Für den Menschen
ist D-Glukose ein wichtiger Energielieferant. Sie wird im Dünndarm aus
der Nahrung aufgenommen. Dabei ist ein aktives Transportsystem beteiligt,
welches sich in der luminalen Membran der Dünndarmepithelzellen befindet.
Das entsprechende Protein, der Na+-D-Glukosekotransporter, transportiert
in vivo D-Glukose zusammen mit Natrium in die Zellen. 1987 wurde
die Sequenz des Na+-D-Glukosekotransporters (SGLT1) aufgeklärt. Die
Aktivität
und Menge von SGLT1 im Dünndarm wird
entsprechend der vorliegenden Zuckerkonzentration reguliert. SGLT1
kommt auch im proximalen Tubulus der Niere vor, wo es für die Rückresorption von
D-Glukose aus dem Primärharn
verantwortlich ist. Außerdem
wird SGLT1 auch in Neuronen des Zentralnervensystems exprimiert
und wird dort bei metabolischem Stress hochreguliert.
Eine
Beteiligung des SGLT1-Proteins am Transport von Quercetin wurde
bereits nachgewiesen. So spielt SGLT1 z.B. wahrscheinlich auch beim Transport
von Flavonoiden und Glykosiden eine Rolle.
Es
gibt verschiedene SGLT-Transporter. Für die Zwecke der vorliegenden
Erfindung bedeutet der Ausdruck „Typ-SGLT1-Protein" dass dieses Protein zu
der entsprechenden SGLT-Proteinfamilie, die dem Fachmann auch unter
dem Namen Natrium-Glukose-Cotransporter-Familie
[z.B. SGLT1, SGLT3, SGLT2, SGLT4, SGLT5, CHT, SMVT, NIS, SMIT, SGLT6
und AIT, z.B. www.bioparadigms.org/slc/slctable.asp] geläufig ist,
gehört.
Bevorzugt handelt es sich um das Protein SGLT1.
Die
Kenntnis der Möglichkeiten
der Beeinflussung der Funktion und der Aktivität von Typ-SGLT1-Proteinen kann
bei der Erkennung, Linderung und Heilung pathologischer Zustände und Krankheiten
von großem
Nutzen sein. Eine genaue Kenntnis der stofflichen und energetischen
Bedingungen ist also wünschenswert,
um regulierende Maßnahmen
für die
Steuerung des Stofftransports durch SGLT1 auffinden zu können, und
es wurden bereits verschiedene Untersuchungs- und Testmöglichkeiten
ersonnen, um das Problem des Auffindens geeigneter Wirkstoffe wie
Inhibitoren, Aktivatoren oder weiteren Modulatoren für Typ-SGLT1-Proteine und
den damit im Zusammenhang stehenden Wirkortkomplex zu lösen.
Entsprechend
sind im Stand der Technik unterschiedliche Verfahren und Messeinrichtungen
bekannt, mit denen Eigenschaften bestimmter Wirkstoffe quantitativ
und qualitativ analysiert und beschrieben werden können.
Auch
ist es wünschenswert,
vorgegebene und bekannte Wirkstoffe am Wirkortkomplex zu applizieren,
z.B. am SGLT1-Protein, an einer Zelle, einem Gewebe oder dergleichen,
um die Funktionsweise dieses Wirkortes zu beeinflussen und/oder
zu untersuchen.
Übliche Experimente
am Gesamtorganismus sind aufgrund der Komplexität der Organismen und ferner
aufgrund ethischer und moralischer Umstände oft bedenklich, und die
damit erzielten Ergebnisse haben eine nur beschränkte Aussagekraft.
Folglich
wurden Verfahren und Einrichtungen entwickelt, mit deren Hilfe eine
isolierte Betrachtung der Wirkungsweise zu testender Wirkstoffe
auf isolierte Wirkzentren oder eine Untersuchung der Wirkzentren
selbst möglich
ist. Dabei werden bestimmte Gewebe, isolierte Zellen und/oder andere
biologische Einheiten, zum Beispiel Proteine oder dergleichen, in
isolierter Art und Weise einer Betrachtung zugänglich gemacht. Es sind zum
Beispiel Techniken bekannt, die unter Verwendung von Farbstoffen
oder radioaktiven Stoffen arbeiten und sich ändernde Transport- und/oder Bindungsspezifitäten ausnutzen
und darstellen. Falls diese Vorgehensweise überhaupt möglich ist, ist sie aber dahingehend nachteilig,
dass ihr oft nur ein geringes Auflösungsvermögen und eine hohe Fehleranfälligkeit
zukommen.
Oft
sind solche Methoden auch relativ unempfindlich.
Es
sind ebenfalls elektrophysiologische Methoden bekannt, zum Beispiel
die sogenannten Patch-Clamp-Technik oder Voltage-Clamp-Technik, bei welchen
zum Beispiel Zellen isoliert einer elektrophysiologischen Untersuchung
zugänglich
sind. Bei diesem Vorgehen werden native Zellen unterschiedlichen
Bedingungen ausgesetzt und es werden bestimmte elektrische Aktivitäten, die über die
Zellmembran durch darin enthaltenen Proteine, Proteinkomplexe oder
dergleichen vermittelt werden, gemessen.
Trotz
der dabei erzielbaren hohen Genauigkeit sind diese bekannten elektrophysiologischen Methoden
dahingehend nachteilig, dass sie aufgrund ihres hohen messtechnischen
Aufwandes und ihrer Störanfälligkeit
für einen
schnellen, automatisierbaren und/oder breiten Einsatz ungeeignet
sind und aufgrund der in der Regel nativen Umgebung der zu untersuchenden
Objekte gewisse Probleme bei der Diskriminierung unerwünschter
Signalanteile aufweisen. Darüberhinaus
sind diese Methoden sehr kostenintensiv.
Ein
besonders günstiges
Verfahren zum Messen von elektrochemischen Vorgängen an beispielsweise Membranfragmenten
wird in der WO 02/074983 beschrieben, auf die für die Zwecke der vorliegenden
Anmeldung vollinhaltlich Bezug genommen wird. Eine Verwendung des
dort offenbarten Verfahrens zur Testung an Typ-SGLT1-Proteinen wird nicht offenbart.
Der
Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, einen Typ-SGLT1-Protein-Assay zu
schaffen, bei welchem auf besonders einfache und gleichwohl zuverlässige Art
und Weise eine rasche Wirkstofftestung, insbesondere im Massenbetrieb,
unter vertretbaren Kosten möglich
ist.
Der
Erfindung liegt im weiteren die Aufgabe zu Grunde, die Wechselwirkung
von Substanzen mit Typ-SGLT1-Proteinen zu untersuchen. Wird z.B.
eine Substanz von SGLT1 transportiert, führt dies zu einer hohen oralen
Absorptionsrate und damit zu einer hohen Bioverfügbarkeit dieser Substanz. Die
Bioverfügbarkeit
von pharmazeutisch wirksamen Substanzen ist ein entscheidendes Merkmal
für deren
klinische Anwendung und damit kommerziellen Einsatz.
Gelöst werden
diese und weitere Aufgaben, die sich zwanglos aus dem eingangs diskutierten Stand
der Technik ergeben, durch ein Verfahren zum Identifizieren eines
Wirkstoffkomplexes mit allen Merkmalen des Anspruchs 1.
Weiterhin
sind Gegenstand der vorliegenden Erfindung ein Wirkstoff oder Wirkstoffkomplex
gemäß Anspruch
20, ein Verfahren zum Herstellen eines Arzneimittels gemäß Anspruch
21, ein Testkit zur Durchführung
des erfindungsgemäßen Verfahrens gemäß Anspruch
22, ein Screeningverfahren gemäß Anspruch
23, sowie Verwendungen des Verfahrens, des Testkits sowie des Arzneimittels
gemäß den Ansprüchen 24,
25 bzw. 26. Vorteilhafte Weiterbildungen sind Gegenstand der jeweiligen
abhängigen
Unteransprüche.
Im
Transportzyklus von SGLT1 werden D-Glukose und Natrium über die
Membran verschoben. Der Erfindung liegt unter anderem die Idee zu Grunde,
die Glukose-abhängige
Ladungsverschiebung – also
den Transport der Natriumionen bzw. von Protonen – direkt
durch Anbindung von Enzympräparationen
auf einer geeigneten Oberfläche,
die in ein Durchflusssystem integriert ist und/oder bei der ein Substratsprung
durchgeführt
werden kann, als elektrischen Strom oder als elektrische Potentialänderung
zu messen und den Einfluss verschiedener Wirksubstanzen auf die
elektrischen Messgrößen Strom
oder Potenzial zu untersuchen.
Die
Erfindung betrifft damit ein Verfahren zum Identifizieren eines
Wirkstoffkomplexes, welcher eine enzymatische Eigenschaft und/oder
das Transportverhalten eines Wirkortkomplexes, welcher einen Typ
eines SGLT1-Proteins oder eines Teils davon enthält, modifiziert. Das erfindungsgemäße Verfahren
weist folgende Schritte auf:
- (a) Bereitstellen
einer Mehrzahl Primärträger, welche
den Wirkortkomplex enthaltend das Typ-SGLT1 Protein umfassen, insbesondere
in einer Mehrzahl im Bereich einer Membran des jeweiligen Primärträgers enthalten,
- (b) Anlagern oder In-Kontakt-Bringen der Primärträger am oder
im Oberflächenbereich
eines Isolationsbereichs einer als Sekundärträger dienenden Biosensorelektrode
in einem Messmedium, wobei der Sekundärträger bevorzugt gegenüber dem
Messmedium und gegenüber
den Primärträgern mittels
des Isolationsbereichs mechanisch und elektrisch isoliert ist oder
wird,
- (c) Bereitstellen mindestens eines potenziellen Wirkstoffkomplexes
(W),
- (d) In-Kontakt-Bringen und insbesondere In-Wechselwirkung-Bringen
des potenziellen Wirkstoffkomplexes (W) mit dem Wirkortkomplex der
Primärträger oder
Teilen davon, und
- (e) Bestimmen des qualitativen und/oder quantitativen Einflusses
des potenziellen Wirkstoffkomplexes (W) oder eines Teils davon auf
enzymatische Eigenschaften des Wirkortkomplexes oder eines Teils
davon durch Detektieren einer elektrischen Aktion des oder am Wirkortkomplex
oder eines Teils davon oder eine Änderung dieser elektrischen
Aktion über
die Biosensorelektrode als Sekundärträger,
dadurch gekennzeichnet,
dass in den Verfahrensschritten (c), (d) und/oder (e) einer oder
mehrere der folgenden Unterschritte durchgeführt werden: - (f)
Einbringen des Sekundärträgers mit
den Primärträgern in
ein Ruhemedium und gegebenenfalls Detektieren einer elektrischen
Aktion gemäß dem oder
im Sinne von Verfahrensschritt (e),
- (g) Einbringen des Sekundärträgers mit
den Primärträgern in
ein zweites nicht-aktivierendes Medium und gegebenenfalls Detektieren
einer elektrischen Aktion gemäß dem oder
im Sinne von Verfahrensschritt (e),
- (h) Einbringen des Sekundärträgers mit
den Primärträgern in
ein drittes oder aktivierendes Messmedium und Detektieren einer
elektrischen Aktion gemäß dem oder
im Sinne von Verfahrensschritt (e), wobei das dritte oder aktivierende
Medium dem zweiten oder nicht-aktivierenden Medium entspricht, jedoch
zusätzlich
ein Substrat des Typ-SGLT1-Proteins
enthält.
Die
erfindungsgemäßen Schritte
(f), (g), (h) werden – ggf.
mit Wiederholungen – bevorzugt
in der vorgegebenen Reihenfolge durchgeführt.
Soll überprüft werden,
ob ein potentieller Wirkstoff das Typ-SGLT1-Protein aktiviert/inhibiert, kann
der potentielle Wirkstoff in allen Medien vorhanden sein.
Soll überprüft werden,
ob ein potentieller Wirkstoff transportiert wird, sollte der potentielle
Wirkstoff im aktivierenden Medium vorhanden sein, nicht jedoch im
Ruhemedium bzw. im nicht-aktivierenden Medium.
Bevorzugt
wird als Wirkortkomplex oder Teil davon ein Monomer oder ein Oligomer
eines SGLT1-Proteins verwendet wird.
Ferner
ist es vorgesehen, dass ein Wirkortkomplex oder ein Teil davon verwendet
wird, welcher auf einem Typ-SGLT1-Protein basiert, die aus einem Gewebe
eines Säugetiers
stammt, z.B. aus dem Dünndarm,
der Niere, Herz oder dem ZNS, oder hieraus abgeleitet ist.
Insbesondere
stammt das Typ-SGLT1-Protein aus Säugetierzelllinien, und liegt
kloniert vor.
In
vorteilhafter Weise ist es vorgesehen, dass der Wirkortkomplex (enthaltend
das Typ-SGLT1-Protein) aus dem Organismus Mensch stammt oder aus
diesen genetisch abgeleitet wird.
Für die Zwecke
der vorliegenden Erfindung bedeutet der Ausdruck „enzymatische
Eigenschaft" des
Typ-SGLT1-Proteins gleichzeitig auch immer das Transportverhalten,
z.B. den durch diese Proteine vermittelten Glukose- oder Flavonoidtransport,
und nimmt damit auch immer Bezug auf den eingangs diskutierten Einfluss
des Proteins auf die Bioverfügbarkeit
potentieller Wirkstoffe. Dies bedeutet, daß wo immer von der Modifizierung
der enzymatischen Eigenschaften des Proteins die Rede ist, auch
Untersuchungen erfindungsgemäß mit umfasst
sind, die zeigen sollen, ob ein bestimmter Stoff vom Typ-SGLT1-Protein
transportiert wird.
Erfindungsgemäß wird ein
wässriges
Messmedium und insbesondere eine wässrige Elektrolytlösung als
Messmedium verwendet.
Erfindungsgmäß ist es
möglich,
die Verfahrensschritte (c) und/oder (d), gegebenenfalls auch (f) bis
(h) mittels
- – Zumischen oder Injizieren
des Wirkstoffkomplexes, eines Teils und/oder einer Vorstufe davon,
- – Austauschen
oder Zumischen des Messmediums oder eines Teils davon und/oder
- – chemisches
oder physikalisches Umsetzen oder Reagieren des Messmediums oder
eines Teils davon oder des Wirkstoffs, eines Teils und/oder einer
Vorstufe davon
durchzuführen.
Das
bedeutet, dass zum einen der Wirkstoffkomplex oder ein Teil davon
direkt durch Injizieren oder Beimischen in das Messmedium hinein
zum Ort des Wirkortkomplexes transportiert werden kann. Besonders
einfach gestaltet sich jedoch ein derartiger Vorgang, wenn einfach
das jeweilige Messmedium ausgetauscht wird, beispielsweise in kontinuierlicher Art
und Weise. Des Weiteren ist es denkbar, dass der Wirkstoff erst
durch ein chemisches oder physikalisches Umsetzen oder Reagieren
im Messmedium freigesetzt wird. Dies kann zum Beispiel auch durch Zuführen von
Strahlung erfolgen.
Der
qualitative Einfluss und/oder der quantitative Einfluss des potenziellen
Wirkstoffes oder Wirkstoffkomplexes wird erfindungsgemäß durch
Detektieren einer elektrischen Aktion bestimmt, welche durch den
Wirkortkomplex oder einen Teil davon und insbesondere durch das
Typ-SGLT1-Protein vermittelt wird.
Insbesondere
wird diese elektrische Aktion mit und ohne potentiellen Wirkstoff
bestimmt, und durch Vergleichen beider Meßreihen wird untersucht, ob
der potentielle Wirkstoff Einfluss nimmt auf die enzymatischen Eigenschaften
des Typ-SGLT1-Proteins.
Wie
in der WO02/074983 beschrieben werden die Primärträger mit den Wirkortkomplexen
an einem Sekundärträger, nämlich der
Biosensorelektrode und insbesondere mit deren Isolationsbereich
in Kontakt gebracht und dort insbesondere angelagert.
Bei
der Ausgestaltung der Biosensorelektrode als Sekundärträger bestehen
vielfältige
Möglichkeiten.
Es
wird aber besonders bevorzugt, dass eine Biosensorelektrode als
Sekundärträger verwendet wird,
bei welcher ein elektrisch leitfähiger
und festkörperartiger
Elektrodenbereich mit mindestens einer Elektrode vorgesehen wird,
welcher gegenüber dem Messmedium
und gegenüber
den Primärträgern elektrisch
und mechanisch isoliert wird durch Vorsehen eines Isolationsbereichs
in Form einer festkörperunterstützten Membran,
welche schichtartig aufgebaut wird aus einer Unterschicht einer
organischen Thioverbindung als unterster und der Elektrode jeweils
zugewandter Schicht und aus einer Oberschicht einer amphiphilen
organischen Verbindung.
Bei
einer bevorzugten Ausgestaltungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens
ist es vorgesehen, dass eine Biosensorelektrode als Sekundärträger verwendet
wird, bei welcher eine Elektrode aus Gold im Elektrodenbereich vorgesehen
wird mit einer Monoschicht eines langkettigen Alkanthiols als Unterschicht
darauf und einer Monoschicht eines Lipids als Oberschicht darauf.
Im
Hinblick auf die Primärträger, welche
den Wirkortkomplex und insbesondere die Typ-SGLT1-Proteine im Bereich
ihrer Membran enthalten sollen, ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten,
wobei der jeweiligen Zielsetzung des Verfahrens Rechnung getragen
werden kann.
Zum
Beispiel bietet es sich gemäß einer
besonders vorteilhaften Ausgestaltungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens
an, dass als Primärträger jeweils
eine eukariontische Zelle, eine prokariontische Zelle, insbesondere
ein Oozyt, ein Bakterium, ein Virus, eine Organelle oder Bestandteile
hiervon, insbesondere Membranfragmente, oder Verbände davon
in nativer Form und/oder in abgewandelter Form, insbesondere in
gereinigter und/oder modifizierter Form, verwendet wird.
Es
ist auch möglich,
dass als Primärträger jeweils
ein Vesikel, ein Liposom oder eine mizelläre Struktur verwendet wird.
Die Membranfragmente können
sich auch planar anlagern, d.h. als nicht-sphärische Struktur.
Besonders
vorteilhaft gestaltet sich das erfindungsgemäße Verfahren dann, wenn die
Sensoranordnung aus Biosensorelektrode als Sekundärträger und
daran angelagerten Primärträgern in
einem Messraum, Messbereich oder Messgefäß vom Messmedium umströmt oder
angeströmt
wird. Auf diese Art und Weise lässt
sich durch Wechsel des Messmediums zum Beispiel ein Konzentrationssprung
im Hinblick auf den Wirkstoffkomplex oder eines Teils davon leicht
realisieren. Auch lassen sich durch ein derartiges Messen im Rahmen
eines Fließsystems vorteilhaft
auf leichte Art und Weise und zuverlässig mit hoher Zeitauflösung die
erfindungsgemäßen Versuchsbedingungen
einstellen. Auch mithilfe einer automatisierten Pipettiervorrichtung
kann das erfindungsgemäße Verfahren
vorteilhaft durchgeführt werden.
Besonders ökonomisch
und für
eine statistische Auswertung zugänglich
gestaltet sich das erfindungsgemäße Verfahren
dann, wenn aufeinanderfolgend eine Mehrzahl von Tests durchgeführt wird,
insbesondere durch aufeinanderfolgendes Austauschen des Messmediums,
ggf. mit zwischengeschaltetem Waschen oder Spülen des Messraums.
Wichtig
ist bei dem vorliegenden erfindungsgemäßen Verfahren das Vergleichen
der Aktion des Wirkortkomplexes bei vorliegendem Wirkstoffkomplex
mit einer Situation, bei welcher der potenzielle Wirkstoffkomplex
nicht zugegen ist. Dies kann beispielsweise geschehen durch den
Wechsel zwischen nicht-aktivierendem
zu aktivierendem Medium in Gegenwart oder Abwesenheit des potentiellen
Wirkstoffkomplexes und Vergleich der erhaltenen Messwerte.
Potentielle
zu testende Wirkstoffe sind insbesondere bevorzugt monoklonale Antikörper, Antikörperfragmente,
polyklonale Antikörper
und Peptide. Es können
jedoch auch andere Substanzen, von denen vermutet wird, daß sie eine
entsprechende Wirkung entfalten können, zugesetzt werden. Diese Substanzen
werden vorzugsweise in gelöster
Form verabreicht.
Besonders
bevorzugte Substanzen, die als Testsubstanzen in dem erfindungsgemäßen Testsystem
untersucht werden können,
sind niedermolekulare Verbindungen. Solche Verbindungen haben oft keine
oder nur geringe Nebenwirkungen, wenn sie als aktives Prinzip in
einer pharmazeutischen Zusammensetzung eingesetzt werden. Ein weiterer Vorteil
solcher Substanzen ist die Möglichkeit
der oralen Verabreichung.
Beispiele
hierfür
sind cyclische Pentapeptide, wie sie von Haubner et. al., J. Am.
Chem. Soc. 1996, 118, 7641-7472, beschrieben wurden. Erfindungsgemäß werden
den niedermolekularen Stoffen kleine Peptide, Aminosäuren und
Aminosäureanaloga,
Steroide, Nukleotide und weitere organisch-chemische Stoffe mit
einem Molekulargewicht von ≤ 5000,
bevorzugt ≤ 3000
und besonders bevorzugt ≤ 2000
zugerechnet.
Es
kann der Wirkstoffkomplex sowohl im Ruhemedium, im nicht-aktivierenden als
auch im aktivierenden Medium zugesetzt oder dort freigesetzt werden.
Auch
ist als Zwischenschritt eine Inkubation der Wirkortkomplexe oder
der sie tragenden Primärträger mit
dem Wirkstoffkomplex denkbar.
Des
Weiteren ist es denkbar, dass zwischen den Schritten (f) und (h)
ein Waschschritt durchgeführt
wird durch Einbringen des Sekundärträgers mit den
Primärträgern in
ein viertes und [Wasch]Medium, welches bevorzugt mit dem nicht-aktivierenden
Medium identisch ist.
Ferner
ist es denkbar, dass direkt vor dem Schritt (h) bei einer besonders
bevorzugten Ausführungsform
des erfindungsgemäßen Verfahrens
der Schritt (f) wiederholt durchgeführt wird.
Es
ist bevorzugt, wenn der Schritt (f) vor Beginn der eigentlichen
Messreihe, d.h. bevor zum erstenmal die Schritte (g) und (h) durchgeführt werden, für mindestens
5 Minuten (min), bevorzugt für
mindestens 10 min, besonders bevorzugt für mindestens 15 min, noch mehr
bevorzugt für
mindestens 20 min und insbesondere bevorzugt für mindestens 30 min durchgeführt wird.
Die Schritte (g) und (h) werden erfindungsgemäß für mindestens 0,5 Sekunden (sec), höchstens
jedoch 5 sec und bevorzugt für etwa
1–2 sec
durchgeführt.
Nach der erstmaligen Durchführung
der Schritte (g) und (h) wird Schritt (f) für mindestens 1 sec bis höchstens
120 sec durchgeführt, bevorzugt
für mindestens
30 sec bis 90 sec, und besonders bevorzugt für 50 sec bis 70 sec.
Erfindungsgemäß werden
wässrige
Messlösungen
und insbesondere wässrige
Elektrolytlösungen
als Messlösung
(= Messmedium) verwendet, die als Ruhemedium, nicht-aktivierendes
sowie aktivierendes Medium bezeichnet werden.
Alle
verwendeten Messlösungen
enthalten ein dem Fachmann bekanntes pH-Wert stabilisierendes Mittel
bevorzugt ausgewählt
aus der Liste: MOPS, HEPES, MES, Tris, PIPES u.a., wie sie z.B. in „Buffers,
Calbiochem" veröffentlicht
sind, aber auch mit Leichtigkeit weiteren Veröffentlichungen und Lehrbüchern der
Biochemie bzw. der organischen Chemie entnommen werden können. Erfindungsgemäß sollen
diese an sich bekannten Mittel im Bereich von pH 6–8, bevorzugt
etwa 7 stabilisierend wirken. Die Wahl des geeigneten pH-Bereichs und
Mittels kann dabei vom Substrat (Wirkstoffkomplex) abhängen und
vom Fachmann durch Routineexperimente leicht ermittelt werden.
Die
Abk. „M", „mM" und „μM" stehen im Folgenden
für die
Einheiten mol/l, mmol/l bzw. μmol/l.
Das
Ruhemedium umfasst ein Kation bevorzugt ausgewählt aus der Liste bestehend
aus K+, Ca++, Li+, Mg++, Cholin+, Rb++, Sr++ in Konzentration, die
bevorzugt in etwa so hoch sind wie die Natrium Konzentration im
nicht-aktivierenden und im aktivierenden Medium. Beispielsweise
kann diese Konzentration zwischen 1 μM und 1 M liegen, bevorzugt zwischen
10 und 200 mM, besonders bevorzugt zwischen 120–160 mM und ganz besonders
bevorzugt bei etwa 140mM. Besonders bevorzugt ist Kalium. Nicht
verwendet werden kann Natrium.
Das
nicht-aktivierende Medium enthält
Natrium in Konzentrationen, die bevorzugt in etwa so hoch sind wie
die Kationen Konzentration im Ruhemedium.
Weiterhin
kann das nicht-aktivierende Medium gegebenenfalls einen Kompensator
umfassen. Dieser Kompensator dient dazu, dass beim Wechsel von nicht-aktivierender
Lösung
zu aktivierender Lösung
z.B. durch Änderung
der Ionenstärke
kein Wirkortunabhängiges,
falsch-positives Signal detektiert wird. Das aktivierende Medium
enthält
Natrium in Konzentrationen, die bevorzugt in etwa so hoch sind wie
die Kationen Konzentration im Ruhemedium.
Die
Konzentration des Kompensators richtet sich im allgemeinen nach
der Konzentration des Substrats, und liegt im allgemeinen zwischen
0 bis 100 mM. Im Prinzip wird die Konzentration des Kompensators
so lange variiert, bis eine Wirkort-unabhängige elektrische Aktion infolge
des Wechsels von nicht-aktivierender zu aktivierender Lösung nicht
mehr auftritt.
Die
aktivierende Lösung
kann den Kompensator unabhängig
davon enthalten, ob dieser in der nicht-aktivierenden Lösung enthalten
ist.
Beispielsweise
kann Mannitol ein geeigneter Kompensator sein. Günstig ist es einen Zucker als Kompensator
zu verwenden, der keine oder nur geringe Affinität zu dem Typ-SGLT1-Protein
aufweist.
Desweiteren
enthält
es ein Substrat des SGLT1-Proteins, bevorzugt Glukose. Weitere mögliche Substrate
sind beispielsweise mit einem Glykosid konjugierte Flavonoide wie
Quercetin-3-O-Glukosid, Quercetin-3-O-Glukorhamnosid bzw. Quercetinaglykon.
Auch ist bekannt, dass substituierte Zucker wie α-Methyl-D-Glukopyranosid transportiert
werden. Weitere potenzielle Substrate sind beispielsweise D-Glactose,
3-O-Methyl-Glucosid,
D-Xylose, D-Allose und/oder D-Mannose. Die Konzentration kann je nach
Anwendung schwanken. Bei Kompetitionsuntersuchungen kann Glukose
im μM Bereich
eingesetzt werden, z.B. 1–100μM. Bei Wirkstofftestungen auf
Aktivierung und/oder Inhibierung des TYP-SGLT1-Proteins kann auch
eine Konzentration im mM-Bereich sinnvoll sein, also etwa 0,1 bis
10 mM, bevorzugt etwa 1 mM.
Die
entsprechenden Konzentrationen können
vom Fachmann leicht ermittelt werden.
Gemäß eines
weiteren Aspekts schafft die vorliegende Erfindung einen Wirkstoff
oder einen Wirkstoffkomplex, welcher eine enzymatische Eigenschaft
eines Typs eines SGLT1-Proteins enthaltenden Wirkortkomplexes oder
eines Teils davon modifiziert und welcher gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren
zum Identifizieren eines Wirkstoffkomplexes identifiziert ist, wird
oder wurde.
Des
Weiteren schafft die vorliegende Erfindung ein Verfahren zum Herstellen
eines Arzneimittels mit den Schritten:
- – Identifizieren
eines Wirkstoffs und/oder eines Wirkstoffkomplexes, welcher eine – ggf. bestimmte – enzymatische
Eigenschaft eines Wirkstoffkomplexes, welcher einen Typ eines SGLT1-Proteins
enthält,
oder eines Teils davon oder eine Mehrzahl von Eigenschaften geeignet
modifiziert, und zwar mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens,
- – Herstellen
und/oder Isolieren des Wirkstoffs, des Wirkstoffkomplexes, eines
Teils und/oder eines Derivats davon,
- – ggf.
Aufreinigen des Wirkstoffs, Wirkstoffkomplexes, Teils und/oder Derivats,
- – ggf.
Mischen und/oder Portionieren des Wirkstoffs, Wirkstoffkomplexes,
Teils und/oder Derivats mit einer pharmazeutisch verträglichen
Trägersubstanz.
Des
Weiteren schafft die vorliegende Erfindung einen Testkit zur Durchführung des
erfindungsgemäßen Verfahrens
zum Identifizieren eines Wirkstoffkomplexes. Dieser Testkit weist
auf:
- – mindestens
einen Primärträger mit
dem Typ-SGLT1-Protein,
- – einen
Messbereich,
- – gegebenenfalls
das erfindungsgemäße Ruhemedium,
das nicht-aktivierende
Medium sowie das aktivierendes Medium und
- – weiterhin
gegebenenfalls mindestens einen potenziellen Wirkstoffkomplex.
Erfindungsgemäß wird auch
ein Screeningverfahren zum Identifizieren geschaffen, und zwar zum
Identifizieren:
- – eines unbekannten Wirkstoffs,
Wirkstoffkomplexes, eines Teils und/oder Derivats davon,
- – des
Vorhandenseins eines unbekannten Wirkstoffs, Wirkstoffkomplexes,
Teils und/oder Derivats davon,
- – des
Vorhandenseins eines bekannten Wirkstoffs, Wirkstoffkomplexes, Teils
und/oder Derivats davon,
- – der
Konzentration eines unbekannten Wirkstoffs, Wirkstoffkomplexes,
Teils und/oder Derivats davon,
- – der
Konzentration eines bekannten Wirkstoffs, Wirkstoffkomplexes, Teils
und/oder Derivats davon.
Gemäß einem
weiteren Aspekt der vorliegenden Erfindung wird das erfindungsgemäße Verfahren
zum Identifizieren eines Wirkstoffkomplexes verwendet zum Auffinden
von Inhibitoren, Aktivatoren, partiellen oder temporären Inhibitoren
oder Modulatoren einer enzymatischen Eigenschaft eines Wirkortkomplexes,
welcher ein Typ-SGLT1-Protein enthält, und insbesondere ein humanes
SGLT1-Protein.
Des
Weiteren wird das erfindungsgemäße Testkit
erfindungsgemäß verwendet
zum Auffinden von Inhibitoren, Aktivatoren, partiellen oder temporären Inhibitoren
oder Modulatoren eines einen Typ eines SGLT1-Proteins enthaltenden.
Des
Weiteren wird das Arzneimittel erfindungsgemäß verwendet zur Inhibition,
partiellen oder temporären
Inhibition, Aktivierung oder sonstige Modulation eines Typ-SGLT1-Proteins
enthaltenden Wirkstoffkomplexes oder eines Teils davon.
Auf
der Grundlage der nachfolgenden Bemerkungen werden die voranstehenden
und weitere Aspekte der vorliegenden Erfindung mit anderen Worten
weiter erläutert:
Darüber hinaus
ist ein z. B. wässriges
Messmedium vorgesehen, in welchem die Primärträger und die Sekundärträger angeordnet
werden. Der Elektrodenbereich wird gegenüber dem Messmedium, den Primärträgern und
gegenüber
den biologischen Einheiten bevorzugt weitestgehend elektrisch isoliert.
Der
Elektrodenbereich besitzt z.B. mindestens eine Elektrode. Diese
kann zum einen jeweils selbst als mechanisch stabiler Materialbereich
ausgebildet sein, insbesondere als Platte, als Draht und/oder dergleichen.
Eine
besonders einfache Anordnung der Sensorelektrodeneinrichtung ergibt
sich, wenn die Elektrode im Wesentlichen als auf der Oberfläche des
Trägers
abgeschiedene Materialschicht ausgebildet ist. Es kann sich dabei
um eine aufgedampfte oder gesputterte Materialschicht handeln. Die
Materialschicht zur Ausbildung der Elektrode hat vorzugsweise eine
Schichtstärke
von etwa 10 bis 200 nm.
Das
Typ-SGLT1-Protein kann jeweils in im Wesentlichen nativer Form und/oder
in abgewandelter, insbesondere gereinigter, mikrobiologisch und/oder
molekularbiologisch geänderter
Form vorgesehen sein. Zum einen können dadurch bestimmte native
Eigenschaften getestet und pharmakologisch untersucht werden. Andererseits
bieten sich auch molekularbiologische oder gentechnisch initiierte Veränderungen
an, die bestimmten Aspekte, zum Beispiel des Transports oder der
pharmakologischen Wirkungsweise eines Wirkstoffes zu analysieren.
Besonders
vorteilhaft ist es, dass Primärträger eines
jeweils im Wesentlichen einheitlichen Typs von Primärträgern vorgesehen
werden. Dies ist im Hinblick auf eine möglichst eindeutige Aussage
und Analyse eines Wirkstofftests von Bedeutung und bezieht sich
auf die geometrischen, physikalischen, chemischen, biologischen
und molekularbiologischen Eigenschaften der Primärträger.
Das
Nämliche
gilt auch für
die in dem Primärträger vorgesehenen
Wirkortkomplexe und das Typ-SGLT1-Protein. Hier sind Wirkortkomplexe
und Typ-SGLT1-Protein eines jeweils im Wesentlichen einheitlichen
Typs vorgesehen, insbesondere im Hinblick auf ihre geometrischen,
physikalischen, chemischen, biologischen und molekularbiologischen
Eigenschaften. Zusätzlich
sollen die biologischen Einheiten in vorteilhafter Weise im Hinblick
auf ihre Orientierung und/oder im Hinblick auf ihre Aktivierbarkeit
in Bezug auf den jeweiligen Primärträger in etwa einheitlich
sein.
Wie
bereits ausgeführt,
liegt der Erfindung unter anderem die Aufgabe zu Grunde, die Wirkung von
Substanzen auf die Funktion von Typ-SGLT1-Proteinen einer Untersuchung
zugänglich
zu machen. Substanzen, welche die Wirkung dieses Transportproteins
modulieren, sind als potentielle neuroprotektive Wirkstoffe von
gewerblichem Interesse. Auch wären
Substrate des Proteins, die von diesem transportiert werden, u.U.
wichtige neue Moleküle.
Das
erfindungsgemäße Vorgehen
bietet folgende Vorteile:
Die Messung der Enzymaktivität gemäß dem erfindungsgemäß vorgeschlagenen
Verfahren bedarf keiner Vermittler oder markierten Substrate. Eine
Einzelmessung dauert lediglich wenige Sekunden. Die Messung ist
sensitiv gegenüber
allen Substraten. Sofern eine Substanz die Reaktion nicht irreversibel
inhibiert, können
mit einem mit Enzym beladenen Sensor mehrere Messungen durchgeführt werden.
Substrate müssen
nicht chemisch modifiziert vorliegen, da die Stromantwort oder Potentialantwort
des Proteins durch einen schnellen Lösungswechsel induziert wird.
Darüber hinaus
ist im Gegensatz zu der Patch-Clamp-Technik ein höherer Durchsatz
möglich.