Verfahren zur Löslichmachung von unlöslichen Collagenfasern und Gewinnung des Collagens ohne Änderung der Molekularstruktur Die vorliegende Erfindung betrifft die Löslich- machung von Collagenfasern, die man bisher für unlöslich hielt. Das Collagen ist ein faseriges Pro tein, das den Hauptbestandteil des tierischen Binde gewebes darstellt.
Man war bisher der Auffassung, dass es unmöglich sei, dieses Collagen herauszulösen, ohne die Spiralstruktur nach Art fester Stäbchen, welche eine charakteristische Eigenschaft des Mole küls bildet, in eine fadenförmige Struktur umzuwan deln, deren Fäden sich falten können. Vorgänge die ser Art mit Änderung der Molekularstruktur treten bei Erhitzung auf eine Temperatur über 50 C ein, oder bei Verwendung eines Proteindenaturierungs- mittels, wie Kaliumthiocyanid, Calciumchlorid, Harnstoff, usw., oder bei überführung des Collagens in eine Gelatine.
Seit 1927 war es aber bekannt, dass ein kleiner Anteil einer gegebenen Menge von Colla gen mit verdünnter Säure oder verdünntem Alkali oder auch mit einer Lösung eines Neutralsalzes in Lösung gebracht werden kann, wobei die charakteri stische Molekularstruktur des Collagens, die Spiral- form mit ihrer Festigkeit, erhalten bleibt, und dass sich die Faser in ihrer ursprünglichen Form aus die ser Lösung wieder abscheiden lässt. Das in diesem Zustand befindliche Collagen wurde als lösliches Collagen von dem übrigen Collagen unterschieden.
Es machte aber nur einen ganz geringen Prozentsatz von der Gesamtmasse des Collagens aus und diese Menge wechselte leicht mit dem Alter, dem Körperteil und der Art des Tieres, von dem das Col lagen stammte. Der Hauptteil des Collagens ist aber bis heute als unlöslich angesehen worden.
Das vorliegende Verfahren schafft nun eine Möglichkeit, solches, bisher als unlöslich betrachtetes Collagen in guter Ausbeute in die lösliche Form überzuführen, ohne es zu denaturieren, d. h., bei Aufrechterhaltung der Spiralstruktur des Moleküls, und die Faser in ihrer ursprünglichen Molekularform wieder in guter Ausbeute abzuscheiden. Das Verfah ren erlaubt somit, lösliches Collagen in industriellem Masstab herzustellen.
Aus der gewonnenen Lösung können Collagenfilme, Collagenfäden, Collagengewe- be und Collagenschwämme erzeugt werden.
Wenn man solche löslich gemachte Collagenfasern in Was ser suspendiert und auf 65-75 C erhitzt, kann man eine homogene Gelatine von hoher Reinheit und einem höheren Erstarrungs- und Schmelzpunkt ge- genüber der bekannten Gelatine in 100 %iger Aus- beute und in weit kürzerer Zeit gewinnen.
Nach dem erfindungsgemässen Verfahren wird das sogenannte unlösliche Collagen in Lösung ge bracht, in der es ein einheitliches Molekulargewicht und die charakteristische Spiralstruktur aufweist, indem man auf das unlösliche Collagen bei niedriger Temperatur, nämlich bei einer Temperatur unterhalb von 60 C, ein hydrolitisches Enzym einwirken lässt und das Collagen mit einer verdünnten Säurelösung von pH 1-4 unterhalb der Denaturierungstempera- tur von 37 C behandelt.
Aus dieser Collagenlösung wird die Faser in ihrer ursprünglichen Form mit 100 o/oiger Ausbeute z. B. durch Neutralisation, durch Dialyse, mit Hilfe eines lonenaustauschharzes, oder durch ein organisches Lösungsmittel, z. B. Azeton oder Alkohol, wieder abgeschieden. Die Dialyse kann aus Wasser oder aus Na2HP04-Lösung erfolgen.
Die Abscheidung lässt sich auch durch Zusatz von Natri- umchlorid, Natriumcitrat, Natriumacetat, u. dgL, her beiführen. Die genannten Ausscheidungsmethoden sind aber nicht so vorteilhaft wie die Verwendung eines oberflächenaktiven Mittels. Sie verlangen einen längeren Zeitaufwand für die Fällung und für die Un terdrückung der Schwellung der Faser beim nachfol- genden Waschprozess. Diese Nachteile fallen weg, wenn man ein oberflächenaktives Mittel benutzt, und die Faser wird gleichzeitig gereinigt.
<I>Beispiel 1</I> 3 kg Kuhhaut mit einem Feuchtigkeitsgehalt von etwa 70 0/0, von welcher das lösliche Protein mit Hilfe einer 5 obigen wässerigen Natriumchloridlösung und nachfolgendes Waschen mit Wasser entfernt worden ist, oder die durch Äscherung enthaart, mit Salzsäure neutralisiert und mit Wasser gewaschen wurde, wer den in 3 Liter einer Lösung eingetaucht, die 6 g Trypsin enthält, und darin bei einer Temperatur von 25 C und gelegentlichem Umrühren 90 Stunden ste hen gelassen.
Darauf wird die H Ionenkonzentration der Enzymlösung mit Ätznatron oder einer Borsäure- Pufferlösung auf pH 8 eingestellt. Man kann das gleiche Resultat auch bei Verwendung von Pancrea- tin an Stelle von Trypsin erzielen.
In diesem Fall sollte aber das Enzym in einer Menge von 0,5-2 % der Lösung, entsprechend seiner geringeren Aktivität, angewendet werden. Während der Behandlung mit dem Enzym löst sich das Collagen nicht auf und verändert auch nicht merklich sein Aussehen.
Nach dem das Trypsin durch gründliches Spülen in flies- sendem Wasser entfernt worden ist, wird die Kuhhaut in<B>100</B> Liter Wasser eingebracht. Das Wasser wird durch Zusatz von Salzsäure unter Rühren auf ein pH von 2-3 eingestellt. Für diesen Zweck sind etwa 35 cm3 konzentrierter 12 n-Salzsäure erforderlich. Unter Rühren bei einer Temperatur von 20-25 C während 24 Stunden löst sich die Kuhhaut vollstän dig in Form einer viskosen Flüssigkeit, wie Gluten, auf.
Das gleiche Ergebnis kann man durch Verwen dung von anderen Mineralsäuren, z. B. Schwefelsäu re, Phosphorsäure, usw., oder durch organische Säu ren, z. B. Essigsäure, Zitronensäure, u. dgl., an Stelle von Salzsäure erzielen.
Die viskose Lösung wird durch ein Pressfilter unter Benutzung von Stoff und entfetteter Baumwolle als Filtermaterial filtriert. Nach Neutralisation des Filtrats unter Zusatz von etwa 56 cm3 einer 30 o/oigen Natriumhydroxydlösung, Einstellung der H-Ionenkonzentration auf ein pH von 5-8, und Stehenlassen während einiger Stunden, scheidet sich ein faseriger, weisser Niederschlag aus. Der Niederschlag wird gründlich mit Wasser gewa schen, durch Filtration oder Zentrifugieren gesam melt und an der Luft getrocknet. Man erhält ungefähr 700 g von schneeweissem Collagen.
Da der Stick stoffgehalt der zurückgebliebenen Flüssigkeit prak tisch Null ist, folgt, dass die Ausfällung des Collagens quantitativ war. Man kann die Collagenfaser ausser durch die vorgenannte Neutralisation der Lösung auch durch Dialyse mit 0,02 m Na2HP04 oder .durch Zusatz von so viel Aceton oder Alkohol,
dass die Konzentration der Mischung etwa 30 % an der orga- nischen Flüssigkeit ausmacht, ausfällen. Die so erhal tene Collagenfaser hat dieselben physikochemischen Eigenschaften in Bezug auf Viskosität, Doppelbre chung, spezifische Rotation, Denaturierungs- und Schrumpftemperatur, Senkungsgeschwindigkeit, usw., wie das nach den bisherigen Versuchen gewonnene lösliche Collagen.
Die nach dem erfindungsgemässen Verfahren hergestellten Collagenfasern besitzen eine Molekülstruktur des festen spiraligen Aufbaus, eine innere Viskosität von 15, gleichmässige Länge des Moleküls von 3000 Angström, gleichmässigen Durchmesser von 13,6 Angström, eine spezifische Rotation von -415 , eine konstante Senkgeschwin digkeit von 30 Svedberg-Einheiten, eine Denaturie- rungstemperatur von 37 C und eine Schrumpftempe ratur von 60 C.
Wenn man die ausgefällte Collagen- faser im Elektronenmikroskop beobachtet, kann man feststellen, dass sie ein quer gefurchtes Muster mit einer Periode von 700 Angström aufweist, ebenso wie es für die ungelöste, natürliche Collagenfaser charakteristisch ist.
<I>Beispiel 2</I> Ähnlich wie im Beispiel 1 werden 3 kg Kuhhaut mit einem Feuchtigkeitsgehalt von etwa 70 %, aus denen das lösliche Protein mit einer wässerigen Lösung von Natriumchlorid und nachfolgendem Wa schen entfernt wurde, oder die der Enthaarung durch Äscherung, der Neutralisation mit Salzsäure und Wa schen mit Wasser unterzogen worden war, in 3 Liter einer wässerigen Lösung eingebracht,
die 6 g Pepsin enthält und deren H-Ionenkonzentration auf ein pH von 2-2,5 eingestellt ist. Die Kuhhaut wird darin bei einer Temperatur von 25 C unter gelegentlichem Rühren 48 Stunden lang behandelt. In diesem Fall erfolgt neben der Einwirkung des Enzyms eine teil weise Auflösung des Collagens, da der optimale pH- Wert für Pepsin bei etwa 2 liegt, zum Unterschied gegenüber Beispiel 1, in dem Trypsin verwendet wird.
Es löst sich aber nicht die ganze Menge der Kuhhaut bei diesem Vorgang auf, da die Löslichkeit des Collagens in einer verdünnten Säurelösung unge- fähr bei 1 % liegt. Nach einer Behandlungsdauer von 48 Stunden mit dem Enzym wird das Volumen der Lösung durch Zusatz von 0,005 n Salzsäure auf<B>100</B> Liter erhöht (pH = 1-1,5). Im Verlauf von 24 Stun den bei einer Temperatur von 25 C und dauerndem Rühren löst sich alles Collagen auf.
Das gleiche Er gebnis erhält man, wenn man eine andere anorgani sche Säure oder eine organische Säure an Stelle von Salzsäure verwendet, wie bereits im Beispiel 1 er wähnt. Das Ausfällungsverfahren für das gelöste Col lagen ist dasselbe wie im Beispiel 1. Durch Neutrali sation der Lösung mit Ätznatron und Stehenlassen während mehrerer Stunden wird das Collagen nie dergeschlagen.
Nach dem Auswaschen und Trocknen des Niederschlags erhält man ungefähr 700 g Colla- genfasern. Die durch die Pepsinverdauung gewonne ne Collagenfaser unterscheidet sich ein wenig sowohl von dem nach den bekannten Methoden der Säureex traktion ohne Benutzung eines Enzyms erhaltenen Produkt als auch von dem Erzeugnis nach Beispiel 1 in ihren molekularen Eigenschaften.
Sie verhält sich ebenso wie die beiden vorgenannten Typen in bezug auf die Denaturierungstemperatur, die Schrumpftem- peratur, die spezifische Rotation, die Senkungskon stante, die Homogenität des Molekulargewichts, usw., und sie zeigt auch dieselbe feste Spiralstruktur wie die beiden anderen Arten. Die Viskosität beträgt aber nur 9,5, ist also etwas geringer als bei den beiden an deren Formen, und auch die Moleküllänge ist um un gefähr 200 Angström kleiner, in Übereinstimmung mit der Doppelbrechung.
Die gewonnene Collagenfa- ser ist sonach gegenüber der natürlichen Faser am Ende etwas gekürzt. Wenn man dieses Collagen in Wasser im Verhältnis von 1 Gewichtsteil Collagen zu 2 Gewichtsteilen Wasser suspendiert und es auf eine Temperatur von 60-70 C erhitzt, wird das Collagen denaturiert und löst sich in wenigen Minuten auf. Beim Abkühlen der Lösung entsteht ein Gel, das bei Trocknen Gelatine liefert. Wenn man diese Gelatine mit dem Produkt aus bekannten Verfahren ver gleicht, zeigt sich, dass das neue Verfahren dem be kannten in folgenden Punkten überlegen ist: 1. Im Vergleich mit dem bisher benutzten Äsche- rungsverfahren braucht das neue Verfahren nur ein Fünftel der Zeit zu seiner Durchführung.
2. Die Ausbeute beträgt praktisch 100 0/0.
3. Die physikalischen Eigenschaften wie Festig keit der Gallerte, Erstarrungspunkt, Schmelzpunkt, usw., sind besser als bei den besten Qualitätserzeug nissen nach dem bekannten Verfahren, wobei bei dem bekannten Produkt nur etwa 30 % des gewonne- nen Erzeugnisses von guter Qualität sind.
4. Es ist kein Konzenrationsverfahren erforder lich, und die Ausgaben für den Wärmebedarf betra gen nur die Hälfte, weil bei der früheren Methode nach der Extraktion ein Eindampfen folgen musste.
5. Die Reinheit des Erzeugnisses ist viel grösser als bei der Gelatine nach dem bekannten Verfahren, da bei dem neuen Verfahren die Collagenfaser zu nächst in molekularem Zustand in einer Lösung dis pergiert und dann ausgefällt wird. Der Herstellungs- prozess schliesst also eine Art von Umkristallisation ein. Eine solche Gelatine ist von besonders hohem Wert für photographische Zwecke.
Wenn man die Collagenlösung, die nach Beispiel 1 oder 2 gewonnen wurde, auf eine Kunststoffplatte aufbringt und bei Raumtemperatur trocknet, erhält man einen klaren Film. Ein solcher Film ist beson ders nützlich für medizinische Kapseln, zum Verpak- ken für Nahrungsmittel, u. dgl.
Wenn man die nach Beispiel 1 erhaltene Colla- genlösung filtriert und durch eine Düse in eine 2 m Natriumchloridlösung bei einer Temperatur von 25 C einspritzt, die Faser ausfällt, das Wasser mit Hilfe von Aceton entfernt, das erzeugte Produkt in einer Mischung von 10 % Formalin und 0,02 m Na2HP04 gerbt und an der Luft trocknet oder mit Aceton behandelt,
entsteht ein Collagengarn. Auch wenn man eine Collagenlösung, die einen Zusatz von nach dem vorstehend beschriebenen Verfahren er haltener Gelatine beigefügt enthält, durch eine Düse in ein Gemisch aus 0,02 m Na2HP04, 10 0/0 Forma- lin und 2 m Natriumchlorid einspritzt, entsteht ein Garn, das eine geringere Elastizität aufweist. Bei der Herstellung von Fasern aus Protein, wie Albumin, Casein oder Seide, nach bekannten Verfahren wird stets im Laufe des Prozesses die Molekularstruktur verändert.
Im Gegensatz dazu ist die durch Anwen dung des erfindungsgemässen Verfahrens gewonnene Collagenfaser dadurch charakterisiert, dass sie diesel be Molekularstruktur wie das Ausgangsmaterial auf weist.