Verfahren zum Jodieren von aromatischen Aminen, die in ortho- oder para-Stellung desaktivierende Gruppen tragen
Die Herstellung von jodierten aromatischen Aminen durch Umsetzung der Amine z.B. als Chlorhydrate in wässrigem Medium oder in einem organischen Medium wie Eisessig mit Chlor-Jod ist schon bekannt (Michael und Norton Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 11 107-116 (1878); Hantsch Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 36 2070 (1903); Jackson und Behr American chemical Journal 26 56; Beilstein 12 676). Der Nachteil dieser Methode liegt in der notwendigen Herstellung von Chlor-jod aus Jod und dem gasförmigen und giftigen Chlor.
Eine andere Herstellungsweise besteht darin, dass man in einer als Alkalimetallsalz in Wasser gelösten Aminobenzoesäure durch Kochen mit Jod die Carbonsäuregruppe abspaltet und durch ein Jod-atom ersetzt (Wheeler-Liddle American chemical Journal 42 457; Beilstein 12 676).
Der Hauptnachteil dieser Methode ist, dass die Aminobenzoesäuren weniger leicht zugänglich sind als die entsprechenden Aminobenzole.
Die direkte Jodierung von aromatischen Aminen in wässrigem oder wässrig-methanolischem oder wässrigessigsaurem Medium bei Temperaturen von 150 bis 900C, gegebenenfalls in Gegenwart eines Puffers ist schon mehrfach beschrieben worden, z.B. in Chemical Abstracts 59 7338 (1963); 61 14497 (1964) Journal of the American Chemical Society 76 6179-85 (1954); 72 4003-9 (1950) u.
63 436 (1941).
In dieser letzteren Literaturstelle wird ausgeführt, dass die Jodierung von para-Nitroanilinen unter den für die Jodierung von Anilin, ortho-Toluodin, Anthranilsäure oder Sulfonilamid gewählten Bedingungen nicht stattfindet.
Es wurde nun gefunden, dass man aromatische Amine, die in ortho- oder para-Stellung desaktivierende Gruppen, wie z.B. Nitro-, Cyan-, Acetyl- oder Alkylsulfonylgruppen, tragen, auch jodieren kann, wenn man diese Amine in wässrigem Medium im pH-Bereich von 1 bis 8 und bei Temperaturen von 0 bis 1800C in Gegenwart eines Oxydationsmittels mit Jod behandelt.
Wird die Behandlung bei Temperaturen über 1000C ausgeführt, so verwendet man ein geeignetes Druckgefäss.
Vorzugsweise arbeitet man bei Temperaturen von 200 bis 100 C und bei pH-Werten von 2 bis 6 und in Gegenwart eines Puffers, indem man z.B. ein Alkalimetallacetat oder ein primäres Phosphat zugibt. Da während der Reaktion Jodwasserstoff entsteht, wird die Lösung sauer.
Durch Zugabe eines Oxydationsmittels für den Jodwasserstoff bewirkt man, dass das Jod regeneriert wird und zugleich die Azidität vermindert wird. Geeigncte Oxydationsmittel sind z.B. Wasserstoffperoxid und Verbindungen, die Wasserstoffperoxid zu bilden vermögen, Bromate, Jodate, Chromate, Bichromate, Permanganate, Eisen-III-Salze usw., allgemein Verbindungen, die ein höheres Oxydationspotential als Jod besitzen.
Die Bildung von Jodwasserstoff beeinträchtigt die Reaktion. Durch Zusatz eines Oxydationsmittels wird das Jod fortlaufend zurückgebildet, so dass ein nur kleiner Jodüberschuss über die theoretische Menge genügt, um die Jodierung zu Ende zu führen.
Da Jod in wässrigem Medium auch in der Wärme wenig löslich ist, setzt man vorteilhaft ein inertes organisches Lösungsmittel zu; geeignete Lösungsmittel sind z.B. gegebenenfalls halogenierte oder nitrierte Kohlenwasserstoffe wie Benzol, Toluol, Xylol, Chlorbenzol, Brombenzol, Dichlorbenzol, Nitrobenzol, Säuren wie Essigsäure, Propionsäure, Äther wie Dioxan, Di-n-butyl äther, 1,2-Di-methoxy- oder 1,2-Di-äthoxyäthan, Methoxy- oder Äthoxybenzol, ferner Dimethylformamid, Dimethylsulfoxid, Tetramethylensulfon usw. Die Menge des Lösungsmittels beträgt etwa X bis die zehnfache Menge vorzugsweise etwa 1/3 bis die fünffache Menge des zu jodierenden Amins.
Wenn man die Behandlung mit Jod bei Temperaturen um 90-1000C ausführt, dienen diejenigen Lösungsmittel, die mit Wasser Azeotrope bilden, als Lösungsmittel für das in die kälteren Teile der Apparatur sublimierende Jod.
Arbeitet man in einem Druckgefäss bei Temperaturen über 1000C, so kann man ohne weiteres ohne organische Lösungsmittel die Jodierung ausführen.
Die erhaltenen jodierten aromatischen Amine können, gegebenenfalls nach Entfernung des Lösungsmittels und Neutralisation, in der Kälte abgesaugt werden, da sie in Wasser nur wenig löslich sind. Sie dienen als Zwischenprodukte, z.B. Diazokomponenten zur Herstellung von jodierten Azofarbstoffen oder zum Austausch des Jodatoms gegen eine andere Gruppe.
In den folgenden Beispielen bedeuten die Teile Gewichtsteile, die Prozente Gewichtsprozente und die Temperaturen sind in Celsiusgraden angegeben.
Beispiel 1
138 Teile l-Amino-4-nitrobenzol, 138 Teile Jod und 50 Teile Chlorbenzol werden in 900 Teilen Wasser bei Zimmertemperatur verrührt, wobei die Reaktion sofort beginnt.
Man erhöht die Temperatur anschliessend auf 90-940; der pH-Wert sinkt inzwischen von 7 auf 2. Hierauf erfolgt die Zugabe von 100 Teilen 4obigem Wasserstoffperoxid, portionenweise oder kontinuierlich, so dass der pH-Wert der Suspension nicht unter pH = 2 sinkt. Die Reaktion dauert etwa 35 Stunden.
Das Ende der Reaktion wird durch Dünnschichtchromatographie kontrolliert. Der Überschuss an Jod sowie Chlorbenzol wird abdestilliert.
Nach Abkühlen auf Zimmertemperatur wird das Endprodukt abfiltriert, gewaschen, wobei die Spuren Jod mit Natriumthiosulfatlösung entfernt werden, und getrocknet. Man erhält eine fast quantitative Ausbeute an 1 -Amino-2-jod-4-nitrobenzol: Berechnet: C 27,3 H 1,9 N 10,6 J 48,1 Gefunden: C 27,7 H 2,2 N 10,6 J 48,2 Schmelzpunkt 100-1040 (unkorr.), Literatur 105,50.
Ersetzt man im obigen Beispiel die 138 Teile l-Ami- no-4-nitrobenzol durch die äquivalente Menge l-Amino -4-cyanbenzol, so erhält man in fast quantitativer Ausbeute 1 -Amino-2-jod-4-cyanbenzol.
Berechnet: C 34,4 H 2,05 N 11,47 J 52 Gefunden: C 34,0 H 2,2 N 11 J 51,8 Schmelzpunkt 1050, Literatur 105-1080.
Beispiel 2
Man arbeitet in der im Beispiel 1 angegebenen Weise, verwendet jedoch 14 Teile Kalium-bromat 25 Teile Kaliumbichromat (i) als Oxydationsmittel.
In beiden Fällen beträgt die Reaktionsdauer etwa 8 Stunden.
Oxydationsinittel Ausbeute Schmelzpunkt Jod gehabt sehr gut 97-1010 48,5% sehr gut 98-1020 48,3% ber. 48,1%
Beispiel 3
108,5 Teile 1-Amino-2-brom-4-nitrobenzol, 80 Teile Jod und 50 Teile Chlorbenzol werden in 900 Teile Wasser bei Zimmertemperatur eingerührt, wobei die Reaktion sofort beginnt. Man erhöht die Temperatur anschliessend auf 90-940; der pH-Wert verschiebt sich inzwischen von 7 auf die saure Seite. Hierauf erfolgt die Zugabe von 200 Teilen 4obigem Wasserstoffperoxid, portionenweise, so dass der pH-Wert der Suspension nicht unter den pH-Wert 2 sinkt.
Die Reaktion dauert etwa 30 Stunden.
Das Ende der Reaktion wird durch Dünnschichtchromatographie kontrolliert. Der Überschuss an Jod sowie Chlorbenzol wird abdestilliert.
Nach Abkühlen auf Zimmertemperatur wird das Endprodukt abfiltriert, gewaschen, wobei die Spuren Jod mit Natriumthiosulfatlösung entfernt werden, und getrocknet.
Das 1-Amino-2-brom-6-jod-4-nitrobenzol fällt in sehr guter Ausbeute an.