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Verfahren zur Gewinnung und Haltbarmachung von Bienenkopfdrüsensekret
Es ist bekannt, daß man das Kopfdrüsensekret, welches von Bienen in einem bestimmten
Stadium ihrer Entwicklung als milchähnlicher, eiweißreicher Futtersaft erzeugt und
zur Fütterung der Brut in die mit Eiern bestifteten Zellen abgeschieden wird, aus
frischen Weiselzellen nach Entfernung der jungen Made mit einem Löffelchen entnehmen
und durch Trocknung haltbar machen kann. So hat z. B. S k 1 e n a r in seinem Buch
»Imkerpraxis «, 5. Auflage, S.471, 472 beschrieben, daß derart gewonnener und haltbar
gemachter Futtersaft auch nach längerem Aufheben noch zur Königinnenzucht brauchbar
ist. , Man hat bisher nur Wert auf die Gewinnung des Futtersaftes aus Weiselzellen
gelegt, da man eine derartige Futtersaftgewinnung aus Arbeiterinnen- und Drohnenzellen
wegen der zu geringen, darin abgelagerten Mengen nicht durchführen konnte und da
man darüber hinaus Anlaß zu der Annahme hatte, daß der Futtersaft, den die Bienen
für die Aufzucht der verschiedenen Erscheinungsformen, den Arbeiterinnen, Drohnen
und Königinnen (Weisel), in ihren Kopfdrüsen erzeugen, verschiedener Art sein müsse
und dem Weiselzellenfuttersaft besondere Wirkungen zuschrieb. Von Nachteil für eine
Gewinnung in größerem Ausmaße ist jedoch auch bei Verwendung der Weiselzellen, daß
auf diese Weise nur jeweils recht geringe Mengen an Futtersaft erhältlich sind.
Für die Gewinnung größerer Mengen besteht Interesse, da sich gezeigt hat, daß dem
Bienenkopfdrüsensekret auch für therapeutische Zwecke Bedeutung zukommt.
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Es ist bereits bekannt, den Futtersaft, welchen die Bienen in den
Weiselzellen ablagern, dadurch besonders günstig zur Gewinnung heranzuziehen, daß
man die Bienenvölker durch Entnahme der Königinnen - in der Weise, wie es bei der
Königinnenzucht üblich ist - zum Aufbau einer größeren Anzahl von Weiselzellen anregt,
hieraus den Futtersaft entnimmt und auf Horden in dünner Schicht bei Tiefentemperaturen
trocknet.
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Solche Trockenpräparate können unmittelbar als Zusatz zu arzneilichen
Zubereitungen dienen. Sie können aber auch als Ausgangsmaterial für die Gewinnung
der in ihnen enthaltenen Wirkstoffe, wie Hormone, Vitamine usw., benutzt werden.
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Die Gewinnung von derartigen Trockenpräparaten ist hier deshalb von
besonderer Bedeutung, weil die jeweils anfallenden Mengen an Ausgangsmaterial zur
weiteren Aufarbeitung wegen ihrer geringen Mengen nicht unmittelbar herangezogen
werden können, sondern zunächst erst in eine stabile Dauerform übergeführt werden
müssen, um aufgesammelt werden zu können.
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Gegenstand der Erfindung ist es, ein Verfahren zur Gewinnung derartiger,
stabiler, Bienenfuttersaft enthaltender Präparate anzugeben, welche sich zur Aufsammlung
der jeweils anfallenden Mengen eignen und danach sich unmittelbar zu Heilmitteln
verarbeiten lassen oder als Ausgangsmaterial für Gewinnung von Extrakten bzw. den
darin enthaltenden Inhaltsstoffen dienen können.
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Es wurde gefunden, daß nicht nur der Futtersaft aus den Weiselzellen,
sondern ebenfalls auch der Futtersaft, den die Bienen im ersten Stadium der Entwicklung
der Arbeiterinnen und Drohnenbrut zur Fütterung in die mit Eiern bestifteten Arbeiterinnen-und
Drohnenzellen geben, die gleich günstigen Heilwirkungen besitzt, welche dem Weiselzellenfuttersaft
zukommen. Es war nicht voraussehbar, daß auch der in Arbeiter- und Drohnenzellen
abgelagerte Futtersaft die wertvollen Wachstumshormone enthält, welche dem Futtersaft
für die Weiselzellen ihren besonderen Wert erteilen. Da man weiß, daß die Bienenarbeiterinnen
aus der gleichen Art von Eiern stammen wie die Bienenköniginnen und daß die verschiedenartige
Entwicklung dieser beiden Bienenwesen allein auf die verschiedenartige Fütterung
zurückzuführen ist, war es naheliegend, in dem Futtersaft, welcher zur Aufzucht
der Weisel (Bienenköniginnen) dient, nach besonderen Wirkstoffen zu suchen, welche
für den Größenunterschied in diesen beiden Bienenwesen: einerseits Arbeiterinnen,
andererseits Königinnen, verantwortlich zu machen sind. Besondere Aufmerksamkeit
erregte neben dem Größenunterschied seit je auch der Unterschied in ihrer Lebensdauer.
Während die Arbeiterinnen, wenn man von der Winterruhe absieht, eine Lebensdauer
von 2 Monaten kaum überschreiten, kann die Lebensfähigkeit und Tätigkeit der Bienenköniginnen
5 Jahre und noch länger betragen. Die Vermutung, daß dieser erstaunliche Unterschied
in
der Lebensdauer auf besondere Wirkstoffe im Weiselfuttersaft zurückzuführen sei,
ist daher naheliegend und in Imkerkreisen auch oft ausgesprochen worden. Die Feststellung,
daß die gleichen wertvollen Eigenschaften auch demjenigen Futtersaft zukommen, welcher
den Arbeiterinnen und den ebenfalls nur kurzlebigen Drohnen gereicht wird, waren
demgegenüber überraschend.
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Die nach Befunden von G o n t a r s k i bestehenden Unterschiede im
Wassergehalt der verschiedenen Futtersaftarten, je nachdem ob sie aus den Weiselzellen
bzw. Drohnenzellen oder Arbeiterinnenzellen entnommen wurden, schienen zwar zu bestätigen,
daß es richtig ist, eine auch im Wirkstoffgehalt verschiedenartige Zusammensetzung
anzunehmen. Sie lassen sich aber auch in der Weise erklären, daß man einen verschiedenen
Verlauf der Austrocknung in der Atmosphäre des Bienenstockes annimmt. Ein einfacher
Versuch, bei dem Wabenstücke mit gleicher Anzahl Drohnenzellen einerseits und Arbeiterinnenzellen
andererseits, welche sich im gleichen Stadium der Bestiftung und Futtersaftbeschickung
befinden, in einem Brutschrank einer durchschnittlichen Feuchtigkeit und Wärme,
wie sie im Bienenstock herrschen (relative Feuchtigkeit -10°/o), ausgesetzt werden,
zeigt, daß eine Gewichtsabnahme durch Austrocknung stattfindet, und daß die Gewichtsabnahme
der Drohnenwaben derjenigen der Arbeiterinnenwaben vorauseilt. Der Unterschied ist
dadurch verständlich, daß der Drohnenzellenbau größere Öffnungen aufweist als der
Arbeiterbau und dadurch den Luftaustausch begünstigt. In noch höherem Maße muß dies
für die Weiselzellen zutreffen. Dem entspricht es, daß der Futtersaft aus Königinnenzellen
den geringsten, aus Drohnenzellen einen mittleren und aus Arbeiterinnenzellen den
höchsten Wassergehalt zeigt. Der festzustellende, unterschiedliche Wassergehalt
ist demnach kein Beweis für einen verschiedenartigen Wirkstoffgehalt.
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Das neue Verfahren besteht unter Ausnutzung dieser Erkenntnis darin,
daß man die Gewinnung des Futtersaftes aus den im ersten Stadium der Entwicklung
befindlichen Brutzellen der Arbeiterinnen und Drohnen durchführt, und zwar zweckmäßig
in der Weise, daß man als Ausgangsmaterial die bei der modernen Bienenzucht regelmäßig
anfallenden, aus den »Baurahmen« ausgeschnittenen Wahenteile verwendet. Die Haltbarmachung
kann nach bekannten Methoden, welche in analogen Fällen üblich sind, z. B. durch
schonende Trocknung des aus den Zellen entfernten Zelleninhalts erfolgen.
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Für die Überführung des genannten Ausgangsmaterials in eine haltbare,
zur Aufsammlung geeignete Form haben sich jedoch zwei Wege als besonders vorteilhaft
erwiesen. Der erste ist die Trocknung innerhalb der Waben ohne vorherige Isolierung
des Futtersaftes bei Temperaturen unterhalb des Bienenwachsschmelzpunktes, zweckmäßig
z. B. bei 30 bis 50°. Bei Verwendung von Vakuum kann sie auch bei noch tieferen
Temperaturen unter den Bedingungen der sogenannten Gefriertrocknung stattfinden.
Die zweite Methode besteht darin, daß das aus den Baurahmen ausgeschnittene Wabenmaterial
zweckmäßig unmittelbar nach dem Ausschneiden in Gefäßen gesammelt wird, welche organische
Lösungsmittel enthalten. Es genügt dazu eine Überschichtung z. B. mit Toluol. Die
Wirkung der organischen Lösungsmittel ist die, eine weitere fermentative oder bakterielle
Veränderung des Futtersaftes zu verhindern. Bei zweckmäßiger Wahl der Lösungsmittel
kann man gleichzeitig eine Abtrennung erreichen, z. B. bei Verwendung von wasserhaltigen
Alkoholen oder Aceton bei tiefen Temperaturen, welche den Futtersaft wohl, nicht
aber das Bienenwachs lösen, oder bei Verwendung z. B. von gech lo-rten Kohlenwasserstoffen,
wie z. B. Tetr achlorkohlenstoff, die ihrerseits das Wachs lösen und den Futtersaft
als obere wäßrige Schicht abscheiden.
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Der erste Weg erweist sich besonders dann als vorteilhaft, wenn man
das Präparat insgesamt zur arzneilichen Verwendung benutzen will. Weil das aus den
Baurahmen ausgeschnittene Wabenmaterial erstmalig bebrütet ist, ist das Wachs besonders
rein, enthält auch kein Mittelwandmaterial und ist in der Kälte derart spröde, daß
es sich mit seinem getrockneten Inhalt leicht in Pulverform überführen läßt.
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Der zweite Weg bietet für die weitere Aufarbeitung durch Extraktion
die größeren Vorteile. Aus der sich als untere Schicht absetzenden Tetrachlorkohlenstofflösung
läßt sich das Bienenwachs in sehr reiner Form gewinnen und wird nach Verarbeitung
auf Mittelwände von den Bienen gern wieder angenommen. Da die Bienen in dieser Hinsicht
sehr wählerisch sind und schon durch geringe Einflüsse davon abgehalten werden,
die ihnen gegebenen Mittelwandwaben in ihr Brutnest einzubeziehen, war dies nicht
vorauszusehen. Die obere wäßrige Schicht enthält den Futtersaft und kann z. B. durch
Gefriertrocknung in für die weitere Verarbeitung geeignete Form übergeführt werden.
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Das gesamteAusgangsmaterial aus den sogenannten »Baurahmen« fällt,
wie gesagt, bei der heutigen Bienenzucht bei allen schwarmverhindernden Betriebsweisen
regelmäßig an. Der »Baurahmen« besteht aus einem leeren Wabenrähmchen, welches ohne
Mittelwand an die Fensterseite des Brutnestes der Bienenbeuten angehängt wird. Er
dient dem Zwecke, bei Erreichung des Höchststandes der Volkentwicklung den nunmehr
auftretenden Überschuß der Wachs- und Futtersaftdrüsenproduktion an geeigneter Stelle
zur Abscheidung bringen zu lassen, um ihn durch regelmäßiges Ausschneiden dem Bienenvolk
entziehen zu können und dadurch eine Futtersaftstauung mit ihrer den Schwarmtrieb
begünstigenden Wirkung möglichst zu verhüten.
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Um dies zu erreichen, ist es bei den verschiedenen Betriebsweisen
durchgängig üblich, in derartigen »Baurahmen« einen wilden Wabenbau aufführen zu
lassen und ihn jeweils nach Bestiftung mit Eiern und Beschickung mit Futtersaft,
aber vor Fütterung der in das Rundmadenstadium eintretenden Larven mit Honig und
Pollen in regelmäßigem Turnus von sieben Tagen auszuscheiden, um für erneuten Wildbau
Raum zu geben.
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Im allgemeinen wird im Baurahmen zumeist Drohnenbau aufgeführt, welcher
einen erheblichen Futtersaftabnehmer darstellt, und daher die Aufgabe der Futtersaftentziehung
in besonders günstiger Weise erfüllt.
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Bisher wurde das aus dein Baurahmen ausgeschnittene Wabenmaterial
zumeist im Sonnenwachsschmelzer, aber auch fabrikatorisch ausgeschmolzen, um Bienenwachs
zu gewinnen. Der darin enthaltene Futtersaft fand keine Verwertung.
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Eine besondere Ausführungsform dieses Verfahrens besteht darin, daß
man den Bienenvölkern, deren Baurahmen man für die Futtersaftgewinnung als Ausgangsmaterial
verwendet, solchen Pollenersatz, wie z. B. Höselhefe oder Sojamehl, zufüttert, dem
man Wirkstoffe oder Medikamente zugesetzt hat, wie z. B. Hormone, Vitamine, Mineralstoffe,
Sulfonamide, Antibiotika
usw. Diese zusätzlichen Wirkstoffe gehen
zum Teil in den Futtersaft über und sind darin in einer besonders gut resorbierbaren
Form enthalten.