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Abdruckmasse für dentale Zwecke
Im allgemeinen wird Gips als Abdruckmaterial in der zahnärztlichen Praxis verwendet. Um aber auch dort genaue Abdrücke zu nehmen, wo untersichgehende Stellen wiederzugeben sind, suchte man nach elastischem Material, wozu man Alginatgele und auch andere Kolloide vorschlug. Mit diesen Massen kann man aber keine volumengetreuen Abdrücke erzielen und z. B. Zahnzwischenräume nicht wieder- geben, da die Massen an sich zu weich sind und infolge ihres hohen Wassergehaltes erheblich schrumpfen.
Dann hat man versucht, Massen auf Thiokolbasis zu verwenden, denen aber infolge ihrer geruchlich und physiologisch bedenklichen Zusammenstellung die wichtigste Voraussetzung der Verwendbarkeit im Munde fehlt und auch nur weiche, deformierbare Abdrücke ergeben. Welter ist die Verwendung von Silicon und Silicongummi derart vorgeschlagen, dass aus Endpolymerisaten dieser Stoffe Lösungen hergestellt und zusammen mit Füllmittel zu einer dauerplastischen Masse verarbeitet werden, die direkt ohne weitere Vorbereitung und ohne chemische Veränderung zum Abdruck benutzt werden soll und immer wieder für neue Abdrücke verwendet werden kann.
Abgesehen davon, dass eine technische Durchführbarkeit dieses Vorschlages nicht gegeben ist, kann man auch mit plastischen Massen keinen genauen Abdruck erzielen, weil sie durch jeden mechanischen Einfluss die Form verändern, was schon beim Herausnehmen aus dem Mund der Fall ist, und durch den Eigenfluss dieser Massen beim Lagern dauernd einer Formveränderung unterworfen sind und erst recht beim Transport oder durch Fallen, Druck und Wurf formverändert werden.
Es wurde nun gefunden, dass man Abdruckmassen für dentale Zwecke erhält, welche bei der Abdrucknahme in den festen, aber elastischen Endpolymerisationszustand übergehen und für alle zahnärztlichen Zwecke gleich gut zu verwenden sind, weder geruchlich noch farblich beeinträchtigen, die Mundschleimhaut nicht reizen und eine konturengenaue, natürliche Wiedergabe gewährleisten, indem man Polyorganosiloxan-Elastomer-Vorprodukte verwendet und als Katalysator und Vernetzer dienende Härtungsmittel, wie z. B. schwermetallalkylcarbonsaure Salze als Katalysator und Alkylsilikate als Vemetzer, und erforderlichenfalls für derartige Zwecke an sich bekannte Zusatzstoffe kurz vor der Anwendung zumischt, wobei die chemische Umwandlung und elastische Verfestigung im Mund in wenigen Minuten eintritt und unterhalb der 10 Minuten-Grenze liegt.
Abdrücke der erfindungsgemäss verwendeten Polyorganosiloxanmassen sind praktisch volumenkonstant, verziehen sich nicht, sind so elastisch, dass sie selbst aus ungünstigsten untersichgehenden Stellen abziehbar sind und auch bei gewaltsamer Deformierung stets wieder in die bei der Abbindung im Munde eingenommene Stellung zurückgehen. Sie haften hinreichend fest am Abdrucklöffel, lösen sich aber glatt von den Wandungen der Mundhöhle und lassen sich unter anderem mit Gips aller Qualitäten ausgiessen, sowie mit Modellzement oder Amalgam stopfen. Insgesamt sind damit für die zahnärztliche Praxis so viele unerwartete Vorteile geboten, wie dies bisher bei keiner der vielen Abdruckmassen auf andern Grundlagen möglich war.
Die Brauchbarkeit der erfindungsgemässen Abdruckmassen ist sehr überraschend, weil auf Grund des Bekannten ganz und gar nicht anzunehmen war, dass man mit Siliconmassen überhaupt brauchbare zahn- ärztliche Abdruckmassen erzielen kann.
Massen auf Basis des kalthärtenden Siliconkautschuks sind zwar bekannt und in der Technik einge-
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denn die elastische Verfestigung dieser Massen erfordert dabei einige Stunden Zeit und eine Beschleuni- gung der Abbindung ist hiebei nur durch Erhitzen bis 1500C möglich.
In der erfindungsgemässen Verwendung der genannten Polyorganosiloxanmassen allein oder mit Zu- sätzen für zahnärztliche Abdruckzwecke wird die chemische Umwandlung von niedermolekularen zu hochmolekularen elastischen festen Körpern innerhalb weniger Minuten im Munde durchgeführt. Dazu ist es wider Erwarten erforderlich, den Härteranteil so hoch zu nehmen, dass dieser beispielsweise 6-25 Teile zu 100 Teilen der erfindungsgemässen Abdruckmassengemische ausmacht oder 9-70 Teile auf 100 Teile des als Polyorganosiloxan in der Regel verwendetem Polydimethylsiloxan beträgt.
Es musste dabei weiter überraschen, dass die innerhalb weniger Minuten durchgeführte chemische Umwandlung zu einem höher- molekularen Körper ohne jegliches Wärmeempfinden im Munde durchführbar ist, weil ähnliche Reaktio- nen nur unter starker Wärmeentwicklung vor sich gehen, und dass der zu verwendende erhebliche Anteil an H rterchemikalien im Munde keinerlei Reizerscheinungen oder Geschmacks- und Geruchsbeeinträch- tigungen mit sich bringt, obwohl die Chemikalien allein solche Eigenschaften ausgeprägt aufweisen, die eine Verwendung im Munde unmöglich erscheinen liessen. Auch wird der Ablauf der chemischen Reaktion zur elastischen Verfestigung im Munde durch das feuchte Milieu der Mundhöhle keinesfalls nachträglich beeinflusst.
Die Verwendbarkeit der erfindungsgemäss benutzten Polyorganosiloxane für zahnärztliche Abdruckmassen war auch deswegen keinesfalls als voraussehbar zu betrachten, weil doch davon ausgegangen wird, Polyorganosiloxane zu verwenden, die nicht im Endpolymerzustand vorliegen und so sirupartige, schmierige, klebrige Massen in einer Viskosität von vorzugsweise 15000 bis 35000 centistokes darstellen und als solche die Eigenschaft haben, sich an den speichelbehafteten Wandungen der Mundhöhle fest zu verschmieren, dass sie selbst mit kräftigem Bürsten nicht entfernt werden können.
Es musste daher wohl überraschen, dass trotz dieser sehr nachteiligen Eigenschaft, die eine Verwendung im Munde völlig ausschloss, die erfindungsgemässe Abdruckmasse sich in abgebundenem Zustand gut von den Wandungen der Mundhöhle löst, denn die an sich bekannte Anwendung des kalthärtenden Siliconkautschuks als Strichmasse zur Textilbeschichtung beruht ja gerade auf dem Festhaften nach dem Verfestigen. Schliesslich musste auch angenommen werden, dass die zur Verwendung gelangenden Polyorganosiloxane, die als stark reaktionsfähige Stoffe in wenigen Minuten im Munde in einen höheren Polymerzustand übergehen, keinesfalls lagerfähig und reaktionsbeständig sind und bleiben und so die wichtigste Voraussetzung der technischen Durchführbarkeit zur Benutzung als zahnärztliche Abdruckmasse nicht vorhanden sei.
In nunmehr fast einjähriger Lagerzeit und ständiger Benutzung wurde wider Erwarten aber eine sehr gute Lager- und Reaktionsbeständigkeit der erfindungsgemässen Abdruckmassen festgestellt, was jedenfalls sehr überraschend ist.
Zu den neuen zahnärztlichen Abdruckmassen lassen sich die erfindungsgemäss anzuwendenden Polyorganosiloxanemassen allein verwenden, was sogar in den Fällen, in denen drucklose Abdrücke genommen werden sollen, vorteilhaft ist. Um aber eine wirtschaftlich und anwendungstechnisch jeweils gunstige Ab- druckmasse zu erhalten, sind die sirupartigen Ausgangsstoffe der Polyorganosiloxane noch mit an sich bekannten anorganischen und organischen Stoffen zu füllen und zu strecken. Als solche Stoffe eignen sich vorzugsweise : getrockneter Kaolin gemahlen oder geschlämmt, Asbestmehl, wasserfrei gebrannter Gips, Kreide verschiedenster Modifikationen, Kieselkreide, Kieselgur, Schwefel, Quarzmehl, Gesteinsmehle aller Art wie z. B. Schiefermehl, Titandioxyd, Zinkoxyd u. dgl. m. Auch sind gefällte anorganische Zusatzstoffe zu verwenden, wie z. B.
Calzium-und Magnesiumsilikat oder Calziumcarbonat. Dabei bleibt aber die Zusatzmöglichkeit nur begrenzt klein. Weiter sind gut zu verwenden : Russ, Graphit und Medizinalkohle sowie Metallpulver, wie z. B. Aluminium und Kupfer. An organischen Stoffen sind u. a. brauchbar : Dextrin, Stärke, Cellulose und Cellulosederivate, wie z. B. deren Ester oder glykolsaure Salze, Alginate, Pektine oder polyacrylsaure Salze. Auch harzartige Stoffe, wie z. B. Polyvinylätherharze und Polyäthylen, sowie Paraffine aller Modifikationen lassen sich in Paraffinöl gelöst gut zumischen, wie auch Paraffinöl bestens verwendet werden kann. Wachsartige Stoffe wie Fettalkohole, gegebenenfalls gelöst in Kogasin, sind auch einzuarbeiten. Dann lassen sich Hochpolymere, wie z. B.
Polyvinylpyrrolidon gelöst in Glyzerin, Hexylalkohol oder Methylcyclohexanon, sehr gut verwenden, wobei die Art des Lösungsmittels für den mengenmässigen Zusatz entscheidend ist. Es sind ferner Lösungsmittel und Weichmacher zu verwenden wie Methyl-, Amyl- und Benzylester der Salizylsäure, sowie Benzylbenzoat, Benzylphenylacetat, Methylcyclohexanol, Fufurol, Benzaldehyd und andere höhere Aldehyde. Schliesslich lassen sich auch Emulgatoren bzw. Netzmittel, wie z. B. Fettalkoholäthylenoxydanlagerungsprodukte, mit verwenden. Für all diese Zusätze ist kennzeichnend, dass sie flüssig oder pastenförmig sein müssen oder Pulverform haben, wobei die Kornfeinheit vorzugsweise oberhalb 300 Maschen pro cm2 liegen soll.
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In einer solchen Gemengegestaltung kann beispielsweise die Festigkeit der neuen Abdruckmassen günstig beeinflusst werden, wenn unter anderem Zinkoxyd beigemischt wird. Eine solche Abdruckmasse ist dann besonders vorteilhaft für Kupferringabdrücke u. dgl. zu verwenden.
Die Härterkomponenten können sowohl als Flüssigkeitsgemisch den Polyorganosiloxanmassen allein oder mit Zusätzen beigemischt oder auch einzeln nacheinander zugemischt oder durch Füllen mit vorer- wahnten Stoffen als Paste beigemischt werden, oder es kann die als Vernetzer dienende Alkylsilikat- komponente direkt schon der Polyorganosiloxanmasse allein oder mit Zusatzen zugesetzt werden und die
Metallalkylseife allein oder mit Zusätzen flüssig oder als Paste vor der Abdrucknahme getrennt zuge- mischt werden.
Auch ist es möglich, die Polyorganosiloxanmassen mit Farbpigmenten oder löslichen Farben zu farben oder die Härterflüssigkeit, die auch durch Beigabe von Zusatzstoffen als Paste verwendet werden kann, ebenso zu färben. Letzteres ist sogar sehr vorteilhaft, um die Zugabe der Verfestigungskatalysatoren an sich zu kontrollieren und das homogene Mischen sichtbar zu machen. Als Farbpigmente eignen sich ausser den vorerwähnten Metallpulvern auch noch Eisenoxydrot und Cadmiumrot. An löslichen organischen Farbstoffen besteht nur eine eng begrenzte Auswahl, die als handelsüblich für Nahrungsmittelzwecke als an sich bekannte Farbstoffe geliefert werden, wobei wiederum nur die fettlöslichen Farbstoffe gut zu verwenden sind.
Da für zahnärztliche Abdruckzwecke nur verhältnismässig kleine Gewichtsmengen an Abdruckmasse verwendet werden, ist ein jedesmaliges Abwiegen der einzelnen Anteile Polyorganosiloxanmasse allein oder mit Zusätzen und der zugehörigen Verfestigungskatalysatoren allein oder im Gemisch und/oder mit Zusätzen sehr umständlich. Es ist bei den erfindungsgemäss beschriebenen Abdruckmassen durchaus möglich, in üblicher Weise durch Zusammenmischen gleicher Volumenmengen von zwei getrennten Pasten oder gleich langer aus Tuben gedrückter Pastenstränge ein richtiges Mischungsverhältnis durchzuführen.
Man kann aber auch bei der Mischung so verfahren, dass man z. B. eine Dosier-Skala benutzt, die so graduiert gestaltet ist, dass für einen beliebigen Anteil von Polyorganosiloxanmasse allein oder mit Zusätzen der entsprechend benötigte Härteranteil ablesbar angegeben ist. Solche Dosier-Skalen sind sehr gut in Verbindung mit einer Tubenpackung zu verwenden, weil dabei stets die Masse durch eine gleich grosse Öffnung entnommen wird und hinreichend genaue Dosierung möglich ist. Eine solche Dosier- Skala kann z. B. an einer Glasmischplatte oder einer Mischgefässwand angebracht werden.
Die vielgestaltigen Möglichkeiten in der Zusammensetzung der neuen Abdruckmassen sollen an folgenden Grundbeispielen dargelegt sein :
Beispiel 1 : I. 1 Teil Polydimethylsiloxan von sirupartiger Beschaffenheit und einer Viskosität von 23000 centistokes wird mit 1 Teil Zinkoxyd schneeweiss zu einer Paste homogen vermischt.
U. 0, 75 Teile Dibutylzinndilaurat werden mit 0, 25 Teilen Tetraathylpolysilikat zu einer einheitlichen Flüssigkeit gemischt. 1 Teil I wird nun mit 0, 1 Teil II völlig homogen vermischt, auf einen starren Abdruckträger gebracht und der Abdruck im Mund genommen. Nach zirka 8 Minuten vom Zusammenmischen des Katalysators an wird die Masse elastisch fest und lässt sich ohne Formveränderung von jeder untersichgehenden Stelle abziehen.
Beispiel 2 : 0, 65 Teile Dibutylzinndilauratwerden mit0, 35 Teilen Tetraàthylpolysilikat zureinheitlichen Flüssigkeit gemischt. 0, 15 Teile dieser Flüssigkeit werden mit 1 Teil Polysiloxan nach Beispiel 1 homogen gemischt und zum Abdruck verwendet wie in Beispiel 1. Die Verfestigung bis zum brauchbaren Abdruck dauert im Mund zirka 4 Minuten.
Beispiel 3 : I. 0, 7 Teile Polydimethylsiloxan mit einer Viskosität von 22000 centistokes, 1, 3 Teile bergmännisch gewonnene Kieselkreide und 0, 1 Teile einer im kalten Zustand schmalzartig weichen Masse, bestehend aus 120 Teilen Paraffinöl DAB VI, in dem heiss 2 Teile Polyäthylen, 10 Teile Polyvinylätherharz, 20 Teile Paraffin (Microwachs) mit einem Schmelzpunkt von 850C gelöst und 2 Teile eines nichtionogenen Fettalkoholpolyäthylenemulgators glatt verrührt sind, werden homogen zu einer Paste vermischt.
II. 0, 7 Teile Dibutylzinndilaurat wird mit 0, 3 Teilen Tetraäthylsilikat zur einheitlichen Flüssigkeit gemischt.
1 Teil I wird mit 0, 25 Teilen II homogen vermischt und Abdruck genommen wie in Beispiel 1. Die Verfestigung im Mund dauert zirka 4 Minuten.
Beispiel 4 : 0, 6 Teile Polymethylsiloxan wie in Beispiel 3, 0, 4 Teile wasserfrei gebrannter Gips und 0, 02 Teile Paraffinöl werden zu einer Paste vermischt. 1 Teil hievon wird mit 0, 2 Teilen der Flüs- sigkeit nach Beispiel 2 homogen vermischt und Abdruck genommen entsprechend Beispiel 1. Die Verfe-
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5 : 0, 8Polymethylsiloxan. wie in Beispiel 1 homogen vermischt und verarbeitet wie in Beispiel l. Die Verfestigung im Mund dauert zirka 5 Minuten.
Beispiel 6 : l Teil der Masse I nach Beispiel 1 wird mit 0, 02 Teilen Dextrin gemischt, und 0, 15 Teile der Flüssigkeit nach Beispiel 2 werden homogen beigemischt und verarbeitet wie in Beispiel l. Die Abbindung im Mund dauert zirka 4 Minuten.
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7 : l0, 15 Teilen der Flüssigkeit nach Beispiel 2 vermischt und Abdruck genommen nach Beispiel l. Die Verfestigung im Mund zur weichelastischen Masse dauert zirka 4 Minuten.
Selbstverständlich ergeben sich bei der neuen zahnärztlichen Abdruckmasse, gekennzeichnet durch die Verwendung von Polyorganosiloxanen, die hiebei vom niedermolekularen in einen höhermolekularen festen elastischen Zustand übergeführt werden, noch viel mehr Möglichkeiten als in den Grundbeispielen angegeben, und es können auch Geruchs- und Geschmacksstoffe, wie z. B. Pfefferminzöl, Cumarin und Kamillenextrakt, sowie Desinfektionsmittel, z. B. Parachlormetakresol, in geringen Mengen zugefügt werden.
PATENTANSPRÜCHE : l. Abdruckmasse für dentale Zwecke, welche bei der Abdrucknahme in den festen, aber elastischen Endpolymerisationszustand übergeht, dadurch gekennzeichnet, dass sie durch Vermischen eines Polyor- ganosiloxan-Elastomer-Vorproduktes, der als Katalysator und Vernetzer dienenden Härtungsmittel und erforderlichenfalls der für derartige Zwecke an sich bekannten Zusatzstoffe kurz vor der Anwendung gebildet wird.