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Verfahren zum Herstellen von elektrischen Kabeln und isolierten Drähten
Die Erfindung bezieht sich auf die Herstellung von isolierten Drähten, Adern, Litzen
und Kabeln oder Teilen derselben, welche gewisse Arten von festen Isolierstoffen
oder Schutzwerkstoffen aufweisen, die auf dem oder den Leitern aufgebracht werden,
wobei sie jedoch nicht notwendigerweise in direkter Kontaktberührung mit diesen
zu sein brauchen. Die in Betracht kommenden Werkstoffe sind von derjenigen Gattung,
welche normalerweise als Thermoplastik bzw. thermoplastische Werkstoffe klassifiziert
werden, denen die Tendenz eigentümlich ist, zu fließen, wenn sie auf eine Temperatur
oberhalb eines kritischen Wertes gebracht werden. Beispiele der hier in Betracht
kommenden, Werkstoffe sind Polyäthylen, Poly-
styrol, Polydimethylsiloxane
und Naturgummi.
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Bei dem Herstellungsverfahren nach der Erfindung wird der Isolier-
oder Schutzstoff in üblicher Weise in derjenigen Form und an derjenigen Stelle aufgebracht,
welche er beim Endprodukt an- bzw. einnehmen soll, während er sich in seinem normalen
thermoplastischen Zustand befindet. Nachfolgend wird er dann erfindungsgemäß durch
eine Stark- bzw. Hochenergiebestrahlung, die eine Kreuzverkettung oder -vernetzung
zwischen den Molekülen bewirkt, in einen zäheren und elastischeren bzw. stärker
elastischen Zustand umgewandelt. Bei diesem Herstellungsverfahren wird in den ersten
Herstellungsstufen der Vorteil der V erformbarkeit in die gewünschte Form oder Gestalt,
Lage und Querschnittsform hinein beibehalten, während der Werkstoff relativ plastisch
ist und im Sinne eines Weichwerdens durch die Wärme anspricht, wo dies erforderlich
ist. Daraufhin wird durch Bestrahlung des auf den Leiter aufgebrachten Isolierstoffes
der zusätzliche Vorteil erreicht, daß die Neigung des Isolierstoffes, eine Fließbewegung
unter dem Einfluß der Erhitzung auszuführen, in erheblichem Ausmaß herabgesetzt
wird und daß gleichzeitig auch sein Widerstand gegen mechanische Beschädigung eine
Vergrößerung erfährt, und zwar ohne daß eine nennenswerte Ände rung in bezug auf
die elektrischen Eigenschaften, welche für einen solchen Werkstoff als vorteilhaft
an,-zusprechen sind, eintritt.
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Die Hochenergiebestrahlun.g, welcher der Werkstoff ausgesetzt wird,
kann, in einem Atommeiler erzeugt werden und besteht dann aus langsamen Neutronen
mit zugehörigen, schnellen Neutronen und Gammastrahlen; oder sie kann auch aus einer
Gammastrahlen,-lief erquelle oder einem atomischen oder subatomischen Partike.lbeschleuniger,
wie beispielsweise einem Hocbspannungs-Kaskaden-Generator, entnommen werden, welcher
mit Elektronen von einer »Elektronenschleuder« beliefert wird. Andere Gattungen
von Beschleunigern, welche hierfür in Betracht kommen, sind unter anderem lineare
Beschleuniger, Van de Graaf-Beschleuniger und Resonanztransformatoren.. Allgemein
ausgedrückt ist die dem Werkstoff zugeführte Energie von größerer Bedeutung als
die Natur der Partikel oder Strahlen, welche als Träger dafür in Betracht kommen.
Die erforderliche Energiemenge, welche für eine nutzbringende Änderung der Eigenschaften
des Werkstoffes erforderlich ist, ändert sich sowohl mit der Natur des Werkstoffes
als auch mit der Natur der Strahlung; doch ist im allgemeinen die erforderliche
Energiemenge gleich oder größer als etwa 500 Joule pro Gramm des Werkstoffs.
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Wenn die Bestrahlung vermittels eines Atommeilers vorgenommen wird,
so kann sie vorzugsweise eine Strahlungsintensität von nicht weniger als r014 Thermalneutronen
pro Quadratzentimeter pro Minute haben; im Falle von X-Strahlen bzw. Röntgenstrahlen,
wobei die Strahlung, welche von einem radioaktiven Isotop emittiert wird, beträgt
die Strahlungsintensität vorzugsweise nicht weniger als iooo Röntgen pro Minute.
Wenn die Strahlung aus Hochgeschwindigkeitselektronen besteht, so ist deren Geschwindigkeit
gleich oder nicht kleiner als i MeV.
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Beispiele für thermoplastische Werkstoffe derjenigen Gattung, für
welche die Erfindung anwendbar ist, sind bereits aufgeführt worden.. Diese schließen
auch Kunstharze und elastische Stoffe bzw. Elastomere, z. B. Natur- und Kunstgummi,
ein. Die Entscheidung darüber, ob ein Werkstoff sich für die erfindungsgemäße Verwendung
bzw. Veredelung eignet, wird am besten an Hand von Prüfergebnissen getroffen, die
vom Werkstoff selbst gewonnen werden. Ist der
Werkstoff sonstwie
geeignet, und zwar unter dem Gesichtspunkt seiner elektrischen oder sonstigen Eigenschaften,
um für die Herstellung des Drahtes oder Kabels verwendet zu werden, so werden zweckmäßig
Versuche gemacht, um klarzustellen, ob die bei Hochenergiebestrahlung eintretende
Beeinflussung seiner physikalischen Eigenschaften zu einer Verbesserung dieser Eigenschaften,
insbesondere zu einer vergrößerten Zähigkeit und Elastizität, führt oder ob das
Material eine Verschlechterung erleidet. Die Einwirkung der Behandlung bei elastischen
Stoffen bzw. Elastomeren ist ähnlich oder gleichartig dem Härten oder Vulkanisieren
dieser Materialien.
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Bei einigen der entsprechend der Erfindung verwendbaren Werkstoffe
ist eine Tendenz zur Verschlechterung in bezug auf die elektrischen. Eigenschaften
feststellbar, welche auf Oxydation. während der Bestrahlung zurückzuführen ist.
Gemäß einem weiteren Merkmal der Erfindung wird dies dadurch vermieden, daß die
Bestrahlung in einer Atmosphäre, die im wesentlichen frei von Sauerstoff ist, durchgeführt
wird. Während es erwünscht ist, diese Vorsichtsmaßnahme zu treffen, wenn irgendein,
thermoplastisches Material bestrahlt wird, ist sie, wesentlich, wenn das Kabel bei
hohen Frequenzen, wie Rundfunkfrequenzen, benutzt wird, wenn beispielsweise die
Isolation aus Polyäthylen besteht.
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Listen für einige der Werkstoffe, welche quer verkettet bzw. vernetzt
werden, sowie von solchen, welche eine Verschlechterung durch Hochenergiebestrahlung
erfahren, sind in »Nature«, Bd. 172, i953, auf S. 77 angegeben. Im allgemeinen
kann dabei unterstellt werden., daß eine rohe bzw. ungefähre Abschätzung in bezug
darauf, ob ein Werkstoff eine Verschlechterung erfährt oder durch die Bestrahlung
quer verkettet wird, sich aus der molekularen Struktur insbesondere daraus, ob Moleküle
dieses Werkstoffs Kohlenstoffatome in der Hauptkette aufweisen, bei welchen allen
vier Wertigkeiten oder Bindigkeiten durch andere Atome oder Radikale als Wasserstoff
genügt oder entsprochen wird, ergibt. Es hat sich herausgestellt, daß Materialien,
welche Wasserstoff substituiert in den Kohlenstoffatomen der Hauptkette aufweisen,
zur Kreuzverkettung bzw. -vernetzung neigen, wohingegen Materialien, bei welchen
die Kohlenstoffatome vollständig mit Atomen oder Radikalen anders als Wasserstoff
gesättigt sind, die Neigung zeigen, durch Bestrahlung .eine Verschlechterung zu
erfahren.
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Das Arbeitsverfahren des Aufbringens des Materials bei der Formgebung
des isolierten Drahtes oder Kabels, von welchem weinen Teil bildet, wird im großen
und ganzen von der vorliegenden Erfindung nicht berührt, da das Material in seinem
normalen thermoplastischen Zustand aufgebracht wird. Die üb-
lichen Methoden,
beispielsweise Auspressen, überlapptaufbringen, und zwar entweder schraubenförmig
oder in Längsrichtung, oder das Einfügen von Abstandsstücken, wie beispielsweise
Scheiben oder eines Streifens, welcher eine offene Schraube bildet, können zur Anwendung
kommen.
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Wenn das Umhüllen des Materials durch Metall, beispielsweise einen
Kabelmantel oder rohrförmigen Leiter, einen Teil der Herstellung des Drahtes oder
Kabels bildet, so ist es im allgemeinen vorzuziehen, daß die Bestrahlungsbehandlung
erfolgt, bevor das Umhüllen vor sich geht.
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Eine Behandlung vor dem Umhüllen ist wesentlich, wenn eine Neutronen
enthaltende Lieferquelle für die Bestrahlung verwendet wird und die Umhüllung aus
einem Metall besteht, von welchen üblicherweise radioaktive Isotope durch die Bestrahlung
erzeugt werden. Weiterhin ist es, was auch immer die Lieferquelle sein, mag, von
wesentlicher Bedeutung, die Behandlung vor dem Umhüllen des Kabels vorzunehmen,
wenn die Natur und die Dicke bzw. Schichtstärke des aufzubringenden Metalls solcherart
sind, daß eine ungenügende Durchdringung der zur Anwendung kommenden Strahlen durch
die Hülle oder den Mantel hindurch eintreten würde.
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Die nachfolgenden Beispiele sollen weiterhin die Erfindung erläutern.
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Beispiel i Bei der Herstellung von polyäthylenisolierten Kabeln für
Rundfunkfrequenzübermittlung wird die Isolation zunächst durch Auf- bzw. Auspressen
in der normalen Weise aufgebracht. Nach dem Abkühlen, wird das isolierte Kabel kontinuierlich
durch ein Strahlenbündel einer Hochenergiestrahlung hindurchgeschickt, welches beispielsweise
das Strahlenbündel sein kann, das von einem geeigneten Partikelbeschleuniger emittiert
wird. Die Durchlaufgeschwindigkeit des Kabels - durch das Strahlenbündel hindurch
ist relativ zur Energie des Strahlenbündels so bemessen, daß eine Totalenergieaufnahme
im Kabel von 2000 bis 6ooo Joule pro Gramm Polyäthylen eintritt. Wenn das Kabel
unmittelbar von der Auspreßmaschine her durch das Strahlenbündel hindurchgeschickt
wird, so ist es besser, das Kabel zweimal durch das Strahlenbündel hindurchzuschicken,
und zwar in solcher Weise, daß beim ersten Durchgang die eine Selte des Kabels dem
Strahlenbündel ausgesetzt ist,während beim zweiten Durchgang die andere Seite ausgesetzt
ist. Wenn jedoch das Kabel von einer Kabeltrommel her durch den Strahl hindurch
nach einer anderen Trommel hin bewegt wird, so können die beiden Trommeln als Ganzes
in solcher Weise gedreht werden, daß das Kabel eine Drehbewegung um seine Achse
ausführt, während es sich durch das Strahlenbündel hindurchbewegt, wodurch nur ein
einziger Durchgang notwendig wird. Ein einziger Durchgang ist außerdem nur dann
erforderlich, wenn das Kabel zwischen zwei Lieferquellen für Hochenergiestrahlung
hindurchgeschickt wird, die die Strahlenbündel, gleichzeitig oder in Aufeinanderfolge,
auf beide Seiten des Kabels richten.
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Eine Energieaufnahme von etwa 2ooo bis 6ooo Joule pro Gramm ist im
wesentlichen äquivalent einer Dosis von einem Atommeiler von i bis 3 Einheiten.,
wobei eine Einheit als eine totale Strahlung von io17Thermalneutronen pro Quadratzentimeter
mit den zugehörigen Schnellneutronen und Gammastrahlen definiert wird.
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Es ist im allgemeinen vorzuziehen., das Kabel zu bestrahlen, während
es sich in einer Atmosphäre befindet, die im wesentlichen frei von Sauerstoff ist;
beispielsweise kann es durch eine Kammer hindurchgeschickt werden., welche mit Stickstoff
auf- oder angefüllt ist und mit einem Fenster aus dünnem Aluminium ausgerüstet wird,
durch welches hindurch das Strahlenbündel von der Strahlungslieferquelle her hindurchgeschickt
wird.
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Im wesentlichen die gleiche Behandlung kann ein mit Polyäthylen isoliertes
Kabel für Hochspannung und Rundfunkfrequenzübermittlung erfahren, bei welchern die
Isolation in der Form eines schraubenförmigen Bandes aus Polyäthylen aufgebracht
wird. Bei dieser Art von Isolation kann, jedoch eine geringere Energieaufnahme ausreichend
sein, z. B. iooo Joule pro Gramm oder mehr.
Beispiel 2 Bei der Behandlung
eines naturgummiisolierten Kabels wird erfindungsgemäß die Gummiisolation durch
Aufpressen in der normalen Weise aufgebracht, wobei aber im Gummigemisch, das zur
Anwendung kommt, keine Vulkanisierstoffe, als Vulkanisieragentien, Vulkanisierbeschleuniger
und Zumischungen, welche die Wirkung dieser Ingredentien verändern, enthalten sind.
Es enthält vielmehr lediglich Füllstoffe und Materialien, welche zwecks Erleichterung
des Auspreßvorganges zugefügt werden. Ein Vulkanisieren des Gummis wird durch eine
Bestrahlung in einer ähnlichen Weise, wie sie im Beispiel i beschrieben worden ist,
bewirkt, wobei aber in diesem Falle die Energieaufnahme im Gummi allgemein in der
Größenordnung von iooo bis 4000 Joule pro Gramm Gummi liegt.
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Beispiel 3 Bei der Behandlung eines Kabels, welches aus Organopolysiloxanelastomeren,
bekannt als Silasticgummi, isoliert ist, wobei beispielsweise der Elastomer vorwiegend
aus Polydimethylsiloxan besteht, sind keine Härtungsstoffe erforderlich. @ Der ausgepreßte
Schichtkörper bzw. die Auspreßschicht aus Polydimethylsiloxan wird mittels Strahlung
gehärtet, wobei die Energieaufnahme zwischen 50o und 4000 Joule pro Gramm beträgt.
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Wenn die Breitenabmessung des Strahlenbündels klein im Vergleich zum
Durchmesser des Kabels ist, dann kann das Gerät einen Taktgeber aufweisen, welcher
den Strahl von einer Seite zur anderen ablenkt, um dadurch sicherzustellen, daß
das gesamte Kabel auf seinem Weg durch das Gerät hindurch bestrahlt wird.
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Wenn das behandelte Material ein solches ist, welches ein Antioxydationsmittel
enthält, so ist es erforderlich, ein solches Antioxydationsmittel auszuwählen, welches
durch den Bestrahlungsprozeß nicht deaktiviert wird; beispielsweise ist im Falle
von Polyäthylen ein geeignetes Antioxydationsmittel dasjenige, was unter »Nonoxal
A. W.« im Handel ist. 0,2 bis 0,3 Gewichtsprozent dieses Antioxydationsmittels,
bezogen auf das Polyäthylengewicht, sind für geringere Dosierungen adäquat; wenn
aber höhere Dosen zur Anwendung kommen, so kann ein Wert bis hinauf zu etwa o,5
Gewichtsprozent notwendig sein.