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Vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren und Vorrichtung zur Steuerung einer Bremsanlage in einem Kraftfahrzeug und eine Bremsanlage.
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In heutigen Kraftfahrzeugen müssen die Bremsanlagen bzw. Bremsen vielen unterschiedlichen Anforderungen und Ansprüchen genügen. Zum einen sollen zur Minimierung von Gewicht und Kosten Überdimensionierungen der Bremsen vermieden und möglichst einfache, preisgünstige Teile verwendet werden. Andererseits müssen die Bremsen so ausgebildet sein, dass sie in jedem Betriebszustand eine zuverlässige und möglichst hohe Funktionssicherheit bei bestmöglicher Bremswirkung gewährleisten, also insbesondere eine hohe Fahrzeugverzögerung.
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So können beispielsweise durch forcierte und kurzzeitig hintereinander eingeleitete, wiederholte Beschleunigungs- und nachfolgende Bremsvorgänge oder bei Berg- bzw. Bergabfahrten unter ständigem Bremsvordruck die Bremsentemperaturen rasch über einen kritischen Temperaturbereich hinaus ansteigen. Eine Überhitzung beispielsweise der Bremsscheiben einer Bremsanlage kann als Folge einer derartigen Dauerbeanspruchung mit schließlich eintretender Überlastung zu einer deutlich verminderten Bremsleistung und damit zu einem deutlich längeren Bremsweg führen. Konkret sind als Folgen der vorstehend beschriebenen Überlastung ein sog. Hochtemperatur-Fading der Bremsen mit Gasblasenbildung in der Bremsflüssigkeit infolge Überhitzung bekannt. Es wird also zumindest eine konstruktiv vorgegebene Bremswirkung beeinträchtigt. Die Funktionstüchtigkeit einer Fahrzeugbremse kann dabei jedoch auch Schaden nehmen, insbesondere durch:
- • die drohende Gefahr einer Rissbildung an Bremsbelägen und Bremsscheiben,
- • Scheibenschlag infolge von Wärmeverzug,
- • starken Abfall des Reibwertes zwischen Bremsbelag und Bremsscheibe,
- • Belagauftrag auf der Scheibe und dadurch Komfortprobleme, z. B. durch Bremsenrubbeln oder Lenkradschwingungen;
- • erhöhte Bremsbelagalterung infolge von Verglasung/Verhärtung bzw. Ausgasung der Bindemittel und beschleunigtem Abbau von Belagbestandteilen/Additiven,
- • beschleunigten Verschleiß,
um nur eine nicht abschließende Auswahl zu nennen.
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Zur Temperaturermittlung wurden in der Vergangenheit direkte Messverfahren vorgeschlagen, die z. B. auf direkt an einer jeweiligen Bremse verbaute Sensoren, insbesondere Thermoelemente, aufbauen, wie in der Lehre der
DE 31 27 302 C2 offenbart. Von einer derartigen direkten Messung einer Bremsentemperatur oder mehreren Bremsscheibentemperaturen an einem Kraftfahrzeug durch Verbau von Sensoren wird aufgrund des damit verbundenen Aufwands, der zusätzlichen Kosten und/oder Wartung bzw. Verschmutzung der zumeist kontaktbehafteten Temperatursensoren abgesehen.
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Mit dem rasch fortschreitenden Einsatz von Fahrstabilitäts-Regelsystemen u. ä. an Kraftfahrzeugen tritt noch das Problem einer über die Fahrzeugräder betrachtet teilweise sehr ungleich verteilten Belastung der jeweiligen Bremsanlagen auf. Selektive Bremseingriffe treten damit beispielsweise beim Kurvenfahren, aber auch in sonstigen Fahrsituationen zur Erhöhung der Fahrzeugstabilität ohne Eingriff eines Fahrers und i. d. R. auch ohne dessen Kenntnisnahme auf. Eine möglichst genaue Kenntnis der Bremsentemperaturen ist daher bei heutigen Kraftfahrzeugen von wachsender Wichtigkeit. Einerseits können bei Überschreitung von vorgegebenen Grenzwerten z. B. in Form von Fahrleistungsreduzierung, Verbot des Antriebs-Schlupf-Regelungs- bzw. ASR-Sperrmomentaufbaus auf μ-Split oder Active Cruise Control- bzw. ACC-Abschaltung bei Gefahr der Bremsenüberhitzung etc. geeignete Gegenmaßnahmen eingeleitet werden, um Bremsenüberhitzung bzw. -zerstörung zu verhindern. Andererseits können die Bremsentemperaturen auch als Eingangsgröße für andere Funktions- und Reglermodule im Fahrzeug verwendet werden, für die ebenfalls auf eine möglichst hohe Güte der Schätztemperaturen Wert gelegt wird. Ein Beispiel hierfür ist ein Bremsverschleißmodell, wie es z. B. in der
DE 100 29 238 A1 mit weiteren Randbedingungen offenbart ist. Ferner können Bremsentemperaturen noch in Sicherheitsüberwachungsfunktionen Eingang finden, wie z. B. in der
DE 43 29 918 A1 für ein Kraftfahrzeug mit Automatikgetriebe offenbart.
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Als ein Ansatz zur Abhilfe ist in heutigen Serienanlagen von Fahrzeugen, die z. B. mit Brems-, Traktions- oder Fahrstabilitätsregelsystemen unter den Bezeichnungen ABS, ASC, DSC, ESP, EHB, etc. der unterschiedlichen Hersteller ausgerüstet sind, zum Beispiel ein sog. Temperaturschätz- bzw. Temperaturrechenmodell zur Bestimmung der Bremsentemperaturen zu finden, anstelle von direkten Messverfahren. Ausgehend von eingehenden Bremsdrücken, die z. B. über eine verbaute Drucksensorik oder mittels Bremsdruckmodell ermittelt werden, wird unter etwaiger Zuhilfenahme von Außentemperatur und Radgeschwindigkeiten oder Fahrzeuggeschwindigkeit basierend auf einer vereinfachten, thermischen Energiebilanz die Temperatur der Bremsscheibe je Rad im laufenden Betrieb geschätzt. Berücksichtigt wird dabei z. B. die aufgebrachte Bremsleistung in Abhängigkeit von tribologischen, thermodynamischen und geometrischen Kenngrößen wie Konvektion und Wärmestrahlung.
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In einer separaten Vorrichtung wird ein entsprechendes Modell in der
DE 34 07 716 A1 offenbart. Bezogen auf die Bestimmung des Zustandes einer Bremsanlage wird ein derartiger Ansatz in der
DE 43 16 993 C2 weitergebildet, bei der auch eine überlagerte Abkühlung unter Annahme eines exponentiellen Abkühlverhaltens berücksichtigt wird.
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Die gattungsbildende
DE 101 50 276 A1 offenbart ein Verfahren zur Bestimmung der Temperatur einer Radbremseinrichtung eines Bremssystems, bei der auf einer fortlaufenden Berechung einer aktuellen Temperatur der Bremsscheibe aufbauend eine als vergleichsweise kritisch angesehene Temperatur eines zugehörigen Bremssattels ermittelt wird.
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Ein wesentlicher Schwachpunkt eines reinen, nicht sensorgestützten Temperatur-Schätzmodells der vorstehend beschriebenen Art ist in seiner Anlage als offener Integrator zu sehen. Ein Modellfehler in Form eines so genannten Offsets ist als Abweichung zwischen realen und errechneten Temperaturen an den Bremsscheiben eine nachteilige Folge dieser prinzipiellen Struktur. In starker Abhängigkeit von einer jeweiligen Fahrsituation kann so z. B. zu früh oder zu spät auf Überhitzung erkannt werden. Dabei nimmt der Offset im Sinne eines Modellfehlers mit der Laufzeit zu.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, ein Verfahren und eine Vorrichtung sowie eine Bremsanlage ausgehend von heutigen Bremsentemperaturmodellen bei Erhöhung der Schätzgenauigkeit zu schaffen.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen von Anspruch 1, durch eine Vorrichtung mit den Merkmalen von Anspruch 24 sowie durch eine Bremsanlage mit den Merkmalen von Anspruch 25 gelöst.
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Basis der Erfindung ist die Erkenntnis, dass insbesondere die Bildung eines betragsmäßig großen Offsets in hohem Maße zu der unzufriedenstellenden Schätzgenauigkeit bekannter Systeme ganz wesentlich beiträgt. Als Lösung der vorstehenden Aufgabe werden zur Herabsetzung dieses Offsets erfindungsgemäß bestimmte Fahrsituationen und/oder Betriebszustände hinsichtlich ihres Einflusses auf eine Temperaturentwicklung modelliert. Diese Ergebnisse werden dann zusammen mit einem jeweiligen Modell zur Temperatur-Abschätzung mit dem Ziel einer Offset-Minderung ausgewertet, wobei unter Rückgriff auf bereits im Kraftfahrzeug vorhandene Informationen und Signale die Güte des Modells verbessert wird. Durch bestimmte Fahrsituationen und/oder Betriebszustände werden erfindungsgemäß entsprechend häufig oder gar regelmäßig auftretende Fälle definiert, deren wesentlicher Einfluss auf die geschätzte Temperatur einer jeweiligen Bremsanlage zur Korrektur des gesamten Rechenmodells genutzt wird.
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Den vorteilhaften Merkmalen der Unteransprüche gemäss werden eine oder mehrere der nachfolgend konkretisierten Fahrsituationen und/oder Betriebszustände genauer betrachtet, vorteilhafterweise bei radindividueller Modellierung und Abschätzung der Temperatur:
- a) Korrigierende Berücksichtigung der Wechselwirkung zwischen Temperatur im Motorraum und den Bremsscheiben:
Hier wird eine Wärmeübertragung von einem höhertemperierten Motor in Richtung auf eine Bremse der nahe liegenden Räder zur Herabsetzung des entstehenden Modellfehlers bzw. Offsets bei laufendem Motor betrachtet. Dieser Fehler tritt insbesondere im unteren Geschwindigkeitsbereich auf, also beispielsweise bei Stausituationen, Bergab-, Pass- oder Serpentinenfahrten und insbesondere auch bei einem Einsatz der sog. Motorbremse während längeren Bergabfahrten. Zur Stützung finden im Kraftfahrzeug bereits vorhandene, externe Signale Eingang. Beispiele für solche externen Signale können u. a. Ein-/Ausgangstemperatur des Kühlwassers oder die Motoröltemperatur sein. Die Darstellung im Modell erfolgt in einer Ausführungsform der Erfindung durch Erweiterung bzw. Anpassung des zur Temperaturabschätzung genutzten Algorithmus zur mathematischen Berücksichtigung eines zusätzlichen thermischen Einflusses in Form von Wärmestrahlung. Die hier nur zwischen Motor und Fahrzeugbremsen betrachtete Wärmeübertragung kann natürlich grundsätzlich auch von anderen höher temperierten Fahrzeugbauteilen ausgehen, die fahrzeugabhängig eventuell in die Betrachtung mit einbezogen werden müssen. Beispiele hierfür sind u. a. Getriebe, Kupplung und Abgasstrang.
- b) Korrigierende Berücksichtigung des Einflusses durch Fahrbahnnässe bzw. bei einsetzendem Regen zur Herabsetzung des entstehenden Modellfehlers bzw. des Offsets während der Fahrt des Kraftfahrzeuges:
Dieser Fehler tritt insbesondere durch den Einfluss von Spritzwasser verstärkt an der Vorderachse auf, kann aber fahrzeugabhängig evtl. auch an den Fahrzeugbremsen der Hinterachse temperaturbeeinflussend sein. Im Ergebnis weisen bekannte Temperatur-Abschätzungen zu hohe Werte aus, da sie eine durch Nässe hervorgerufene Abkühlung nicht berücksichtigen.
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Zur Stützung dieses Betriebszustandes finden wiederum bereits vorhandene, externe Signale Eingang in ein nun erweitertes Modell. Beispiele für solche in einem Fahrzeug bereits vorhandene externe Signale sind:
- – Status einer Scheibenwischergeschwindigkeit an der Front- und eventuell auch Heckscheibe durch Auswertung einer jeweiligen Scheibenwischer-Schalterstellung bei Bedienung durch einen Fahrer,
- – Information eines Regensensors,
- – Signalinformation aus einem Feuchtigkeits- oder Luftfeuchtigkeitssensor,
- – Information eines sog. Bremsscheibenwischers, d. h. Auswerten einer Funktion zum zyklischen Trockenbremsen der Bremsscheiben bei Regen.
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Gegebenenfalls sind in einem Kraftfahrzeug noch andere interne oder externe Informationen über Intensität des Regens etc. verfügbar.
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Die Darstellung im Modell erfolgt hier durch Erweiterung bzw. Anpassung des Algorithmus für die Abkühlphase. Es ist dabei anzumerken, dass in zahlreichen Modellansätzen nach dem Stand der Technik eine dem Einbringen von Bremsleistung stets überlagerte Abkühlung im Stand und durch geschwindigkeitsabhängigen Fahrtwind gegen Außentemperatur nur mangelhaft abgebildet ist. Eine jeweilige Außentemperatur und zusätzliche Möglichkeiten zur Wärmeabstrahlung, die aus einem Vergleich einer Temperaturveränderung beispielsweise der Fahrzeugkarosse gegenüber einer herrschenden Außentemperatur ermittelt werden können, können nun bei einstellbarer Genauigkeit berücksichtigt werden.
- c) Korrigierende Berücksichtigung des Einflusses durch die Grundreibung zwischen Bremsscheibe und Bremsbelag im ungebremsten Zustand während der Fahrt:
Durch diesen Einfluss wird vor allem eine Aufheizung der Bremse hervorgerufen, wenn die Fahrzeugbremsen bei Fahrtbeginn noch kalt sind und durch die während der Fahrt verrichtete Reibarbeit infolge der Grundreibung bereits eine Aufheizung und auch eine Abnutzung stattfindet, da die Bremsbeläge i. d. R. auch bei gelöster Bremse immer leicht an den Bremsscheiben anliegen. Die Darstellung im Modell erfolgt durch Erweiterung bzw. Anpassung des Algorithmus für die Aufheizphase.
- d) Korrigierende Berücksichtigung des Einflusses in Abhängigkeit von der Klappenstellung einer Bremsklappenverstellung bzw. von Luftleiteinrichtungen im Kühlluft-/Anströmkanal der Fahrzeugbremsen während der Fahrt:
Hintergrund ist beispielsweise eine beabsichtigte Verbesserung des Luftwiderstands bzw. des sog. cw-Wertes und eine damit verbundene Verminderung von Emissionsgasen bzw. Kraftstoffverbrauch. Ein im Fahrbetrieb geschlossener Anströmkanal resultiert in einer geringeren Abkühlung der Bremsscheibe, als dies im geöffneten Zustand der Fall wäre. Als Eingangsinformation hierzu dient mindestens ein Signal der Bremsklappenstellung bzw. der Luftleiteinrichtungen, durch das z. B. die Stellungen offen/geschlossen oder auch Zwischenstellungen charakterisiert werden. Die Darstellung im Modell erfolgt durch Erweiterung bzw. Anpassung des Algorithmus für die Abkühlung infolge des Strömungseinflusses, der eine erzwungene Konvektion hervorruft.
- e) Korrigierende Berücksichtigung des Einflusses von Fading an der Bremsscheibe:
Fading-Einflüsse werden durch eine Art von oberflächlicher Verglasung infolge Überhitzung der tribologisch wirksamen Komponenten einer Bremsanlage verursacht. Durch diesen Einfluss zeigt ein bekanntes Modell eine stets höhere Temperatur an, als sie tatsächlich an der Bremsscheibe einer Bremsanlage vorhanden ist. Grund hierfür ist eine herabgesetzte Bremswirkung infolge eines verminderten Reibwerts zwischen Bremsbelag und Bremsscheibe, der als Ergebnis einer Aushärtung an der Bremsbelagoberfläche und/oder durch Bremsbelagauftrag auf der Bremsscheibe auftritt und Effekt eines auch als Verglasung bezeichneten Phänomens ist. Hierdurch ergibt sich real ein herabgesetzter Wärmeeintrag in Bremsbelag und Bremsscheibe.
Als Eingangsinformation können Abweichungen der tatsächlichen Fahrzeugbeschleunigung von einer im Fahrzeugmodell berechneten Beschleunigung dienen. In Weiterbildungen der Erfindung ist alternativ oder zusätzlich eine Nutzung von Signalgrößen vorhandener Assistenzsysteme vorgesehen, z. B. Bremsen-Temperatur-Modell BTM oder Fading-Kompensation bzw. Hydraulic Fading Support HFC oder Fadingunterstützung.
Die Darstellung im Modell erfolgt in jedem Fall durch Erweiterung bzw. Anpassung des Algorithmus, der hier die Aufheizphase betrifft.
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Gegenüber bekannten Temperaturschätzmodellen weist ein vorstehend beschriebener erfindungsgemäßer Ansatz den entscheidenden Vorteil einer Herabsetzung des auflaufenden Offsets bzw. Modellfehlers auf. Je nach Anwendungsfall sind modular Verbesserungen miteinander kombinierbar. Dies führt zu einer deutlich höheren Schätzgenauigkeit des Modells über eine verlängerte Modellaufzeit hinweg. Dabei erfolgt ein Rückgriff auf vorteilhafterweise in einem Fahrzeug bereits vorhandene Informationen und Signale. Die Güte des Modells wird damit nachhaltig verbessert, ohne dass kostenaufwendige Temperatursensoren unter zusätzlichem Zeitaufwand verbaut werden müssen. Auf Maßnahmen zur Vereinfachung durch eine Reihe von Annahmen und Definitionen wird unter Bezugnahme auf ein Ausführungsbeispiel zu jeder der vorstehend genannten Betriebs- und Fahrsituationen noch nachfolgend eingegangen.
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Eine erfindungsgemäß verbesserte Schätzgenauigkeit des Temperaturmodells wirkt sich direkt auf die Leistungsfähigkeit und Genauigkeit nachgeschalteter Systeme und Subsysteme aus. Bei derartigen Subsystemen, die eine Temperaturinformation als Eingangsinformation verwenden, handelt es sich z. B. um eine Fahrleistungsreduzierung als Bremsenschutzfunktion, Fadingunterstützung, Bremsbelagverschleißmodell, Hinterachsschutz bei ASC-Sperrenfunktion, Anfahrassistent, Bremsscheibentrockenbremsfunktion, Soft Stop-Funktion, Bremsenvorbefüllung, Adaptive Cruise Control usw.
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Weitere Vorteile eines erfindungsgemäßen Verfahrens, einer entsprechenden Vorrichtung sowie einer Bremsanlage, in der als komplexe Baueinheit eine erfindungsgemäße Vorrichtung enthalten ist, werden nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels mit Bezugnahme auf die Zeichnung näher beschrieben. Es zeigen:
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1: eine schematische Darstellung von vier Bremsanlagen in einem Kraftfahrzeug mit einigen der jeweils unterschiedlichen Einflussfaktoren für eine örtliche Temperaturentwicklung und
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2: eine Skizze eines erfindungsgemäß erweiterten Modells zur verbesserten Temperaturabschätzung am Beispiel der Bremsscheibe vorne links.
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Die Abbildung von 1 zeigt eine schematische Darstellung eines Kraftfahrzeugs 1 mit vier Bremsanlagen 2, 3, 4, 5, die in modernen Fahrzeugen zur Stabilisierung voneinander unabhängig angesteuert werden können. Weiter sind einige der jeweils unterschiedlichen Einflussfaktoren für eine örtliche Temperaturentwicklung einer Bremsentemperatur TBij mit i = v, h und j = r, l für vorne, hinten, rechts und links eingezeichnet. Ein Motorblock M liegt mit einer Getriebeeinheit G und einer Kupplung K vergleichsweise nahe der Vorderräder, so dass eine Beeinflussung der Bremsentemperaturen TBvl und TBvr durch eine zusammenfassend als TMotor angegebene Temperatur des Motorraums 6 erwartet werden kann. Über den Abgasstrang kann eine Temperatur TAB neben den Bremsanlagen 2, 3 der Vorderräder als Wert T'AB auch die Bremsanlagen 4, 5 der Hinterräder thermisch beeinflussen. Dieser Einfluss soll im vorliegenden Rahmen aber vernachlässigt werden. Weiter wäre u. a. eine Fahrzeug-Innenraumtemperatur TInnenraum, eine Temperatur der Fahrzeug-Karosserie TKarosse, eine Temperatur der Radreifen Trij zu betrachten. Ihr Beitrag zu einer Bremsanlagen-Temperatur ist jedoch aufgrund der vergleichsweise generell niedrig anzusetzenden Temperatur für eine Beeinflussung der Bremsentemperaturen vernachlässigbar.
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Es sind damit nachfolgend also schon aufgrund der geometrischen und konstruktiven Anordnung von Wärmequellen, insbesondere des Motorraums, und Wärmesenken innerhalb des Kraftfahrzeugs 1 die vier Bremsanlagen separat zu betrachten.
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Nach einem bestehenden Modell ergibt sich folgender Ansatz:
Die thermische Energie- bzw. Leistungsbilanz eines bestehenden Modells zur Schätzung der Bremsscheibentemperatur lautet allgemein: Q .Bremsscheibe = Q .Aufheizung – Q .Abkühlung
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Dadurch ergibt sich prinzipiell ein Energieeintrag Q .Bremsscheibe an der Bremsscheibe in Form von Wärmeenergie als Überlagerung von positiv in die Bilanz eingehenden, aufheizenden Anteilen Q .Aufheizung und dementsprechend negativ eingehenden, abkühlenden Anteilen Q .Abkühlung .
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Ein Beispiel für einen typischen Aufheizterm stellt der mechanische Bremseintrag aus dem Produkt von Bremsdruck am Rad p und Rad- oder Fahrzeuggeschwindigkeit v dar. Dabei erfolgt eine Gewichtung mit einem charakteristischen, achsspezifischen und i. A. empirisch zu ermittelnden Bremsparameter γ
0, der Abhängigkeiten von Volumen, Thermodynamik und tribologischen Einflüssen zusammenfassend beschreibt. Es gilt die Proportionalitätsbeziehung:
wobei die resultierende Temperaturzunahme ΔT
Aufheizung im augenblicklichen Rechenzeitschritt der Dauer Δt
Aufheizung einer Aufheizphase berechnet wird, wobei die Dauer des Zeitschritts Δt
Aufheizung eine gewichtete Taktung oder Abtastzeit des zeitdiskreten Regelalgorithmus darstellt. Diese Temperaturzunahme wird im Anschluss dem aktuellen Wert T
Bremsscheibe der geschätzten Bremsscheibentemperatur zugeschlagen.
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Typische Abkühlterme umfassen thermische Wärmeleitung bzw. Konduktion und Strahlung und Konvektion gegenüber der Außentemperatur T
Umgebung. Diese Nichtlinearitäten einer i. d. R. exponentiell verlaufenden Funktion werden oft vereinfachend in zweiter Ordnung durch Faktoren nach Art einer abgebrochenen Taylor-Reihenentwicklung angenähert, die ein durch den Parameter α
0 gekennzeichnetes lineares und ein durch den Parameter β
0 gekennzeichnetes quadratisches Abkühlverhalten wiedergeben, und zwar sowohl für Stillstand, als auch während der Fahrt. Es gilt:
wobei die resultierende Temperaturabnahme ΔT
Abkühlung im augenblicklichen Rechenzeitschritt der Dauer Δt
Abkühlung einer Abkühlphase berechnet wird. Es liegt durch den Parameter Δt
Abkühlung also eine gewichtete Taktung des zeitdiskreten Regelalgorithmus vor, über den eine erforderliche Auflösungsgenauigkeit einstellbar ist. Diese Temperaturabnahme wird im Anschluss dem aktuellen Wert T
Bremsscheibe der geschätzten Bremsscheibentemperatur abgezogen. Im vorliegenden Ausführungsbeispiel beträgt die Dauer des Zeitschritts Δt
Aufheizung etwa 20 ms, entsprechend ungefähr der Zeittaktung des Rechners. Hingegen wird die Dauer des Zeitschritts Δt
Abkühlung mit etwa 100 ms gewählt, also zu ungefähr dem Fünffachen eines hier gewählten Rechentakt-Schrittes.
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Erfindungsgemäß werden nun folgende fünf voneinander weitgehend unabhängige Erweiterungen eines Abschätzungsmodells für besondere Betriebszustände und Fahrsituationen vorgenommen, die nun im Detail vorgestellt werden:
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a) Wechselwirkung einer Bremsscheibentemperatur TBremsscheibe mit der Temperatur TMotor im Motorraum 6 als Signalgröße:
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Gemäß den vorstehenden prinzipiellen Erläuterungen zu der Basis bestehender Modelle ergibt sich resultierend eine funktionale Abhängigkeit der Form: Q .Bremsscheibe = Q .Aufheizung – Q .Abkühlung = f(TBremsscheibe – TUmgebung, p, v, α0, β0, γ0)
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Das bedeutet, dass die in einem erweiterten Modell resultierende, thermische Leistungsbilanz auf der Außentemperatur TUmgebung als Referenz fußt. Um nun den Einfluss der Motorabwärme TMotor oder vergleichbarer Wärmequellen auf die räumlich benachbart liegenden Bremsscheiben der Bremsanlagen der Vorderräder 2, 3 im bestehenden Modell vollständig abzubilden, muss eine neue Ersatzgröße T ~Umgebung mit T ~Umgebung := f(TMotor, TUmgebung) anstelle von TUmgebung gebildet werden, welche diese Abwärme geeignet beschreibt. Bei dem Signal TMotor handelt es sich nun beispielhaft um eine vorstehend beschriebene Eingangsgröße. Eine wesentliche Voraussetzung ist hierbei die korrekte Wiedergabe der variantenreichen, geometrisch-thermischen Verhältnisse inklusive effektiver Flächen in Kraftfahrzeug und Motorraum. Weil Rechenaufwand, Applikationsaufwand und Komplexität beherrschbar zu bleiben haben, wird von den folgenden, die Realität näherungsweise gut wiedergebenden Vereinfachungen ausgegangen:
- • Der dominierende Einfluss der Motorabwärme besteht in der thermischen Strahlung. Konvektion und Konduktion sind in ihrer vergleichbaren Auswirkung vernachlässigbar klein.
- • Die vorstehend eingeführte Ersatzgröße T ~Umgebung wird durch die Außentemperatur angenähert, also T ~Umgebung ≈ TUmgebung. Statt dessen erfolgt der Eintrag der Motorabwärme als aufheizende und damit in die Bilanz positiv eingehende Überlagerung Q .Aufheizung_Motor zusätzlich zum bestehenden Eintrag Q .Aufheizung:
- • Eine Motorabwärme oder vergleichbare Wärmequelle Q .Aufheizung_Motor weist nur einen Effekt im Sinne einer modellierten Aufheizung der nahe gelegenen Bremsscheibe auf, falls die Motortemperatur TMotor über der geschätzten Bremsscheibentemperatur TBremsscheibe liegt. Eine Aufheizung des Motors durch Abstrahlung an der Bremsscheibe wird also als unerheblich für den Modellzweck angesehen. Gleichzeitig wird vorausgesetzt, dass eine maximale Rad- oder Fahrzeuggeschwindigkeit vmax nicht überschritten wird, da sonst eine Kühlung durch den Fahrtwind überwiegen könnte.
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Die Temperaturzunahme infolge thermischer Strahlung Q .Strahlung lässt sich allgemein physikalisch beschreiben mittels: Q .Strahlung = AOberfläche·εRes·cs·(T 4 / Motor – T 4 / Bremsscheibe) := κ·(T 4 / Motor – T 4 / Bremsscheibe) in Abhängigkeit der vierten Potenz der Temperaturen. Darin beschreibt κ einen charakteristischen, achsspezifischen Faktor, der aus effektiver Oberfläche und Emissionskoeffizient zusammengesetzt ist.
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Gemäß den Erläuterungen zu dem bestehenden Modell ergibt sich resultierend eine positiv in die Bilanz eingehende dem bestehenden Modell zu überlagernde, funktionale Abhängigkeit der Form: Q .Aufheizung_Motor = Q .Strahlung·σ(TMotor – TBremsscheibe)·σ(vmax – v)
= κ·(T 4 / Motor – T 4 / Bremsscheibe)·σ(TMotor – TBremsscheibe)·σ(vmax – v)
= f(TMotor, TBremsscheibe, v, κ, vmax)
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Dabei stellt die Funktion
die kontinuierliche Einheits-Sprungfunktion zum Zeitpunkt t = t
0 dar. Sie trägt zur Abbildung der Nebenbedingungen bei. Generell wirkt Strahlung über den gesamten Geschwindigkeitsbereich. Ein wesentlicher Einfluss lässt sich jedoch nur in einem unteren Geschwindigkeitsbereich von unter etwa 20 km/h feststellen, also z. B. bei stockendem Innenstadt-Verkehr. Mit beispielsweise
vmax = 5 km / h erfolgt nur für
v ≤ vmax = 5 km / h wegen σ(v
max – v) ≡ 1 ein Beitrag
Q .Aufheizung_Motor = Q .Strahlung. Denn für
v > vmax = 5 km / h liefert mit σ(v
max – v) ≡ 0 der Term ebenfalls
Q .Aufheizung_Motor ≡ 0. In analoger weise wird
Q .Strahlung über den Term σ(T
Motor – T
Bremsscheibe) nur für T
Motor ≥ T
Bremsscheibe als Beitrag eingeblendet.
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Angebracht ist eine obere Beschränkung des Beitrages von Q .Aufheizung_Motor auf unter ca. 100°C, hier 50°C, um einen empirisch ermittelten Erfahrungswert aus der Praxis anzusetzen. Eine eventuelle Vereinfachung der Berechnung vierter Potenzen in Q .Aufheizung_Motor kann beispielsweise aus software-technischen Gründen mittels einer Näherung durch z. B. Potenzen des Grades zwei erzielt werden. Damit einhergehend lässt sich alternativ eine bereichsweise Umschaltung von z. B. Parameter κ zur Approximation des Verlaufs in vierter Potenz wählen.
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b) Einfluss bei Nässe:
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Zur Stützung mit Berücksichtigung von Kühlungseffekten wird ein internes Signal σNässe aus dem eingangs angegebenen verwendeten externen Signal für Regen wie folgt gebildet:
- • Erstmaliges Setzen von σNässe := 1, falls das externe Signal für Regen ununterbrochen bei laufendem Motor, beispielsweise minimale Drehzahl von 150 U/min, für wenigstens tMin anlag. tMin bezeichnet dabei eine Totzeit von unter fünf Minuten, hier beispielsweise zwei Minuten.
- • Sofortiges Rücksetzen von σNässe := 0, falls das externe Signal für Regen nicht länger anliegt oder der Motor nicht läuft.
- • Wiederholtes bzw. erneutes Setzen von σNässe := 1 ist erst nach einer Wartezeit tWartezeit möglich. Die Wartezeit tWartezeit wird mit unter zehn Minuten angesetzt, hier beispielsweise zu fünf Minuten. Es gelten dieselben Kriterien, wie sie für das einmalige Setzen definiert wurden.
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Es erfolgt der Eintrag der Nässe als abkühlende und damit negativ in die Bilanz eingehende Überlagerung
Q .Abkühlung_Nässe zusätzlich zum bestehenden Eintrag
Q .Abkühlung gemäß:
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Dieser Anteil berechnet sich analog zu Q .Bremsscheibe, fußend auf der Außentemperatur TUmgebung als Referenz. Um Rechenaufwand, Applikationsaufwand und Komplexität beherrschbar zu halten, wird der physikalische Vorgang, welcher einem i. d. R. nicht-linearen, ungefähr exponentiellem Abbauverhalten folgt, durch seine Taylorreihe um Entwicklungspunkt TUmgebung bis zur Ordnung zwei angenähert.
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Es resultiert eine Funktionalität vergleichbar
Q .Abkühlung, die mittels entsprechender Faktoren δ
0 ein lineares und ε
0 quadratisches Abkühlverhalten wiedergibt:
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Dabei übernimmt das interne Signal σNässe als multiplikativer Faktor die einblendende Abbildung der Nebenbedingungen ähnlich der Einheits-Sprungfunktion aus Teilaspekt a) des hier beschriebenen Ansatzes.
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Der Faktor in der zweiten Zeile sorgt mittels Einheits-Sprungfunktionen dafür, dass ein Beitrag von Q .Abkühlung_Nässe nur für Rad- oder Fahrzeuggeschwindigkeiten v innerhalb eines Auswerteintervalls zwischen vMin und vMax erfolgen darf. Dabei liegen die Werte für vMin in einem Intervall von 0 bis etwa 50 km/h, vorzugsweise wird in diesem Beispiel ein Wert von 30 km/h gewählt. vMax-Werte werden aus einem Intervall von 50 bis ca. 200 km/h gewählt, in diesen Ausführungsbeispiel wird vMax zu 150 km/h gewählt. Es ist also eine Art von Einblendfunktion mit der Bedingung vMin < vMax vorgesehen. Zudem wird mittels des Quotienten linear und anteilig abhängig von den Rad- oder Fahrzeuggeschwindigkeiten v gewichtet. Es wird also ein stärkerer Kühleffekt bei höherer Geschwindigkeit berücksichtigt. In der Folge kommt der Term in der Leistungsbilanz der modellierten Bremsscheibentemperatur erst bei v = vMax mit höherer Geschwindigkeit voll zum Tragen. Angebracht ist eine Beschränkung des Beitrages von Q .Abkühlung_Nässe auf unter 250°C, wobei hier ein Wert von maximal ca. 150°C gewählt wird, der einen praktischen, empirisch ermittelten Erfahrungswert bei intensiven Regenfällen darstellt.
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Verallgemeinernd sind für σNässe Zwischenstufen als Gewichtungsfaktoren denkbar, z. B. über Nässeintensität, der über einen Regensensor o. ä. gemessen oder Fahrervorgabe in Form einer jeweils gewählte Scheibenwischer-Stufe bestimmt wird.
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c) Einfluss durch Grundreibmoment der Bremse:
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Im ungebremsten Zustand wird während der Fahrt eine Aufheizung der kalten Bremse hervorgerufen infolge der durch die Grundreibung verrichtete Reibarbeit. Diese Reibarbeit kommt dadurch zustande, dass die Beläge nach dem Anfahren zunächst leicht an den Bremsscheiben solange anliegen, bis nach einiger Zeit bzw. nach Überschreiten einer bestimmten Rad- oder Fahrzeuggeschwindigkeit v und/oder Fahrzeugquerbeschleunigung ay ein sog. Lüftspiel auftritt. Werte für eine Fahrzeugquerbeschleunigung ay können im Hinblick auf diese Funktionalität mit ca. 10 m/s2 in Abhängigkeit einer jeweiligen Rad- oder Fahrzeuggeschwindigkeit v bei Kurvenfahrt abgeschätzt werden. Die Darstellung im Modell erfolgt durch Überhöhung der eigentlichen Umgebungstemperatur TUmgebung in Form einer Ersatzgröße T ~Umgebung(v, ay, tStart) ≥ TUmgebung in Abhängigkeit von der Rad- oder Fahrzeuggeschwindigkeit v und gegebenenfalls zusätzlich einer Zeit tStart seit Einschalten mittels Zündung.
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Darüber hinaus kann die Abhängigkeit der Reibkraft vom vorherrschenden Reibdruck p ~Reib des Bremsbelags an einer Radbremsscheibe abgebildet werden, wobei p ~Reib ebenfalls von v und tStart abhängen darf. Typische Werte sind z. B. p ~Reib ≈ 1 bar. Es ergibt sich somit eine Ersatzgröße T ~Umgebung(v, ay, p ~Reib, tStart) ≥ TUmgebung.
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Es wird wiederum eine geeignete Begrenzung dieses Einflussfaktors vorgesehen, wobei aus einem sinnvollen Wertebereich von unter 100°C hier ein Erfahrungswert von max. ca. 50°C Temperaturerhöhung zugrunde gelegt wird. Beispielsweise erfolgt nach einer Minute und/oder nach Überschreiten einer Rad- oder Fahrzeuggeschwindigkeit von ca. 45 m/s bis etwa 10 m/s vom Stillstand her im Sinne einer Minimumbildung keine weitere Anhebung von
T ~Umgebung(v, ay, tStart, p ~Reib) mehr:
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In einer einfach umzusetzenden Ausführungsform wird vorgeschlagen, die beschriebene Funktion des aufheizenden Beitrags
beispielsweise als rein lineare, gewichtete Abhängigkeit von v und t
Start realisieren.
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d) Einfluss durch schaltbare Bremsklappen oder sonstige Luftleitvorrichtungen:
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Neben einer Stellung φ eines gelenkten Rades in Abweichung von der Geradeausstellung und einer Lenkwinkeländerung φ . mit Beitrag zur Abkühlung durch verbesserte Belüftung lässt eine Ansteuerung einer im Kühlluft-/Anströmkanal der Fahrzeugbremsen eingebauten Klappe oder mehrerer Klappen i. A. verschiedene Stellungen zu. Neben der heute bereits realisierten Stellung in Fahrt, also z. B. Kühlluftkanäle komplett offen, erfordert die komplett geschlossene Stellung die ausschließliche Korrektur des von der Rad- oder Fahrzeuggeschwindigkeit v abhängigen Anteils im abkühlenden Beitrag
Q .Abkühlung im Sinne einer nahezu vollständigen Ausblendung. Eine nahezu vollständige Ausblendung wird deshalb angesetzt, weil ein Restkühlungseinfluss durch Konvektion von außen anzunehmen ist, z. B. durch Luftströmung über das Radhaus oder durch die Felge. Diese Situation entspricht im bestehenden Modell dem Geschwindigkeitswert v :≈ 0, z. B. v = 5 m/s:
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Zwischenstellungen können durch geeignete, stufenweise Gewichtungen desselben, geschwindigkeitsabhängigen Anteils in Form einer Ersatzgröße v ~ abgebildet werden, die zwischen einer tatsächlicher Geschwindigkeit v und dem Wert Null in Abhängigkeit von der Bremsklappenstellung liegen können:
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Im Fehlerfall, d. h. insbesondere bei temporärem Fehlen der Information über die aktuelle Bremsklappenstellung oder die Stellung des Rades oder sonstiger Luftleitvorrichtungen, kann mit vordefinierten Ersatzwerten für v ~ gerechnet werden.
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e) Einfluss durch Fading an der Bremsscheibe:
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Fading setzt die Bremswirkung durch oberflächliche Verglasung der Bremsbeläge oder Belagauftrag auf der Bremsscheibe und damit einhergehende Senkung des Reibwertes prinzipiell herab. Dadurch erfolgt bei gleichem Brems- bzw. Bremsvordruck auch ein verminderter Wärmeeintrag an der Bremsscheibe. Die Aufheizphase in einem bestehenden Modell zeigt eine höhere Temperatur an, als sie tatsächlich an der Bremsscheibe auftritt. Zur korrigierten Abbildung dieses Effektes wird ein internes Signal χFading wie folgt gebildet, das aus den im Kraftfahrzeug verwendeten und eingangs angegebenen Signalindikatoren für Fading bzw. Bremsenüberhitzung abgeleitet wird:
- • Setzen von χFading := 1 in jedem Fall nach vorangegangener Temperatur der Modellschätzung von z. B. über 600°C bis 750°C, je nach jeweilig verwendeter Materialpaarung aus Bremsscheibe, Bremssattel und Belag. Gegebenenfalls erfolgt das Setzen des internen Signals χFading unter Verwendung von Informationen aus Assistenz-Systemen, z. B. Hydraulic Fading Support HFC bzw. Fadingunterstützung, für erkanntes Fading der jeweiligen Bremsanlage. Mit dem Setzen erfolgt die Initialisierung eines internen Zählers Z unter Berücksichtigung einer Zykluszeit von 20 ms der Rechentaktung, z. B. mit einem aus der Praxis empirisch ermittelten Zählwert von 25.
- • Ein Rücksetzen von χFading := 0 in den Ursprungszustand ist geknüpft an das Erreichen des Zählwertes Null.
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Eine Dekrementierung des Zählers Z in Schritten von eins ist geknüpft an die nachfolgenden, gleichzeitig zu erfüllenden Zustände:
- 1. Unterschreiten der nach dem Modell abgeschätzten Temperatur von z. B. unterhalb von unter 300°C bis etwa 400°C nach dem erkannten Fading.
- 2. Bremsbetätigungen bzw. Bremseneingriff in einem mittleren Druckbereich von z. B. zwischen 10 und 40 bar für einen definierten Zeitraum, z. B. von mehr als zwei Sekunden. In dem vorstehend genannten Temperaturbereich wird fahrerseitig oder vorzugsweise auch systemseitig selbsttätig durch wiederholtes Bremsen unterhalb einer geschätzten Temperatur von etwa 300°C ein zuverlässiges Abtragen der Verglasung bzw. des Belagauftrags auf der Bremsscheibe unter Vermeidung einer erneuten Überhitzung bewirkt. Damit stimmt zum Ende dieses über den Zähler Z gesteuerten Vorganges durch Beseitigung der Verglasung der Reibwert der Bremsanlage und die mit einem Bremsvorgang verbundene Wärmeaufnahme wieder mit den Modellwerten eines Normalbetriebs überein.
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Die Übergänge sind sowohl bei laufendem Motor als auch nach dem Ausschalten der Zündung wirksam, so dass eine radbezogene Speicherung des derzeitigen Zustandes in einem nicht-flüchtigem Speicher notwendig wird. Hier bietet sich z. B. eine Speicherung in einem EEPROM o. ä. an. Der Abbau der Fading-Erscheinungen wird dann bei der nächsten Inbetriebnahme oder Einschalten der Zündung des Fahrzeugs fortgesetzt.
- • Rücksetzen von χFading := 0 in den Ursprungszustand erfolgt inklusive Nullsetzen des Zählers Z auch bei Wechsel des Bremsbelags, z. B. aus Information Bremsbelagverschleißmodell bei einer Wartung.
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Bei vorhandenem Fading χFading ≡ 1 findet in dem zur Temperaturabschätzung verwendeten Modell eine geeignete Parameterumschaltung der sonst wirkenden Bremsparameter γ0(0) hin auf den Parameter γ0(χFading) statt, der im oberen Temperaturbereich von beispielsweise 400°C und höher zu einer vergleichsweise herabgesetzten Aufheizung führt.
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Die Parameterumschaltung wird in einer Ausführungsform der Erfindung verallgemeinert gestuft erfolgen, beispielsweise mittels Zurückschalten auf die Ausgangswerte γ0(0) gekoppelt an einen sinkenden Zählerstand des Zählers Z. Hiermit wird dann auch der fortschreitende Abtrag der Verglasung abgebildet.
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2 zeigt eine Skizze eines erfindungsgemäß erweiterten Modells zur verbesserten Temperaturabschätzung, das auf einem bekannten Ansatz basierend modular durch einen oder mehrere der vorstehend beschriebenen Ansätze zur Minderung des Offsets erweitert werden kann. Hierin wird ein Rechenmittel 7 aus einer Konfigurationsdatenbank 8 gespeist, um ein Modell zur Temperaturabschätzung an jedem Rad bereit zustellen, das individuell an die jeweiligen Gegebenheiten angepasst ist. Hier sind auch fahrzeug-spezifisch standardisierte Betriebszustände abgelegt, die beispielsweise ein Straßen- oder ein Off-Road-Fahrzeug unterscheiden. Ein erster Satz von Eingangsgrößen entspricht eingangs genannten, nach dem Stand der Technik bekannten Ansätzen einer in Zeitschritten voranschreitenden Berechnung von Temperatur-Schätzwerten, die auch einen Altwert TBvl(t1) berücksichtigen können. Die zweite Klammer deutet nun gemäß der verschiedenen Ausbaustufen der vorliegenden Erfindung zu berücksichtigende Werte und Parameter beispielhaft an, die eine wesentlichen Minderung der Offsets bewirken.
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Bezugszeichenliste
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- 1 Kraftfahrzeug
- 2 Bremsanlage
- 3 Bremsanlage
- 4 Bremsanlage
- 5 Bremsanlage
- 6 Motorraum
- 7 Rechenmittel
- 8 Konfigurationsdatenbank
- TBij Bremsentemperatur mit i = v, h und j = r, l
- TBvl Bremsscheibentemperatur vorne links
- TBvr Bremsscheibentemperatur vorne rechts
- TRij Temperatur der Radreifen mit i = v, h und j = r, l
- TGK Temperatur von Getriebe und Kupplung
- TMotor zusammenfassend angegebene Temperatur des Motorraums 6
- TAB Temperatur des Abgasstranges am Motor
- T'AB Abgastemperatur am Auspuff
- TInnenraum Fahrzeug-Innenraumtemperatur
- TKarosse Temperatur der Fahrzeug-Karosserie
- Q .Bremsscheibe positiver Energieeintrag an der Bremsscheibe
- a Beschleunigung
- p Bremsdruck
- v Rad- oder Fahrzeuggeschwindigkeit
- γ0 Bremsscheibenparameter
- ΔTAufheizung Temperaturzunahme
- ΔtAufheizung Rechenzeitschritt
- TBremsscheibe geschätzte Bremsscheibentemperatur
- TUmgebung Außentemperatur der Umgebung des Fahrzeugs
- α0 Parameter des linearen Abkühlverhaltens
- β0 Parameter des quadratischen Abkühlverhaltens
- φ Lenkwinkel der Räder gegenüber dem Geradeauslauf
- φ . Änderung des Lenkwinkels
- ΔTAbkühlung Temperaturabnahme
- vmax maximale Rad- oder Fahrzeuggeschwindigkeit
- Q .Abkühlung_Nässe Abkühlung durch Nässe
- vMax obere Grenze eines Auswerteintervalls
- vMin untere Grenze eines Auswerteintervalls
- ay Fahrzeugquerbeschleunigung
- Q .Strahlung Temperaturzunahme infolge thermischer Strahlung
- κ charakteristischer, achsspezifischer Faktor
- σNässe internes Signal
- tMin Totzeit
- tWartezeit Wartezeit
- p ~Reib Reibdruck
- δ0 Faktor eines linearen Abkühlverhaltens
- ε0 Faktor eines quadratischen Abkühlverhaltens
- Aufheizung_Grundreibung aufheizender Beitrag der Grundreibung
- χFading internes Signal
- Z interner Zähler