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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Abreicherung
(Abtrennung) von niedermolekularen Vergärungsprodukten mit
Molekulargewichten von 32 bis 200 Dalton aus durch aerobe oder anaerobe
Vergärungsprozesse erzeugten Stoffgemischen.
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Die Vor- oder Nachbehandlung von Reaktionsgemischen, die über
Vergärungsprozesse erzeugt werden, ist in der Regel ein maßgeblicher
Kostenfaktor, der über eine wirtschaftliche Umsetzung eines solchen Prozesses
zur Erzeugung bestimmter Stoffe mitentscheidet. Beispielhaft sei hier die
Erzeugung von Alkohol oder Essigsäure in Bioreaktoren genannt, wobei in diesem
Umfeld auch andere Vergärungsprozesse betroffen sind, wie z. B. die Erzeugung
von Zitronensäure, Milchsäure, Fumarsäure oder Glyzerin. Zur weiteren
Verarbeitung der niedermolekularen Vergärungsprodukte ist es immer erforderlich
zunächst die Biomasse und die höher molekularen Begleitstoffe bei der Gärung zu
entfernen.
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Dies geschieht je nach Gärungsprozeß mit sehr unterschiedlichen und zum Teil
sehr aufwendigen Methoden. Bei der Vergärung von Ethanol zu Essigsäure wird
beispielsweise häufig das vor der Essigsäure zu gewinnende Ethanol aufwendig in
einem thermischen Trennschritt aufgearbeitet. Bei der Erzeugung von Fumarsäure
durch Gärungsprozesse wird die Elimination von Fumarsäure häufig durch
ionische Fällprozesse vorgenommen, was in nachgeschalteten Schritten zur
Erzeugung der reinen Fumarsäure zu hohen Salzfrachten führt, die die Kosten der
Verfahren und die ökologische Relevanz der Herstellung selbst erhöhen.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine
Vorrichtung der eingangs genannten Art vorzuschlagen, mit dem der aufwendige
und kostenintensive thermische Trennschritt vermieden werden kann und dennoch
erfolgreich die Separation von Vergärungsprodukten mit Molekulargewichten von
32 bis 200 Dalton durchgeführt werden kann.
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Die Aufgabe ist erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß die Stoffgemische
über eine RO oder NF Membran derart geführt werden, daß das niedermolekulare
Vergärungsprodukt im Permeat ausgeschleust wird, wobei die Membran für das
niedermolekulare Vergärungsprodukt niedrige Rückhalte und für die restlichen
Begleitstoffe des Stoffgemisches hohe Rückhalte aufweist. Dabei kann die
Führung des betreffenden Stoffgemisches über die Membran direkt anschließend
an die Erzeugung oder auch im weiteren Verfahrensverlauf nach
Zwischenbehandlungen durchgeführt werden. Unter einer RO oder NF Membran
versteht man in der Fachsprache Umkehrosmose- oder Nanofiltrations-
Membranen.
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Die Separation von solchen Vergärungsprodukten erfolgt gemäß der Erfindung mit
sehr vorteilhaften Wirkungen über die Membrantechnik, die die Tatsache ausnutzt,
daß die Unterschiede zwischen Substratmolekülen, Mikroorganismen,
Nährlösungen und Vergärungsprodukten im physikalisch-chemischen Sinn
hinreichend groß sind.
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Dies ist im allgemeinen bei diesen Prozessen gegeben, da die Biomasse selbst
Partikelgrößen von mindestens 0,5 µ aufweist, die Nährstoffe für diese Biomasse
stellen Zucker dar, deren Größe bei knapp unter 200 Dalton beginnt und je nach
Kondensationsgrad einige 1000 Dalton erreichen kann. Die bei Gärprozessen
erzeugten Stoffe weisen hierbei molekulare Größen von unter 200 Dalton auf und
sind nicht oder nur schwach dissoziiert, wohingegen die unverzichtbaren
Spurenelemente, die für die Gärung benötigt werden, Salze sind, die stark
dissoziiert sind und von entsprechend großen Solvathüllen umgeben sind.
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Mit Membranen, die im Bereich der Umkehrosmose und im Bereich der
Nanofiltration eingesetzt werden sind Filtrationsaufgaben im molekularen Bereich
möglich. Üblicherweise liegen die Trenngrenzen für die Molekülgrößen in diesen
Anwendungsbereichen zwischen hundert und einigen tausend Dalton. Dies
bedeutet, daß niedermolekulare Stoffe, die über Mikroorganismen aus den höher
molekularen Substraten erzeugt werden, eben über solche Membranen von nicht
umsetzbaren oder noch nicht umgesetzten Inhaltsstoffen abgetrennt werden
können. Da für biologische Verfahren die Anwesenheit von Wasser immer
erforderlich ist, kann dieses dazu benutzt werden, um die, bei der Vergärung
erzeugten Stoffe, über eine geeignete Membran aus dem aufzubereitenden
Gemisch zu transportieren.
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Weitere vorteilhafte Merkmale der Erfindung sind in den Unteransprüchen
beschrieben und beansprucht und ergeben sich aus der Beschreibung der
zugehörigen Zeichnung, deren Abb. 1 bis 3 Schaltbilder von Anlagen der
erfindungsgemäßen Art zeigen, die nachfolgend anhand von drei Beispielen näher
erläutert werden:
Beispiel 1
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Bei der Erzeugung von Essigsäure in Bioreaktoren werden Alkoholdestillate
eingesetzt, die zuvor aus zuckerhaltigen Substraten über eine Vergärung
hergestellt wurden. In einem 2. Schritt wird dann der Alkohol zu Essigsäure
umgesetzt. Die Aufarbeitung des Alkohols über einen thermischen Trennschritt
(Destillation/Rektifikation) ist erforderlich, damit die z. T. sehr komplexen
Nebenbestandteile der zu vergärenden oder vergorenen zuckerhaltigen Lösungen,
entfernt werden können. Diese Stoffe stören die Aufarbeitung der im 2. Schritt
erzeugten Essigsäure zu qualitativ hoch stehenden Produkten.
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Mit dem hier beschriebenen Verfahren kann dieser aufwendige und
kostenintensive thermische Trennschritt vorteilhaft umgangen werden, indem die
in der ersten Verfahrensstufe erzeugten alkoholhaltigen Substrate direkt zu Essig
vergoren werden, wobei die erzeugte Essigsäure über eine geeignete
Membrantechnik aus den Fermentationsbrühen entfernt wird.
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Hierzu eignen sich Membranen für die Umkehrosmose oder auch für die
Nanofiltration mit Ausschlußgrenzen ab etwa 120 bis 1000 Dalton. Diese für
Wasser durchgängigen Membranen zeigen für niedermolekulare Stoffe, sofern sie
nicht mit einer ausgesprochen ausgebildeten Solvathülle umgeben sind, ebenfalls
z. T. beträchtliche Permeabilitäten. Für nichtdissozierte Essigsäure,
Molekulargewicht 60 Dalton, kann die Permeabilität zwischen 40% und 90%
liegen, je nachdem welche Membranen eingesetzt werden. Hierdurch bedingt,
kann die Umkehrosmose oder auch Nanofiltration sowohl zum Abreichern als auch
zum Anreichern von Essigsäure eingesetzt werden.
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Die Molekulargewichte anderer Stoffe, die in den bei der Vergärung entstehenden
Weinen vorliegen, liegen jedoch weit höher. Beispielhaft seien hier die typischen
Inhaltsstoffe von Melasse genannt, aus der Melassewein vergoren werden kann:
So besteht z. B. Melasse, die aus Zuckerrohr gewonnen wurde, typischerweise
etwa zur Hälfte aus Saccharose, einem weiteren Viertel aus Wasser, zu einem
Fünftel aus Nichtzuckerstoffen wie Dextrine, Betaine und Milchsäure sowie zu
geringen Anteilen aus Stickstoffverbindungen und Invertzuckern.
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Melassen aus Zuckerrüben weisen einen etwas geringeren Saccharose Anteil auf
(30-40%), der Anteil an Invertzuckern liegt bei 10-15%, Aconitsäure tritt mit bis zu
5% auf.
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Werden solche Melassen vergoren so wird Saccharose zu Alkohol umgesetzt. Das
Produkt ist ein sogenannter Melassewein, dessen Alkoholgehalt bei ca. 10-15%
liegt.
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Mikroorganismen wie z. B. der Acetobacter Aceti sind in der Lage diesen Alkohol
zu Essigsäure umzusetzen. Das Endprodukt dieser Umsetzung ist eine
Essiglösung, deren Essiggehalt bei ca. 10% liegt.
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Dies bedeutet, daß aus der ursprünglichen Melasse zunächst über Zucker Alkohol
hergestellt wird, wobei hierbei nur der Zuckeranteil betroffen ist. Nicht umgesetzter
Zucker befindet sich in dem erzeugten Melassewein. Die Vergärung zu Essigsäure
betrifft nur den Alkohol des Melasseweines, so daß die in beiden Prozessen nicht
an der Vergärung beteiligten Stoffe sich in dem Endprodukt der Essigvergärung
wiederfinden und sich bei der Aufarbeitung des Essigs als sehr störend auswirken.
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Unvergorene Anteile an Saccharose zeigen keine nennenswerten Permeabilitäten
durch die genannten Umkehrosmose- oder Nanofiltrationsmembranen.
Invertzucker und Dextrine, die von der Vergärung nicht betroffen sind, sind
aufgrund ihrer Molekulargewichte ebenfalls nicht membrangängig. In der Literatur
sind Rückhalte von weit über 98% für diese Stoffe beschrieben.
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Betaine tragen als quartäre Stickstoffverbindungen Ladungen, wodurch sie wegen
einer ausgeprägten Solvathülle ebenfalls nicht membrangängig sind, da sie für
Membranen eher solvatisierte Salze darstellen, deren Rückhalte ebenfalls mit weit
über 98% angegeben werden. Ähnliches gilt für andere Stickstoffverbindungen,
die aufgrund ihrer Basizität innerhalb der Essigvergärung protoniert werden,
wodurch ebenfalls eine Solvathülle erzeugt wird.
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Innerhalb der Erfindung wurde daher der entstandene Essig über eine
semipermeable Membran aus den Fermentationsbrühen ausgeschleust, um eine
aufwendige thermische Aufarbeitung des Alkohols, der bei der Vergärung der
zuckerhaltigen Substrate entsteht, vorteilhaft zu umgehen.
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Dies gelang z. B. mit einer Anordnung, die in Abbildung (I) dargestellt ist:
In einem Bioreaktor (1) wird Alkohol zu Essigsäure umgesetzt. Die Umsetzung
erfolgt hier dergestalt, daß entsprechende Weine wie z. B. Melassewein direkt dem
Bioreaktor zugegeben werden können. Ist die Umsetzung zu Essig abgeschlossen
oder weitgehend abgeschlossen, wird der Inhalt des Reaktors in einen
Zwischenbehälter (2) geführt, welcher sinnvollerweise über einen Polizeifilter (3)
mit einer Membrananlage (4) verbunden ist, die mit Umkehrosmose- oder
Nanofiltrationsmembranen bestückt ist. Die vor der Membran entstehenden
Konzentrate (5) werden in den Zwischenbehälter (1) zurückgeführt und erneut
diesem Kreislauf unterworfen. Die die Membran durchdringenden Permeate (5a)
werden in einen Sammelbehälter (6) geführt, von wo sie weiter aufgearbeitet
werden.
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Damit die osmotischen Drücke beherrschbar bleiben, die durch diese
Verfahrensweise zwangsweise ansteigen und in der Aufkonzentration der Stoffe
begründet sind, die die Membran nicht passieren können, wird dem
Zwischenbehälter (2) gegebenenfalls kontinuierlich ein Extraktionsmittel (2a),
üblicherweise Wasser, zugeführt. Das Verhältnis von zugeführtem Wasser und
dem aus dem Kreislauf entfernten Permeat wird über die osmotischen Drücke
geregelt, die mit der jeweiligen Anlagentechnik beherrschbar sind. Die nach
Abschluß der Ausschleusung verbleibenden Konzentrate werden aus dem System
über (7) herausgeführt.
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Der Inhalt des Sammelbehälters (6) enthält jetzt nur noch eine weitgehend
gereinigte und verdünnte Essigsäurelösung. Die so erzeugte Essigsäure kann
idealerweise direkt über eine marktgängige Solventextraktion (8) zu konzentrierter
Essigsäure (11) verarbeitet werden.
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Sollte es erforderlich sein, die ausgeschleuste Essigsäure etwas
aufzukonzentrieren, so kann dies über eine weitere Umkehrosmosemembran (9)
erzielt werden, die entsprechend für Essigsäure hohe Rückhalte aufweist. Die
Verschaltung der Membran ist hierbei jedoch umgekehrt, was bedeutet, daß nun
die vor der Membran erzeugten Konzentrate (13) der Solventextraktion (8)
zugeführt werden, die abgereicherten Permeate (10) aus dieser Stufe werden
zweckmäßigerweise zurückgeführt, wodurch ein geschlossener Kreislauf entsteht.
Die bei der Solventextraktion entstehende wässrige Phase wird in einem weiteren
Zwischenbehälter (12) aufgefangen und zweckmäßigerweise als Extraktionsmittel
(1a) für die Ausschleusung des Essigs wieder eingesetzt. Somit entsteht ein
geschlossener Kreislauf.
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Das Verfahren ist hierbei aber nicht auf den Einsatz von Bioreaktoren begrenzt,
bei welchen der Acetobacter Aceti für die Umsetzung des Alkohols zu Essigsäure
verantwortlich ist. Vielmehr gelingt auch bei anderen Mikroorganismen die
Abreicherung der Essigsäure auf analoge Art und Weise. Hier sei beispielsweise
das Acetogenium kivui genannt, welches direkt aus Glucose anaerob Essigsäure
vergären kann. In diesem Fall ist das beschriebene Verfahren ebenfalls vorteilhaft
einsetzbar, da eine kontinuierliche Abreicherung der Essigsäure aus den
Fermentationsbrühen möglich wird, wie in Abbildung (II) dargestellt ist.
Beispiel 2
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Andererseits wäre es mit dieser Technik auch möglich bereits in der
Vergärungsphase Ethanol zu separieren. Ethanol, Molekulargewicht 46 Dalton,
zeigt bei den genannten Membranen aus dem Bereich der Umkehrosmose und
Nanofiltration Permeabilitäten, die in der Literatur mit 60 bis 90% angegeben sind.
Soll beispielsweise ein Substrat aus Melasse zu einem Melassewein vergoren
werden, so gelten die gleichen Randbedingungen, wie sie zuvor beschrieben
wurden. Da die an der Fermentation beteiligten Hefen lediglich die Zuckeranteile
zu Alkoholen umwandeln, entstehen analog zur Herstellung von Essig, verdünnte,
diesmal alkoholische Lösungen, die über die beschriebene Membrantechnik aus
den Fermentationsbrühen ausgeschleust werden können.
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Hierzu wird einem Fermenter (1) eine zu fermentierende Zuckerlösung zugeführt.
Nach Beendigung des Vergärungsprozesses wird die entstandene Lösung in
einen Zwischenbehälter (2) gegeben und über einen Polizeifilter (3) zu einer
Umkehrosmose- oder Nanofiltrationsmembran (4) geleitet. Die entstehenden
Konzentrate (5) werden zurückgeführt, wohingegen die schwach abgereicherten
Permeate (5a) als verdünnte alkoholische Lösung in einem weiteren
Zwischenbehälter (6) aufgefangen werden können, um beispielsweise zu Essig
weiterverarbeitet zu werden. Eine Aufkonzentration des Ethanols ist analog zur
zuvor beschriebenen Verfahrensvariante ebenfalls möglich.
Beispiel 3
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Ebenso konnte nach dem beschriebenen Verfahren Fumarsäure problemlos aus
einem Bioreaktor abgereichert werden. Die hierbei erhaltenen fumarsäurehaltigen
Permeate konnten durch einen nachgeschalteten Konzentrationsschritt, der mit
einer Membran durchgeführt wurde, die höhere Rückhalte für Fumarsäure zeigte,
problemlos weiterverarbeitet werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren wurde nun für Vergärungsprozesse auf
folgende Schritte abstrahiert:
Einer RO oder NF Membran läuft aus einem vorgeschalteten biologischen
Vergärungsprozeß eine wässrige Lösung zu, die das Vergärungsprodukt enthält.
Dieses, im Vergleich zu den anderen Inhaltsstoffen niedermolekulare
Vergärungsprodukt wird mit einer geeigneten RO oder NF Membran, die für das
niedermolekulare Gärungsprodukt niedrige Rückhalte zeigt aus der Zulauflösung
als Permeat ausgeschleust und die entstandenen höhermolekularen Konzentrate
werden zurückgeführt. Die erhaltenen Permeate enthalten nun die durch den
Gärprozeß hergestellten niedermolekularen Produkte in hoher Reinheit und
können entweder direkt weiter verarbeitet werden oder durch eine nachgeschaltete
2. Membrananlage, die wiederum für den bei dem Gärprozeß erhaltenen Stoff
einen höheren Rückhalt zeigt, zur weiteren Bearbeitung aufkonzentriert werden.
Hierbei werden die bei diesem Vorgang erhaltenen abgereicherten Permeate
zweckmäßiger Weise wieder der 1. RO oder NF Membran zugeführt.
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Dies ist in Abbildung (III) verdeutlicht: Einen Bioreaktor (1) verläßt eine
Gärflüssigkeit, die in einem Zwischenbehälter (2) zulaufen kann. Von dort wird sie
einem RO oder NF System (3) zugeführt, welches niedrige Rückhalte für das
Gärprodukt aufweist. Die das Gärprodukt enthaltenden Permeate (4a) können zur
weiteren Verarbeitung einem Zwischenbehälter (5) zugeführt werden, die
erzeugten Konzentrate (4) werden in den ersten Zwischenbehälter (2) oder dem
Bioreaktor (1) selbst wieder zugeführt. Sollen die in diesem Schritt hergestellten
Permeate zur weiteren Verarbeitung wieder aufkonzentriert werden, so führt man
sie einem RO/NF System (6) mit hohen Rückhalten zu, so daß als Konzentrat ein
höher konzentriertes Produkt entsteht, die hierbei entstehenden abgereicherten
Permeate (7) werden wiederum dem Zwischenbehälter (2) oder dem Bioreaktor (1)
zugeführt.