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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Kompensation von Patientenbewegungen bei Serienaufnahmen in der medizinischen Bildgebung, bei der in zeitlichen Abständen mehrere Bilder eines Untersuchungsbereiches eines Patienten mit einem Bildgebungssystem aufgezeichnet und zueinander in Beziehung gesetzt werden, wie dies bspw. bei der digitalen Subtraktions-Angiographie (DSA) oder der Pfadfinder-Technik (Roadmapping) der Fall ist. Die Erfindung betrifft weiterhin ein medizinisches Bildgebungssystem mit Strahlquelle, Detektor, Patientenliege, Bildverarbeitungseinheit und Bildanzeigeeinheit, das zur Durchführung des Verfahrens ausgebildet ist.
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Auf einem Hauptanwendungsgebiet des vorliegenden Verfahrens, dem Gebiet der digitalen Subtraktions-Angiographie, werden Blutgefäße des menschlichen Körpers mit dem Bildgebungssystem, in diesem Fall einer Röntgenanlage, erfasst und dargestellt. Bei dieser Methode werden Serien von Röntgenbildern des interessierenden Untersuchungsbereiches des Patienten aufgezeichnet, während ein Kontrastmittel zur Hervorhebung der Gefäße injiziert wird (Füllungs-Bilder). Weiterhin wird ein Bild des Untersuchungsbereiches ohne Injizierung eines Kontrastmittels aufgenommen (Masken-Bild). Durch digitale Subtraktion des Masken-Bildes von den jeweiligen Füllungsbildern werden Subtraktions-Bilder erhalten, auf denen nur die Gefäße zu erkennen sind, während Überlagerungen von anderen röntgenabsorbierenden Strukturen wie bspw. Knochen durch die Subtraktion verschwunden sind.
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Die Subtraktion der Bilder setzt allerdings voraus, dass diese unter den gleichen geometrischen Bedingungen aufgezeichnet wurden, so dass sie deckungsgleich sind. Aufgrund von Bewegungen der abgebildeten Strukturen zwischen den einzelnen Aufnahmen kann es zu störenden Bewegungsartefakten in den subtrahierten Bildern kommen. Diese können durch Bewegungen des Patienten zwischen der Aufnahme des Masken-Bildes und den Aufnahmen der Füllungs-Bilder hervorgerufen werden. Eine Folge dieser Bewegungen kann sein, dass das resultierende Subtraktions-Bild nicht mehr für die Diagnose verwendet werden kann. So kann es in der Praxis vorkommen, dass durch derartige Bewegungsartefakte gestörte Subtraktions-Bilder wiederholt werden müssen. Dies ist mit zusätzlichem Aufwand an Zeit und Kontrastmittel sowie mit zusätzlicher Strahlenexposition des Patienten verbunden.
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Eine mit der digitalen Subtraktions-Angiographie verwandte Methode ist die sog. Pfadfinder-Technik, auch als Roadmapping bezeichnet. Diese Technik wird für die selektive Katheterisierung von Gefäßen bei der interventionellen Therapie angewendet. Bei solchen Gefäß-Interventionen wird die aktuelle Position eines röntgenabsorbierenden Katheters durch Röntgen-Durchleuchtung (Fluoroskopie) in einem zweidimensionalen Bild dargestellt. Um zusätzlich das Blutgefäß als sog. Roadmap erkennen zu können, wird zu Beginn der Intervention ein Bild aufgezeichnet, bei dem eine geringe Menge an Kontrastmittel injiziert wurde. Dieses Bild wird als Masken-Bild festgehalten. Die folgenden, ohne Injektion eines Kontrastmittels erhaltenen Fluoroskopie-Bilder werden jeweils vom Masken-Bild subtrahiert. Auf diese Weise werden Subtraktions-Bilder erhalten, auf denen der Katheter hell über dem dunklen Blutgefäß erkennbar ist und der Hintergrund durch die Subtraktion eliminiert wurde.
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Auch das Roadmapping wird in gleiche Weise wie die digitale Subtraktions-Angiographie durch Bewegungen der abgebildeten Strukturen während der Serienaufnahmen gestört. Bei Bewegungen zwischen der Aufnahme des Masken-Bildes und dem jeweiligen Fluoroskopie-Bild treten hier allerdings zwei Probleme auf. Zum einen wird der Hintergrund nicht mehr richtig subtrahiert, so dass Bildartefakte entstehen. Zum anderen kann es vorkommen, dass die durch das Bild vermittelte Position des Katheters relativ zum dargestellten Blutgefäß nicht korrekt ist. Dieser schwerwiegende Fehler kann bspw. dazu führen, dass sich der Katheter in dem Bild außerhalb des Gefäßes darstellt, obwohl er sich tatsächlich innerhalb des Gefäßes befindet. Im Extremfall können solche falschen Darstellungen zu Fehlern bei der Kathetersteuerung führen und Gefäßverletzungen zur Folge haben. Bei einer Bewegung des Patienten während der Intervention muss daher häufig die Roadmap durch eine erneute Aufnahme eines Masken-Bildes aufgefrischt werden. Dies erfordert zusätzlichen Zeitaufwand und Kontrastmittelverbrauch und ist mit einer erhöhten Strahlendosis für den Patienten verbunden.
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Zur Vermeidung oder Verminderung dieser Problematik sind derzeit unterschiedliche Lösungen bekannt. So lassen sich im Wesentlichen die folgenden 3 Typen von Lösungsansätzen unterscheiden.
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Patientenbezogene Lösungen zielen darauf ab, Patienten-Bewegungen bei der Aufnahme zu vermeiden. So kann bei Thorax-Untersuchungen bspw. der Patient dahingehend trainiert werden, während der Durchführung der Serienaufnahmen den Atem anzuhalten. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, durch eine Vollnarkose einige Quellen von Bewegungsartefakten zu vermeiden. Ein Nachteil der patientenbezogenen Verfahren besteht darin, dass sie entweder nur teilweise wirksam oder nicht immer einsetzbar sind. Eine Vollnarkose ist bspw. mit vielen Risiken verbunden und daher bei vielen Anwendungen für digitale Subtraktions-Angiographie medizinisch nicht indiziert. Andererseits bleiben selbst bei Vollnarkose einige Quellen für Bewegungsartefakte, wie bspw. die Atembewegung, erhalten.
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Bei den auf die Bildaufnahme bezogenen Lösungen wird die Bildaufnahme so durchgeführt, dass Bewegungsartefakte minimiert werden. Bisher sind hierfür vor allem sog. Gating-Verfahren bekannt, bei denen die Aufnahme mit einer physiologischen Messung gekoppelt wird. So werden bspw. beim EKG-Gating jeweils nur in einer bestimmten Herzphase Bilder akquiriert, so dass die Herzbewegung kompensiert wird. Gating-Verfahren sind allerdings nur für wenige spezielle Anwendungen einsetzbar und können nur von bestimmten Quellen verursachte Bewegungsartefakten vermeiden, für die physiologische Signale gemessen werden können.
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Ein weiterer Lösungsansatz zur Verminderung von Bewegungsartefakten besteht in der retrospektiven Bildverarbeitung der aufgezeichneten Bilder. Bei diesen Techniken wird angestrebt, durch geeignete Bildverarbeitung eine bessere Übereinstimmung von Maskenbild und Füllungsbild zu erhalten. Die einfachste eingesetzte Technik ist das sog. Pixel-Shifting oder Subpixel-Shifting, bei dem der Benutzer das Masken-Bild gegenüber dem Füllungs-Bild manuell solange in zwei Dimensionen verschiebt, bis eine Minimierung der Bewegungsartefakte im Subtraktions-Bild erreicht ist. Dieses Verfahren ist in allen kommerziellen Angiographie-Systemen implementiert. Auch automatische Verfahren, die die beste Übereinstimmung anhand von quantifizierbaren Ähnlichkeitsmaßen festlegen, sind in einigen kommerziellen Angiographie-Systemen vorhanden. Aufwendigere Verfahren verwenden kein globales Pixel-Shifting über dem gesamten Bildbereich, sondern optimieren lokale Bereiche des Bildes getrennt voneinander, wie dies beispielsweise in der
US 4 870 692 A beschrieben ist. Weiterhin werden in der wissenschaftlichen Literatur zahlreiche aufwendigere Verfahren zur Bewegungskorrektur vorgeschlagen. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Optimierungsverfahren, bei denen versucht wird, die Transformation zwischen Masken-Bild und Füllungs-Bild zu finden, die die geringsten Bewegungsartefakte zur Folge hat. Weitere Beispiele für retrospektive Bildverarbeitung sind den Veröffentlichungen ”Motion compensated digital subtraction angiography”, M. Hemmendorff et al., SPIE '99, San Diego USA, Proceedings of SPIE's International Symposium on Medical Imaging 1999, Volume 3661, Image Processing, February 1999; Meijering E. H. et al., ”Reduction of patient motion artefacts in digital subtraction angiography: evaluation of a fast and fully automatic technique”, Radiology, 2001 Apr; 219 (1): 288–293; oder ”Retrospective Motion Correction in Digital Subtraction Angiography: A Review”, Erik H. W. Meijering et al., IEEE Transactions on Medical Imaging, Vol. 18, No. 1, January 1999, pp. 2–21 zu entnehmen.
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Retrospektive Bildverarbeitung kann die Bewegungen jedoch nur näherungsweise kompensieren. Beliebige Bewegungen können nicht korrigiert werden. Selbst bei Beschränkung auf eine Korrektur von 6 Freiheitsgraden entsprechend der Rotation und Translation eines starren Körpers kann die Bewegung nicht eindeutig aus den zweidimensionalen Bildern bestimmt werden. Weiterhin sind die komplizierteren Bildverarbeitungsverfahren sehr rechenzeitaufwendig und daher nur schwer in Echtzeit implementierbar. Manuelle Verfahren zur Bildverarbeitung (Pixel-Shifting) benötigen Benutzerinteraktion und können einen erheblichen Zeitaufwand erfordern. Sie sind zudem grundsätzlich nur für die nachträgliche Verbesserung von DSA-Aufnahmen einsetzbar, da beim Roadmapping kaum Zeit für eine Interaktion bleibt.
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Die
DE 100 51 370 A1 befasst sich mit einem Verfahren zur exakten Positionierung eines Patienten in der Strahlentherapie bzw. Radiochirurgie. Auf diesem Gebiet wird mit einem Computer-Tomographen ein dreidimensionaler Bilddatensatz des Untersuchungsbereiches erstellt, auf dessen Basis die spätere Strahlentherapie, beispielsweise die Bestrahlung eines Tumors, geplant wird. Der Patient soll anschließend möglichst exakt gegenüber dem für die Strahlentherapie erforderlichen Linearbeschleuniger positioniert werden, um die Bestrahlung an der geplanten Position möglichst genau einzuhalten. Die möglichst exakte Positionierung wird bei dieser Druckschrift dadurch erreicht, dass am Linearbeschleuniger aus zwei unterschiedlichen Richtungen Röntgendurchleuchtungsbilder aufgezeichnet werden, anhand derer durch Vergleich mit entsprechend rekonstruierten (virtuellen) Durchleuchtungsbildern aus dem vorab erstellten 3D-Bilddatensatz die Positionsübereinstimmung oder eine Positionsabweichung bestimmt wird. Die Lage des Patienten kann dann zur Kompensation dieser Positionsabweichung durch Verschiebung des Patiententisches angepasst werden. Mit einem Computer- und Kamera-gesteuerten Navigations- und Trackingsystem mit Hilfe künstlicher Marker am Patienten kann eine Bewegung des Patienten während der Bestrahlung erkannt werden, um die Strahlung des Behandlungsgerätes gegebenenfalls zu unterbrechen.
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Auch die
DE 102 50 655 A1 beschreibt ein Patientenpositionierungssystem für den gleichen Anwendungszweck wie die
DE 100 51 370 A1 . Zur Lösung der Positionierungsproblematik wird bei dieser Druckschrift sowohl am CT-Gerät als auch am Linearbeschleuniger ein Oberflächenbilderzeuger eingesetzt, dessen Bilder verglichen und zur exakten Positionierung des Patienten herangezogen werden. Auch bei diesem Verfahren kann der Oberflächenbilderzeuger während der Bestrahlung zur Erfassung einer Patientenbewegung genutzt werden, um die Strahlenbehandlung gegebenenfalls zu unterbrechen.
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Die
DE 36 38 953 A1 betrifft schließlich eine Vorrichtung zur automatischen Ortung und Positionierung eines Patienten und zur anschließenden Konkrementzertrümmerung, wobei das Konkrement durch zwei Röntgenortungssysteme aufgenommen und auf Bildschirmen abgebildet wird. Die Ortung des Konkrementes mit den zwei Röntgensystemen erfolgt dabei über eine aufwendige Benutzerinteraktion zur Markierung der Position des Inkrementes auf den beiden Röntgenbildern.
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Die
US 5 023 894 A beschreibt ein Verfahren zum Korrigieren von Daten bei der Computertomographie. Dabei werden mehrere Bilder eines Untersuchungsbereiches eines Patienten aufgenommen und zu jedem Bild mit einem Lokalisationssystem die jeweils momentane räumliche Lage des Untersuchungsbereiches in einem mit dem Bildgebungssystem verbundenen Koordinatensystem erfasst. Weiter wird bei jedem Bild eine Abweichung der jeweiligen räumlichen Lage des Untersuchungsbereiches von der räumlichen Lage bei der ersten Aufnahme bestimmt und kompensiert.
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Die
US 6 842 502 B2 beschreibt ein Verfahren zum Kompensieren von Patientenbewegungen bei der Computertomographie, bei welchem die Kompensation durch Drehen und/oder Verschieben des Patiententisches oder durch Drehen des Detektors und/oder Justieren des C-Arms erfolgt.
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Ausgehend von diesem Stand der Technik besteht die Aufgabe der vorliegenden Erfindung darin, ein Verfahren sowie ein zugehöriges Bildgebungssystem zur Kompensation von Patientenbewegungen bei Serienaufnahmen in der medizinischen Bildgebung anzugeben, mit denen sich Bewegungen des Patienten während der Bildaufnahmen ohne zeitaufwendige Benutzerinteraktion kompensieren lassen, wobei sich das Verfahren in Echtzeit implementieren lässt. Das Verfahren und das zugehörige Bildgebungssystem sollen insbesondere Bildergebnisse bei der digitalen Subtraktions-Angiographie und dem Roadmapping bei geringst möglichem Zeitaufwand für den Bediener verbessern.
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Die Aufgabe wird mit dem Verfahren gemäß Patentanspruch 1 sowie der Vorrichtung gemäß Patentanspruch 10 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen des Verfahrens sowie der Vorrichtung sind Gegenstand der Unteransprüche oder lassen sich aus der nachfolgenden Beschreibung sowie den Ausführungsbeispielen entnehmen.
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Bei dem vorliegenden Verfahren zur Kompensation von Patientenbewegungen bei Serienaufnahmen in der medizinischen Bildgebung, bei der in zeitlichen Abständen mehrere Bilder eines Untersuchungsbereiches eines Patienten mit einem Bildgebungssystem aufgezeichnet und zueinander in Beziehung gesetzt werden, wird mit einem Lokalisationssystem während der Durchführung der Serienaufnahmen ständig oder zumindest in jeweils zeitlicher Nähe zur Aufzeichnung der einzelnen Bilder eine momentane räumliche Lage des Untersuchungsbereiches in einem mit dem Bildgebungssystem verbundenen Bezugssystem erfasst. Eine in zeitlicher Nähe zur Aufzeichnung eines ersten Bildes erfasste erste räumliche Lage des Untersuchungsbereiches wird festgehalten und Abweichungen der jeweils erfassten momentanen von der ersten räumlichen Lage bestimmt und durch Verändern geometrischer Verhältnisse des Bildgebungssystems in zeitlicher Nähe zur Erfassung der räumlichen Lage, vorzugsweise in Echtzeit, und durch geometrische Anpassung eines Bildinhaltes eines jeweils gerade aufgezeichneten Bildes zumindest annähernd kompensiert, so dass die Bilder den Untersuchungsbereich jeweils in gleicher Position und Orientierung zeigen.
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Das Verfahren lässt sich dabei insbesondere zur Bewegungskompensation bei der digitalen Subtraktions-Angiographie oder bei der Pfadfinder-Technik einsetzen, um möglichst deckungsgleiche Einzelbilder für die Subtraktion zu erhalten. Mit dem Verfahren werden daher bereits bei der Bildaufnahme Bewegungen des Patienten oder des ins Auge gefassten Untersuchungsbereiches des Patienten durch eine Steuerung, vorzugsweise eine Echtzeit-Steuerung, der geometrischen Verhältnisse des Bildgebungssystems in Kombination mit der geometrischen Anpassung des Bildinhaltes, kompensiert. Dabei werden die aktuelle räumliche Lage des Patienten oder des Untersuchungsbereiches, d. h. sowohl die aktuelle Position als auch die aktuelle Orientierung, durch ein Lokalisationssystem detektiert und dann die geometrischen Parameter des Bildgebungssystems so gesteuert, dass die relative Beziehung zwischen dem abzubildenden Untersuchungsbereich und dem Aufnahmesystem konstant bleibt. Einzelne Freiheitsgrade können dabei auch durch Anpassung, insbesondere Rotation oder Translation, des Bildinhaltes des aufgezeichneten Bildes kompensiert werden.
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Als Lokalisationssystem wird vorzugsweise ein Gerät eingesetzt, mit dem die Position und Orientierung (insgesamt 6 Freiheitsgrade) eines Lagesensors im dreidimensionalen Raum gemessen werden können. Beispiele für derartige Lokalisationssysteme sind optoelektronische Positionssensoren, bspw. OPTTRAK 3020, Northern Digital, Waterloo, Kanada oder elektromagnetische Lokalisationssysteme, wie bspw. von Biosense Webster Inc., Diamond Bar, CA, USA oder das System Bird der Firma Ascension, Milton, VT, USA. Selbstverständlich lassen sich auch andere Lokalisationssysteme, mit denen die räumliche Lage des Untersuchungsbereiches im Raum erfasst werden kann, einsetzen. So können bspw. auch 3 Positionssensoren am Untersuchungsobjekt angebracht werden, aus deren räumlicher Position auch die Orientierung des Untersuchungsbereiches abgeleitet werden kann. Auch optische Abtastsysteme oder ähnliches, die ohne Anbringung eines Sensors am Patienten arbeiten, sind möglich.
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Das vorliegende Verfahren kommt im Gegensatz zu den meisten bisher bekannten Verfahren der Bewegungskorrektur ohne Interaktion mit dem Bediener aus. Das vorgeschlagene Verfahren erfordert ggf. nur die Anbringung eines Lagesensors am Patienten. Danach ist keinerlei Benutzerinteraktion für die Bewegungskompensation mehr erforderlich. Die bisherigen Verfahren zur retrospektiven Bildverarbeitung arbeiten prinzipbedingt nur näherungsweise. Große Bewegungen lassen sich mit diesen Verfahren kaum korrigieren, kleine Bewegungen nur näherungsweise. Das vorgeschlagene Verfahren arbeitet insbesondere auch bei großen Bewegungen mit hoher Genauigkeit, so dass die Notwendigkeit einer mehrmaligen Aufnahme eines Masken-Bildes vermieden wird. Dies spart Zeit, Kontrastmittel und reduziert die applizierte Röntgendosis im Falle von Röntgenaufnahmen. Das vorliegende Verfahren ermöglicht auch, in bestimmten Fällen auf eine Sedierung oder Narkose des Patienten nur zum Zweck der Minimierung von Bewegungsartefakten zu verzichten.
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Für die Kompensation der Abweichungen aufgrund der Patientenbewegung durch Anpassen der geometrischen Verhältnisse des Bildgebungssystems können unterschiedliche Komponenten des Bildgebungssystems herangezogen werden. Vorzugsweise erfolgt diese Anpassung durch eine Translation und/oder Rotation des Patiententisches in 1–3 Freiheitsgraden. Der Patiententisch ist gerade bei C-Bogen-Geräten für Angiographie-Anwendungen bereits motorisch zumindest in den 3 Translationsfreiheitsgraden bewegbar.
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Weiterhin lassen sich die Abweichungen durch eine Rotation des C-Bogens in RAO/LAO bzw. Cranio/Caudaler Richtung in 2 Freiheitsgraden anpassen. In einer weiteren Ausgestaltung wird ein Detektor eingesetzt, der in 1–3 Freiheitsgraden rotiert werden kann, so dass auch durch Bewegung des Detektors bestimmte Abweichungen kompensiert werden können.
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Für eine Kompensation der detektierten Abweichungen ist es weiterhin möglich, die Bildinhalte der aufgezeichneten Bilder geometrisch zu verändern. Dies betrifft insbesondere eine Rotation des Bildinhaltes um eine Achse senkrecht zur Bildebene sowie die Translation in den beiden Translationsfreiheitsgraden der zweidimensionalen Bildaufnahme. Weiterhin besteht die Möglichkeit einer Skalierung des Bildes. Die Kombination der beiden Kompensationstechniken, d. h. der Änderung der geometrischen Verhältnisse des Bildgebungssystems und der geometrischen Anpassung des Bildinhalts, ist je nach Art der Patientenbewegung von Vorteil.
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Selbstverständlich lassen sich beim vorliegenden Verfahren nach der zumindest näherungsweisen Kompensation der Bewegung auch zusätzlich retrospektive Bildverarbeitungsverfahren anwenden, um die Bildergebnisse noch weiter zu verbessern. Die näherungsweise Kompensation durch die Änderung der geometrischen Verhältnisse des Bildgebungssystems kann dabei für die Kompensation grober Bewegungen eingesetzt werden, während verbleibende kleine Fehler durch retrospektive Bildverarbeitung behoben werden.
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Das vorliegende Bildgebungssystem umfasst zumindest eine Strahlungsquelle und einen Detektor, eine Patientenliege, eine Steuereinheit, eine Bildverarbeitungs- und eine Bildanzeigeeinheit. Die geometrischen Verhältnisse zur Bildaufnahme sind durch motorisch gesteuerte Bewegung der Patientenliege sowie der Bildaufnahmeeinheit, bestehend aus Strahlungsquelle und gegenüberliegendem Detektor, veränderbar. Das Bildgebungssystem zeichnet sich dadurch aus, dass eine Kompensationseinheit vorgesehen ist, die in Echtzeit ein oder mehrere der in der Lage veränderbaren Komponenten zur Veränderung der geometrischen Verhältnisse des Bildgebungssystems und die Bildverarbeitungseinheit zur geometrischen Anpassung eines Bildinhaltes eines jeweils gerade aufgezeichneten Bildes so ansteuert, dass die von einem Lokalisationssystem erfassten Bewegungen eines Patienten zumindest annähernd kompensiert werden. Das Bildgebungssystem ist hierbei vorzugsweise in Form eines C-Bogen-Gerätes ausgebildet, wobei als bewegliche Komponenten vorzugsweise der Patiententisch sowie der C-Bogen in ihren Stellungen verändert werden.
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Das vorliegende Verfahren sowie die zugehörige Vorrichtung werden nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels in Verbindung mit den Zeichnungen nochmals näher erläutert. Hierbei zeigen:
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1 ein Beispiel für ein C-Bogen-Gerät als Bildgebungssystem zur Durchführung des vorliegenden Verfahrens;
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2 ein Beispiel für die Kalibrierung des Lokalisationssystems in dem C-Bogen-Gerät der 1;
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3 ein Beispiel für die Aufzeichnung des ersten Bildes mit der ersten räumlichen Lage des Untersuchungsbereiches; und
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4 ein Beispiel für die Aufzeichnung der weiteren Bilder sowie die Bewegungskompensation.
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Im Folgenden wird das vorliegende Verfahren anhand einer Röntgen-Angiographieanlage für Anwendungen in der Neuro-Radiologie beschrieben. Das Verfahren kann selbstverständlich auch auf anderen Gebieten, bei denen die digitale Subtraktions-Angiographie und/oder Roadmapping eingesetzt werden, angewendet werden. Auch bei anderen Techniken der medizinischen Bildgebung, bei denen Serienaufnahmen gemacht und miteinander in Beziehung gesetzt werden müssen, lässt sich das vorliegende Verfahren einsetzen.
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Die folgenden Ausführungen beschränken sich beispielhaft auf den Fall der Korrektur von Kopfbewegungen des Patienten. Da der Kopf näherungsweise als starrer Körper angesehen werden kann, lässt sich die Bewegung auf die 6 Freiheitsgrade der Translation und Rotation eines starren Körpers im dreidimensionalen Raum einschränken.
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Für die Bildaufnahmen wird eine Röntgen-Angiographieanlage 1 für die Neuro-Radiologie eingesetzt, die schematisch in der 1 dargestellt ist. Die Röntgen-Angiographieanlage 1 besteht u. a. aus einem um zwei Achsen rotierbaren C-Bogen 1a, an dem eine Röntgenröhre 10 und ein der Röntgenröhre gegenüberliegender Detektor 11 befestigt sind, einer Bildverarbeitungseinheit 12 und einer Bildanzeigeeinheit 13. Weiterhin umfasst diese Anlage den motorisch verstellbaren Patiententisch 16, eine Steuereinheit 14 für die Bildaufnahmesteuerung sowie die Kompensationseinheit 15. Durch Rotation des C-Bogens 1a lassen sich unterschiedliche Projektionen des Untersuchungsbereiches des während der Untersuchung auf dem Patiententisch 16 gelagerten Patienten als zweidimensionale Bilder aufzeichnen. Beim vorliegenden Verfahren wird ein Lokalisationssystem 2 für die Erfassung der Lage des Untersuchungsbereiches des Patienten, im vorliegenden Beispiel des Kopfes des Patienten, eingesetzt. Bei diesem Lokalisationssystem 2 handelt es sich im vorliegenden Beispiel um ein Gerät, mit dem die Position und Orientierung eines Lagesensors 2a im dreidimensionalen Raum gemessen werden kann.
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Vor der Benutzung des Lokalisationssystems 2 muss eine Kalibrierung zwischen den Koordinatensystemen der Angiographieanlage 1 und des Lokalisationssystems 2 durchgeführt werden. Die Kalibrierung besteht aus 6 Parametern, die die Rotation und Translation der beiden Koordinatensysteme relativ zueinander beschreiben. Für die Durchführung einer derartigen Kalibrierung stehen unterschiedliche Verfahren zur Verfügung:
- – Eine Möglichkeit der Kalibrierung besteht darin, ein Kalibrierphantom 3 einzusetzen, das mittels Röntgenbildgebung aus verschiedenen Winkeln aufgezeichnet wird, wie dies in der 2 veranschaulicht ist. Während der Bildaufzeichnung 1b ist der Sensor 2a des Lokalisationssystems 2 mit dem Kalibrierphantom 3 verbunden. Durch die feste Beziehung von Markierungen 3a am Phantom 3, die auf den aufgezeichneten Röntgenbildern detektiert werden können, und dem Sensor 2a, kann die räumliche Lage des Sensors 2a (und somit des Koordinatensystems des Lokalisationssystems) relativ zum Koordinatensystem der Angiographieanlage 1 in einem Berechnungsschritt 4 berechnet werden. Diese Beziehungen bzw. Kalibrierdaten werden gespeichert (5).
- – Eine weitere Kalibriertechnik betrifft die Kalibrierung eines elektromagnetischen Lokalisationssystems. Hier könnte der Sender an einer Stelle angebracht werden, deren Position relativ zum Koordinatensystem der Angiographieanlage bekannt ist. In diesem Fall sind keine weiteren Schritte für die Kalibrierung mehr erforderlich.
- – Bei Einsatz eines optischen Lokalisationssystems könnte eine Marker-Platte am Detektor oder einem sonstigen Teil der Angiographieanlage angebracht werden, dessen Position relativ zum Koordinatensystem der Angiographieanlage bekannt ist. Auch hier sind dann keine weiteren Kalibrierschritte mehr erforderlich. Eine weitere Möglichkeit ohne zusätzliche Kalibrierschritte besteht in diesem Fall darin, die Kamera des optischen Lokalisationssystems fest an der Decke des Untersuchungsraumes zu installieren.
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Die Kalibrierung, die im vorliegenden Beispiel mit der ersten beschriebenen Technik vorgenommen wird, ist in der Regel nur einmalig bei Installation des Systems erforderlich.
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Die Vorgehensweise bei der Durchführung des vorliegenden Verfahrens ist aus den 3 und 4 ersichtlich. Zunächst wird der Sensor 2a des Lokalisationssystems 2 am Kopf des Patienten 17 fixiert, wie dies schematisch aus der 3 ersichtlich ist. Dies kann bspw. durch eine Klebeverbindung erfolgen. Bei Beginn der Serienaufnahmen, bspw. der DSA- oder Roadmap-Aufnahmen, wird bei Aufnahme 1b des Masken-Bildes automatisch, d. h. ohne Benutzer-Interaktion, die aktuelle räumliche Lage des Sensors 2a und somit des Kopfes des Patienten 17 mit dem Lokalisationssystem 2 erfasst. Diese anfängliche Lage, d. h. Position und Orientierung, wird unter Berücksichtigung der abgespeicherten Kalibrierdaten 5 im Bezugssystem des Bildgebungsgerätes berechnet und die Originalposition und -orientierung abgespeichert (6).
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Während der nachfolgenden Bildaufnahmen 1b wird kontinuierlich die Lage des Sensors 2a bestimmt. In der Kombinationseinheit 15 wird die momentane Lage mit der gespeicherten anfänglichen Lage 6 verglichen und aus der momentanen Lage, den gespeicherten Kalibrierdaten 5 und der gespeicherten anfänglichen Lage 6 die Änderung der Patientenlage bestimmt (Schritt 7). Diese Information wird an die Steuerung 14 der Angiographieanlage 1 übermittelt. Die Steuerung 14 passt die Aufnahmegeometrie 8 durch Ansteuerung des Antriebes für den Patiententisch 16 sowie des Antriebs für den C-Bogen 1a und ggf. durch Steuerung der Bildverarbeitung 9 so an, dass die Patientenbewegung kompensiert wird.
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Anschließend können das Masken-Bild und die jeweiligen Füllungs-Bilder oder Fluoroskopie-Bilder in der Bildverarbeitungseinheit 12 voneinander subtrahiert und die erhaltenen Subtraktions-Bilder an der Bildanzeigeeinheit 13 dargestellt werden (1c).
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Im Prinzip könnten die 6 Freiheitsgrade der Patientenbewegung durch eine entsprechende Nachführung des Patiententisches 16 in 6 Freiheitsgraden vollständig kompensiert werden. Allerdings können auch andere Möglichkeiten für die Durchführung des Verfahrens günstiger sein. So bietet sich für ein typisches Neuro-Angiographiesystem bspw. die Anpassung der folgenden Parameter an:
- – Anpassung der Translation des Patiententisches in 3 Freiheitsgraden;
- – Anpassung der Rotation des C-Arms in zwei Richtungen (2 Freiheitsgrade); und
- – Rotation des Bildinhaltes des aufgezeichneten Bildes (1 Freiheitsgrad).
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Nach dem Ende der Serienaufnahmen wird die gespeicherte Anfangsposition bzw. Lage verworfen und für die Durchführung von neuen Serienaufnahmen mit der Erfassung einer neuen anfänglichen Lage fortgefahren.