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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zur Erkennung eines drohenden Heckaufpralls,
wobei mindestens ein Abstand und eine Relativgeschwindigkeit eines
nachfolgenden zweiten Fahrzeugs zu einem ersten Fahrzeug ermittelt
werden und anhand des Abstandes und der Relativgeschwindigkeit ermittelt wird,
ob ein Aufprall des zweiten Fahrzeugs auf das Heck des ersten Fahrzeugs
droht. Eine Anwendung des Verfahrens besteht darin, dass wenn ein
Heckaufprall droht, selbsttätige
Maßnahmen
zur Vermeidung und/oder Verminderung der Schwere eines Aufpralls
ausgelöst
werden können.
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Auffahrunfälle in niedrigen
und mittleren Geschwindigkeitsbereichen werden häufig durch Unaufmerksamkeit
verursacht. Oft wird die Eigengeschwindigkeit beziehungsweise die
Relativgeschwindigkeit unter- oder die mögliche Eigenverzögerung überschätzt und
deswegen ein zu geringer Sicherheitsabstand eingehalten. Aus dem
Stand der Technik sind einige Schriften zur automatischen Auffahrwarnung bekannt,
bei denen der nachfolgenden Verkehr mittels Umfeldsensorik beobachtet
und mittels blinkender Rückleuchten
gewarnt wird, wenn aufgrund einer kritischen Annäherung ein Auffahrunfall droht.
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Aus
der
DE 103 28 755
A1 ist ein Fahrzeug mit einer Auffahrwarnvorrichtung bekannt,
welche eine am Heck eines Fahrzeuges angeordneten Einrichtung zur
Ermittlung des Abstands und der Relativgeschwindigkeit in Bezug
auf ein Folgefahrzeug aufweist. Auf Grundlage dieser gemessenen
Größen wird
ein Mindestabstand (Sicherheitsabstand) ermittelt, bei dessen Unterschreitung
Maßnahmen
zur Vermeidung eines möglichen
Aufpralls ergriffen werden. Als Maßnahmen können mittels Rücklichtern (Bremslicht,
Blinker, Warnblinker, Nebelschlussleuchten, Rückfahrscheinwerfer) optische
Warnsignale an den Fahrzeugführer
des Folgefahrzeugs übermittelt
werden. Als weitere Maßnahme
kann auch das Fahrzeug beschleunigt werden, sofern der Vorausverkehr
dies zulässt.
Die Intensität
erfolgt nach Maßgabe
eines ermittelten Gefahrenpotentials, in welches die Abweichung
des Abstandes vom Mindestabstand sowie den Bremsweg beeinflussende Faktoren
wie der Fahrbahnzustand (Regen, Schnee, Eis, Verschmutzung) und äußere, die
Sicht beeinträchtigende
Witterungsbedingungen (Nebel, Hagel, Regen) einbezogen werden.
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Eine ähnliche
Auffahrwarnvorrichtung ist bereits aus der
DE 31 38 377 A1 bekannt.
Der warnkritische Sicherheitsabstand folgt einer mit der Relativgeschwindigkeit
nichtlinear ansteigenden Grenzkurve, welche von fest vorprogrammierten
Kenngrößen für das Verzögerungsvermögen der
Bremsen des nachfolgenden Fahrzeugs, der Reaktionszeit des Fahrers,
und dem Reibbeiwert von Rad zu Straße abhängt.
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Auch
aus der
DE 199 33
782 A1 geht ein ähnliches
Verfahren zur Vermeidung von Auffahrunfällen hervor. Zur Ableitung
eines Kriteriums für
eine Warnung oder eine Aktion am ersten Fahrzeug erfolgt eine Berechnung
der Zeit (Kollisionszeit), die verbleibt, bis das zweite auf das
erste Fahrzeug auffahren würde,
unter Berücksichtigung
eines vorgegebenen Wertes für
die Verzögerung
des zweiten Fahrzeugs. Wenn die Kollisionszeit unter einen vorgegebenen
Wert fällt,
wird die Warnung z.B. mittels der Warnblinklichter oder eine Aktion,
z.B. einen Eingriff ins Motormanagement ausgelöst. Vorzugsweise ist der vorgegeben
Wert für
die Verzögerung
des zweiten Fahrzeugs der größtmögliche für ein Kraftfahrzeug.
Dadurch wird nur in den Situationen, in denen wirklich akute Gefahr
einer Kollision besteht, die Warnung oder Aktion am ersten Fahrzeug
ausgelöst.
Bei der Berechnung der Kollisionszeit können auch Straßenverhältnisse
(Glätte,
Nässe,
Schnee, Schotter), welche die Reibungs- und Haftungseigenschaften beeinflussen,
berücksichtigt
werden.
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Als
Nachteil wird seitens der Anmelderin angesehen, dass die bekannten
Verfahren zur Ableitung eines Kriteriums zur Ausgabe einer Heckaufprallwarnung
in der Praxis zu häufigen
Falschwarnungen, das heißt
zumindest unerwünschten
oder unnötigen
Warnung führen
können.
Dies muss bei Sicherheitsanwendung unbedingt vermieden werden, weil
sonst ein Gewöhnungseffekt
eintritt und Warnungen ignoriert würden.
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Der
Erfindung liegt demnach die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der
eingangs genannten Art anzugeben, das weniger Falschwarnungen ausgibt.
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Die
Aufgabe wird gelöst
durch ein Verfahren, welches die in Anspruch 1 angegebenen Merkmale aufweist.
Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren zur
Erkennung eines drohenden Heckaufpralls wird aus einem erfassten
Abstand (d12) und einer Relativgeschwindigkeit
(vrel) eines nachfolgenden zweiten Fahrzeugs
zu dem ersten Fahrzeug eine auf das zweite Fahrzeug (2)
bezogene Verzögerung
ermittelt und zur Bewertung der Heckaufprallgefahr herangezogen.
Bei der herangezogenen Verzögerung
kann es sich um die Relativverzögerung
DEC_rel = DEC2 – DEC1,
um die Eigenverzögerung
DEC2 des zweiten Fahrzeugs oder eine von dem zweiten Fahrzeug aufzubringende
Mindestverzögerung
DEC2_min zur Vermeidung des Heckaufpralls handeln.
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Die
Einbeziehung einer Verzögerung
des zweiten Fahrzeugs ermöglicht
eine differenziertere Analyse der Gefahr eines Heckaufpralls, bei
der Fälle als
unkritisch eingestuft werden können,
die bei einer ausschließlichen
Betrachtung auf der Basis von Relativabstand und Relativgeschwindigkeit
eine unnötige
Heckaufprallwarnung hervorgerufen hätten. Damit wird eine Heckaufprallwarnung
nur noch ausgegeben, wenn ein Heckaufprall zwingend droht, weil
der Fahrer des zweiten Fahrzeugs keine sichere Möglichkeit mehr hat, den Aufprall
zu vermeiden. Wenn hingegen die Fahrsituation dem Führer des
zweiten Fahrzeugs noch erlaubt, durch einen willkürlichen Eingriff
den Aufprall zu vermeiden, soll die Warnung unterbleiben.
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Das
erfindungsgemäße Verfahren
ermöglicht,
dass, falls ein drohender Aufprall identifiziert wird, von dem ersten
Fahrzeug eine Warnung an das nachfolgende zweite Fahrzeug übermittelt
wird. Vorzugsweise wird als Warnung eine optische und/oder eine
akustische erste Warnung an das nachfolgende zweite Fahrzeug übermittelt.
Ein Fahrer des zweiten Fahrzeugs wird dadurch aufmerksam auf die
drohende Unfallsituation. Er kann entsprechend reagieren, indem
er seine Geschwindigkeit reduziert und/oder dem ersten Fahrzeug
ausweicht. Bei gegebener Hardwareausstattung der Fahrzeuge kann
die Warnung alternativ oder zusätzlich
mittels Telemetrie an das zweite Fahr zeug übertragen werden.
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Zweckmäßigerweise
wird als Warnung auch eine fahrzeuginterne Warnung generiert und
an den Fahrer des ersten Fahrzeugs übermittelt. Falls der Fahrer
des ersten Fahrzeugs unaufmerksam ist, wird seine Aufmerksamkeit
so auf die drohende Unfallsituation gelenkt. Vorzugsweise ist diese
Warnung an den Fahrer des ersten Fahrzeugs haptisch und/oder optisch,
z. B. einer Anzeige in einem Command-System, und/oder akustisch,
z. B. durch eine Ansage oder ein Hupsignal, ausgebildet. Diese Formen
der Warnung werden durch den Fahrer deutlich wahrgenommen.
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Zum
Verringern der Relativgeschwindigkeit kann ein Bremsmoment des ersten
Fahrzeugs vor dem Aufprall verringert oder das erste Fahrzeug beschleunigt
werden.
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Zweckmäßigerweise
wird, falls der drohende Aufprall als unabwendbar prognostiziert
wird, eine Maßnahme
zum Schutz der Insassen des ersten Fahrzeugs ausgelöst. Dies
verringert die Schwere des Unfalls insofern, dass die möglichen
Unfallfolgen abgeschwächt
werden. Als eine mögliche
Maßnahme
wird beispielsweise ein Anziehen mindestens eines Gurtstraffers
ausgelöst.
Der Gurtstraffer fixiert den betreffenden Insassen so frühzeitig
optimal an seinem Sitz. Als zusätzliche
oder alternative Maßnahme
kann ein Anpassen einer Position mindestens einer Kopfstütze und/oder
mindestens eines Sitzes durchgeführt
werden. Bei einem fahrdynamischen Sitz kann die Sitzpolsterung verändert werden.
Auch kann als zusätzliche
oder alternative Maßnahme mindestens
eine Seitenscheibe und/oder das Schiebedach geschlossen werden.
Zweckmäßigerweise wird,
falls der drohende Aufprall als unabwendbar prognostiziert wird,
mindestens ein Airbag des ersten Fahrzeugs anhand der Relativgeschwindigkeit,
eines Aufpralloffsets und eines Aufprallwinkels vorkonditioniert.
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Die
Erfindung wird im Folgenden anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert, wobei auch
alternative oder ergänzende
Ausgestaltungen und Weiterbildung mit deren Vorteilen dargestellt sind.
Auch die Unteransprüche
enthalten vorteilhafte Ausgestaltungen.
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Dabei
zeigen:
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1 eine
Situation mit drohendem Heckaufprall zwischen zwei Fahrzeugen und
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2 ein
Ablaufdiagramm eines Verfahrens.
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In 1 befindet
sich ein erstes Fahrzeug 1 mit einer Eigengeschwindigkeit
v1 in Bewegung, beispielsweise auf einer
Straße.
Hinter dem ersten Fahrzeug 1 fährt ein zweites Fahrzeug 2 in
einem Abstand d12 zum vorausfahrenden ersten
Fahrzeug 1 und mit einer Eigengeschwindigkeit v2, die deutlich größer ist als die Eigengeschwindigkeit
v1 des ersten Fahrzeugs 1.
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Das
erste Fahrzeug 1 ist mit einem nach hinten ausgerichteten
Abstands- und Relativgeschwindigkeitssensor 3 ausgerüstet, der über eine
Steuereinheit 4 mit einer Warneinrichtung 5 verbunden
ist. Die Warneinrichtung 5 ist als eine akustische und/oder
optische Einrichtung ausgeführt.
Beispielsweise wird die Warneinrichtung 5 durch eine Hupe, eine
Warnblinkanlage und/oder eine Bremsleuchte gebildet. Die Steuereinheit 4 ist
zur Durchführung
des erfindungsgemäßen Verfahrens
vorgesehen.
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Die
Steuereinheit 4 erfasst mittels des Abstands- und/oder
Relativgeschwindigkeitssensors 3 automatisch fortlaufend
den Abstand d12 und die Relativgeschwindigkeit
vrel zwischen den beiden Fahrzeugen 1, 2 und
prüft anhand
des Abstands d12 und der Relativgeschwindigkeit
vrel und dem erfindungsgemäßen Verfahren
ob ein Heckaufprall durch das zweite Fahrzeug 2 droht.
Dabei ist es für
das nachfolgende Verfahren unerheblich, ob die Relativgeschwindigkeit
ursprünglich
gemessen wird und daraus der Relativabstand hergeleitet wird oder
ob der Abstand die ursprüngliche
Messgröße ist,
aus dem mittels Differentiation die Relativgeschwindigkeit berechnet
wird.
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Falls
ein Heckaufprall identifiziert wird, steuert die Steuereinheit 4 automatisch
die Warneinrichtung 5 an und erzeugt so ein akustisches
Warnsignal W1 oder ein optisches Warnsignal W2, das an das zweite
Fahrzeug 2 übermittelt
wird. Beispielsweise wird automatisch die Hupe, die Warnblinkanlage und/oder
die Bremsleuchte des ersten Fahrzeugs 1 betätigt. Auch
kann eine der nach hinten gerichteten Leuchten des ersten Fahrzeugs 1 derart
gesteuert werden, dass diese automatisch heller und/oder blinkend
leuchtet, um die Auffahrwarnung von der normalen Aktivierung der
Leuchten zu unterscheiden oder ihr einen besonders ausgeprägten Warncharakter
zu geben. Der möglicherweise
abgelenkte Fahrer des zweiten Fahrzeugs 2 wird dadurch
auf die drohende Unfallsituation aufmerksam und kann beispielsweise
durch starkes Abbremsen oder Ausweichen seines zweiten Fahrzeugs 2 reagieren
und den Unfall abwenden.
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Gemäß der Erfindung
werden auch die Eigenverzögerung
DEC1 des ersten Fahrzeugs 1 und die Eigenverzögerung DEC2
des zweiten Fahrzeugs 2, die beispielsweise anhand des
zeitlichen Verlaufs der Relativgeschwindigkeit vrel in
Verbindung mit der Eigengeschwindigkeit v1 bestimmbar
sind, ermittelt und in die Prüfung
des drohenden Heckaufpralls einbezogen. Die Eigenverzögerung hat
das umgekehrte Vorzeichen wie die Beschleunigung, welche sich aus der
zeitliche Ableitung der Geschwindigkeit ergibt. Eine Beschleunigung
des Fahrzeugs drückt
sich daher in einer negativen Verzögerung aus. Die Beschleunigung
a ist beim Verzögern
kleiner Null und nimmt beim positiven Beschleunigen daher Werte größer Null
an.
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Zusätzlich zur
Warnung des Fahrers des nachfolgenden Fahrzeugs 2 durch
eine Warneinrichtung 5 des vorausfahrenden Fahrzeugs 1 kann
als eine weitere Warnung W eine fahrzeuginterne Warnung W3 an den
Fahrer des vorausfahrenden Fahrzeugs 1 selbst generiert
werden. Diese dritte Warnmöglichkeit
nutzt dabei zum einen die Warneinrichtung 5, aber auch
andere vorhandene Systeme des Fahrzeugs 1, z. B. eine Anzeige,
eine Hupe, einen Lautsprecher. Die fahrzeuginterne Warnung W3 wird je
nach Vorgabe optisch und/oder akustisch und/oder haptisch ausgegeben.
Eine haptische Warnung kann z. B. durch Momentanschwankungen des
Antriebsstrangs oder der Bremse oder der Lenkung oder des Gaspedals
oder des Bremspedals, etc. erreicht werden.
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2 zeigt
ein Ablaufdiagramm eines erfindungsgemäßen Verfahrens. In Schritt
S1 wird die Relativgeschwindigkeit vrel und
der Abstand d12 zum zweiten Fahrzeug 2 ermittelt.
Anhand dieser Daten wird in Schritt S2 überprüft, ob ein Heckaufprall durch das
zweite Fahrzeug 2 droht. Dazu wird beispielsweise überprüft, ob der
Abstand d12 einen vorgebbaren Mindestabstand
unterschreitet, und, falls diese Bedingung zutrifft, ob die Relativgeschwindigkeit
vrel eine vorgebbare Mindestgeschwindigkeit überschreitet.
Falls beide Bedingungen zutreffen, wird ein Heckaufprall als drohend
identifiziert.
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Es
sind in Schritt S2 auch andere aus dem Stand der Technik bekannte
Verfahren, wie sie eingangs dargestellt wurden, einsetzbar.
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Falls
ein Heckaufprall droht, wird das Verfahren mit Schritt S3 fortgeführt, in
welchem eine auf das zweite Fahrzeugs 2 bezogenen Eigenverzögerung ermittelt
wird. Ansonsten beginnt es in Schritt S1 erneut.
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Gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren zur
Erkennung eines drohenden Heckaufpralls wird ab Schritt S3 eine
auf das zweite Fahrzeug bezogene Verzögerung (DEC_rel, DEC2, DEC2_min)
ermittelt und zur Bewertung der Heckaufprallgefahr herangezogen.
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In
einer ersten Ausgestaltung a) wird in S3 als die auf das zweite
Fahrzeug bezogene Verzögerung
eine Relativverzögerung
DEC_rel = DEC2 – DEC1
aus der Relativgeschwindigkeit vrel mittels
Differentiation nach der Zeit ermittelt.
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In
einer Ausgestaltung b) wird in S3 als die auf das zweite Fahrzeug
bezogene Verzögerung
die Eigenverzögerung
DEC2 des zweiten Fahrzeugs ermittelt, welche beispielsweise aus
der Relativgeschwindigkeit DEC_rel und der Eigenverzögerung DEC1
des ersten Fahrzeugs gewonnen werden kann, wobei die Eigenverzögerung DEC1
beispielsweise aus den Raddrehzahlen abgeleitet werden kann.
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In
einer Ausgestaltung c) wird in S3 als die auf das zweite Fahrzeug
bezogene Verzögerung eine
von dem zweiten Fahrzeug aufzubringende Mindestverzögerung DEC2
min zur Vermeidung des Heckaufpralls ermittelt. Die Mindestverzögerung ergibt
sich aus einer berechneten notwendigen Verzögerung, um das zweite Fahrzeug
in einem vorgegebenen Abstand z.B. 1 m vor dem Heck des ersten Fahrzeugs
auf eine Relativgeschwindigkeit zu bringen, die kleiner oder gleich
0 ist. Die Mindestverzögerung
DEC2 min kann aus DEC1, der Relativgeschwindigkeit und dem Relativabstand
ermittelt werden
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In
einer Weiterbildung wird bei der Berechnung der Mindestverzögerung auch
eine Verzögerungszeit,
das heißt
Reaktionszeit des Fahrers des zweiten Fahrzeugs 2 einbezogen,
welche zunächst verstreichen
muss, ehe eine Verzögerung
einsetzen kann. Legt man z.B. 1 Sekunde Reaktionszeit zugrunde (das
beinhaltet auch die Zeiten für
den Aufbau eines Bremsdrucks etc.), kann die benötigte Mindestverzögerung DEC2
min unter der Voraussetzung berechnet werden, dass eine Bremswirkung
erst nach der Reaktionszeit einsetzt. Es kann aber die Reaktionszeit
auch in einer zusätzlichen
Abfrage berücksichtigt
werden, indem man z.B. berechnet, ob das zweite Fahrzeug spätestens
1m hinter dem ersten Fahrzeug auf Vrel =
0 käme,
wenn das nachfolgende Fahrzeug jetzt gewarnt würde und der Fahrer nach 1 Sekunde
Reaktionszeit mit beispielsweise 6m/s2 verzögert. Wenn
diese Frage bejaht würde, droht
nicht zwingend ein Heckaufprall.
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In
Schritt S4 werden nun eine oder mehrere der in S3 berechneten Verzögerungen
mit Schwellen verglichen, um in einigen Fahrsituationen einen drohenden
Heckaufprall auszuschließen.
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Allgemein
kann für
den Fall, dass ein Heckaufprall nicht unvermeidbar, das heißt zwingend droht
aber auch nicht ausgeschlossen werden kann eine gesonderte Auslegung
der an die Entscheidung geknüpften
Folgemaßnahmen
wie z.B. eine Warnung vorgesehen sein. Beispielsweise könnten Rückleuchten
in einem anderen Leucht-Warnmuster aktiviert werden.
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In
Schritt S4 wird in der Ausgestaltung a) untersucht, ob aufgrund
der vorliegenden Relativverzögerung
bereits ein Heckaufprall ausgeschlossen werden kann. Dazu wird abgefragt,
ob die Relativverzögerung
DEC_rel eine positive Relativverzögerungsschwelle unterschreitet.
Ist dies nicht der Fall, das heißt wird die Schwelle überschritten,
dann verzögert das
zweite Fahrzeug relativ zum ersten bereits so stark, dass die Relativgeschwindigkeit
mit der sich das zweite Fahrzeug dem ersten nähert zunehmend geringer wird
und ein zwingend drohender Aufprall ausgeschlossen werden kann.
In diesem Fall beginnt das Verfahren bei S1 erneut. Ob die Relativverzögerung allerdings
ausreicht den Aufprall zu vermeiden, hängt von den Startwerten für die Relativgeschwindigkeit
und den Abstand ab. Es ist daher sinnvoll die Relativverzögerungsschwelle
abhängig
von der Relativgeschwindigkeit und -abstand auszugestalten. Mit
dieser Abfrage unter Einbeziehung der Relativverzögerung können bereits
Fahrsituationen als unkritisch zurückgestuft werden, die durch
die Vorbewertung zunächst
als kritisch eingestuft wurden. Dadurch können Falschwarnungen verhindert
werden, wenn z.B. das Fahrzeug 2 sich zwar mit kritischer
Relativgeschwindigkeit dem vorausfahrenden Fahrzeug 1 nähert, Fahrzeug 2 aber
bereits verzögert
und/oder Fahrzeug 1 gleichzeitig beschleunigt.
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In
Schritt S4 wird in der Ausgestaltung b) untersucht, ob ein Überholmanöver des
zweiten Fahrzeugs ausgeschlossen werden kann. Dazu wird überprüft, ob das
zweite Fahrzeug nur verzögert
oder allenfalls leicht beschleunigt. Mit dieser Abfrage soll eine
Fahrsituation erfasst werden, bei der eine deutli che positive Beschleunigung
(a > om/s2)
des zweiten Fahrzeugs festgestellt wird, was auf einen eingeleiteten Überholvorgang
schließen
lässt.
Wird die Abfrage a > Schwelle_2
bejaht, oder gleichbedeutend DEC2 > – Schwelle_2
verneint, wobei Schwelle_2 positiv ist, wird auf einen bewusst eingeleiteten
Beschleunigungsvorgang zu dem Zweck des Überholens geschlossen, es wird
ein zwingend drohender Heckaufprall ausgeschlossen und das Verfahren
beginnt erneut bei S1. In diesem Fall wird auf einen Fahrzeugeingriff
oder eine Warnung des rückwärtigen Verkehrs
verzichtet. Aber es könnte
für diesen Fall
auch das Bremslicht kurzzeitig angesteuert werden, wobei dieses
Aufleuchten periodisch bis zur Klärung der Situation wiederholt
werden kann. Als sinnvolle zusätzliche
Bedingung für
den Ausschluss eines Heckaufpralls und den Rücksprung auf S1 sollte ausgeschlossen
werden, dass gleichzeitig das erste Fahrzeug bremst oder die Eigenverzögerung DEC1 einen
Schwellwert überschreitet,
um den Fall auszuschließen,
dass das zweite Fahrzeug zum Überholen ansetzt
während
gleichzeitig das erste Fahrzeug bremst. Die Abfragen lauten somit
DEC1 > Schwelle_1
und DEC2 > – Schwelle_2.
Nur wenn beide Abfragen verneint werden, erfolgt der Rücksprung
zu S1.
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In
Schritt S4 wird in der Ausgestaltung c) die vom zweiten Fahrzeug
(2) zur Vermeidung des Heckaufpralls benötigte Mindestverzögerung DEC2
min herangezogen. Es wird abgefragt, ob die benötigte Mindestverzögerung DEC2
min eine erste Mindestverzögerungsschwelle
Schwelle_3, von z.B. 6m/s1 überschreitet.
Damit kann z.B. überprüft werden,
ob die benötigte
Mindestverzögerung
DEC2 min noch innerhalb physikalischer Haftreibungsgrenzen liegt, wenn
Schwelle_3 entsprechend dimensioniert wird. Größere Verzögerungen können aufgrund des begrenzten
Reibwertes zwischen Rad und Straße nicht aufgebracht werden.
Die Bemessung der Schwelle kann auch an zumutbaren physiologischen
Grenzen ausgerichtet sein. In einer vorteilhaften Ausgestaltung
kann die Abhängigkeit
des Reibwertes vom Fahrbahnzustand einbezogen werden, indem die Verzögerungsschwelle
entsprechend variiert wird.
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Alternativ
oder ergänzend
kann in Schritt S4 überprüft werden,
wie weit die vorliegende Verzögerung
DEC2 von der benötigten
Mindestverzögerung DEC2
min entfernt ist. Es wird abgefragt, ob die Differenz aus der vorliegenden
Eigenverzögerung DEC2
des zweiten Fahrzeugs 2 und der benötigten Mindestverzögerung DEC2
min und eine positive zweite Mindestverzögerungsschwelle Schwelle_4 unterschreitet.
Dies ist gleichbedeutend mit der Prüfung, ob DEC2 < DEC2 min + Schwelle_4
gilt. Der Schwelle_4 kommt damit die Bedeutung einer Sicherheitsmarge
zu. Wird die Abfrage bejaht, dann reicht die vorliegende Verzögerung nicht
aus und es droht ein Heckaufprall. Wird die Abfrage verneint, dann
ist die Verzögerung
bereits ausreichend und ein Heckaufprall kann ausgeschlossen werden,
das Verfahren springt zu S1.
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In
der Ausgestaltung c) gilt insgesamt, dass wenn die Abfragen verneint
werden, der Fahrzeugführer
des zweiten Fahrzeugs zumindest noch die Möglichkeit hat durch ein entschiedenes
Bremsmanöver
den Aufprall zu vermeiden, so dass in diesem Fall nicht auf einen
zwingend drohenden Heckaufprall geschlossen wird. Werden hingegen
die Abfragen bejaht, ist dies gleichbedeutend damit, dass ein erfolgreiches
Bremsmanöver
die physikalischen oder physiologischen Belastungsgrenzen überschreitet oder
die eingeleitete Verzögerung
unzureichend ist. Daher ist in diesem Fall ein Heckaufprall nicht
ausgeschlossen, so dass ein drohender Heckaufprall erkannt wird
und Maßnahmen
wie in Schritt S7 getroffen werden, z.B. eine Warnung ausgegeben
wird.
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Die
verschiedenen Ausgestaltungen a), b) und c) können jede für sich oder in Kombination
umgesetzt werden. Die Werte der auf das zweite Fahrzeug bezogenen
Verzögerung
sind je nach Ausgestaltung unterschiedliche schnell zu berechnen
und verfügbar.
So ist die Relativverzögerung
DEC_rel in Ausgestaltung a) schnell berechenbar, während die Eigenverzögerung DEC_2
des zweiten Fahrzeugs in der Ausgestaltung b) mindestens einen zusätzlichen Schritt
erfordert und die Berechnung der Mindestverzögerung DEC_min in der Ausgestaltung
c) einen aufwendigeren Algorithmus erforderlich macht. Daher ist
eine Ausgestaltung sinnvoll, bei der die Abfragen gemäß der Ausgestaltungen
a), b), c) in dieser Reihenfolgen auf ein einander folgen, damit
die schneller verfügbaren
Werte zuerst abgeprüft
werde.
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In
einer vorteilhaften Weiterbildung wird jedoch in Folgeschritten
noch weiter geprüft,
ob der Aufprall nicht doch noch vermeidbar ist, um eine unnötige Falschwarnung
zu unterdrücken.
Im Anschluss an eine der geschilderten Vorbewertungen wird anhand
möglicher
Ausweichtrajektorien geprüft, ob
ein Ausweichmanöver
gefahrlos möglich
ist. Damit wird berücksichtigt,
dass der Führer
des zweiten Fahrzeugs (2) einen Heckaufprall auch dadurch
verhindern kann, dass er durch einen Lenkeingriff dem vorausfahrenden
Fahrzeug ausweichen und dieses überholen
kann. Dies ist auch noch möglich,
wenn ein Bremseingriff einen Aufprall nicht mehr vermeiden kann.
Die Abfrage nach gefahrlosen Ausweichtrajektorien ergänzt auch
vorteilhaft die voran stehend beschriebene Abfrage, welche darauf
abzielt ein geplantes Überholmanöver des
zweiten Fahrzeugs zu identifizieren und in diesem Fall z.B. eine
Warnung zu unterdrücken
In Schritt S5 werden mögliche
Ausweichtrajektorien berechnet, das sind alle Trajektorie, die das
erste Fahrzeug umfahren, in einen Parallelfahrt münden und
die Fahrbahn nicht verlassen. Für jede
Ausweichtrajektorie wird eine resultierende Querbeschleunigung ermittelt.
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In
Schritt S6 werden die Trajektorien hinsichtlich der resultierenden
Querbeschleunigungen bewertet, indem sie mit einer Querbeschleunigungsschwelle
verglichen werden. Solange eine der Ausweichtrajektorien eine Querbeschleunigungsschwelle
nicht überschreitet,
liegt nicht zwingend ein drohender Aufprall vor und das Verfahren
beginnt erneut bei Schritt S1. Wird jedoch für alle Ausweichtrajektorien
die Querbeschleunigungsschwelle überschritten, so
kann der Aufprall nicht ausgeschlossen werden und das Verfahren
geht zu Schritt S7 über.
Ein typischer Wert für
die maximal zulässige
Querbeschleunigung bei einem Ausweichmanöver liegt bei 4m/s2.
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In
Schritt S7 ist das Verfahren beendet, es wird die Information ausgegeben,
dass ein Heckaufprall droht. Als Folge dieser Entscheidung wird
z.B. eine Warnung ausgegeben.
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Bei
der Berechnung der Ausweichtrajektorien kann die Position des zweiten
Fahrzeugs nicht nur in Längs-
sondern auch in Querrichtung relativ zum ersten Fahrzeug berücksichtigt
werden. Auch kann der Straßenverlauf
anhand von abgespeicherten digitalen Karten oder anhand einer die
Spur erkennenden Auswertung von Daten einer Kamera, insbesondere
auch einer Rückfahrkamera
einbezogen werden. Es kann auch der eingestellte Kurs des ersten oder
des zweiten Fahrzeugs berücksichtigt
werden, z.B. anhand der bisher zurückgelegten Trajektorie.
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Die
gewählten
Schwellwerte können
unterschiedlich je nach aktuellem Reibwert gestaltet werden. So
kann z.B. das Signal des Regensensors integriert werden und bei
Regen die Schwellwerte entsprechend korrigiert werden, um den Reibwert
nach unten anzupassen.
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Ausgelöst durch
Schritt S7 wird als Warnung W z.B. eine akustische und/oder optische
Warnung W1 bzw. W2 an das zweite Fahrzeug 2 übermittelt, vorzugsweise
durch ein Hupsignal, ein Einschalten und/oder verstärktes Leuchten
der Bremsleuchten und/oder durch Einschalten der Warnblinkanlage.
Als eine weitere Maßnahme
im Anschluss an S7 kann beispielsweise eine haptische und/oder optische und/oder
akustische fahrzeuginterne Warnung W3 an den Fahrer des ersten Fahrzeugs 1 übermittelt werden.
Dies kann beispielsweise durch einen Warnton und eine Warnlampe
im Innenraum in Verbindung mit einer reversiblen Warnstraffung eines
Gurtstraffers des Fahrers geschehen. Außerdem kann als weitere Maßnahme zunächst ein
vorderer Abstand zu einem nicht näher dargestellten, dritten,
vorausfahrenden Fahrzeug erfasst werden und anschließend die
Relativgeschwindigkeit vrel zu dem zweiten Fahrzeug 2 verringert
werden, falls der vordere Abstand größer als ein vorgebbarer Mindestabstand
ist. Die Relativgeschwindigkeit vrel wird
beispielsweise verringert, indem ein Bremsmoment des ersten Fahrzeugs 1 vor
dem Aufprall verringert wird oder das erste Fahrzeug durch einen
Eingriff des Motorsteuergerätes
beschleunigt wird. Bei drohendem Heckaufprall können auch präventive
Maßnahmen
im ersten Fahrzeug ausgelöst
werden wie die Aktivierung eines Gurtstraffer, ein Anpassen der
Positionen der Kopfstützen
und/oder der Position des Sitzes. Außerdem können die Seitenscheiben automatisch
geschlossen werden.