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Die Erfindung bezieht sich auf das Gebiet der Keramik und pulvermetallurgischer Werkstoffe und betrifft einen Verbundformkörper, wie er beispielsweise für Zerspanungswerkzeuge (Kombination von hartspröden und duktilen Eigenschaften), Heizelemente und thermisch belastete Instrumente (Kombination von elektrisch leitenden und elektrisch isolierenden Materialien) oder für Erzeugnisse in der Dentaltechnik (Kombination von Material- und optischen Eigenschaften) eingesetzt wird und ein Verfahren zu seiner Herstellung.
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Der Pulverspritzguss ist ein Formgebungsverfahren, bei dem ein aus keramischen und/oder metallischen Pulvern und organischem Plastifizierungsmitteln bestehender Feedstock im thermoplastischen Zustand in eine Kavität gespritzt wird und nach dem Erstarren die geometrische Form der Kavität annimmt. Nach einem der Formgebung folgenden Entbinderungsprozess werden die Endabmessungen und Eigenschaften des herzustellenden Bauteils in einem abschließenden Sintervorgang erzeugt. Beim Spritzguss von Keramik werden vielfältige material- und verfahrensbedingte Vorteile, wie z. B. die hohe Eigensteifigkeit keramischer Werkstoffe, erreichbare Oberflächengüten ohne Nachbearbeitung, sowie geometrische Gestaltungsfreiheit und Komplexität genutzt. Die Kostenfaktoren Material, Sintern und Bearbeitung können somit deutlich reduziert werden. Als verfahrenstechnische Vorteile weist das Spritzgussverfahren eine hohe Formkomplexität und Freiheit bei der Formgestaltung auf. Es können beispielsweise Hinterschneidungen, scharfe Kanten und senkrecht zueinander stehende Bohrungen hergestellt werden. Weiterhin kann eine endkonturennahe Fertigung von Bauteilen erfolgen, die auch eine nahezu isotrope Schwindung beim Sintern zeigen. Es erfolgt eine sehr hohe Materialausnutzung, da die Grünteile und Angüsse recycelt werden können oder bei der Herstellung Heißkanaldüsen eingesetzt werden. Auch ist der gesamte Spritzgussprozess gut automatisierbar.
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Aufgrund dieser Vorteile ist das Pulverspritzgussverfahren auch in seiner Anwendung im miniaturisierten Maßstab wissenschaftlich gut untersucht. Hier werden durch Verwendung sehr feinkörniger Stahl- und Keramikpulver Bauteile in Submillimeterdimensionen und Detailabmessungen im nm-Bereich gefertigt (Benzler, T., Piotter, V.: MicroMIM und MicroCIM. Ingenieur-Werkstoffe 8 (1999), 16–17). Der Aspekt der miniaturisierten Bauteilfertigung wurde mit dem Aspekt der Multifunktionalisierung derselben am Beispiel einer Heiznadel, bestehend aus stark unterschiedlich leitfähigen Keramiken, erweitert. Besonders vorteilhaft sind hier die extrem geringen Abmaße der Fügefläche(n), so dass die den Fügepartnern eigenen Sinterdynamiken eine außerordentlich geringe Absolutabweichung in Betrag und Rate bewirken (Finnah, G., Örlygsson, G., Piotter, V., Ruprecht, R., Hausselt, J.: Drei Sonderverfahren in einem, 2K-Mikro-Pulverspritzgießen. Kunststoffe 1. Carl Hanser Verlag (2005), 58–61).
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Darüber hinaus hat es in jüngster Zeit verstärkt Entwicklungen zum Mehrkomponentenpulverspritzguss gegeben. Als Notwendigkeit zum Erhalt von sinterstabilen Keramik und/oder Metallformkörpern wurden Strategien der Werkstoffauswahl und -Konfektionierung, Verarbeitung und Co-Sinterung formuliert.
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Besonders die unterschiedlichen Sinterschwindungsbeträge und -Raten der zu kombinierenden Werkstoffpartner müssen durch Angleich der relativen Partikelpackungsdichten und durch das Anpassen des Wärmebehandlungsschrittes zur gemeinsamen Entbinderung und Sinterung, aufeinander abgestimmt werden (Loibl, H., Bleier, H., Gornik, C., Griesmayer, E., Kukla, C., Zlatkov, B.: 2-Komponenten-Pulverspritzgießen. Österrr. Kunststoff-Zeitschrift 34 (2003), 258–260). Der Mehrkomponentenpulverspritzguss etabliert sich zu vielfältigen Verfahrensvarianten. So wurde gezeigt, dass auch miteinander kombinierte metallische Fügepartner nach der Sinterung gegeneinander beweglich bleiben können (sog. Montagepulverspritzguss) (Maetzig, M., Walcher, H.: Assembly moulding of MIM materials. Proceedings EuroPM2006 Vol. 2 (2006), 43–48). Eine weitere gut untersuchte Verfahrensvariante stellt das Sandwich-Pulverspritzgießen dar. Hier werden die Fügepartner unter Berücksichtigung eines Kern-Hülle-Aspektes so miteinander in die Werkzeugform gespritzt, dass stets ein mit dem Fügepartner vollständig ummanteltes Bauteil entsteht. Auf diese Weise wurden z. B. Metallzahnräder mit verschleißfester Edelstahlummantelung hergestellt. (Alcock, J. R., Logan, P. M., Stephenson, D. J.: Surface engineering by co-injection moulding. Surface and Coatings Technology 105 (1998), 65–71).
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Neben den Vorteilen des Pulverspritzgusses hat der Mehrkomponentenpulverspritzguss weitere Vorteile. Die Geometrie des aus mehreren Werkstoffen bestehenden Bauteils ist relativ unabhängig von der Gestalt der Grenzfläche zwischen den einzelnen Werkstoffen. Auch müssen die verschiedenen Werkstoffe nicht als Schichten gleichmäßiger Dicke übereinander liegen, d. h. bei der Herstellung der äußeren Schicht besteht kein Zwang, der Kontur der Grenzfläche zu folgen. Dadurch können beispielsweise eigenständige und gleichzeitig komplizierte Formkörper hergestellt werden. Trotzdem ist natürlich auch die Herstellung von Schichten und dort insbesondere die Herstellung von sehr dicken Schichten (> 0,5 mm) mit einem frei wählbaren Schichtdickenverhältnis möglich. Mit dem Mehrkomponentenspritzguss können auch Werkstoffverbunde mit einer geschlossenen Porosität hergestellt werden, wodurch solche Bauteile in reaktiven Medien einsetzbar werden. Oder aber es kann ein gewünschter Anteil an geschlossener Porosität während der Sinterung eingestellt werden. Somit können die besonders kostenintensiven Hochleistungswerkstoffe auf die tatsächlich im Bauteil beanspruchten Stellen örtlich begrenzt werden, ohne für das gesamte Formteil die Eigenschaften zu verschlechtern.
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Die Nachteile des Mehrkomponentenpulverspritzgusses nach dem Stand der Technik bestehen in dem hohen Aufwand, sowie in seiner Komplexität bei der Entwicklung und Herstellung der Werkzeuge und in seinen Grenzen bezogen auf die Realisierung sehr großer Aspektverhältnisse (Schichtdicken < 0,5 mm) im Bauteil.
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Zur Herstellung großflächiger, dünner Keramikschichten ist das Foliengießen die bevorzugte keramische Formgebungstechnologie. Die keramischen Ausgangspulver werden zusammen mit einer Dispergierflüssigkeit, einem Verflüssiger und einer oder mehreren Binderkomponenten homogen zu einem Foliengießschlicker aufbereitet. Der luftblasenfreie Schlicker wird dann auf die Gießstation aufgegeben und durch einen auf eine bestimmte Höhe exakt eingestellten Gießrakel gleichmäßig auf die ebene Gießunterlage verteilt. Im nachfolgenden Trocknungsprozess wird die Dispergierflüssigkeit gleichmäßig ausgetrieben, wobei sich die Höhe der Folie verringert. Werden mehrere Schichten übereinander gegossen, so wird vom Mehrlagenfoliengießen gesprochen. Bei der Aufbereitung des Foliengießschlickers wird zuerst das keramische Pulver zusammen mit einem Verflüssiger in der ausgewählten Flüssigkeit dispergiert. Anschließend werden Binder, Plastifizierer und Benetzungsmittel zugemischt. Der fertige Schlicker muss vor dem Vergießen gut entlüftet werden, um Blasenbildung zu vermieden. In der Regel wird der keramische Schlicker aus einem Behälter auf eine Trägerfolie gegossen. Diese Trägerfolie wird im Allgemeinen kontinuierlich an dem Behälter vorbeigeführt. Es existieren aber auch Verfahren mit einem bewegten Behälter. Auf der Trägerfolie bildet sich eine keramische Schicht, die in einem Trockenkanal getrocknet wird und eine selbst tragende flexible Keramikfolie bildet. Die Dicke der Schicht wird über die Austrittsspalthöhe des Behälters und die Höhe des Gießrakels (doctor blade) gesteuert. Im Gegenstrom wird zur Trocknung Warmluft über die Folie geblasen, so dass am Bandende eine flexible Grünfolie vorliegt. Diese kann entweder aufgewickelt oder direkt durch Schneiden, Stanzen, Prägen o. ä. weiterverarbeitet werden.
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Die Festigkeit und Flexibilität der Keramikfolie hängt im Wesentlichen von der Zusammensetzung des Schlickers und insbesondere vom Binder ab. Als Binder können eingesetzt werden in Wasser lösliche Polymere, in Wasser dispergierbare Polymere, in organischen Lösemitteln lösliche Polymere, in organischen Lösemitteln dispergierbare Polymere. Die Flexibilität der Grünfolien kann bei dem genannten Binder zusätzlich über die Zugabe eines Plastifikators beeinflusst werden.
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Mit dem kontinuierlichen Foliengießen können hohe Fertigungskapazitäten erreicht werden. Das Verfahren eignet sich für Foliendicken im Bereich von 0,05 mm–1,5 mm. Durch Laminieren können Einzelfolien zu Schichtverbunden komplettiert werden, so dass sich die Foliegießtechnik insgesamt durch eine hohe Flexibilität auszeichnet.
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Bekanntermaßen werden mehrkomponentige Bauteile aus Keramik und/oder Pulvermetall sowohl durch Spritzguss als auch über Foliengießen hergestellt. In der
DE 196 52 223 A1 wird ein über thermoplastische Formgebung hergestellter Verbundformkörper beschrieben, der aus mindestens zwei keramischen und/oder pulvermetallurgischen Werkstoffen und aus mindestens einem thermoplastischen Binder besteht und sich dadurch auszeichnet, dass innerhalb des Formkörpers Teilvolumina vorhanden sind, die unterschiedliche stoffliche Zusammensetzungen aufweisen und/oder die einen unterschiedlichen Gehalt an Teilchen des/der Werkstoffe im thermoplastischen oder duroplastischen Binder aufweisen.
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In der
US 2003/0062660 wird die Herstellung von aus zwei oder mehr Komponenten bestehenden Formteilen via Mehrkomponentenpulverspritzguss aus keramischen und/oder metallischen Pulverwerkstoffen gefertigt beschrieben.
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Der werkzeug- und maschinentechnische Aufwand bei der Realisierung eines Verfundformkörpers mit beispielsweise mehr als drei Komponenten in einem Bauteil durch reinen Pulverspritzguss ist jedoch nur bedingt als wirtschaftlich sinnvoll anzusehen. Der Grad der fertigungstechnischen Spezialisierung, gepaart mit entsprechend hohen Werkzeug- und Anlagekosten, kann nur in Einzelfällen für einen flexiblen Praxiseinsatz geeignet sein.
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Die Aufgabe der Erfindung besteht in der Angabe keramischer und/oder pulvermetallurgischer Verbundformkörper, die sowohl in der Gestaltung ihrer Oberfläche als auch in der Gestaltung der Grenzfläche oder des Grenzbereiches zwischen zwei Materialien des Verbundformkörpers frei und nur durch die allgemeinen Nachteile der keramischen und/oder pulvermetallurgischen Folienherstellungs- und Spritzgussverfahren eingeschränkt sind und in der Angabe eines einfachen, flexiblen und kostengünstigen Verfahrens zu seiner Herstellung, welches auch für die Serienfertigung einsetzbar sein kann.
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Gelöst wird die Aufgabe durch die in den Ansprüchen angegebene Erfindung. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Die erfindungsgemäßen keramischen und/oder pulvermetallurgischen Verbundformkörper bestehen aus einer Grünfolie oder einem Grünfolienverbund aus mindestens einem keramischen und/oder metallischen Material und Bindemittelmaterial, wobei die Grünfolie oder der Grünfolienverbund mit gleicher oder unterschiedlicher Zusammensetzung und/oder Schichtdicke die Oberfläche des Verbundformkörpers mit gleicher oder unterschiedlicher Zusammensetzung ganz oder teilweise bedeckt oder in dem Verbundformkörper enthalten ist, und wobei die Grünfolie oder der Grünfolienverbund ganz oder teilweise auf einer oder auf beiden Oberflächen eine Strukturierung aufweist, die weitere Materialien enthält, und aus einem keramischen und/oder metallischen Spritzgusskörper der mindestens formschlüssig mit der Grünfolie oder dem Grünfolienverbund verbunden ist, wobei die Korngröße und die Kornverteilung und/oder die Packungsdichte der keramischen und/oder metallischen Pulverkorner in der Grünfolie oder dem Grünfolienverbund, sowie deren Schwindungsverhalten beim Sintern an das Schwindungsverhalten des keramischen und/oder metallischen Spritzgusskörpers bei der nachfolgenden Sinterung angepasst ist, und wobei im Falle des Einsatzes eines thermoplastischen Bindemittels in der Grünfolie oder im Grünfolienverbund die Schmelz- und Verarbeitungstemperatur des Spritzgussmaterials kleiner ist, als die Schmelztemperatur des thermoplastischen Binders.
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Vorteilhafterweise bedecken die Grünfolie oder der Grünfolienverbund einen Spitzgusskörper auf dessen äußeren Oberfläche ganz und/oder sie sind in Kavitäten oder Hinterschneidungen eines ein- oder mehrteiligen Spritzgusskörpers angeordnet, wobei noch vorteilhafterweise Grünfolien oder Grünfolienverbunde unterschiedlicher Zusammensetzung angewandt sind.
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Ebenfalls vorteilhafterweise weisen die Grenzfläche oder der Grenzflächenbereich zwischen der Grünfolie oder dem Grünfolienverbund und dem Spritzgusskörper die gleiche geometrische Form auf, wie die äußere Oberfläche der Grünfolie oder des Grünfolienverbundes.
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Weiterhin vorteilhafterweise sind die Grünfolie oder der Grünfolienverbund und der Spritzgusskörper kraftschlüssig oder über chemische und/oder physikalische Bindungen miteinander verbunden.
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Auch vorteilhafterweise enthält die Grünfolie oder der Grünfolienverbund ein duroplastisches Bindemittel.
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Und auch vorteilhafterweise enthält die Grünfolie oder der Grünfolienverbund ein thermoplastisches Bindemittel, noch vorteilhafterweise ein Polyethylencopolymer.
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Vorteilhaft ist es auch, wenn die Grünfolie oder der Grünfolienverbund einen keramischen und/oder metallischen Spritzgusskörper auf dessen äußeren Oberfläche und/oder in Kavitäten oder Hinterschneidungen eines ein- oder mehrteiligen Spritzgusskörpers bedecken.
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Auch vorteilhaft ist es, wenn die Strukturierung Polymere oder Naturstoffe enthält.
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Weiterhin vorteilhaft ist es, wenn in der Grünfolie oder im Grünfolienverbund und/oder im Spritzgusskörper Glas oder glasartige Materialien als Füllstoffe vorhanden sind.
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Ebenfalls vorteilhaft ist es, wenn die äußere Oberfläche eine Grünfolie aus einem metallischen Material aufweist, darunter eine Grünfolie aus einem metallischen und keramischen Material angeordnet ist, auf die dann ein keramischer Spritzgusskörper folgt.
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Und auch vorteilhaft ist es, wenn sowohl in der Grünfolie als auch im gesamten Grünfolienverbund und im Spritzgusskörper ein Bindemittel gleicher Zusammensetzung vorhanden ist.
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Von Vorteil ist es auch, wenn sowohl in der Grünfolie als auch im gesamten Grünfolienverbund und im Spritzgusskörper ein Bindemittel in gleicher Menge pro Volumeneinheit vorhanden ist.
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Und weiterhin von Vorteil ist es, wenn sowohl in der Grünfolie als auch im gesamten Grünfolienverbund ein Bindemittel vorhanden ist, welches hinsichtlich der Zusammensetzung dem entspricht, welches zumindest anteilig im Spritzgusskörper enthalten ist und dort als letztes Bindemittel aus dem Spritzgusskörper ausgetrieben ist.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird eine vorgeformte Grünfolie oder ein Grünfolienverbund aus mindestens einem keramischen und/oder metallischen Material und Bindemittelmaterial in oder auf eine Form ein- oder aufgelegt, wobei die Form ganz oder teilweise mit der vorgeformten Grünfolie oder Grünfolienverbund gleicher oder unterschiedlicher Zusammensetzung und/oder Schichtdicke bedeckt ist, und die Form zur Herstellung der vorgeformten Grünfolie oder des Grünfolienverbundes nachfolgend als Spritzgussform eingesetzt wird, und nachfolgend mindestens eine keramische und/oder pulvermetallurgische Spritzgussmasse auf und/oder an und/oder in die Form mittels Spritzguss auf- und/oder an- und/oder eingebracht wird, und nachfolgend die ein- oder mehrteilige Form entfernt und/oder die ein- oder mehrteiligen Verbundformkörperteile aus der Form entformt werden, wobei diese Verfahrensschritte ein- oder mehrmals wiederholt werden können.
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Vorteilhafterweise werden gestanzte, geprägte, gebogene, gezogene Grünfolie oder Grünfolienverbunde eingesetzt.
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Ebenfalls vorteilhafterweise wird eine vorgeformte Grünfolie oder Grünfolienverbund mit einer Trägerfolie eingesetzt.
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Auch vorteilhafterweise wird eine teilbare Form eingesetzt.
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Weiterhin vorteilhafterweise wird ein aus unterschiedlichen Materialien zusammengesetzter Grünfolienverbund eingesetzt.
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Und auch vorteilhafterweise wird eine Grünfolie oder ein Grünfolienverbund eingesetzt, die aus Teilflächen aus unterschiedlichem Material besteht.
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Vorteilhaft ist es, wenn die Spritzgussmasse diskontinuierlich auf- und/oder an- und/oder eingebracht wird.
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Ebenfalls vorteilhaft ist es, wenn nach Auf- und/oder An- und/oder Einbringen einer Spritzgussmasse auf und/oder an und/oder in eine Form mit mindestens einer Grünfolie oder einem Grünfolienverbund, dieser Verbundformkörper aus der Form oder die Form entfernt wird, nachfolgend eine oder mehrere weitere Grünfolien oder Grünfolienverbunde auf und/oder an und/oder in den Verbundformkörper auf- und/oder an- und/oder eingebracht werden und diese Verfahrensschritte mehrmals wiederholt werden.
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Auch vorteilhaft ist es, wenn auf und/oder an und/oder in eine Grünfolie oder einen Grünfolienverbund eine Spritzgussmasse auf-, an- oder eingebracht wird.
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Weiterhin vorteilhaft ist es, wenn das Füllen und/oder das An- und/oder Aufspritzen der Form unter Druck oder mittels Vakuum durchgeführt wird.
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Von Vorteil ist es auch, wenn als Bindemittel für die Grünfolien oder Grünfolienverbunde ein thermoplastisches und/oder duroplastisches und/oder biopolymeres Bindemittel eingesetzt wird.
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Ebenfalls von Vorteil ist es, wenn die Grünfolie oder der Grünfolienverbund während des An-, Auf- oder Einbringens des Spritzgusskörpers verformt wird.
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Weiterhin von Vorteil ist es, wenn in der Grünfolie oder im Grünfolienverbund ein Bindemittel eingebracht wird, welches mindestens anteilig im Spritzgusskörper eingebracht wird und welches als letztes aus dem Verbundformkörper ausgetrieben wird.
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Und auch von Vorteil ist es, wenn der Verbundformkörper entbindert und gesintert wird.
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Auch von Vorteil ist es, wenn das Einfüllen der Spritzgussmasse(n) in eine Form oder das Anspritzen der Spritzgussmasse(n) an eine Folie unter einem Druck von 0,3 bis 200 MPa durchgeführt wird.
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Der Vorteil der erfindungsgemäßen Lösung besteht in der vereinfachten Werkzeugtechnologie, in der die Möglichkeit dünne Struktur- und/oder Funktionsschichten auch über große Flächen und Wege zu realisieren und damit beispielsweise zu vereinzelnde Miniaturbauteile großflächig, kostengünstig und effektiv vorzufertigen. Ebenfalls vorteilhaft ist an der erfinderischen Lösung eine vereinfachte Prozesstechnik. Keramische und/oder pulvermetallurgische Grünfolien oder Grünfolienverbunde sind in unterschiedlichen Schichtdicken herstellbar und können durch Folgeprozesse bearbeitet werden, beispielsweise geprägt, gestanzt, mikrostrukturiert, siebbedruckt oder laminiert werden, wobei auch beispielsweise Zwischenschichten aufbringbar sind. Es werden vorgeformte Grünfolien oder Grünfolienverbunde in ein Spritzgusswerkzeug eingesetzt, welches bereits zur Herstellung der vorgeformten Grünfolie oder Grünfolienverbundes verwendet worden ist. So weisen diese Folien die geometrische und/oder Oberflächenform des Spritzgusswerkzeuges auf, womit auch extrem filigrane Strukturen und Konturen herstellbar sind. Auch kann durch die Auswahl von passenden Pulvern und Bindersystemen die Prozessführung so gestaltet werden, dass der erfindungsgemäß hergestellte erfindungsgemäße Verbundformkörper in einem Schritt gesintert werden kann.
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Der Angleich des Sinterschwindungsverhaltens der Komponenten des Verbundformkörpers geschieht dabei durch den Abgleich der relativen Partikelpackungsdichten der Verbundpartner in Abhängigkeit der erreichbaren absoluten Sinterverdichtung bei der Cosinterung. Das heißt, Werkstoffverbunde im Sinne des erfindungsgemäßen Verbundformkörpers, welche innerhalb eines Temperaturfensters nicht vollständig dicht gesintert werden können, weil entweder die Sintertemperatur für einen Partner zu niedrig oder die Partikelgrößenverteilungen der Pulver der Verbundpartner zu unterschiedlich groß sind, können durch die Wahl asymmetrischer relativer Partikelpackungsdichten auf einen gemeinsamen Sinterschwindungsbetrag eingestellt werden. Dazu kann auch auf die sogenannte Platzhaltermethode, bei der Pulverpartikel zum Teil durch organische Füllstoffe substituiert werden, zurückgegriffen werden, um zu einer erhöhten Sinterschwindung oder erhöhten Restporosität nach der Sinterung zu gelangen.
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Durch die erfindungsgemäße Lösung werden die Möglichkeiten der Mehrkomponentenformgebung von Werkstoffverbundbauteilen drastisch erweitert und eine Serienfähigkeit ist erreichbar, indem der Pulverspritzgussprozess auf eine Komponente reduziert bleibt. Insbesondere die Integration dünner Funktionsschichten in ein entsprechenden Mehrkomponentenbauteil durch Anspritzen von Grünfolien, gefüllt mit keramischen und/oder metallischen Pulverwerkstoffen, mit keramischen und/oder metallischen Feedstocks, stellt einen Vorstoß in neue Fertigungsdimensionen, welche mit dem herkömmlichen Mehrkomponentenpulverspritzguss technisch und finanziell nicht erreicht werden können, dar.
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Mit der erfindungsgemäßen Lösung wird eine Verbundstrategie realisiert, die einen aktiven und/oder passiven Werkstoffverbund in der Fügezone herstellbar macht. Aktive Werkstoffverbunde sind durch die chemische Korrespondenz (chemische Bindung) der miteinander kombinierten Werkstoffe oder einzelner Bestandteile des Werkstoffverbundes (Dotierung, Elemente, Phasen) gekennzeichnet. Hier bewirken kovalente und/oder ionische Bindungen die Verbundfestigkeit in der Fügezone. Passive Werkstoffverbunde sind durch geometrische Modifikationen (beispielsweise Hinterschneidungen, Verzahnungen, mechanische Verklammerungen) und/oder durch Variation der von Pulverpackungsdichte und Pulverpartikelgröße sowie von der makroskopischen Oberflächenstruktur (rau, strukturiert) der Grenzflächen und/oder des Grenzflächenbereiches der Fügezone bestimmt. Hier bewirken mechanische Kräfte die Verbundfestigkeit in der Fügezone.
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Der erfindungsgemäße Verbundformkörper ist durch zwei voneinander unabhängige Strategien, die sich gegenseitig ergänzen, beschreibbar. Aktive Verbunde können direkt durch Kombination von mindestens zwei hinsichtlich ihrer Werkstoffzugehörigkeit kompatibler Werkstoffe ohne Zwischenschichten in der Fügezone oder auf indirektem Wege durch Mischung (gradierte Systeme) von Werkstoffen unterschiedlicher Klassen und Verwendung derer als Haftvermittler zwischen den jeweils fremden Werkstoffen (Zwischenschichten) erreicht werden. Auch können fremde Komponenten als Haftvermittler eingesetzt werden und einen aktiven Werkstoffverbund realisieren Passive Verbundformkörper weisen Materialkombinationen auf, die hinsichtlich einer chemischen Bindung nicht oder kaum Wechselwirken und im Wesentlichen durch ihre geometrische Gestaltung in der Fügezone verbundfähig sind. Dies kann beispielsweise durch Ineinanderspritzen der zu kombinierenden Werkstoffe erfolgen. Stiftförmige, zum Gefügepartner hin breiter werdende Überspritzungen können einen klammerartigen Verbund bilden. Erfindungsgemäß kann dies beispielsweise durch das Ausfüllen von perforierten Folienarealen beim Spritzguss erreicht werden. Durch Laminieren oder Übereinanderlegen mindestens zweier Folien können die perforierten Bereiche tief und flächig variabel gestaltet werden, so dass ein oder mehrere in Anspritzrichtung breiter werdende Materialverankerungen entstehen.
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Hinsichtlich der Materialkombinationen und eingesetzten Bindersysteme ist die vorliegende Erfindung im Hinblick im Wesentlichen frei wählbar, jedoch sollte die Prozesssteuerung berücksichtigt werden. Besonders vorteilhaft ist es, wenn Bindersysteme eingesetzt werden, die sowohl in der Grünfolie oder im Grünfolienverbund als auch im Spritzgießmaterial enthalten sind. Dadurch ist das Austreiben des Binders deutlich einfacher und verbessert. Werden unterschiedliche Binder verwendet, so ist ein besonderer Vorteil der Erfindung, wenn die Grünfolie oder der Grünfolienverbund mit sogenannten Backbone-Bindern hergestellt werden, die mindestens ein Bestandteil des Binders des Spritzgussmaterials sind. Diese Bindersysteme benötigen längere Zeit, um ausgetrieben zu werden. Dadurch können die im Spritzgussteil vorhandenen, leichter austreibbaren Binderanteile zuerst entweichen und die Grünfolie oder der Grünfolienverbund bleibt noch elastisch. Erst wenn auch die Backbone-Binderanteile des Spritzgussmaterials ausgetrieben werden, entweichen die Anteile in der Grünfolie oder im Grünfolienverbund mit und die Entbinderung ist insgesamt abgeschlossen. Solche Backbone-Binder sind beispielsweise Polyolefine, wie Polyethylen oder Polyethylencopolymer.
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Nachfolgend wird die Erfindung an einem Ausführungsbeispiel näher erläutert.
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Beispiel 1
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Sinterfähiger Verbundformkörper aus Stahlfolie und Keramikfeedstock:
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- Stahlfolie (Füllgrad (trocken) 60 Vol.-%):
Pulver: Stahl 430L; d90 = 16 μm; Hersteller: Sandvik Osprey Ltd.
- Keramikfeedstock (Füllgrad: 60 Vol.-%):
Pulver: ZTO2 (3 mal% Y) Typ Y5-5; d80 = 1,97 μm; Hersteller: United Ceramics Ltd.
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Zur Folienherstellung wird ein aus organischen Lösungsmitteln (90 Ma.-% Hexan, 9% Polyethylencopolymer, 1% Alkylsuccinimid) zusammengesetzter und mit 83 Ma.-% Stahlpulver 430L gefüllter Schlicker hergestellt. Die Homogenisierung der Suspension erfolgt unter Zuhilfenahme von Mahlkugeln auf dem Walzenstuhl. Eine Ultraschallbehandlung (2 × 30 s) hilft die Pulveragglomerate im Schlicker zu zerstören. Der gut homogenisierte Schlicker wird auf einer Foliengießanlage (Doctor Blade Methode) vergossen und getrocknet. Die getrocknete Stahlfolie (Dicke 500 μm, Breite 20 cm, Länge 1 m) wird von der Gießunterlage entfernt und geometrisch so konfektioniert, dass sie in das Profil der Formkavität des Spritzgießwerkzeugs eingelegt und mit einem Keramik-Feedstock angespritzt, werden kann. Zur Feedstockherstellung wird als Keramikpulver ZrO2 vom Typ Y5-5 (92 Ma.-%) mit einem thermoplastischen Binder (45% Paraffin, 45% LD-Polyethylen, 10% Stearinsäure) unter Temperatur-(130°C) und Scherenergieeinwirkung auf einem Scherwalzenkompaktor (für 1 h) vermengt. Das homogenisierte Pulver-Binder-Gemisch wird granuliert und in dieser Form dem Spritzgießprozess zugeführt. Anschließend erfolgt eine gemeinsame Entbinderung (100 h unter Luftatmosphäre bis 400°C mit einer Aufheizgeschwindigkeit von 6 K/h) und Sinterung (H2-Atmosphäre 1450°C), bei denen der Verbundformkörper von der Bindemittelphase befreit und unter identischem Schwindungsbetrag auf annähernd den, den Fügepartnern entsprechenden Werkstoffdichten, dicht gesintert wird. Nach der Sinterbehandlung wird ein temperaturwechselbeständiger Stahl-Keramikverbund, welcher mindestens eine Festigkeit von 1 MPa aufweist, erhalten. Bei einer Schliffpräparation der Fügezone ist unter dem Elektronenmikroskop eine durchgehend geschlossene Verbundzone zu erkennen. Die Grenzfläche zwischen Folie und Spritzling bildet die Oberflächengeometrie der Kavität in die die Folie eingelegt wurde ab.