balkendiagramm mit Festigkeiten verschiedener Gläser mit einer Dicke von jeweils 2 mm. Die Festigkeitsmessung erfolgte, indem die Glasscheiben auf einem Ring mit 100 Millimetern Innendurchmesser aufgelegt und dann Druck auf die Glasscheibe auf dem über dem Mittelpunkt des Rings gelegenen Punkt der Oberfläche gegeben wurde, bis die Glasscheibe zerbrach. Die in 2 angegebenen Werte sind relativ zu einer unbehandelten, unbeschichteten Floatglasscheibe angegeben, die als Referenz (Balkan A) für die Messungen an anderen Glasscheiben verwendet wurde. Balken B ist die Messung an einer gleichartigen Glasscheibe, welche mit einer dreilagigen Entspiegelungsschicht durch Sol-Gel-Beschichtung versehen wurde.
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Die Sol-Gel-Beschichtung hat kaum Einfluss auf die Festigkeit. Die geringfügigen Abweichungen der Festigkeit in Bezug auf das unbehandelte Glas liegen im Rahmen der Meßunsicherheit. Balken C zeigt die gemessene Festigkeit an einer erfindungsgemäß behandelten Glasscheibe, welche erst mit einer dreilagigen Entspiegelungsschicht versehen und anschließend chemisch vorgespannt wurde. Dabei wurde die Glasscheibe 4 Stunden im kaliumnitrat-haltigen Bad gelagert. Der Vergleich mit Meßwert A zeigt, dass die Festigkeit um einen Faktor 3 höher liegt, als bei der unbehandelten Floatglasscheibe. Auch ist die Festigkeit überraschenderweise mit der von unbeschichteten, chemisch vorgespannten Gläsern (Balken E) vergleichbar. Bei den zu Meßwert E vermessenen Gläsern ist die Festigkeit zwar teilweise noch höher, allerdings wurde dabei auch eine wesentlich längere Vorspannzeit, 16 Stunden in der kaliumnitrathaltigen Schmelze, eingesetzt. Es zeigt sich, dass auch eine dreilagige Sol-Gel-Beschichtung überraschenderweise kaum Einfluss auf die erzielbare Festigkeit hat, obwohl hier die Kalium-Ionen durch die Beschichtung hindurch in das Glas und umgekehrt Natrium-Ionen durch die Beschichtung hindurch in die Schmelze diffundieren müssen.
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Der Balken D zeigt die Messung der Festigkeit einer Floatglas-Scheibe, die zuerst chemisch vorgespannt und anschließend mit einer dreilagigen Entspiegelungsschicht im Sol-Gel-Verfahren beschichtet wurde. Wie bei der Probe, welche anschließend an das Beschichten chemisch vorgespannt wurde (Balken C), wurde auch bei dieser Probe das Einbrennen vorgenommen, indem das Glas innerhalb einer halben Stunde von Raumtemperatur auf 450° aufgeheizt, diese Temperatur eine halbe Stunde gehalten und dann das Glas innerhalb von 4 Stunden wieder auf Raumtemperatur heruntergekühlt wurde.
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Obwohl eine Relaxation der chemischen Vorspannung normalerweise bereits ab 300°C zu beobachten ist, zeigt das Glas immer noch eine erheblich höhere Festigkeit gegenüber einem unbehandelten Floatglas (Balken A), beziehungsweise einer nicht vorgespannten, aber entsprechend beschichteten Glasscheibe (Balken B). Im Speziellen kann eine Steigerung der Festigkeit um etwa einen Faktor 2 verifiziert werden. Dieser Effekt ist möglicherweise allgemein darauf zurückzuführen, daß eine Diffusion von Kalium in die Oberfläche des Glases durch die Sol-Gel-Beschichtung verlangsamt wird.
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Die 3A, 3B und 4 zeigen Tiefenprofil-Analysen verschiedener Bestandteile des Glases und der Beschichtung. Das Glas wurde mit einer dreilagigen Entspiegelungsschicht durch Sol-Gel-Beschichtung versehen und anschließend chemisch vorgespannt. Die dreilagige Entspiegelungsschicht entspricht dabei dem anhand von 1 erläuterten Ausführungsbeispiel mit einer niedrigbrechenden obersten Siliziumoxid-Lage 13, einer mittleren hochbrechenden Titanoxid-Lage 12 und einer untersten Mischoxid-Lage 11 mit einem Brechungsindex zwischen denen der Lagen 12 und 13.
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Die Tiefenprofil-Analysen wurden mittels Sekunddärionen-Massenspektrometrie (SIMS) erstellt. Bei dieser Meßmethode wird die Oberfläche des Substrats mittels eines Primar-Ionenstrahls bestrahlt und die Oberfläche so sukzessive abgetragen. Die aus dem Substrat herausgeschlagenen Sekunddärionen werden mittels eines Massenspektrometers erfasst. Für den Primärionen-Strahl eignen sich unter anderem schwere Ionen, wie etwa Cs+ oder Edelgas-Ionen.
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In 3A ist die Tiefenprofilanalyse für die Elemente und Fragmente Si, SiO, K, Ti und TiO dargestellt. 3B zeigt die Messung für die Elemente Na, Mg, Al, Ca und Sn. In 4 ist der Bereich bis 420 Sekunden Sputterzeit der in 3A gezeigten Messung dargestellt. In den Signalen der einzelnen Elemente zeigen sich hier deutliche Kanten bei etwa 60 Sekunden, 200 Sekunden und 280 Sekunden.
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Diese Kanten können den einzelnen Grenzflächen der Beschichtung zugeordnet werden. Die erste Kante bei etwa 25 Sekunden kennzeichnet den Übergang von der obersten Siliziumoxid-Lage 13 zur mittleren, hochbrechenden und dickeren Titanoxid-Lage 12. Die Kante bei etwa 210 Sekunden zeigt den Übergang der Titanoxid-Lage 12 zur Mischoxid-Lage 11 mit mittlerem Brechungsindex. Bei der Kante bei etwa 250 Sekunden ist schließlich das Schichtsystem abgetragen und der Ionenstrahl sputtert die verwendete Kalk-Natron-Glasscheibe.
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Wie anhand von 3A zu erkennen ist, ist insbesondere in der hochbrechenden Titanoxid-Lage ein starkes Kalium-Signal mit SIMS zu beobachten. Sowohl in der Mischoxid-Lage, als auch in der hochbrechenden Titanoxid-Lage sind die Kalium-Signale stärker als im Glassubstrat. Eine erfindungsgemäße beschichtete und nachträglich chemisch vorgespannte Glasscheibe kann daher allgemein ohne Beschränkung auf die Ausführungsbeispiele auch dahingehend charakterisiert werden, dass die Beschichtung einen Kalium-Gehalt, gemessen mit SIMS aufweist, welcher höher ist, als der Kalium-Gehalt im Glas. Wie anhand von 3B zu erkennen ist, gilt bei diesem Ausführungsbeispiel Entsprechendes auch für das Natrium-Signal, zumindest im Verhältnis zu oberflächennahen Bereichen des Glases.
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Wie anhand von 3A und 3B weiter zu erkennen ist, klingt innerhalb des Glases das Kalium-Signal mit steigender Tiefe stetig ab. Umgekehrt steigt das Natrium-Signal, wie 3B zeigt, stetig mit wachsender Tiefe an. Die Signale anderer Glasbestandteile, wie Mg und Ca bleiben demgegenüber im wesentlichen konstant. Ein von der Glasoberfläche aus mit zunehmender Tiefe abnehmendes Zinn-Signal ist auf das für das im Float-Verfahren zur Herstellung der Glasscheibe eingesetzte Zinnbad zurückzuführen.
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5 zeigt ein Tiefenprofil der Elemente Si, Ti, Na, K, gemessen an einer Glasscheibe, die zuerst chemisch vorgespannt und dann nachträglich mit einer dreilagigen Entspiegelungsschicht mittels Sol-Gel-Beschichtung im Tauchverfahren beschichtet wurde. Die Beschichtung entspricht dem anhand von 1 erläuterten Ausführungsbeispiel mit drei Lagen 11, 12, 13, wobei die Lage 13 eine niedrigbrechende Siliziumoxid-Lage der Schichtdicke λ/4, die Lage 12 eine hochbrechende Titanoxid-Lage der Schichtdicke λ/2 und die Lage 11 eine Mischoxid-Lage der Schichtdicke λ/4 ist. Das Tiefenprofil wurde mittels einer Mikrosonde an einer Bruchkante aufgenommen. Dabei wird die vom Substrat durch den Beschuß mit dem Elektronenstrahl eines Elektronenmikroskops abgestrahlte charakteristische Röntgenstrahlung analysiert.
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Die chemisch vorgespannte Glasscheibe wurde nach dem Auftragen der Sol-Gel-Beschichtung bei über 400°C getempert, um die Sol-Gel-Beschichtung auszuhärten. Wie anhand der Verteilung von Kalium und Natrium im Glas zu erkennen ist, bleibt in der Oberfläche und in einer oberflächennahen Zone des Glases eine Substitution von Natrium durch Kalium erhalten. Ausgehend von der Glasoberfläche sinkt die Kaliumkonzentration, die Natrium-Konzentration nimmt zu.
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Ein uberraschender Effekt ist aber, daß die SIMS-Messung eine sich unterhalb einer von der Glasoberfläche ausgehenden obersten Schicht im Glas, bei welchen Kalium-Ionen überwiegen, eine weitere, sich anschließende Schicht zeigt, in welcher ein Natrium-Überschuss gegenüber noch tieferen Schichten vorhanden ist. Das Maximum dieses Überschusses findet sich bei dem vermessenen Beispiel in etwa 15 Mikrometern Tiefe unterhalb der Glasoberfläche.
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Dieser Überschuss könnte dazu führen, daß sich in diesem Bereich beidseitung unterhalb der oberflächlichen Zugspannungsschicht eine Zugspannungs-Zone oder -Schicht ausbildet, welche gegenüber noch tieferen Schichten eine größere Zugspannung aufweist und die Druckspannung an der Oberfläche unterstützt. Dieser Effekt könnte dafür verantwortlich sein, daß es bei dem beschichteten Glas nicht zu einer vollständigen Relaxation der chemischen Vorspannung kommt.
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Der Beginn der Glasoberfläche ist anhand der scharfen Kante der Kalium-Konzentration bei etwa 2,5 Mikrometern Tiefe gut zu erkennen. Die Kalium-Konzentration fällt von ihrem Maximum an der Oberfläche innerhalb von 30 Mikrometern auf kleiner 10% der Maximalkonzentration ab. Bei dem in 5 gezeigten Beispiel ist eine Konzentration von höchstens 10% der Maximalkonzentration von Kalium bei etwa 15 bis 20 Mikrometern erreicht.
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Eine beschichtete Glasscheibe gemäß dieser Ausführungsform der Erfindung, bei welcher die Beschichtung und Temperung bei zumindest 300°C nach der chemischen Vorspannung erfolgt, kann demgemäß, ohne Beschränkung auf die einzelnen Merkmale des Ausführungsbeispiels durch eines oder mehrere der folgenden Merkmale charakterisiert werden:
- • Die Kalium-Konzentration in der Glasscheibe, gemessen mit einer Mikrosonde entlang einer Bruchkante nimmt innerhalb von 30 Mikrometern Tiefe innerhalb des Glases vom auf weniger als 10% des Maximalwerts ab.
- • Unterhalb einer von der Glasoberfläche ausgehenden obersten Schicht im Glas mit Kalium-Ionen schließt sich, wie sich aus einer SIMS-Messung ergibt, eine weitere inSchicht an, in welcher e Natrium-Überschuss gegenüber noch tieferen Schichten vorhanden ist.
- • An eine oberste Schicht in der Glasscheibe mit Druckspannung schließt sich eine weitere Schicht mit einer gegenüber noch tieferen Schichten erhöhten Zugspannung an.
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6 zeigt spektrale Verläufe der Reflektivität einer beschichteten Glasscheibe vor und nach dem chemischen Vorspannen. Die Reflektivitäten wurden jeweils unter 8° Lichteinfallswinkel, beziehungsweise unter einem Einfallswinkel von 8° zum Lot der Oberfläche vermessen. Die Glasscheibe wurde zuerst mittels Sol-Gel-Beschichtung mit Auftrag im Tauchverfahren mit einer dreilagigen Entspiegelungsschicht entsprechend der in 1 gezeigten Entspiegelungsschicht 9 versehen und die Entspiegelungsschicht zur Aushärtung getempert. Das Tempern erfolgte bei einer Temperatur von 420°C.
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Auch diese Entspiegelungsschicht entspricht dem in 1 gezeigten Beispiel weist demgemäß eine unterste Lage mit mittlerem Brechungsindex und einer Viertelwellenlänge optischer Dicke, eine daran anschließende hochbrechende Titanoxid-Lage mit einer halben Wellenlänge optischer Dicke und einer obersten Siliziumoxid-Lage mit einer Viertelwellenlänge optischer Dicke auf. Die dreilagige Entspiegelungsschicht stellt damit ein sogenanntes ”W-Design” dar, entsprechend dem ”w”-förmigen Verlauf der Reflektivität.
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Das Schichtsystem soll auf Wellenlängen im Bereich von etwa 420 bis etwa 720 Nanometern optimiert sein. Demgemäß liegt auch die sogenannte Designwellenlänge, für die die oben angegebenen optischen Dicken gelten, in diesem Bereich. Die Beschichtung wird aber zunächst so hergestellt, dass der optimierte Wellenlängen-Bereich zu etwas kleineren Wellenlängen verschoben ist. Vorzugsweise beträgt die Verschiebung zumindest 10 Nanometer. Im in der 6 dargestellten Beispiel beträgt die Verschiebung im Speziellen etwa 15 Nanometer.
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Wie anhand der beiden spektralen Verläufe der Reflektivität zu erkennen ist, verschiebt sich die Kurve durch die chemische Vorspannung zu längeren Wellenlängen. Bei dem gezeigten Beispiel wurde die Glasscheibe für die chemische Vorspannung 16 Stunden lang in einer Kaliumnitrat-haltigen Schmelze gelagert. Nach der Vorspannung liegt dann beispielsweise das Minimum der Reflektivität bei etwa 455 Nanometern. Die nicht vorgespannte Scheibe zeigt einen Wert von etwa 470 Nanometern. Der Wert der spektralen Reflektivität ist nach dem Vorspannen nun so angepasst, dass eine möglichst farbneutrale Schicht erhalten wird.
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Die erhöhte Festigkeit erfindungsgemäßer Glasscheiben kann weiterhin auch durch Messungen der Spannungsdoppelbrechung charaterisiert werden. Durch eine solche Messung kann die mechanische Spannung des Glases zerstörungsfrei gemessen werden. Die Spannungsdoppelbrechung D ist im allgemeinen proportional zur angelegten Spannung S. Es gilt also D = C·S mit der materialspezifischen Proportionalitätskonstante C, die auch als spannungsoptischer Koeffizient bezeichnet wird. Die Spannungsdoppelbrechung wird weiterhin gebräuchlich in der Einheit nm/cm angegeben. Der spannungsoptische Koeffizient der Gläser kann beispielsweise nach DIN 52 314 im Zugversuch mit Prüfkräften von 20 N bis 300 N bestimmt werden. Typische Werte für spannungsoptische Koeffizienten von Kalk-Natron-Gläsern liegen im Bereich von 2 bis 3 Brewster. Bei Eindringtiefen von Kaliumionen durch das Vorspannen im Bereich von 40 bis 100 Mikrometern lassen sich bei bekannten unbeschichteten Gläsern dann Doppelbrechungs-Werte von 7000 nm/cm und mehr erreichen.
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An einer erfindungsgemäßen, zuerst mit einer Sol-Gel-Beschichtung beschichteten und getemperten, dann durch die Beschichtung hindurch chemisch vorgespannten Glasscheibe wurde eine Eindringtiefe von 19 Mikrometern und ein Wert für die Doppelbrechung von 3600 nm/cm gemessen. Bei einer zuerst chemisch vorgespannten, dann mit einer Sol-Gel-Beschichtung versehenen und getemperten Glasscheibe wurden ähnliche Werte festgestellt. Hier betrug die Eindringtiefe 20 Mikrometer und die Doppelbrechung 4500 nm/cm. Bei beiden Beispielen wurden die Glasscheiben für das chemische Vorspannen für 4 Stunden bei 430°C in einer Salzschmelze mit einem KNO3-Gehalt von 99,5% gelagert. Die Beispiele zeigen, daß sich auch mit erfindungsgemäßen beschichteten Glasscheiben, insbesondere mit Sol-Gel-beschichteten Glasscheiben allgemein Werte für die Doppelbrechung von mehr als 3000 nm/cm und/oder Eindringtiefen der Kalium-Ionen von mehr als 10 Mikrometer erreichen lassen. Bei den oben angegebenen Werten von mehr als 7000 nm/cm ist zu beachten, daß oft auch längere Lagerungszeiten, z. B. 16 Stunden im Kalium-haltigen Medium gewählt werden, um die Vorspannung zu erhöhen. Auch mit erfindungsgemäßen Gläsern konnen selbstverständlich entsprechend längere Lagerungszeiten eingesetzt werden, um die Vorspannung entsprechend zu erhöhen.
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Es ist dem Fachmann ersichtlich, daß die Erfindung nicht auf die vorstehend beschriebenen Ausführungsbeispiele beschränkt ist, sondern vielmehr in vielfältiger Weise variiert werden kann. Insbesondere können die Merkmale der einzelnen Ausführungsbeispiele miteinander und/oder mit Merkmalen der Ansprüche kombiniert werden.