<Desc/Clms Page number 1>
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Detektion, Unterscheidung und Quantifizierung von frei- en und eingekapselten Nukleinsäuren, sowie zur Bestimmung, Kontrolle und Qualitätssicherung von Herstellungsverfahren für pharmazeutische Präparationen.
Die Virussicherheit von biologischen Arzneimitteln, wie z.B. Plasmaprodukten, wird durch sorg- fältige Selektion der Spender sowie der Entfernung und Inaktivierung der humanpathogenen Viren während des Herstellungsprozesses der Produkte gewährleistet. Serologische Routineuntersu- chungen als Ergänzungen zur Virusentfernung oder Virusinaktivierung können nur dort eingesetzt werden, wo ausreichende Kenntnisse über den jeweiligen Virusstamm zur Verfügung stehen.
Seit einiger Zeit wird das Ausgangsmaterial Plasma zusätzlich auch routinemässig mit Nuklein- säure-Amplifikationsmethoden, wie der Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR), auf die Kontamination mit bestimmten Viren (z.B. HIV-1, HCV und HBV) untersucht. Die PCR ist eine Methode zur in vitro-Amplifikation spezifischer einzelsträngiger oder doppelsträngiger DNA-Fragmente. Durch eine wiederholte Hitzedenaturierung der DNA-Doppelstränge, einer anschliessenden Anhybridisierung der Primer und der Verlängerung durch die DNA-Polymerase kommt es zu einer enormen Verviel- fältigung der Kopienzahl eines doppelsträngigen DNA-Fragments. Nach 20 Zyklen erhält man z.B. ausgehend von einem DNA-Molekül infolge der exponentiellen Reaktion ca. 1 Million Kopien (siehe EP 0 200 362 und EP 0 201 184). Die PCR ist so sensitiv, dass auch einzelne DNA-Moleküle nachgewiesen werden können.
Auch für die quantitative Bestimmung der Kopienzahl spezifischer Nukleinsäuren sind entsprechende PCR-Methoden entwickelt worden. Für die Quantifizierung sind Verfahren, die interne Standards verwenden am besten geeignet (z. B. in EP 0 714 988 beschrie- ben).
Die hohe Sensitivität der PCR ist ein Vorteil bei der Testung von Plasma als Ausgangsmaterial.
Wenn aber die virale Sicherheit von Endprodukten mittels PCR untersucht werden soll, ist dies jedoch nur bedingt aussagekräftig, da bekanntermassen mit der PCR nur die Entfernung, nicht aber die Inaktivierung von Viren untersucht werden kann. Auch in der Literatur wird darauf hingewiesen, dass das Herstellungsverfahren einschliesslich Virusinaktivierung zwar die Infektiosität der Viren zerstört, aber dennoch Nachweisbarkeit viraler Nukleinsäuren mittels PCR möglich ist (Transfusion 37 (1997): 935-940, Hilfenhaus et al.). Wiederholt wird in Publikationen auf dieses Vorhandensein von viraler DNA insbesondere in biologischen Arzneimitteln aufmerksam gemacht. Darüberhinaus wurde Nukleinsäure von humanpathogenen Viren sogar schon in rekombinanten Produkten nach- gewiesen, die vermutlich durch Zugabe von diversen Substanzen (z. B. Albumin) in das Produkt eingetragen wurden.
So wurde z.B. in T hromb. Haemost. 76 : (1996) 1120 Parvovirus B19-DNA in rekombinanten FVIII-Präparaten gefunden. In der Publikation von Hilfenhaus et al. (1997) wurden HBV und HCV mit Verfahren zur Virusinaktivierung behandelt und die Proben anschliessend im Tierversuch auf ihre Infektiosität untersucht. Obwohl Viren mit PCR nachweisbar waren, konnte eindeutig gezeigt werden, dass diese Proben nicht mehr infektiös waren.
Es ist somit festzustellen, dass durch Vergleich der Kopienzahl bestimmter Viren vor und nach verschiedenen Behandlungsschritten mittels quantitativer PCR zwar Aussagen hinsichtlich der Virusabreicherung getroffen werden können, jedoch ist zweifelhaft, ob die nach der Behandlung ermittelte Kopienzahl auf infektiöse Viruspartikel zurückzuführen ist. Um genauere Aussagen dar- über treffen zu können, ist eine Methode notwendig, die zwischen beiden Arten von Viren - infekti- ös und nichtinfektiös - zu unterscheiden ermöglicht. Mit einer solchen Methode wäre auch eine Evaluierung geeigneter Virusinaktivierungsschritte wesentlich aussagekräftiger.
Eine häufig angewendete Methode zum Nachweis der Infektiosität von Viren ist die Zugabe der Viren zu Zellkulturen. Durch Titrationen können genaue Aussagen über die Wirksamkeit von Virus- inaktivierungsschritten getroffen werden (Hämostaseologie 16 (1996) : 282-285. Derartige Verfah- ren nehmen aber mehrere Tage bis Wochen in Anspruch. Ausserdem stehen für manche Viren, wie z. B. Parvo B19, bis jetzt noch keine geeigneten Zellkulturtests zur Verfügung, die routinemässig eingesetzt werden können. Es ist allgemein bekannt, dass in Blut oder Plasma nicht selten freie virale DNA nachweisbar ist. Diese DNA stammt von Viren die gerade abgebaut wurden (oder im Falle von Retroviren aus zerstörten Zellen, die entsprechende Nukleinsäuren enthalten haben). Da DNA relativ stabil ist, kann sie noch längere Zeit im Blut nachgewiesen werden.
Es liegt nun die Vermutung nahe, dass auch in Zwischen- oder Endprodukten von biologischen Arzneimitteln zumindest ein Teil (wenn nicht sogar der grösste Teil) der nachgewiesenen Kopien- zahl eines untersuchten Virus auf freie Nukleinsäure zurückzuführen ist, die während des Herstel-
<Desc/Clms Page number 2>
lungsprozesses nicht aus dem Präparat entfernt wird.
Diese durch das Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren nachgewiesene freie Nukleinsäure be- wirkt allerdings, dass die untersuchte Probe bzw. das untersuchte Ausgangsmaterial fälschlicher- weise als kontaminiert mit dem bestimmten untersuchten Virus angesehen wird (falsch-positives Ergebnis), obgleich sich tatsächlich keine vollständigen und damit infektiösen Viruspartikel mehr in der Probe bzw. im untersuchten Präparat befinden.
Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht daher darin, die bisherigen Untersuchungsver- fahren zur Detektion von viralen Nukleinsäuren dahingehend zu verbessern, dass derartige falsch- positive Ergebnisse vermieden werden.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäss gelöst durch ein Verfahren zur Detektion, Unterschei- dung und Quantifizierung von freien und eingekapselten Nukleinsäuren in einer Probe, welches durch die folgenden Schritte gekennzeichnet ist: - Bereitstellen von mindestens zwei Aliquoten der Probe, - Ermitteln des Gehaltes an bestimmten Nukleinsäuren in freier und eingekapselter Form in einem ersten Aliquot durch ein Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren, - Behandlung eines weiteren Aliquots mit einem Nukleinsäure-spaltenden Enzym, - Ermitteln des Gehaltes an bestimmten Nukleinsäuren in eingekapselter Form im Enzym- behandelten Aliquot durch ein Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren, und - Ermitteln des Gehaltes an bestimmten Nukleinsäuren in freier Form durch Subtrahieren des ermittelten Gehaltes im zweiten Aliquot von jenem des ersten Aliquots.
Anstelle der Entnahme von Aliquoten ist selbstverständlich auch die direkte Untersuchung der Probe selbst möglich. Demgemäss betrifft die vorliegende Erfindung auch ein Verfahren zur Detek- tion, Unterscheidung und Quantifizierung von freien und eingekapselten Nukleinsäuren in einer Probe, welches durch die folgenden Schritte gekennzeichnet ist:
- Ermitteln des Gehaltes an bestimmten Nukleinsäuren in freier und eingekapselter Form in der
Probe durch ein Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren, - Behandlung der Probe mit einem Nukleinsäure-spaltendem Enzym, - Ermitteln des Gehaltes der Probe an bestimmten Nukleinsäuren in eingekapselter Form durch ein Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren, und - Ermitteln des Gehaltes an bestimmten Nukleinsäuren in freier Form in der Probe durch Subtra- hieren des ermittelten Gehaltes an Nukleinsäuren in eingekapselter Form von jenem in freier und eingekapselter Form.
Durch die Behandlung mit einem Nukleinsäure-spaltenden Enzym werden erfindungsgemäss nur diejenigen Nukleinsäuren degradiert, die nicht durch eine Proteinhülle geschützt sind. Demge- mäss können in der der Enzymbehandlung folgenden Nukleinsäure-Amplifikation nur mehr diejeni- gen Nukleinsäuren detektiert werden, welche bei der Enzymbehandlung vor einem Abbau durch eine Proteinhülle geschützt worden sind. Demgemäss wurden während des enzymatischen Ver- daus sämtliche Nukleinsäuren entfernt, die von tatsächlich inaktivierten Viren stammen (deren Pro- teinhülle beispielsweise aufgeplatzt ist oder deren DNA, bedingt durch die Inaktivierungsbehand- lung, für das Enzym zugänglich geworden ist).
Die Nukleinsäure, die sich noch in intakten (und somit noch in potentiell infektiösen) Viren befindet, kann durch das Nukleinsäure-spaltende Enzym nicht angegriffen werden ; dieNukleinsäure bleibt intakt und kann in einem Nukleinsäure-Amplifika- tionsverfahren, dass dem enzymatischen Verdau nachgeschaltet ist, nachgewiesen werden.
Demgemäss eignet sich das erfindungsgemässe Verfahren auch ausgezeichnet zur Bestimmung und Kontrolle der Virusinaktivierungsrate eines Virusinaktivierungsschrittes unter Verwendung eines Nukleinsäure-Amplifikationsverfahrens, da auch hier die falschpositiven Ergebnisse wegfal- len und somit auch ein Zellkulturtest prinzipiell entfallen könnte.
Somit betrifft die vorliegende Erfindung auch ein Verfahren zur Bestimmung und Kontrolle der Virusinaktivierungsrate eines Virusinaktivierungsschrittes, gekennzeichnet durch die folgenden Schritte : - Bereitstellen eines Ausgangsmaterials, das eine bekannte Belastung mit bestimmten Viren enthält, - Durchführen eines Virusinaktivierungsschrittes, - Ermitteln des Gehaltes an Nukleinsäuren der bestimmten Viren in freier und eingekapselter
Form im virusinaktivierten Ausgangsmaterial durch ein Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren,
<Desc/Clms Page number 3>
- Behandlung des virusinaktivierten Ausgangsmaterial mit einem Nukleinsäure-spaltendem
Enzym, - Ermitteln des Gehaltes des virusinaktivierten Ausgangsmaterials an Nukleinsäuren der be- stimmten Viren in eingekapselter Form durch ein Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren,
- gegebenenfalls Ermitteln des Gehaltes an Nukleinsäuren der bestimmten Viren in freier Form in der Probe durch Subtrahieren des ermittelten Gehaltes an Nukleinsäuren der bestimmten
Viren in freier und eingekapselter Form von jenem in eingekapselter Form, und - Bestimmen der Inaktivierungsrate des Virusinaktivierungsschrittes durch Subtrahieren des
Gehaltes an Viren in eingekapselter Form von der Belastung des Ausgangsmaterials mit den bestimmten Viren.
Auch hierbei kann man sowohl bestimmte Aliquote ziehen oder die Gesamtprobe dem erfin- dungsgemässen Verfahren unterziehen.
Das erfindungsgemässe Verfahren wird bevorzugterweise bei der Herstellung von pharmazeuti- schen Präparaten eingesetzt, die von einem Ausgangsmaterial ausgehen, das potentiell mit humanpathogenen Viren belastet sein kann. Derartige Präparate müssen hinsichtlich ihrer Virusbe- lastung aufwendigst qualitätsgesichert werden, beispielsweise durch Kontrolle mittels Nukleinsäu- re-Amplifizierungsverfahren. Dabei ist es auch erforderlich, einen oder mehrere Schritte zur Inakti- vierung bzw. Abreicherung von Viren vorzusehen. Speziell bei Virusinaktivierungsverfahren stellt sich ebenfalls das oben erwähnte Problem der falsch-positiven Ergebnisse bei Nukleinsäure-Ampli- fikationsverfahren dar.
Daher betrifft die vorliegende Erfindung auch ein Verfahren zur Herstellung einer hinsichtlich der Belastung an bestimmten Viren qualitätsgesicherten pharmazeutischen Präparation, ausge- hend von einem Ausgangsmaterial, das potentiell mit Viren belastet ist, welches - neben den jeweils für das bestimmte Präparat üblichen Herstellungsschritten - auch die Schritte: - Durchführen von mindestens einem Virusinaktivierungsschritt und - unmittelbar oder mittelbar nachfolgendes Durchführen von mindestens einer Behandlung mit einem Nukleinsäure-spaltendem Enzym und - gegebenenfalls Ermitteln des Gehaltes an Nukleinsäuren der bestimmten Viren in freier Form durch ein Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren beinhaltet.
Auch hierbei können somit falsch-positive Ergebnisse ausgeschaltet werden, wenn unmittelbar oder mittelbar nach dem Virusinaktivierungsschritt die erfindungsgemässe Behandlung mit einem Nukleinsäure-spaltendem Enzym vorgenommen wird (wobei "mittelbar" bedeutet, dass ein oder mehrere weitere Verarbeitungsschritte zwischen dem Virusinaktivierungsschritt und der Behand- lung mit einem Nukleinsäure-spaltendem Enzym liegen).
Analog dazu kann das erfindungsgemässe Verfahren auch zur Kontrolle und Qualitätssicherung der Herstellung einer hinsichtlich der Belastung an bestimmten Viren qualitätsgesicherten pharma- zeutischen Präparation, ausgehend von einem Ausgangsmaterial, das potentiell mit Viren belastet sein kann, herangezogen werden, indem das Herstellungsverfahren bzw. ein oder mehrere Schritte des Herstellungsverfahrens mit den erfindungsgemässen Massnahmen kontrolliert wird, vorteilhafter- weise unter Entnahme von Aliquoten aus den verschiedenen Verarbeitungsstufen.
Das Nukleinsäure-spaltende Enzym wird nach der jeweiligen zu detektierenden bzw. zu be- stimmenden Nukleinsäure ausgewählt, bevorzugterweise werden erfindungsgemäss DNAsen und RNAsen verwendet. Mit diesen Enzymen lassen sich freie DNA- oder RNA-Moleküle quantitativ verdauen, sodass derartige Moleküle in einem Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren zum wesentli- chen Teil nicht mehr nachzuweisen sind. Es ist aber auch selbstverständlich möglich, spezifischere Enzyme zu verwenden, wie etwa Restriktions-Endonukleasen. Jedoch sollte das Nukleinsäure- Amplifikationsverfahren dann auf die spezielle Schnittstelle, die durch die Restriktions-Endonuklea- se erkannt wird, abgestimmt werden, indem beispielsweise die Schnittstelle im amplifizierten Be- reich liegt.
Dass mit einer derartigen Methode prinzipiell die DNA von inaktiven. HBV-Partikeln im Serum von Patienten degradiert werden kann, wurde von Cabrerizo et al. (J. Am. Soc. Nephrology 8 (1997) : 1443-1447) beschrieben ; davon abgewandelte und speziell adaptierte Anwendung der DNAse-Behandlung zur Detektion, Unterscheidung und Quantifizierung von kontaminierender Nukleinsäure bzw. zur Kontrolle der Inaktivierungsrate oder eines Herstellungsprozesses für biolo-
<Desc/Clms Page number 4>
gische Arzneimittel wurde jedoch bislang trotz des enormen Bedarfs nicht in Erwägung gezogen.
Das vorliegende Verfahren ist nicht nur besonders für biologische Arzneimittel aus Blut oder Plasma geeignet, sondern auch für sämtliche rekombinanten Produkte, die aus Zelllinien gewon- nen werden. Auch derartige Zelllinien können potentiell virusbelastetes Material liefern, bei dessen Aufbereitung das erfindungsgemässe Verfahren effizient eingesetzt werden kann. Allgemein ist das erfindungsgemässe Verfahren überall dort verwendbar, wo zwischen den beiden Formen von vira- len Nukleinsäuren - frei und eingekapselt- unterschieden werden muss.
Mit dem vorliegenden Verfahren wurde auch eine Möglichkeit geschaffen, zwischen freier und eingekapselter Form von Viren zu unterscheiden, bei welchen bislang noch überhaupt keine Infek- tiositätstests existieren bzw. die Infektiositätstests aufwendig oder sehr langsam sind. Die erfin- dungsgemässe Methode ist jedenfalls um Grössenordnungen schneller als herkömmliche Zellkultur- Tests.
Bevorzugterweise werden beim erfindungsgemässen Verfahren der Probe oder dem Aus- gangsmaterial bzw. davon entnommenen Aliquoten vor der Nukleinsäure-Amplifikation Standard- Nukleinsäuren zugesetzt und die Performance des Nukleinsäure-Amplifikationsverfahrens gemäss der EP 0 714 988 oder der W096/35437 kontrolliert.
Bevorzugterweise werden die Standard-Nukleinsäuren vor der Behandlung mit dem Nuklein- säure-spaltenden Enzym zugesetzt, da somit auch die Effektivität der Enzymbehandlung kontrol- liert werden kann. Um auch das der Enzymbehandlung nachfolgende Nukleinsäure-Amplifikations- verfahren kontrollieren zu können, werden bevorzugterweise die Standard-Nukleinsäuren auch nach der Enzymbehandlung zugesetzt. Optimalerweise wird sowohl vor der ersten Nukleinsäure- Amplifikation als auch unmittelbar vor der zweiten Nukleinsäure-Amplifikation eine Standard- Nukleinsäure zugesetzt, wobei sich vorzugsweise die zu verschiedenen Zeitpunkten zugesetzten Standard-Nukleinsäuren auch voneinander, z. B. hinsichtlich ihrer Länge unterscheiden.
Die Kon- trolle durch interne Standards wird bevorzugterweise durch die in der EP 0 714 988 A und der EP 0 714 987 A beschriebenen Methoden durchgeführt. Eine interne Kontrolle des Verfahrens ist aber auch durch Zugabe von Modellviren, z. B. Sindbis, VSV oder Bakteriophagen, möglich.
Die jeweilige spezielle Ausführungsform der Nukleinsäure-Amplifikation die ausgewählt wird, richtet sich in erster Linie nach der Natur der zu detektierenden Nukleinsäure, bevorzugterweise werden die reverse Transkriptase-PCR (RT-PCR) oder die PCR durchgeführt (vgl. EP 0 200 362 A und EP 0 201 184 A sowie die auf diese EP's bezugnehmenden Veröffentlichungen).
Da das Nukleinsäure-spaltende Enyzm in der nachfolgenden Nukleinsäure-Amplifikation bzw. den nachfolgenden Verarbeitungsschritten störend wirken könnte, wird es bevorzugterweise gezielt unmittelbar nach der Enzymbehandlung inaktiviert oder abgetrennt. Gegebenenfalls kann auch bereits vor der Enzymbehandlung eine Vorreinigung der Proben durchgeführt werden, so dass der Enzymverdau und die nachfolgende Nukleinsäure-Amplifikation nicht mehr durch störende Sub- stanzen beeinflusst werden. Besonders bevorzugt ist dabei eine Vorreinigung über Mikrosäulen, wie z. B. die Zentrifugationsfilter Microcon YM100 (Millipore) oder gleichwertige Produkte, bei gleich- zeitiger Umpufferung z. B. in PBS.
Die Erfindung wird anhand der nachfolgenden Beispiele, auf die sie selbstverständlich nicht eingeschränkt ist, näher erläutert.
Beispiel I 1 : Unterscheidung zwischen freier und eingekapselter Parvo B19-Nuklein- säure nach Inkubation der Viren bei verschiedenen Temperaturen
In diesem Beispiel wurde infektiöses Parvo B19-Virus pro Ansatz mit einer Kopienzahl von ca.
10 000 in 10 ul PBS (also in einer physiologischen Pufferlösung, die die Virushülle nicht zerstört) bei verschiedenen Temperaturen 10 min inkubiert. Die Temperaturen waren dabei 37 C, 50 C, 60 C, 80 C und 99 C. Anschliessend wurde die Probe wieder abgekühlt und ein Ansatz als Kon- trollprobe (unverdaut) entnommen. Nach Zugabe von 1 ul 50 mM MgC12-Puffer und 1 ul DNAse (Roche, Mannheim, Deutschland, entsprechend 10 Einheiten) wurden die restlichen Ansätze 1 Stunde bei 37 C inkubiert. Die DNAse-Aktivität wurde durch Inkubation bei 99 C restlos zerstört.
Die Proben wurden dann direkt für die PCR eingesetzt. Zur quantitativen Überprüfung des erfolg- ten Verdaus wurden als interner Standard einzelsträngige Oligonukleotide in verschiedenen Kon- zentrationen von 10 - 10 000 Kopien zugesetzt. Die PCR-Lösung von insgesamt 50 ul enthielt
<Desc/Clms Page number 5>
neben der Probe 1 E HotstarTagTM (Qiagen, Hilden, Deutschland), den Puffer des Herstellers laut Angaben, 200 uM von jedem dNTP und jeweils 50 pmol der Primer KK5 und KK6 (Sequenzen von Primern und Standard siehe Tabelle 1). Die Proben wurden mit 50 ul Mineralöl überschichtet und zunächst 14 min bei 94 C zur Aktivierung der Polymerase inkubiert.
Anschliessend wurden 45 Zyklen nach folgendem Profil in einem TRIO-Thermoblock (Biometra, Göttingen, Deutschland) amplifiziert: 30 s bei 94 C, 30 s bei 55 C, 60 s bei 72 C mit einem abschliessenden Elongati- onsschntt bei 72 C für 1 min. 8 ul des Ansatzes wurden auf ein 3,5 % "low-melting"-Agarosegel aufgetragen. In der Tabelle 2 wird das Ergebnis des Versuchs dargestellt. Die Kopienzahl wurde lediglich semiquantitativ ermittelt. Es zeigt sich, dass im Vergleich zur Kontrolle (d. h. ca. 10 000 Viren, die direkt zur PCR eingesetzt wurden) die Proben, die nur inkubiert, aber nicht DNAse- behandelt wurden, ziemlich genau die gleich Kopienzahl ergaben. Mit steigender Temperatur nimmt die Anzahl von freien Nukleinsäuren zu, was bedeutet, dass nach erfolgter DNAse-Behand- lung die ermittelte Kopienzahl abnimmt.
Der Versuch zeigt auch, dass auch Viren, die vorher nicht extrahiert wurden, direkt in die PCR eingesetzt werden können. Ein Vergleich mit der entsprechenden Menge extrahierter Viren ergab für die eingekapselten Nukleinsäuren von Parvo B19 die gleiche Kopienzahl.
Tabelle 1: Sequenzen der verwendeten Oligonukleotide und Primer
KK5 5'-GCCAAGAAACCCCGCATTACC-3'
KK6 5'-ACCAGTTTACCATAGTTTGAA-3'
B19C 5'-GCCAAGAAAC CCCGCATTAC CATGTTATGG ATAGACTGGC
TAAGCAAAGC GCGATCCAAA ACACAAAAGG CTTTGTTCCT TACTCTTTAA
ACTTTGTTCA AACTATGGTA AACTGGT-3'
Tabelle 2 : Einfluss der Temperatur auf die Freisetzung von Nukleinsäuren aus Viruspartikeln
EMI5.1
<tb> Temperatur <SEP> Kontrolle <SEP> DNA-Verdau
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> 37 C <SEP> 10 <SEP> 000 <SEP> 5000
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> 50 C <SEP> 10 <SEP> 000 <SEP> 500
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> 60 C <SEP> 10 <SEP> 000 <SEP> 50
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> 80 C <SEP> 10 <SEP> 000 <SEP> 10
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb>
<tb> 99 C <SEP> 10 <SEP> 000 <SEP> 10
<tb>
Die Angaben
beziehen sich auf die ungefähre Kopienzahl von B19 nach Inkubation bei ver- schiedenen Temperaturen und nach anschliessendem DNAse-Verdau.
Kontrolle: Probe nicht mit DNAse verdaut.
Beispiel 2 : Unterscheidung zwischen freien und eingekapselten Viren in biologi- schen Arzneimitteln.
In diesem Beispiel wurden zwei Blutprodukte in Endbehältern, FVIII und FIX, in Bezug auf ihren Gehalt an freien Nukleinsäuren untersucht. Zu diesem Zweck wurden jeweils 200 ul der entspre- chenden Produkte auf 0,5 ml mit PBS aufgefüllt, in Microcon YM100-Säulen gegeben und bei voller Drehzahl zentrifugiert. Anschliessend wurden die Säulen wieder mit PBS aufgefüllt und der Vorgang so oft wiederholt, bis mindestens ein Reinigungsfaktor von 10 erreicht war. Die Probe wurde einerseits unverdaut auf den Gehalt an Parvo B19-Nukleinsäuren nach dem oben beschrie- benen Verfahren untersucht und andererseits nach DNAse-Behandlung. In der Tabelle 3 wird für beide Produkte (jeweils zwei Beispiele) der Unterschied zwischen der B19-Kopienzahl nach erfolg- tem DNA-Verdau (+DNAse) und von freien Nukleinsäuren ohne DNAse (-DNAse) dargestellt.
<Desc/Clms Page number 6>
Tabelle 3
EMI6.1
<tb> ohne <SEP> DNAse <SEP> mit <SEP> DNAse
<tb>
<tb> FVIII <SEP> (a) <SEP> 5000 <SEP> 20
<tb>
<tb> FVIII <SEP> (b) <SEP> 6000 <SEP> 50
<tb>
<tb> FIX <SEP> (a) <SEP> 300 <SEP> < 10
<tb>
<tb> FIX <SEP> (b) <SEP> 20000 <SEP> 50
<tb>
Es konnte eindeutig gezeigt werden, dass der grösste Teil der ermittelten Kopienzahl von B19 auf freie DNA zurückzuführen war. Über die restliche (nach DNAse-Verdau) Kopienzahl B19 kann keine exakte Aussage getroffen werden. Vermutlich sind diese Viren nicht mehr infektiös, z.B. könnte die Hülle der Viren verändert worden sein. Andererseits kann auch der DNAse-Verdau nicht zu 100 % erfolgt sein.
Beispiel 1 3: Effizienz des DNAse-Verdaus
Aus den vorherigen Beispielen lässt sich entnehmen, dass die DNAse-Behandlung nicht immer zu einem vollständigen Verdau von frei vorliegenden DNA-Molekülen führt. Da ja natürlich keine vorgereinigte DNA für die Experimente verwendet werden kann, kann einer der Gründe sein, dass in der Lösung vorliegende Substanzen den DNAse-Verdau behindern. Andererseits könnten nicht alle DNA-Moleküle für den Verdau frei zugänglich sein, z. B. durch gegenseitige Anlagerung. Auch könnten bereits inaktive DNAse-Moleküle sich an der DNA anlagern und somit den Verdau verhin- dern. Es wurde deshalb untersucht, bis zu welcher Kopienzahl einer bestimmten Nukleinsäure man unter optimalen Bedingungen einen vollständigen Verdau erreichen kann.
Zu diesem Zweck wurden ca. 300, 1000, 3000 und 10 000 Kopien einer Parvo B19-DNA wie oben beschrieben im entsprechenden Puffer (d. h. ohne inhibierende Substanzen) DNAse-behan- delt und mit PCR amplifiziert. Wie in Tabelle 4 ersichtlich, waren 300 und 1000 Kopien noch gut verdaubar, während 3000 Kopien zu einer schwachen und 10 000 Kopien zu einer starken Bande führten.
Dies bedeutet, wenn man 3000 oder mehr Kopien einer Nukleinsäure verdauen will, sollte man den DNAse-Verdau z. B. wiederholen oder mit einem Verdau von Restriktionsenzymen kombinie- ren, um ein verlässliches Ergebnis auch bei derartig hohen Kopienzahlen zu erhalten.
**WARNUNG** Ende DESC Feld kannt Anfang CLMS uberlappen**.