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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines glaskeramischen Verbundformkörpers, im Einzelnen mit den Merkmalen aus dem Oberbegriff des Anspruchs 1.
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Glaskeramische Verbundformkörper sind in einer Vielzahl unterschiedlichster Ausführungen hinsichtlich der Zusammensetzung und ihrer Geometrien aus dem Stand der Technik bekannt. Diese werden durch Bondingprozesse, insbesondere Tieftemperaturschweißverfahren gebildet. Das Verfahren erfordert jedoch hohe Oberflächengüten der miteinander zu fügenden Kompartimente und die genaue Einhaltung eines bestimmten Temperatur-Heizraten-Regimes. Dabei besteht nur die Möglichkeit, chemisch zueinander passende Materialien zu fügen. Eine hohe Belastbarkeit und Spannungsfreiheit des entstehenden Verbundes ist nur bei annähernder Gleichheit der thermischen Ausdehnungskoeffizienten der zu fügenden Materialien gegeben. Die Toleranz beträgt üblicherweise weniger als 0,2 ppm/K. Das Tieftemperaturschweißen findet ferner üblicherweise im Temperaturbereich des viskos-elastischen Verhaltens der Gläser oder Glaskeramiken mit langen Haltezeiten von beispielsweise 1 h statt, d. h. bei Temperaturen, die einer Viskosität von log η/dPas > 10 entsprechen. Ein derartiges Verfahren ist dabei durch eine lange Prozessdauer sowie hohen Energieverbrauch charakterisiert. Demgegenüber finden Diffusionsschweißvorgänge bei Metallen bei dem 0,6 bis 0,8-fachen der Schmelztemperatur statt, also im festen Zustand des zu fügenden Materials und unter gleichzeitiger Aufbringung von Druck. Dies gilt in Analogie gemäß
US 5846683 für anorganisch kristalline Materialien.
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Die Druckschrift
EP 1375442 A1 offenbart ein Verfahren zum direkten Verbinden und Kristallisieren von Glas, wobei nur chemisch identisch zusammengesetzte Materialien miteinander verbunden werden. Dabei ist eine hohe Oberflächengüte der miteinander zu verbindenden Materialien unerlässlich. Um mit geringeren Oberflächengüten auskommen zu können, ist eine zusätzliche Temperaturbehandlung in Form eines Temperschrittes bis auf Temperaturen in Höhe der Transformationstemperatur Tg der Gläser vorgesehen.
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Aus
JP 020640341 A ist ein thermisches Hochpräzisionsbonden von Lithiumdisilikatglaskeramik an Ferrite bekannt. Bei diesen handelt es um Materialien mit hoher thermischer Ausdehnung CTE > 11 ppm/K.
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Weitere Möglichkeiten des Bondens von kristallisierbaren Gläsern zu Glaskeramikformkörpern sind in den Druckschriften
GB 1167895 A ,
GB 1167896 A und
GB 1167897 A beschrieben. Diese offenbaren mögliche Verbindungen glasiger Kompartimente, insbesondere in Scheibenform miteinander. Bei einem Verfahren gemäß
GB 1167895 A werden zwei scheibenförmige Elemente eines Glaskeramikausgangsglases einander überlappend unter Zwischenfügen einer Zwischenlage aus artgleichem Material angeordnet und auf Temperaturen erhitzt und gehalten, bei welchen das Glas durch eine Viskosität von log η/dPas ≥ 7 bis einschließlich 9 charakterisiert ist, um einen Diffusionsverbund zu erzeugen. Im Anschluss daran wird der so entstandene Verbund auf die optimale Keimbildungstemperatur abgekühlt, eine bestimmte Zeitdauer auf dieser Temperatur gehalten und erneut auf eine höhere Temperatur erhitzt, um die Kristallisation durchzuführen.
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Demgegenüber beschreibt
GB 1167897 A ein Verfahren zum Verbinden scheibenförmiger Körper aus chemisch gleich zusammengesetzten Ausgangsgläsern für Glaskeramik zu einem nach der Verbindung vorliegenden glasigen Verbundkörper durch Erwärmung auf Glastransformationstemperatur Tg und nachfolgend mittels Heizraten > 10 K/min auf Temperaturen, die einer Viskosität von log η/dPas ≥ 7 bis einschließlich 9 entsprechen, wobei das Bonden vonstatten geht. An diese Erwärmung schließt sich eine Abkühlphase auf Temperaturen an, die durch eine Viskosität von log η/dPas = 10 charakterisiert sind, wobei die Abkühlung derart schnell erfolgt, dass eine Kristallisation vollständig vermieden wird.
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Aus
GB 1167896 A ist das Bonden glasiger Kompartimente über sehr lange Zeiträume bei Temperaturen, bei welchen das Glas eine Viskosität von log η/dPas = 10 bis 14 aufweist und gleichzeitig die Keimbildung erfolgt, der sich die Kristallausscheidung bei höherer Temperatur anschließt, vorbekannt.
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US 3514275 A offenbart zwei Verfahren zur Herstellung eines Leichtgewichtspiegelträgers aus Glas oder Glaskeramik durch Bonden von Einzelteilen in Form von glasigen Kompartimenten. Die Einzelteile sind als Hohlkörper ausgeführt, welche an mindestens einer ihrer Stirnseiten eine Öffnung aufweisen, und seitlich aneinander gebondet werden, indem gemäß einer ersten Ausführung die einzelnen glasigen Kompartimente auf eine Temperatur erhitzt werden, bei denen das Glas plastisch zu fließen beginnt und sich somit mit den jeweiligen benachbart angeordneten glasigen Kompartimenten unter Bildung eines Verbundkörpers verbindet, aber noch nicht kristallisiert. Die Kristallisation erfolgt anschließend in einem zweiten Verfahrensschritt, indem der gesamte glasige Verbundkörper auf Temperaturen erhitzt wird, bei welchen eine Keimausscheidung und Kristallisation erfolgt. Gemäß einer zweiten Ausführung werden die glasigen Kompartimente zuerst einzeln keramisiert. Die Glaskeramikteile werden anschließend auf eine Temperatur gebracht, bei welcher diese sich mit den jeweiligen Nachbarkompartimenten verbinden.
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Ein ähnlicher Keramisierungsverlauf gemäß dem ersten Lösungsprinzip aus der
US 3514275 A wird zur Herstellung glaskeramischer Verbundkörper aus einem Rohrbündel dünner Glasröhren mit sechseckigen Kanalöffnungsquerschnitt verwendet, wie in
DE 2119771 C3 beschrieben. Die Verschmelzung der Glaskeramik erfolgt dabei gleichzeitig mit der Keimbildung bei Temperaturen oberhalb des oberen Kühlpunktes OKP, unter welchem die Temperatur verstanden wird, bei welcher die Viskosität des Glases log η/dPas = 13 beträgt, genauer zwischen [OKP + 28 K] und [OKP + 140 K]. Der so erzeugte Verbund wird mit mindestens 0,47 K/min auf Temperaturen zwischen [OKP + 110 K] und > [OKP + 140 K] erhitzt, wobei die Kristallisation stattfindet. Die glasigen Kompartimente werden dabei mit einer geeigneten Geschwindigkeit, welche zu keinem unzulässig hohen Temperaturwechsel führt, bis zu einem Temperaturbereich, welcher im Bereich der maximalen Kristallkeimbildung des Glases liegt, erwärmt. Dabei erfolgt während der Erwärmung sowohl die Verschmelzung als auch die Kristallkeimbildung. Die Kristallisation wird in irgendeinem der Temperaturbereiche durchgeführt, der oberhalb der Keimbildungs-Aufweitungs-Verschmelzungstemperatur und der oberen Liquidustemperatur Ti liegt. Die Verschmelzung erfolgt dabei begleitend zur Kristallisation durch Verformung der einzelnen glasigen Kompartimente. Dabei wird davon ausgegangen, dass zur Erzielung einer merklichen Formänderung während der Keramisierung die Temperatur nicht zu langsam anzuheben ist. Nachteilig bei diesem Verfahren gestaltet sich die nicht gegebene Formkonstanz gegenüber dem Ausgangsmaterial, welche für eine Vielzahl von Anwendungen inakzeptabel ist, insbesondere wenn Formkörper geschaffen werden sollen, welche stark an Einbaumaße der gewählten Anwendung gebunden sind.
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Aus der
DE 30 22 697 C2 ist ein Verfahren zur Herstellung glaskeramischer Verbundkörper aus einer Glasschmelze und einem zu umhüllenden Einsatz bekannt geworden.
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Der physikalische Ablauf der Formgebung ist auf den Seiten 7–8 in „Glaskeramische Fabrikationsfelder”, herausgegeben von Hans Jebsen-Marwald und Rolf Brückner, Springer-Verlag, 1980, beschrieben.
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Die Ausführungen aus dem Stand der Technik sind durch unterschiedliche Ansätze geprägt, die sich entweder auf die Verbindung bereits keramisierter Glaselemente, eine Verbindung von Einzelkompartimenten zu einem glasigen Verbundkörper mit anschließender Keramisierung oder aber der Realisierung eines Verbundes, beispielsweise während der Keimbildung und Kristallisation beziehen. Diese gestalten sich im Hinblick auf die Verfahrensdauer und Prozesssteuerung sehr aufwendig und energieintensiv aufgrund der oft langen erforderlichen Haltezeiten.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Herstellung einer stoffschlüssigen Verbindung von Formteilen aus Glas, insbesondere Ausgangsglas oder Grünglas einer Glaskeramik frei von zusätzlichen Materialien zu entwickeln, bei welchem die genannten Nachteile aus dem Stand der Technik vermieden werden, insbesondere die Form der miteinander zu verbindenden Einzelkompartimente nach dem Zusammenschluss weitgehend mit der Ausgangsform übereinstimmt, die Prozessdauer erheblich verkürzt wird und durch einen geringeren Energieeintrag charakterisiert ist.
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Die erfindungsgemäße Lösung ist durch die Merkmale des Anspruchs 1 charakterisiert. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind in den Unteransprüchen beschrieben.
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Zur Herstellung eines glaskeramischen Verbundformkörpers aus mindestens zwei glasigen Kompartimenten, d. h. glasigen Formkörpern durch Fügen, insbesondere Bonden, werden die glasigen Kompartimente im Fügebereich einander überlappend unter Berührung ihrer miteinander zu verbindenden Fügeflächen angeordnet und in einer Keimbildungsphase auf eine Temperatur T2 oberhalb der Glastransformationstemperatur Tg, bei welcher Kristallisationskeime ausgeschieden werden, aufgeheizt und anschließend unter Wärmebehandlung in einer Kristallisationsphase kristallisiert. Die zu fügenden glasigen und optimal vorgekeimten Kompartimente verbinden sich im Bereich ihrer Fügeflächen dabei miteinander stoffschlüssig unter Bildung eines Diffusionsverbundes aufgrund des während der Kristallisationsphase herrschenden Zustandes des viskosen Fließens.
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Erfindungsgemäß wird somit ein ohnehin zur Keramisierung erforderlicher Verfahrensschritt gleichzeitig gezielt zum Bonden eingesetzt, so dass die hier eingestellten Verfahrensparameter auch die Eigenschaften der Verbindung bestimmen. Ferner kann auf die im Stand der Technik zusätzlichen Maßnahmen, welche durch zusätzliche Verfahrensschritte, wie nochmaliges Erwärmen und ähnliches charakterisiert sind, verzichtet werden. Die Prozessdauer kann somit erheblich verkürzt werden. Dazu wird mit Abschluss der Keimbildungsphase oder mit Beginn der Kristallausscheidung in der Kristallisationsphase eine Heizrampe angelegt, deren Anstieg bzw. Steilheit in Abhängigkeit eines gewünschten zeitlichen Verlaufs und der Stärke des Viskositätsabfalls der zu fügenden Materialien gewählt wird. Der Anstieg der Heizrampe beträgt dabei vorzugsweise > 1 K/min, insbesondere bevorzugt > 5 K/min, ganz besonders bevorzugt > 7,5 K/min.
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Die erfindungsgemäße Lösung nutzt bei der Herstellung einer festen Verbindung von Formteilen aus Ausgangs- oder Grünglas einer Glaskeramik das viskose Fließen eines optimal vorgekeimten glasigen Materials beim Übergang zur Glaskeramik, d. h. im Kristallisationsbereich, gezielt zum Bonden, insbesondere der Realisierung einer stoffschlüssigen Verbindung aus. Durch das Anlegen einer steilen Heizrampe im sich an den Keimbildungsbereich anschließenden Kristallisationsbereich wird das Auflösen von Keimen vermindert. Die steile Heizrampe dient ferner der kurzzeitigen Kompensation des Viskositätsanstieges im Kristallisationsbereich durch das Ausscheiden und Wachstum von Kristallen und die chemische Veränderung der Restglasphase. So kann das viskose Fließen einige Minuten länger zum Ineinanderfließen der sich berührenden Flächenbereiche an den zu fügenden Kompartimenten bzw. zur Ausbildung des Diffusionsverbundes dazwischen ausgenutzt werden. Aufgrund des optimalen Vorkeimzustandes erfolgt die Kristallisation optimal hinsichtlich des Kristallphasengehaltes, der Kristallitgröße und der daraus resultierenden Eigenschaften, z. B. thermischen Ausdehnung und Transparenz. Ferner werden bedingt durch die geringeren Viskositäten während des Bondens auch geringere Anforderungen an die Güte der zu fügenden Oberflächen gestellt, als bei herkömmlichen Verfahren. So kann eine Feuerpolitur-, Press- oder Walzoberflächengüte als ausreichend angesehen werden.
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Der erfindungsgemäße Verbund erfolgt aufgrund der vorgesehenen Verfahrensschritte nahezu formkonstant, d. h. die Form der glasigen Kompartimente stimmt nach Verbindung zum Verbundformkörper und der erfolgten Keramisierung weitestgehend mit der Ausgangsform bzw. Geometrie überein.
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Die stoffschlüssige Verbindung wird dabei vorzugsweise anders als bei herkömmlichen Diffusionsverbindungen frei von zusätzlich mittels einer Druckquelle aufgebrachtem Druck erzeugt, so dass hierdurch keine Beeinflussung der Form der Kompartimente gegeben ist. Besonders vorteilhaft wird jedoch der durch das Eigengewicht bedingte Druck eines der Kompartimente zur Verfestigung der Verbindung genutzt. Dazu werden die glasigen Kompartimente in der Ausgangsposition in vertikaler Richtung übereinander angeordnet, wobei das Kompartiment mit dem größeren Eigengewicht vorzugsweise oben angeordnet wird.
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Die stoffschlüssige Verbindung zwischen den miteinander zu fügenden glasigen Kompartimenten wird frei von Verbindungszusätzen gebildet, so dass keine Beeinflussung der Eigenschaften in der Verbindungszone durch artfremde Materialien gegeben ist.
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Das erfindungsgemäße Verfahren lässt sich insbesondere auf Ausgangsgläser für Glaskeramiken des Lithium-Aluminium-Silikat-Types, sogenannte LAS-Glaskeramiken, des Magnesium/Zink-Aluminium-Silikat-Types, sogenannte MAS- bzw. ZAS-Glaskeramiken, oder Mischformen der Systeme anwenden. Dabei sollen die Ausdehnungskoeffizienten der resultierenden Glaskeramiken im Temperaturbereich von 30°C bis 300°C 8 ppm/K nicht übersteigen, denn ansonsten treten während der Abkühlung auf Raumtemperatur im Bereich der Fügeflächen so hohe Spannungen auf, dass sie den Verbund zerstören können. Es wurde ferner beobachtet, dass auf erfindungsgemäße Art und Weise auch Verbunde von Glaskeramiken mit Gläsern vom Alumosilikattyp oder mit amorphem Siliziumoxid, sogenanntes Kieselglas, zustande kommen.
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Die Erwärmung in der Keimbildungsphase erfolgt auf eine Temperatur T2, die einer Viskosität log η/dPas > 10, vorzugsweise > 10 bis einschließlich 14 entspricht. Diese ermöglicht eine optimale Keimbildung. Die Haltezeit beträgt abhängig von der chemischen Zusammensetzung der Ausgangsgläser und der Gewünschten Eigenschaften der Glaskeramik einige Minuten bis mehrere Stunden, wobei 15 min. bis 60 min. bevorzugt sind.
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Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren ist es möglich, komplex geformte glaskeramische Verbundformkörper herzustellen. Die diesem zugrunde liegenden glasigen Kompartimente können sich dabei
- – in der Zusammensetzung ihres Ausgangsglases und/oder
- – in der Geometrie
voneinander unterscheiden. Eine besonders vorteilhafte Anwendung des Verfahrens erfolgt zur Herstellung hermetisch dichter und druckdichter Verbundformkörper.
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Diese werden aus einem ersten glasigen Kompartiment in Form eines einseitig offenen Hohlkörpers und einem zweiten glasigen Kompartiment gebildet. Das zweite dient zum hermetisch dichten und druckdichten Verschließen der Öffnung des Hohlkörpers unter Bildung eines glaskeramischen Verbundformkörpers in Form eines Verbundhohlkörpers.
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Gemäß einer besonders vorteilhaften Ausführung werden jedoch glasige Kompartimente mit kongruenter Viskositäts-/Temperaturcharakteristik und/oder einer hohen gegenseitigen Benetzbarkeit bei Viskositäten der entstehenden Glaskeramik im Bereich log η/dPas von einschließlich 8 bis einschließlich 10 gefügt.
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Um eine spannungsarme und hoch beanspruchbare Verbindung zu gewährleisten, werden vorzugsweise glasige Kompartimente mit einer thermischen Ausdehnung CTE < 8 ppm/K und möglichst gleicher oder annähernd gleicher thermischer Ausdehnung gefügt.
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Gemäß einer besonders vorteilhaften Weiterentwicklung kann das erfindungsgemäße Verfahren neben der Verbindung der glasigen Kompartimente selbst zusätzlich auch zur Verbindung zumindest eines der glasigen Kompartimente mit einem Metallelement genutzt werden. Dabei wird jedoch ein Metallelement verwendet, welches vorzugsweise eine gleiche oder geringfügig abweichende thermische Ausdehnung wie das jeweilige glasige Kompartiment aufweist.
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Die erfindungsgemäße Lösung wird nachfolgend anhand von Figuren erläutert. Darin ist im Einzelnen folgendes dargestellt:
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1 verdeutlicht in schematisiert vereinfachter Darstellung die Abfolge der Verfahrensschritte eines erfindungsgemäßen Verfahrens;
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2 verdeutlicht allgemein anhand eines Diagramms die Abhängigkeit der Viskosität eines Glases von der Temperatur
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3 verdeutlicht anhand von Diagrammen die thermomechanischen Vorgänge während der Keramisierung.
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4 verdeutlicht eine Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Herstellung eines Verbundhohlkörpers;
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Die 1 verdeutlicht in schematisiert vereinfachter Darstellung den Grundablauf eines erfindungsgemäßen Verfahrens zur Herstellung von glaskeramischen Verbundformkörpern 1 aus wenigstens zwei miteinander zu fügenden glasigen Kompartimenten 2 und 3, als welche glasige Formteile, insbesondere aus Ausgangs- oder Grünglas einer Glaskeramik verstanden werden. Diese können beliebig hinsichtlich ihrer Geometrie und der chemischen Zusammensetzung ihres Ausgangsglases ausgeführt sein. Die Verbindung erfolgt durch Stoffschluss. Jedes der glasigen Kompartimente 2, 3 weist jeweils wenigstens einen Flächenbereich auf, welcher als Fügefläche 4, 5 fungiert und über den die stoffschlüssige Verbindung erfolgen soll. Dazu werden die beiden glasigen Kompartimente 2 und 3 im Fügebereich 6 einander überlappend angeordnet, d. h. die Fügeflächen 4, 5 berühren sich. Unter Fügebereich 6 wird dabei der Bereich verstanden, welcher durch die direkte stoffschlüssige Verbindung beider glasiger Kompartimente 2 und 3 nach erfolgter Verbindung charakterisiert ist. Die glasigen Kompartimente 2, 3 werden zuerst in der Keimbildungsphase vorgekeimt. Diese werden dazu von einer Anfangstemperatur T1 auf eine Temperatur T2, welche oberhalb der Glastransformationstemperatur Tg liegt, aufgeheizt, bei welcher Kristallisationskeime ausgeschieden werden. Diese Temperatur T2 entspricht einer Viskosität log η/dPas > 10, vorzugsweise > 10 bis einschließlich 14. Das Glas wird zur Ausscheidung von Kristallisationskeimen bei dieser Temperatur T2 für eine Zeitdauer t gehalten, welche vorzugsweise auf maximale Keimbildnerausscheidung ausgelegt, jedoch zu kurz ist, um einen Diffusionsverbund zwischen den beiden aneinander anliegenden Flächenbereichen 4, 5 der glasigen Kompartimente 2, 3 zu erzielen. Die Haltezeit beträgt dabei abhängig von der Glaskeramik üblicherweise einige Minuten bis einige Stunden, wobei 15 bis 60 min. bevorzugt sind. Die so optimal vorgekeimten glasigen Kompartimente 2, 3 werden dann zur Kristallisation mit einer Heizrampe geheizt, welche im Bereich des Kristallisationspeaks sehr steil ist. Dadurch wird kurzzeitig der Viskositätsanstieg im Bereich der Kristallisation kompensiert, so dass das viskose Fließen zeitlich länger ausgenutzt werden kann, um die einander überlappend angeordneten und sich berührenden Fügeflächen 4, 5 quasi flüssig ineinander fließen zu lassen und somit einen Diffusionsverbund und damit einen einteiligen Verbundformkörper 1 zu ermöglichen. Die Viskosität des Glases kann dabei in bestimmten Grenzen im sich an den Keimbildungsbereich anschließenden Kristallisationsbereich als Funktion der Steilheit, d. h. des Anstieges der Heizrampe verändert werden, auch um die Form der glasigen Kompartimente 2, 3 außerhalb des Fügebereichs 6 nahezu konstant zu erhalten. Keimbildungs- und Kristallisationsphase verlaufen vorzugsweise nacheinander, d. h. nicht oder nur geringfügig überlappend.
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2 verdeutlicht schematisch den allgemein bekannten Verlauf 9 der Viskosität eines ausgewählten Glases in Abhängigkeit von der Temperatur. Viskoses Verhalten für Gläser und Glaskeramiken ist definiert im allgemeinen für Voskositäten von log η/dPas < 10,2, d. h. unterhalb des sogenannten „dilatometrischer Erweichungspunkt (EW) in 2. Die zugehörige Temperatur ist abhängig vom Glastyp und liegt beim dargestellten Glastyp oberhalb von ungefähr 820°C. Betreffend das allgemein bekannte Viskositätsverhalten von Glas in Abhängigkeit von der Temperatur wird auf Heinz G. Pfaender, Schott Guide to Glass, Chapmann S. Hall, 1992, S. 20–23 verwiesen.
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3 verdeutlicht anhand von Diagrammen die thermomechanischen Vorgänge während der Keramisierung einer Glaskeramik ausgehend von einer Glaskeramikgrundglaszusammensetzung gemäß Tabelle 1 in der Beschreibung.
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Aufgetragen ist die Zähigkeit η in dPas über der Temperatur T in °C, hier beispielhaft bei einer Heizrate von 5 K/min. Dieser zugeordnet ist das DTA-Diagramm 100, welches die Wärmeaufnahme oder -abgabe durch die Probe wiederspiegelt. Grau hinterlegt im Temperatur-/Zähigkeitsdiagramm ist der Bereich A des viskosen Fließens, der gezielt zum Bonden ausgenutzt wird. Deutlich erkennbar ist, dass mit Beginn der exothermen Kristallausscheidung, welche sich in einem starken Anstieg der DTA-Kurve 100 widerspiegelt, eine deutliche Verringerung der Viskosität 110 aufgrund der freiwerdenden Kristallisationswärme eintritt, wobei hier der Abfall um nahezu eine halbe Dekade von 109,5 Pas auf 109 Pas erfolgt. Durch die eintretende Verfestigung des Gefüges infolge der Kristallitbildung steigt diese wieder an, im gezeigten Beispiel innerhalb von 3 Minuten. Das Viskositätsminimum 120 zu Beginn der Kristallisationsphase kann gezielt durch die Steilheit der Heizrampe bestimmt bzw. beeinflusst werden, allgemein ist die Viskosität bzw. Zähigkeit dort umso kleiner, je steiler die Heizrate ist. Durch eine steile Heizrampe wird ferner der Viskositätsanstieg aufgrund fortschreitender Kristallisation zu höheren Temperaturen verschoben und der Zustand des viskosen Fließens ist zeitlich länger zur Erzeugung der Verbindung zwischen den beiden zu fügenden Kompartimenten ausnutzbar. Neben Güte und Ausmaß der Verbindung wird auch die Formhaltigkeit gegenüber der Ausgangsform durch die Zeitdauer des Fügens und somit durch die Heizrate bestimmt.
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Gemäß einer besonders vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird auf das Aufbringen eines zusätzliche Anpressdruckes durch externe Druckquellen verzichtet und nur der durch die Gewichtskraft der Kompartimente auf die zu fügenden Flächenbereiche beschreibbare Druck ausgenutzt. Dazu werden die Kompartimente 2, 3 in die in der 1 dargestellte Position verbracht, d. h. in vertikaler Richtung zumindest teilweise übereinander angeordnet. Dies bietet den Vorteil, dass die Formhaltigkeit des Verbundes nicht zusätzlich beeinflusst wird.
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4 verdeutlicht in schematisiert vereinfachter Darstellung die Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Herstellung eines glaskeramischen Verbundformkörpers 1 in Form eines hermetisch dichten und druckdichten einteiligen glaskeramischen Verbundhohlkörpers 7. Dieser besteht aus einem ersten glasigen Kompartiment 2 in Form einer Glaskappe 8, welche einen Hohlraum 9 bildet, der mittels einer flachen Glasplatte oder Glasscheibe 10 als zweites glasiges Kompartiment 3 durch das erfindungsgemäße Verfahren durch Verschließen der durch den Hohlraum 9 gebildeten Öffnung 11 verschließbar ist. Die Verbindung wird durch einen Diffusionsverbund an den Fügeflächen 5, 6 erzielt. Die Fügefläche 5 ist an der die Öffnung 11 aufweisenden Stirnseite 12 der Glaskappe 8 vorzugsweise kreisringförmig ausgebildet. Die Fügefläche 6 wird von einer Teilfläche, hier vorzugsweise einer Ringfläche im Bereich des Außendurchmessers gebildet. Durch den mit dem erfindungsgemäßen Verfahren vorgenommenen thermischen Bondingprozess verschmelzen die beiden Kompartimente 2, 3 im Fügebereich 6 miteinander und bilden somit unter Beibehaltung ihrer sonstigen Form den Verbundhohlkörper 7.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ist gemäß einer besonders vorteilhaften Anwendung auch zur Schaffung eines Verbundhohlkörpers 7 geeignet, bei welchem an mindestens einem der beiden Kompartimente 2 oder 3, hier am Kompartiment 3 eine Durchführung 13 eines Metallelementes 14 vorgesehen sein kann. Die Aufnahme des Metallelementes 14 kann formschlüssig, kraftschlüssig oder stoffschlüssig erfolgen. Das Metallelement 14 ist vorzugsweise als Hohlkörper, insbesondere Hohldraht ausgeführt. Bevorzugt wird ein Metallelement 14 mit der gleichen thermischen Ausdehnung wie das Glaskeramik-Ausgangsglas verwendet, beispielsweise aus den Metallen Mo, W oder einer KOVAR-Legierung. Während der thermischen Behandlung des Glases bis zum Einsetzen der Kristallisation dehnen sich dabei Glas und Metallelement in etwa mit demselben Ausdehnungskoeffizienten aus, da in einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung der lineare thermische Ausdehnungskoeffizient der Glaskeramikausgangsglaszusammensetzung, d. h. des Grünglases im Wesentlichen denselben Wert wie das Metall aufweist. Wird das Grünglas keramisiert, so schrumpft aufgrund des während der Kristallisation auftretenden Kristallisationsschrumpfs von ca. 2% die Glaskeramik auf das Metallelement 14 auf. Beim nachfolgenden Abkühlvorgang bleibt die Verbindung zwischen Metallelement 14 und dem Verbundhohlkörper 7 aufgrund der entstandenen Spannungsverhältnisse, welche als Funktion der Materialstärkeverhältnisse von Glaskeramik und Metallelement 14 beschreibbar sind, form- und kraftschlüssig hermetisch dicht.
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In einer speziellen Weiterbildung der bevorzugten Ausführungsform wird das Metallelement während der Kristallisation vom viskos-flüssigen Glas- bzw. Glaskeramikmaterial benetzt, wodurch sich eine hermetisch dichte form-, kraft- und zusätzlich stoffschlüssige Schmelzverbindung zwischen Glaskeramik und Metallelement 14 ausbildet.
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In einer besonders bevorzugten Ausführungsform ist das Metallelement bereits vor der Keramisierung hermetisch dicht und stoffschlüssig benetzend mit dem glasigen Kompartiment 3 verbunden. Diese stoffschlüssige Verbindung bleibt während des Keramisierungsvorganges erhalten, und die Hermetizität der Verbindung wird durch die form- und kraftschlusssteigernden Vorgänge durch den Keramisierungsschrumpf noch begünstigt.
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Gemäß einer weiteren Ausführung kann zwischen Metallelement 14 und Durchführung 13 ein Zwischenelement in Form eines Lotes vorgesehen werden, beispielsweise ein Ring aus vorgeformter Glasfritte, die während der thermischen Behandlung aufschmilzt, sowohl Metallelement 14 als auch Verbundhohlkörper 7 benetzt und miteinander hermetisch dicht verbindet. Vorzugsweise wird dies angewandt, wenn die thermischen Ausdehnungskoeffizienten von Glaskeramik und Metallelement 13 um mehr als 4 ppm/K differieren.
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Nachfolgend sollen Ausführungsbeispiele für die Erfindung beschrieben werden. In Tabelle 1 sind die Zusammensetzungen der Glaskeramikausgangsgläser wie sie in den Ausführungsbeispielen I bis VI gemäß Tabelle 2 eingesetzt werden, angegeben.
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Hierbei handelt es sich um Lithium-Aluminium-Silikatgläser.
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Neben den Zusammensetzungen der einzelnen Gläser ist auch der thermische Ausdehnungskoeffizient des Grünglases angegeben, der im Bereich von 3 bis 5 ppm/K liegt und damit im Wesentlichen mit dem thermischen Ausdehnungskoeffizient von beispielsweise Molybdän (Mo) von 4,8 bis 5 ppm/K oder Wolfram (W) von 4,5 ppm/K übereinstimmt.
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Beim ersten Ausführungsbeispiel, wie in Tabelle 2 angegeben, wird das plattenförmige Kompartiment 1 von einem Glas mit der Zusammensetzung GK-Glas 1 ausgebildet und das Kompartiment 2, das rohrförmige Form aufweist, von einem Glas mit der Zusammensetzung GK-Glas 2.
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Die beiden Gläser werden ausgehend von einer Keimbildungstemperatur von 750°C., bei der sie für 30 min. gehalten werden, mit einer Heizrampe von 15 K pro Minute auf die Temperatur T2 von 890°C aufgeheizt, bei der die Kristallisation für 35 Minuten durchgeführt wird. Es ergibt sich eine Druckdichtigkeit für Werte > 1,5 bar und eine Vakuumdichtigkeit von 310–10 mbar I s–1.
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Bei Ausführungsbeispiel 2 gemäß Tabelle 1 sind die Materialen für die Platte sowie das Rohr gleich gewählt wie im Ausführungsbeispiel 1. Im Unterschied zu Ausführungsbeispiel 1 wird aber die Kristallisation bei 890°C für 60 Min. durchgeführt.
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Bei Ausführungsbeispiel 3 wurde die Glaszusammensetzung für das 2. Kompartiment geändert und das 2. Kompartiment umfasst die Glaszusammensetzung GK-3, die Prozessparameter wurden wie in Beispiel 1 gewählt.
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Ausführungsbeispiel 4 unterscheidet sich von Ausführungsbeispiel 3 durch eine kürzere Kristallisationszeit von nur noch 35 Min. bei 890°C.
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Die Ausführungsbeispiele 5 und 6 wurden mit gleichen Materialien sowohl für das Kompartiment 1 wie für das Kompartiment 2 durchgeführt und unterscheiden sich im Wesentlichen durch die Größe der Kontaktflächen, die bei Ausführungsbeispiel 5 44,8 mm2 und bei Ausführungsbeispiel 6 32,5 mm2 beträgt.
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Bei den Glaszusammensetzungen gemäß Tabelle 1 die in den Ausführungsbeispielen 1 bis 6 gemäß Tabelle 2 verwandt wurde, erfolgte die Keramisierung erfindungsgemäß im Bereich des viskosen Fließens. Wie aus 3 hervorgeht, liegt dieser für die gewählten Ausgangsglaszusammensetzungen im Bereich von 790 bis 820°C.
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Die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Verbunde zeichnen sich durch eine hohe Druckdichtigkeit und hohe Vakuumdichtigkeit aus. Die Spannungen zwischen den Kompartimenten sind mit < 20 MPa ausreichend gering, so dass die resultierenden Verbundformkörper außerordentlich stabil sind. Tabelle 1 Zusammensetzungen der Glaskeramikausgangsgläser in den Ausführungsbeispielen I–VI:
Gew.-% | GK-Glas 1 | GK-Glas 2 | GK-Glas 3 |
SiO2 | 67,15 | 66,80 | 65,30 |
Al2O3 | 19,90 | 20,10 | 21,80 |
Li2O | 3,60 | 3,65 | 3,70 |
Na2O | 0,20 | 0,15 | 0,55 |
K2O | 0,20 | 0,20 | 0,00 |
MgO | 1,20 | 1,15 | 0,60 |
ZnO | 1,60 | 1,60 | 1,70 |
BaO | 0,90 | 0,85 | 2,00 |
TiO2 | 2,60 | 2,65 | 2,30 |
ZrO2 | 1,75 | 1,85 | 1,75 |
As2O3 | 0,90 | 1,00 | 0,30 |
Summe | 100 | 100 | 100 |
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Bezugszeichenliste
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- 1
- glaskeramischer Verbundformkörper
- 2
- glasiges Kompartiment
- 3
- glasiges Kompartiment
- 4
- Fügefläche
- 5
- Fügefläche
- 6
- Fügebereich
- 7
- Verbundhohlkörper
- 8
- Glaskappe
- 9
- Hohlraum
- 10
- Glasplatte oder Glasscheibe
- 11
- Öffnung
- 12
- Stirnseite
- 13
- Durchführung
- 14
- Metallelement