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Verfahren zur Herstellung eines Gegenstandes aus Glas
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Gegenstandes aus Glas, vitrokristallinem oder keramischem Material, z. B. einer ebenen oder gebogenen Scheibe oder eines Hohlgegenstandes, mit einem Rand, der durch eine Stirnfläche und die angrenzenden Randzonen der einander gegenüber- liegenden Hauptflächen des Gegenstandes gebildet ist, bei welchem Verfahren eine Grundform aus
Glas, vitrokristallinem oder keramischem Material im Bereich einer Zone erhöhter Spannungen bzw.
Belastungen mit mindestens einem Überzug aus Glas in geschmolzenem oder plastischem Zustand versehen wird, dessen Erweichungstemperatur und thermischer Ausdehnungskoeffizient niedriger sind als jene der die Grundform bildenden Materialien, und bei dem anschliessend der Gegenstand auf eine Temperatur abgekühlt wird, bei der der bzw. die Überzüge erstarren und durch die Grundform, die sich beim Abkühlen stärker zusammenzieht als die Überzüge, unter Druck gesetzt wird bzw. werden.
Es ist bekannt, dass Glas gegen Druckbelastungen wesentlich widerstandsfähiger als gegen Zugbelastungen ist, und dass die Ursache hiefür kleine Fehlstellen oder Risse an der Oberfläche des Glases sind. Die Zugfestigkeit kann durch einen thermischen Temperungsprozess verbessert werden, welcher Druckspannungen in den Oberflächenschichten des Glases hervorruft oder verstärkt. Beim thermischen Tempern wird das Glas auf eine Temperatur nahe dem Erweichungspunkt erwärmt und dann in einem Luftstrom rasch abgeschreckt ; dieser Prozess kann bei Flachglas nur dann angewendet werden, wenn das Glas eine Dicke von etwa 3 mm oder mehr hat.
Man weiss auch, dass bei der thermischen Temperung von Glas die Ränder intensiver unter Druckspannung gebracht werden als die übrigen Oberflächen, weil die Abkühlung der Ränder schneller und damit intensiver erfolgt als diejenige der übrigen Oberflächen. Dies kann ein Vorteil sein, weil die Randrisse gefährlicher sind als die Oberflächenrisse. Einen solchen Vorteil kann man jedoch nicht mit der normalen chemischen Temperung des Glases erreichen.
Es wäre also von besonderem Interesse bei der chemischen Temperung von Glas, wenn man die Stirnflächen und/oder die angrenzenden Randzonen der einander gegenüberliegenden Hauptflächen der Glasgegenstände besonders behandeln könnte, so dass diese Stirnflächen und/oder Randzonen stärker getempert werden als die übrige Oberfläche, d. h. ein Ergebnis erzielt würde, das dem Ergebnis vergleichbar wäre, wie es bei der thermischen temperung zu erreichen ist oder sogar noch besser als bei dieser.
Es ist zwar bekannt, eine Glasurschicht mit einem niedrigeren Ausdehnungskoeffizienten als der des Grundkörpers auf die Oberfläche eines Glashohlkörpers bzw. auf einen Bereich der Oberfläche, in dem Zugspannungen bestehen, aufzubringen (vgl. brit. Patentschrift Nr. 971, 702 und Schweizer Patentschrift Nr. 428 110). Es ist ferner bekannt, Glaskörper mit verschiedenen Ausdehnungskoeffizienten zu verschmel-
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zen (vgl. deutsche Auslegeschrift 1015199). Ausserdem ist bekannt, Glasteilen, bei welchen ein Teil den andern umschliesst, mittels eines Verbindungsglases zu verbinden, wobei das Verbindungsglas einen
Ausdehnungskoeffizienten hat, der zwischen den Ausdehnungskoeffizienten der beiden zu verbindenden
Teile liegt. (Vgl.
DDR-Patentschrift Nr. 8331.) Mit keinem der bekannten Verfahren ist aber das er- findungsgemäss angestrebte Ziel erreichbar.
Durch die Erfindung wird nun ein Verfahren geschaffen, durch welches es möglich ist, Gegenstän- de aus Glas, vitrokristallinem oder keramischem Material mit einem Überzug aus Glas zu versehen, so dass die Gegenstände eine Zugfestigkeit haben, die normalerweise nur durch einen Temperungspro- zess zu erreichen ist.
Gemäss der Erfindung werden der oder die Überzüge ausschliesslich auf mindestens einem Teil der Stirnflächen und/oder der angrenzenden Randzonen der einander gegenüberliegenden Hauptflächen des
Gegenstandes aufgebracht.
Im allgemeinen wurden die besten Ergebnisse erzielt mit Glasüberzügen, die eine Dicke im Be- reich von 1 bis 150,um hatten.
Der überzogene Gegenstand befindet sich während der ganzen Durchführung des Verfahrens vor- zugsweise im festen Zustand. Die folgende Beschreibung und Erklärung der Erfindung bezieht sich in erster Linie auf Gegenstände in Scheibenform, der Anwendungsbereich der Erfindung umfasst aber auch
Gegenstände mit anderer Form, z. B. röhrenförmige Gegenstände oder Wandungsteile eines Hohlkörpers.
Derüberzogene Gegenstand wird aber stets eine Längen- und Breitenausdehnung haben, die ein vielfaches seiner Dicke beträgt. In den meisten Fällen, z. B. wenn die Erfindung auf Bänder aus gezogenem
Glas oder auf Scheiben, in welche solche Bänder geschnitten werden, angewendet wird, werden die Längen- und Breitendimensionen einige Hundertmal grösser als die Dicke sein ; jedoch fallen Gegen- stände relativ kleiner Abmessung mit Längen- und Breitendimensionen bis herab zu etwa dem Zehnfa- chen der Dicke ebenfalls in den Anwendungsbereich der Erfindung.
Glasscheiben sind z. B. besonders bruchempfindlich bei Berührung ihrer Kanten mit einem harten Gegenstand, z. B. einem Nagel. Diese Bruchempfindlichkeit kann gemäss der Erfindung durch Aufbringen von Glasüberzügen auf die Kantenflächen der Scheibe und möglicherweise auch auf die Randzonen der einander gegenüberliegenden Hauptflächen der Scheiben, z. B. Randzonen mit einer Breite von 1 bis 5 mm oder mehr, vermindert werden. Als ein anderes Beispiel sei erwähnt, dass ein Trinkglas viel leichter durch einen leichten Stoss auf seinen Rand zerbrochen werden kann, als durch einen ähnlichen Schlag auf seine Seite. Wenn erfindungsgemäss der Rand und/oder die innere und äussere an den Rand angrenzende Oberfläche des Trinkglases Überzüge tragen, ist das Trinkglas der Bruchgefahr weit weniger unterworfen.
Die Erfindung ermöglicht es, beträchtlich höhere Oberflächendruckspannungen zu erzeugen, als das thermische Tempern. Darüber hinaus kann die Höhe der Spannung und der Spannungsgradient von der überzogenen Oberfläche in die Tiefe geregelt werden, um vorgeschriebene Spezifikationen zu erfüllen. Unter Druck befindliche Glasüberzüge können sowohl auf dünnere Glasscheiben von weniger als 3 mm Dicke als auch auf dickere Glasscheiben gebildet werden.
Glas derselben Zusammensetzung oder wenigstens mit demselben thermischen Ausdehnungskoeffizienten sollte normalerweise benutzt werden um die Oberflächenteile der Gegenstände zu überziehen, Es ist jedoch zu bemerken, dass, falls es erwünscht ist, einen Gegenstand mit Druckspannungen verschiedener Höhe auf gegenüberliegenden Flächen zu erhalten, dies leicht erreicht werden kann durch Verwendung von Gläsern verschiedener thermischer Ausdehnungskoeffizienten für die verschiedenen Oberflächenüberzüge. Ebenso sollten Überzüge auf gegenüberliegenden Oberflächen des Gegenstandes normalerweise praktisch gleiche Ausdehnungen haben.
Anders gesagt ist vorzugsweise der Überzug auf einer Oberfläche der Scheibe nicht über einen gegebenen Bereich auszudehnen, wenn nicht der Bereich auf der gegenüberliegenden Oberfläche ebenfalls überzogen ist ; jedoch ist ein kleiner Spielraum indieser Hinsicht erlaubt, sogar wenn der Gegenstand praktisch symmetrisch durch die Überzüge gespannt werden soll.
Das Überziehen der Gegenstände kann durch Aufbringen von Glas oder glasbildenden Bestandteilen im geschmolzenen Zustand auf die Gegenstände ausgeführt werden. Zum Beispiel können die Gegenstände in geschmolzenes Glas getaucht werden, oder gepulvertes Glas oder glasbildende Bestandteile können mit einem Zerstäuber, der das Pulver schmilzt, aufgesprüht werden.
Eine andere Methode zur Bildung geschmolzener Glasüberzüge ist Glas oder glasbildende Bestandteile in Teilchenform in situ auf den Gegenständen zu schmelzen. Gepulvertes Glas ist vorzugsweise in situ zu schmelzen. Bestimmte glasbildende Komponenten können durch Verdampfen oder kathodische
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Zerstäubung im Vakuum aufgebracht werden. Glas oder eine glasbildende Mischung kann als Paste auf- gebracht werden. Ein bevorzugtes Verfahren ist es jedoch, Glas oder eine glasbildende Mischung in Teil- chenform durch Überziehen der Stirnflächen und/oder der angrenzendenRandzonen der einander gegen- überliegenden Hauptflächen der Gegenstände mit einer Flüssigkeit aufzubringen, z. B. einer organischen
Flüssigkeit, welche die Partikel in Suspension enthält.
Die Dicke der festen Auflage kanndurch Einstel- lung des Konzentrationsgrades der Suspension geregelt werden. Die Suspension kann durch Eintauchen der Gegenstände in die Suspension, durch Aufsprühen, oder durch andere passende Verfahren aufge- bracht werden.
Falls Glas oder glasbildende Bestandteile auf die Gegenstände durch Sprühen oder durch Verdampfung oder durch Zerstäubungstechnik aufgebracht werden sollen, können die nicht zu überziehenden
Oberflächenteile der Gegenstände in passender Weise abgedeckt werden.
Ein anderes Verfahren zur Bildung von Glasüberzügen ist das Aufbringen dünner, vorgeformter Glasblätter oder Schichten aus Glas auf die Gegenstände. Erhitzen des Ganzen wenigstens ausreichend bis zum Erweichen des Glases der äusseren Schicht, und dann Abkühlen des Verbundes, vorzugsweise unter Druck.
Falls das Material der Gegenstände auf einer relativ niedrigen Temperatur ist, wenn der Überzug aufgebracht wird, können die Gegenstände und die Überzüge anschliessend in einem Ofen, je nach Art des Falles, auf eine Temperatur oberhalb der notwendigen Temperatur für das Schmelzen, Erweichen oder Bilden des Glasüberzuges erhitzt werden. Die Erhitzung muss ausreichend sein, um die notwendige Ausdehnung des überzogenen Materials hervorzurufen.
Die Druckspannungen, welche in dem Glasüberzug hervorgerufen werden, hängen teilweise vom Ausmass der Kontraktiondesi. iberzogenenMaterialswäh- rend des Kühlstadiums ab, und wenn ein Maximum von Druckspannungen erreicht werden soll, sollte das Material auf eine Temperatur nahe bei und vorzugsweise einige Grade über seine Erweichungstemperatur oder die Erweichungstemperatur der glasigen Phase oder Phasen im Falle eines vitrokristallinen Materials erhitzt werden.
Ein anderes Verfahren zur Erhitzung der überzogenen Gegenstände und des Überzuges ist die Erhitzung durch Brennerflammen.
Es ist möglich, das Glas oder die glasbildenden Komponenten auf die Gegenstände aufzubringen, während sie sich bereits auf einer erhöhten Temperatur oberhalb der Glasschmelz-oder Glasformtemperatur befindet. In diesem Falle ist keine nachfolgende Erhitzung notwendig ; die Gegenstände müssen lediglich gekühlt werden, vorausgesetzt jedoch, dass, wenn glasbildende Mischungen benutzt werden, die erhöhte Temperatur ausreichend lange aufrecht erhalten werden muss, um die Glasbildung zu ermöglichen.
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Widerstandsfähigkeit eines Gegenstandes,in den Glasüberzug aus einem damit in Kontakt stehenden Medium eindiffundieren, wobei die Art der Ionen und die Temperaturbedingungen während der Diffusion so sind, dass die Druckspannungen im Glasüberzug erhöht werden.
Zum Beispiel kann man Kaliumionen bei einer Temperatur unterhalb der Kühltemperatur des Glases im Austausch gegen Natriumionen in einen Glasüberzug eindiffundieren lassen. Falls der Glasüberzug Lithiumionen enthält, kann der chemische Temperungsprozess dadurch vorgenommen werden, dass Lithiumionen durch Natrium- oder Kaliumionen ersetzt werden, wobei die hohe Beweglichkeit der Lithiumionen den Ionenaustausch fördert. Der chemische Temperungsprozess kann auch durch den Austausch von Lithiumionen gegen Natriumionen im Glasüberzug durchgeführt werden, wenn das Glas sich über der Abkühltemperatur befindet. Der Ionenaustauschprozess kann auch durch Eintauchen des Gegenstandes mit dem Glasüberzug in ein Bad aus geschmolzenem Salz eines passenden Alkalimetalles, z. B. geschmolzenem Kaliumnitrat, durchgeführt werden.
Eine wichtige Anwendung dieser Erfindung ist die Verstärkung der Randzonen einer Glasscheibe zur Vorbereitung für einen chemischen Temperungsprozess an der Scheibe. Nach Bildung von Glasüberzügen an den Rändern der Oberflächen der Scheibe, wie zuvor beschrieben, wird die ganze Scheibe einem chemischen Temperungsprozess unterzogen, z. B. durch Eintauchen der Scheibe in ein chemisches Temperungsbad. Damit ist die ganze Scheibe getempert, aber die Druckspannungen sind andenrandzonengrö- 3er als anderswo. Ein solches Verfahren ist besonders wirksam, wenn die Zusammensetzung des für den Überzug benutzten Glases so gewählt wurde, dass dieses Glas leichter chemisch getempert werden kann als das Glas der überzogenen Scheibe.
Die folgende Tabelle zeigt drei Glaszusammensetzungen mit linearenAusdehnungskoeffizienten, die niedriger sind als 10 x 10- 6, und die zur Durchführung dieser Erfindung benutzt werden können, näm-
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lich zum Überziehen von Glas in Scheibenform oder einer andem Form mit einem Ausdehnungskoeffizienten, der höher ist als der genannte Wert :
Tabelle 1
EMI4.1
<tb>
<tb> PbO <SEP> 74,00 <SEP> 71, <SEP> 50 <SEP> 70, <SEP> 67 <SEP>
<tb> BOg <SEP> 10,00 <SEP> 13, <SEP> 00 <SEP> 15, <SEP> 40 <SEP>
<tb> ZnO <SEP> 8, <SEP> 00 <SEP> 9,00 <SEP> 9, <SEP> 47 <SEP>
<tb> Si02 <SEP> 2, <SEP> 00 <SEP> 3, <SEP> 00 <SEP> 2, <SEP> 08 <SEP>
<tb> BaO <SEP> 1, <SEP> 00
<tb> CuO <SEP> 1, <SEP> 00 <SEP> 3,00 <SEP> 1, <SEP> 88 <SEP>
<tb> BiOg <SEP> 2, <SEP> 00 <SEP> - <SEP> - <SEP>
<tb> LO <SEP> 2, <SEP> 00 <SEP> 0, <SEP> 50 <SEP> 0, <SEP> 50 <SEP>
<tb> Ausdehnungs- <SEP> 9.27 <SEP> x <SEP> 10-6 <SEP> 8.25 <SEP> x <SEP> 10-6 <SEP> 8.26 <SEP> x <SEP> 10-6
<tb> koeffizient <SEP> : <SEP> 9,27 <SEP> x <SEP> 10-@ <SEP> 8,25 <SEP> x <SEP> 10-@ <SEP> 8,26 <SEP> x <SEP> 10
<tb>
Eines der oben stehenden Gläser kann z.
B. zum Überziehen eines Glases mit einem thermischen Ausdehnungskoeffizienten von 10, 8 x 10-6 und der folgenden Zusammensetzung benutzt werden :
Tabelle 2
EMI4.2
<tb>
<tb> Si02 <SEP> 73,08
<tb> CaO <SEP> 10, <SEP> 33 <SEP>
<tb> Na20 <SEP> 15, <SEP> 84 <SEP>
<tb> As <SEP> 0, <SEP> 15
<tb> Al2O3 <SEP> + <SEP> Fe2O3 <SEP> 0,60
<tb>
PATENTANSPRÜCHE :
1. Verfahren zur Herstellung eines Gegenstandes aus Glas, vitrokristallinem oder keramischem Material, z. B. einer ebenen oder gebogenen Scheibe oder eines Hohlgegenstandes, mit einem Rand, der durch eine Stirnfläche und die angrenzenden Randzonen der einander gegenüberliegenden Hauptflächen des Gegenstandes gebildet ist, bei welchem Verfahren eine Grundform aus Glas, vitrokristallinem oder keramischem Material im Bereich einer Zone erhöhter Spannungen bzw.
Belastungen bzw. mindestens einem Überzug aus Glas in geschmolzenem oder plastischem Zustand versehen wird, dessen Erweichungstemperatur und thermischer Ausdehnungskoeffizient niedriger sind als eine der die Grundform bildenden Materialien, und bei dem anschliessend der Gegenstand auf eine Temperatur abgekühlt wird, bei der der bzw. die Überzüge erstarren und durch die Grundform, die sich beim Abkühlen stärker zusammenzieht als die Überzüge, unter Druck gesetzt wird bzw. werden, dadurch gekennzeichnet, dass der oder die Überzüge ausschliesslich auf mindestens einem Teil der Stirnflächen und/oder der angrenzenden Randzonen der einander gegenüberliegenden Hauptflächen des Gegenstandes aufgebracht werden.