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Weltweit
stehen Mobilfunknetze der dritten Generation (3G) kurz vor der Einführung. In
Europa haben die Betreiber von Mobilfunknetzen sehr viel Geld für die Zuteilung
von Spektrum investiert. Hinzu kommen hohe Investitionen in die
notwendige Infrastruktur für
Netze der dritten Generation. Viele der Betreiber setzen auf UMTS
(Universal Mobile Telecommunication System) als Technik, um das
neue Spektrum zu nutzen. Da 3G-Mobilfunknetze
europaweit zeitgleich eingeführt
werden, ist damit zu rechnen, dass es auf Seiten der Herstellerfirmen
von UMTS-Ausrüstung
zu Lieferengpässen
kommen wird. Durch die hohen Kosten für den Erwerb und die Nutzung
des Spektrums kostet diese Verzögerung die
Netzbetreiber viel Geld, da sich die Markteinführung der Systeme verzögert.
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Weiterhin
kann nachgewiesen werden, dass die spektrale Effizienz von UMTS
in bestimmten Fällen
nicht höher
ist als die spektrale Effizienz von Systemen der 2. Generation wie
beispielsweise GSM (Global System for Mobile Communication).
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Eine
Weiterentwicklung von GSM nennt sich EDGE (Enhanced Data Rates for
GSM Evolution). Mit diesem Verfahren, das ebenfalls als Mobilfunksystem
der dritten Generation von der ITU akzeptiert worden ist, lassen
sich hohe Datenraten von zur Zeit. 384 kbit/s durch ein gegenüber GSM
geändertes
Codier- und Modulationsschema realisieren. Bei EDGE wird eine hohe
Qualität
des Empfangssignals direkt in eine hohe Datenrate umgesetzt. Wird
die Übertragungsqualität schlechter,
schaltet EDGE in einen robusteren Modus und senkt dabei die Datenrate
ab.
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Aus
dem Stand der Technik wie
DE
197 35 527 A1 ,
DE
199 46 540 A1 ,
DE
197 08 305 A1 , ist der Betrieb von mehreren Funksystemen
in einer Kommunikationsumgebung bekannt, wobei nur in nicht bereits
benutzen Frequenzbändern
oder Funkkanälen
eine neue Funkübertragung
erfolgt.
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Die
Aufgabe der Erfindung ist der koexistente Betrieb von W-CDMA Mobilfunksystemen
und digitalen Rundfunksystemen bzw. von CDMA oder TDMA Mobilfunksystemen
nach verschiedenen Standards, welche gleichzeitig mehrere FDM-Kanäle belegen
mit den Zielen, in Kooperation oder in Wettbewerb der Systeme die
Funkkanalkapazität
zu steigern und zwar zum Vorteil eines oder beider Systeme gleichzeitig.
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Die
Aufgabe wird durch die in den Ansprüchen 1 und 2 angegeben Verfahren
gelöst.
Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Nach
dem Stand der Technik sind Verfahren bekannt, bei denen Mobilfunksysteme
nach verschiedenen Standards alternativ im gleichen Frequenzband
betrieben werden, wobei sich die Funkausbreitungszonen der verschiedenen
Funksysteme nicht überlappen
oder bei Überlappung
der Funkausbreitungszonen die Funksysteme jeweils unterschiedliche
Teilfrequenzbereiche belegen. Im Gegensatz zu anderen bekannten
Verfahren zur mehrfachen Nutzung desselben Systems in überlappenden
Funkausbreitungszonen in Form von Mikro- und überlagernden Makrozellen ermöglicht die
Erfindung den gleichzeitig überlappten
Betrieb derselben Funkkanäle durch
Funksysteme verschiedener Standards ohne die Notwendigkeit der Einhaltung
von Randbedingungen bzgl. Zellradien und Störpegeln für die gleichzeitige Nutzbarkeit
desselben Frequenzkanals.
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Die
Erfindung stellt ein Verfahren dar, mit dessen Hilfe die spektrale
Effizienz von zellularen Mobilfunksystemen durch gleichzeitigen
Betrieb zweier Mobilfunksysteme, z.B. UMTS und EDGE im gleichen
Frequenzband gesteigert werden kann. Das Verfahren zeichnet sich
durch folgende Eigenschaften aus:
- a. Die spektrale
Effizienz des Gesamtsystems, bestehend aus den beiden Mobilfunksystemen,
ist höher
als die spektrale Effizienz eines der beiden Teilsysteme allein.
- b. Die beiden Systeme stören
sich nur wenig und beide können
Teilnehmer mit Mobilfunkdiensten versorgen.
- c. Das erfindungsgemäße System
lässt die
völlige Überlappung
der Funkausbreitungszonen der beiden Systeme zu. Dabei können die
beiden Systeme gemeinsame Teilfrequenzbereiche gleichzeitig belegen
und benutzen.
- d. Durch die gleichzeitige Nutzung des Spektrums durch zwei
Systeme mit unterschiedlicher Technik lassen sich für den Betreiber
verschiedene Netzaufbauszenarien entwickeln. Der Betreiber eines solchen
Netzes kann zwischen verschiedenen Techniken wählen und so ortsabhängig nur
eins der beiden Systeme oder beide gleichzeitig betreiben. Der Betreiber
ist bzgl. des Aufbaus nicht nur von einer Systemtechnik abhängig.
- e. Einem Teilnehmer eines solchen Mobilfunksystems, bestehend
aus zwei gleichzeitig betriebenen Systemen, stellt sich das System
als ein System dar, d.h. die Kunden können mit einem Dual-Mode-Gerät Mobilfunkdienste
in bei den Teilsystemen nutzen ohne das aktuell benutzte System zu
wählen
und ohne zu wissen, welches der Teilsysteme aktuell benutzt wird.
Verwendet der Teilnehmer nur ein Single-Mode-Endgerät, so kann
er nur die Dienste des jeweiligen Teilsystems nutzen.
- f. Die beiden Teilsysteme interferieren miteinander. Dadurch
sinkt im Vergleich zum ungestörten Fall
die Kapazität
der einzelnen Teilsysteme. Dennoch ist die Kapazität beider
Teilsysteme gemeinsam größer als
die Kapazität
jedes einzelnen Teilsystems im ungestörten Fall.
- g. Durch die Einführung
einer gemeinsamen Sendeleistungsregelung, die die erzeugte Interferenz lastabhängig über die
Grenzen der Teilsysteme hinweg steuert, kann die spektrale Effizienz
weiter gesteigert werden.
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Die
im Patentanspruch angegebene Erfindung löst das Problem, dass die spektrale
Effizienz eines reinen W-CDMA Mobilfunksystems unter der eines erfindungsgemäßen Systems
liegt. Mit einem erfindungsgemäßen System
kann ein Netzbetreiber mehr Teilnehmer innerhalb des gleichen Frequenzspektrums
mit Diensten versorgen als mit einem TDMA- oder CDMA-System allein
und so die Kosten für Infrastrukturaufwendungen
auf mehr gleichzeitige Nutzer verteilen. Des weiteren kann ein für ein Mobilfunksystem
lizenziertes Spektrum bereits vor Bereitstellung von entsprechender
Systemtechnik mit anderer Systemtechnik verwendet werden und ab
Lizenzerteilung vom Betreiber genutzt werden.
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Bei
einem gleichzeitigen Betrieb von beispielsweise UMTS als W-CDMA
System und EDGE als TMDA/FDMA-System im gleichen Band treten wechselseitig
Intersystem-Interferenzen
auf. Das UMTS-System verwendet Frequenzkanäle in einem Kanalraster von
4.4 MHz bis 5 MHz, auf denen die verschiedenen Teilnehmer mittels
Codespreizübertragungstechnik übertragen.
EDGE dagegen verwendet FDM/TDM-Übertragungstechnik,
d.h. die Teilnehmer werden durch unterschiedliche Trägerfrequenzen
im 200 kHz Raster sowie teilweise durch unterschiedliche Sendezeitpunkte
getrennt.
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Es
ist notwendig, die gegenseitigen Interferenzen möglichst genau zu analysieren,
da Interferenz automatisch einen Kapazitätsverlust in dem jeweiligen
System bedeutet. Es lässt
sich zeigen, dass die Kapazität
eines erfindungsgemäßen System
trotz der aufgrund der hinzukommenden Intersysteminterferenz geringeren
Kapazität
der Teilsysteme höher liegt
als die Kapazität
eines Teilsystems bei alleinigem Betrieb. Für das UMTS System stellen die
200 kHz Träger
von EDGE zusätzliche,
schmalbandige Interferenzquellen dar. Diese werden durch den Entspreizvorgang
im Empfänger
auf eine Frequenzbandbreite von mehr als 3.84 MHz gespreizt und
so in ihrem Einfluss reduziert. In 5 MHz lassen sich 25 EDGE-Träger unterbringen.
Geht man von einer Clustergröße von 9
für das
EDGE System aus, überlagern
sich bei gleichen Standorten für
die EDGE und UMTS Antennen und gleichmäßiger Verteilung der Träger auf
alle Zellen in jeder Zelle maximal 3 EDGE Träger mit einem UMTS Träger.
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Sofern
man die Sendeleistung des EDGE-Systems regelt, kann das UMTS-System
Mobilfunkdienste in seiner gesamten Zellfläche anbieten.
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Da
die spektrale Leistungsdichte des UMTS-Systems aufgrund der hohen
Spreizung sehr viel niedriger ist als die des EDGE-Systems, stellt sich
die einfallende Interferenz des UMTS-Systems pro EDGE-Träger als
nur wenig störend
dar. Die erzielbaren Datenraten innerhalb des EDGE-Systems werden
nur leicht reduziert.
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Durch
die Einführung
einer Koordinierungsinstanz innerhalb der Funkzugangsnetz-Infrastruktur, welche
die von einem System (EDGE, UMTS) ausgehende Interferenz abhängig vom
Verkehrsangebot steuert und dabei die Algorithmen zur Sendeleistungssteuerung
innerhalb der Teilsysteme anpasst, lässt sich die Flexibilität und die
Kapazität
des erfindungsgemäßen Systems
weiter steigern. So kann beispielsweise ein Einführungsszenarium wie folgt aussehen:
ein bestehender GSM-Netzbetreiber rüstet seine existierenden GSM-Basisstationen
zu EDGE-Basisstationen um oder ergänzt seine Standorte um EDGE-Basisstationen.
Das EDGE-System operiert dann im lizenzierten 3G-Band. Auf diese Weise
erreicht er schnell eine hohe Abdeckung mit EDGE-Diensten. Mit der Verfügbarkeit
von UMTS-Infrastruktur und Endgeräten werden in Ballungsgebieten
zusätzlich
UMTS-Teilnetze aufgebaut, die langsam beginnen, Verkehr zu tragen.
In diesem Fall reduziert der Koordinierungsknoten sukzessive die
maximalen Sendeleistungen und damit die maximalen Datenraten des
EDGE-Systems zugunsten des UMTS-Systems. Diese Steuerung kann tageszeitabhängig dynamisch
auf das wechselnde Verkehrsangebot reagieren.
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Weiterhin
kann der Koordinierungsknoten das Verkehrsangebot so auf die beiden
Teilsysteme verteilen, dass die Kapazität des Gesamtsystems maximiert
wird. Zu diesem Zweck kann es notwendig sein, Teilnehmer des einen
Teilsystems in das andere Teilsystem durch Systemhandover zu verlagern.
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1 zeigt
schematisch den Aufbau eines erfindungsgemäßen UMTS/EDGE Systems. Jede Basisstation
ist mit UMTS und mit EDGE standardkonformer Technik ausgerüstet. Die
UMTS Sender und Empfänger
verwenden in allen Funkzellen denselben Frequenzkanal mit z.B. 5
MHz Breite. Die EDGE Sender und Empfänger verwenden in jeder Funkzelle
je drei Frequenzkanäle
der Breite 200kHz. Die Verteilung der Frequenzkanäle auf Funkzellen geschieht
derart, dass z.B. 27 Frequenzkanäle,
d.h. ein Spektrum von 5.4 MHz, in je 9 zusammenhängenden Zellen genau einmal
verwendet wird. Man spricht in diesem Fall von einem 9-er Cluster
oder von der Clustergröße 9. In
einer EDGE Zelle werden in diesem Beispiel also genau drei Frequenzen
einer Frequenzgruppe verwendet, z.B. alle schwarz gekennzeichneten
Frequenzen aus 3. Wie 3 zeigt,
liegen 25 von den 27 EDGE Frequenzkanälen innerhalb des von UMTS
verwendeten Frequenzkanals. Beide Funktechnologien werden also gleichzeitig,
auf der selben Fläche
im selben Frequenzband betrieben.
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Abweichend
von 1 können
die Antennenstandorte von EDGE und UMTS auch mit je getrennten Standorten
gewählt
werden.
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UMTS
verwendet ein sogenanntes direct-sequence Spreizverfahren, bei dem
der zu übertragende
bipolare Bitstrom mit einer bipolaren Codefolge multipliziert wird,
dessen Elemente Chips genannt werden, vgl. 2. Da die
Symbolrate des so entstandenen Chipstroms höher ist, als die des Bitstroms,
benötigt
man zur Übertragung
des Chipstroms eine größere Bandbreite,
als es zur Übertragung
des Bitstroms notwendig wäre.
Man sagt, das Signal wird gespreizt. Wie in 2 dargestellt, ist
das Leistungsdichtespektrum des Chipstroms breiter als das des Bitstroms
vor dem Spreizen. Das direct-sequence Spreizverfahren macht also
aus einem schmalbandigen Signal ein breitbandiges.
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Durch
erneute Multiplikation des Chipstroms mit der selben Codefolge im
Empfänger
kann die gesendete Bitfolge wieder zurückgewonnen werden. Das Leistungsdichte spektrum
des so entspreizten Signals entspricht wieder dem der gesendeten
Bitfolge, vgl. 2.
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Ein
EDGE Frequenzkanal ist mit 200 kHz Breite nur 1/25 so breit wie
ein UMTS Frequenzkanal. Ein EDGE Signal stellt also gegenüber dem
UMTS System ein schmalbandiges Signal dar. Im UMTS-Empfänger wird
das empfangene schmalbandige EDGE Signal mit der Muster-Codefolge
des UMTS-Signals multipliziert. Diese Multiplikation bewirkt zu
einen eine Entspreizung des UMTS-Signals und zum anderen eine Spreizung
des EDGE Signals, d.h. die Leistungsdichte des störenden EDGE
Signals wird durch die Spreizung verringert. Dadurch wird im UMTS-Empfänger der
Einfluss des EDGE Störsignals
verringert.
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Umgekehrt
besitzt pro Teilnehmer ein EDGE Signal eine wesentlich größere spektrale
Leistungsdichte als ein UMTS Signal, da das EDGE System mit FDMA
und TDMA als Vielfachzugriffsverfahren bei vergleichbaren Teilnehmer-Übertragungsraten vergleichbar
viel Energie in kürzerer
Zeit und in einer geringeren Frequenzbandbreite überträgt. Von dem durch UMTS verursachten
Störsignal
fallen in das Empfangsfilter des EDGE Empfängers pro EDGE Frequenzkanal
nur etwa 1/25 der Leistung des UMTS Störsignals, welches gleichzeitig
noch aus oben genannten Gründen
eine geringere spektrale Leistungsdichte als das EDGE Signal hat.
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Betreibt
man ein solches Hybridsystem, so kann man die oben genannten Eigenschaften
von UMTS und EDGE ausnutzen, um gegenseitige Störungen trotz Betrieb im selben
Frequenzband zu minimieren.
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Durch
geschickte Verteilung des Nachrichtenverkehrs auf die einzelnen
Systeme kann man sich für
die erfindungsgemäße Lösung noch
andere Effekte zu Nutze machen: überträgt man im
EDGE System die paketorientierten Daten-Dienste und im UMTS die
verbindungsorientierten Daten-Dienste, so nutzt man zum einen die
durch die Paketübertragung entstehende
Interferenzdiversität
und zum anderen die Möglichkeit,
im UMTS hohe Spreizfaktoren zu verwenden, was die Unterdrückung von
EDGE Störern
verbessert. Die Interferenzdiversität wird dadurch erreicht, dass
ein EDGE Zeitschlitz auf einem EDGE Frequenzkanal abwechselnd von
verschiedenen EDGE Stationen verwendet wird, die sich an unterschiedlichen
Positionen aufhalten.
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Eine übergeordnete
Instanz, die die entstehende Interferenz über Systemgrenzen hinweg dynamisch
regelt, hat das Ziel, die Gesamtkapazität eines erfindungsgemäßen Mobilfunknetzes
zu maximieren. Ein solcher Knoten ist in 4 dargestellt.
Er enthält Funktionen
zur Funkbetriebsmittel-Verwaltung im EDGE und im UMTS Netz. Hierzu
unterhält
er zum einen eine Kommunikationsbeziehung mit dem Controller (Base
Station Controller, BSC) im EDGE Netz und zum anderen zum Controller
(Radio Network Controller, RNC) im UMTS Netz. Dies ist notwendig, um
zum einen Informationen über
Interferenzen in den Teilsystemen zu erlangen und zum anderen, um die
Verwendung von Funkbetriebsmitteln, insbesondere der Sendeleistung
der Stationen oder in UMTS den verwendeten Spreizfaktor zu steuern.