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Selbststabilisierendes Regelungssystem
Von entscheidender Bedeutung für die Qualität eines Regelungssystems ist die Güte eines AusgleichsVorganges. Unter Güte ist hier die Einhaltung vorgegebener Bedingungen verstanden, die beispielsweise an die Dauer eines Ausgleichsvorganges oder an die maximale Abweichung einer Regelgrösse von ihrem Sollwert beim Überschwingen oder aber auch an ein Zeitintegral eines gewichtsbehafteten Regelfehlers gestellt werden. Diese Bedingungen liegen meist in Form bestimmter Toleranzgrenzen vor, die für die betreffenden Grössen gelten.
Die Einhaltung dieser Bedingungen setzt die Kenntnis der Kenngrössen sowohl der Regelstrecke als auch der zu erwartenden Störungen voraus. Da diese Kenngrössen aber meist nur ungenau oder gar nicht bekannt sind, kann die Einhaltung dieser Bedingungen mit den Methoden der klassischen Regeltechnik oft nicht garantiert werden. Es ist bekannt, zur Bewältigung dieser Aufgabe dem zu überwachenden System übergeordnete Regelkreise zuzuordnen, die die Änderungen der Kennwerte der Regelstrecke verfolgen und korrigierend in das System eingreifen. Die auf diese Art erzielte Einhaltung der Bedingungen wird als "Selbststabilisierung"bezeichnet.
In Fig. l der Zeichnung ist der schematische Aufbau einesselbststabilisierendenSystems an Hand eines Beispieles dargestellt. Mit I ist ein Regelkreis mit der Regelstrecke RS und dem Regler R bezeichnet. Der Einfluss von Störgrössen S auf die Regelstrecke RS ist durch einen Pfeil angedeutet. Die ge- messeneRegelgrösse x wird nicht nur dem Eingang des Reglers R, sondern zusätzlich auch einer Über- wachungseinrichtung UE zugeführt, in der die Regelfehler ermittelt werden, was in der Weise geschieht, dass dieEinhaltung der erwähnten Bedingungen überwacht wird. Solange kein unzulässiger Regelfehler auftritt, bleibt der Regler unbeeinflusst.
Stellen sich jedoch unzulässige Regelfehler ein, so wird die Einstellung des Reglers R verändert. Dies erfolgt in der Weise, dass von der Überwachungseinrichtung UE ein entsprechenderBefehl an eine Auswerteschaltung A abgegeben wird. Diese Auswerteschaltung dient zur Beeinflussung der Reglereinstellung derart, dass nach einem Befehl der Überwachungseinrichtung UE entweder ein Regelungsparameter oder eine Kombination von mehreren Regelungsparametern verändert wird. Dies kann in der Weise erfolgen, dass mittels eines Testwertgebers T entweder in regelloser Folge oder aber auch in einer gewissen Gesetzmässigkeit neue Werte von Regelungsparametern (z.
B. Schlei- fenverstärkung, Ansprechgrenzen) erzeugt werden, die dann dem Regler zugeführt werden, worauf die Regelung mit dem oder den neuen Regelungsparametern durchgeführt wird. Wenn der neuerliche Regelungsvorgang zu keinem Erfolg führt, wird in der beschriebenen Weise eine weitere Veränderung der Regelungsparameter vorgenommen, so lange, bis ein Regelungsvorgang zustande kommt, bei dem die Regelungsbedingungen erfüllt sind. Der Regler R bildet zusammen mit der Überwachungseinrichtung UE und der Auswerteschaltung A einen übergeordneten Regelkreis, der mit II bezeichnet ist.
Bei geringen Störungen der Regelstrecke, die sich beispielsweise durch Alterungsvorgänge ergeben, werden sich im allgemeinen zur Erzielung einer Selbststabilisierung der Regelung auch nur geringfügige Änderungen der Regelungsparametern als notwendig erweisen. Unter "Alterungsvorgängen" sind hier ganz allgemein langsame Änderungen verstanden, die durch den Gebrauch der Bestandteile hervorgerufen wer-
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B.parameterwerte, die zu günstigen, d. h. den jeweils gestellten Bedingungen entsprechenden Regelungsergebnissen geführt haben, in einem linearen Informationsspeicher, z.
B. in einem Schieberegister SR festzuhalten und die in diesem gespeicherten Werte dann abzufragen, wenn im Zuge eines Regelungsvorganges die gestellten Bedingungen nicht erfüllt werden, und die abgefragten Werte dem Regler R einzugeben. Hiebei erweist es sich als vorteilhaft, die zuletzt gewonnenenParameterwerte zuerst abzufragen, weil angenommen werden kann, dass die geringfügigen Veränderungen der Kennwerte der Regelstrecke kontinuierlich verlaufen und daher die grösste Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass beim Aufsuchen neuer Regelungsparameter die zuletzt gewonnenen Werte am ehestens die Regelungsbedingungen erfüllen.
Erst dann, wenn sich alle im Speicher SR enthaltenen Informationen nach dem Abfragen aller Speicherplätze als ungünstig erwiesen haben, wird der Testgenerator T wieder in Betrieb genommen, damit er neue Regelungsparameter oder deren Kombinationen erzeugt.
Die Auswerteschaltung A sowie deren Schaltverbindungen zum Schieberegister SR und zum Testwertgeber T sind in der Schaltung der Fig. l nui schematisch angedeutet. Die Wirkungsweise der Auswerteschaltung A beruht im wesentlichen darauf, dass nach einem Befehl der Überwachungseinrichtung UE die im Schieberegister SR gespeicherte Information über die zuletzt gewonnene günstige Reglereinstellung als erste in den Regler R eingegeben wird. Erweist sich diese zuletzt gewonnene Einstellung als ungünstig, dann wird die vorletzte genommen und im Falle, dass auch diese ungünstig ist, das weitere Abfragen der Speicherplätze des Schieberegisters SR in dieser Reihenfolge so lange fortgesetzt. bis eine günstige Einstellung gefunden wird.
Sollte je-doch im ganzen Schieberegister keine günstige Information enthalten sein, so wird nach Abfragen der Information des letzten Speicherplatzes der Testgenerator T in Tätigkeit gesetzt. Dieser liefert, wie schon angeführt, entweder regellos oder nach einem vorgegebenen Bildungsgesetz neue Regelungsparameterwerte oder-parameterwertkombinationen so lange, bis günstige Werte gefunden sind und der Regelungsvorgang erfolgreich beendet ist. Der hiebei gefundene günstige Regelungsparameterwert bzw. die günstige Regelungsparameterkombination wird nunmehr in den zuerst abzufragenden Speicherplatz des Schieberegister eingespeichert, ferner sämtliche andern Speicherplatzinformationen um je einen Speicherplatz nach rückwärts versetzt, wobei die jeweils am letzten Speicherplatz gespeicherte Information verloren geht.
Für die Brauchbarkeit eines selbststabilisierenden Systems ist die Grösse des verwendeten Speichers, d. h. also die Anzahl der Speicherplätze desSchieberegisters wesentlich. Ist nämlich der Speicher zu klein bzw. zu schlecht ausgenutzt, so können nur wenige Regelungsparameterwerte bzw. deren Kombinationen aus der Erfahrung gespeichert werden. Ist der Speicher hingegen zu gross, so dauert das Absuchen der Spel- cherplätze zu lange und die Speichergrösse erweist sich als unwirtschaftlich.
Gegenstand der Erfindung ist ein selbststabilisierendes Regelungssystem mit veränderbaren Regelungparametern oderRegelungsparameterkombinationen, deren Werte (Parameterwerte) bei Auftreten von vorgegebenen Bedingungen nicht genügenden (ungünstigen) Reglereinstellungen einzeln oder in Kombination in der Weise geändert werden, dass die jeweils eingestellten Parameterwerte entweder gegen neue, mittels eines Testwertgebers gebildete Parameterwerte oder gegen in einem linearen Speicher (Schieberegister) gespeicherte günstige Parameterwerte ausgetauscht werden, von denen die zuletzt gewonnenen zuerst abgefragt werden, wobei'nach vergeblicher Abfragung des ganzen Speichers durch den Testwertgeber weitere Parameterwerte gewonnen werden.
Das erfindungsgemässe Regelungssystem vermeidet die Nachteile zu kurzer oder zu langerspeicher dadurch, dass der lineare Speicher (Schieberegister) zumindest angenähert so viele Speicherplätze besitzt als dem Minimum des Produktes jener Funktionen entspricht, die sich als mittlere Zahl von Suchschritten in Abhängigkeit von der Länge des Speichers einerseits bei grossen (diskontinuierlichen) Störungen und anderseits bei kleinen Veränderungen des Regelungssystems ergeben.
Die Erfindung macht sich den Umstand zunutze, dass die mittleren (d. h. die über eine grosse Zahl von Regelungsvorgängen gemittelten) Suchzeiten in Abhängigkeit von der Speicherlänge bei grossen Störungen einerseits und bei kleinen Veränderungen der Kenngrössen der Regelstrecke anderseits grundsätzlich verschiedene Grössen haben.
Zur Erläuterung des Erfindungsgedankens dient das Diagramm der Fig. 2. Dieses Diagramm zeigt die mittlerensuchzeiten Z in Abhängigkeit von der Länge M (Anzahl der Speicherplätze) des Schieberegisters SR ; die mittlere Suchzeit Z ist proportional auch der gemittelten Zahl von Suchschritten.
Mit 1 ist im Diagramm jene Kurve bezeichnet, die die mittlere Suchzeit in Abhängigkeit von der Länge desscliieberegisters darstellt, wenn es sich um solcheRegelungsvorgänge handelt, die sich nach ge-
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gehende veränderliche Einflüsse ergeben. Da sich die Wahrscheinlichkeiten, einen günstigen Wert aufzufinden, mit jedem Suchschritt potenzieren, ergibt sich für diese Funktion der Verlauf einer Exponential-
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funktion, die sich mit zunehmender Anzahl der Speicherelemente einem konstanten Wert asymptotisch nähert. Die abfallende Tendenz der Exponentialfunktion kommt dadurch zustande, dass die sich potenzierenden Wahrscheinlichkeitswerte kleiner als 1 sind.
Nach einer grossen Störung der Regelstrecke, beispielsweise durchAusfall wesentlicher Elemente. die in der Regelstrecke wirksam sind, erweist es sich zumeist, dass alle bisher gewonnenen Informationen über günstige Reglereinstellungen ungültig geworden sind. Es wird also nach einer solchen groben Störung der Speicher meist vergeblich abgefragt. In diesem Falle wächst also die mittlere Suchzeit, ausgehend vom konstanten Wert, der sich durch die konstante Absuchzeit des Schieberegisters ergibt, linear mit der Grö- sse des Schieberegisters an. Die mittlere Suchzeit nach grossen Störungen ist in Fig. 2 durch die Kurve 2 angedeutet.
Die mittlere Suchzeit, die sich sowohl nach grossen Störungen als auchnachgeringfügigenÄnderun- gen der Kenngrössen der Regelstrecke ergibt, kann als Produkt der Suchzeitfunktionen 1 und 2 dargestellt werden. Diese Funktion, die in Fig. 2 mit 3 bezeichnet ist, weist zum Unterschied von den andern beiden Funktionen einMinimum Zo auf, dem eine optimale Speicherlänge Mo, d. h. eineopti- male Anzahl von Speicherplätzen im Schieberegister SR entspricht.
Der Anwendungsbereich des erfindungsgemässen selbststabilisierenden Regelungssystems ist nicht auf Regelungen bestimmter Arten beschränkt. Ein Beispiel hiefür sind Regelstrecken der Verfahrenstechnik, deren Parameter unvorhersehbar von äusseren Störungen beeinflusst werden. Als Veränderungen der Regelstrecke kommen hier Alterungsvorgänge und statistisch schwankende Eigenschaften der Beschickungsmaterialien in Frage. Auch die Justierung von Geräten, deren Kennwerte von Bauteildaten abhängen, kann mit Hilfe eines erfindungsgemässen selbststabilisierenden Systems automatisch durchgeführt werden, beispielsweise zum Ausgleich des Temperaturverhaltens.
Schliesslich stellt die Verkehrsregelung einen bevorzugten Anwendungsfall für ein selbststabilisierendes Regelungssystem dar, denn dort treten besonders starke unvorhersehbare Störeinflüsse, z. B. Unfälle oder grosse Veranstaltungen auf, die die Dynamik des ganzen Verkehrs grundlegend ändern können. Das selbststabilisierende System kann aus ähnlichen Fällen günstige Gegenmassnahmen, z. B. Umleitungen, Verschieben der Grünzeiten usw. einleiten.