Beschreibung
Diamantbeschichtetes spanabhebendes Werkzeug und Verfahren zu seiner
Herstellung
Die vorliegende Erfindung betrifft ein spanabhebendes Werkzeug gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 , ein Verfahren zur Herstellung einer Diamantbeschichtung auf einem Funktionsbereich eines spanabhebenden Werkzeugs gemäß dem
Oberbegriff des Anspruchs 11 sowie ein spanabhebendes Werkzeug gemäß Anspruch 17.
Werkzeuge zur spanabhebenden Bearbeitung mit einem Werkzeugkopf, einem Werkzeugschaft und mit einem Einspannabschnitt zur Aufnahme in einer
Werkzeugaufnahme sind in vielfältigster Form aus dem Stand der Technik bekannt.
Derartige Werkzeuge weisen in ihrem Schneidteilbereich Funktionsbereiche auf, welche an die spezifischen Anforderungen der zu bearbeitenden Materialien angepasst sind.
Bei den genannten Werkzeugen handelt es sich insbesondere um solche, die als Bohr-, Fräs- Senk-, Dreh-, Gewinde-, Konturier- oder Reibwerkzeuge ausgebildet sind, welche als Funktionsbereich Schneidkörper oder Führungsleisten aufweisen können, wobei die Schneidkörper beispielsweise als Wechsel- oder Wendeschneidplatten ausgebildet sein können und die Führungsleisten zum Beispiel als Stützleisten ausgebildet sein können.
Typischerweise weisen derartige Werkzeugköpfe Funktionsbereiche auf, welche dem Werkzeug eine hohe Verschleißfestigkeit bei der Bearbeitung von hochabrasiven Materialien verleihen.
In der DE 20 2005 021 817 U1 der vorliegenden Anmelderin werden
Werkzeugköpfe beschrieben, welche aus einem Hartmaterial mit zumindest einer
Funktionsschicht bestehen, die einen Superhartstoff wie kubisches Bornitrid (CBN) oder polykristallinen Diamant (PKD) umfasst.
Mit einem derartigen Werkzeug können hohe Standzeiten der Werkzeuge im Hinblick auf mechanische bzw. thermische Anforderung zum Bohren, Fräsen bzw.
Reiben erzielt werden.
Verfahren zum Aufbringen eines polykristallinen Films, insbesondere eines solchen aus Diamantmaterial, auf Nichtdiamant-Substraten sind ebenfalls seit Langem bekannt. So beschreibt beispielsweise die US 5,082,359 das Aufbringen eines polykristallinen Diamantfilms mittels chemischer Dampfphasenabscheidung (chemical vapour deposition, CVD).
Bei dem in diesem Dokument des Standes der Technik beschriebenen Verfahren werden auf der Oberfläche des zu beschichtenden Verfahrens eine Reihe diskreter Nukleationsstellen erzeugt, welche typischerweise die Form von Kratern aufweisen.
Diese Krater, welche als Keimzellen für die später zu erfolgende
Diamantabscheidung dienen, können gemäß US 5,082,359 durch eine Reihe von Verfahren hergestellt werden, beispielsweise durch Laserverdampfen und chemisches Ätzen oder Plasmaätzen unter Verwendung eines entsprechend gemusterten
Fotoresists oder auch durch Abtragung mittels eines fokussierten lonenstrahls (focused ion beam milling).
In der US 5,082,359 wird offenbart, dass mittels eines fokussierten lonenstrahls von Ga+ bei einer kinetischen Energie von 25 KeV in den Substraten durch
Fokussierung des Ga+-lonenstrahls auf einen Durchmesser von kleiner als 0,1 pm Krater mit einem Abstand von weniger als 1 pm erzeugt werden können.
Als Substrate werden in der US 5,082,359 typische in der Halbleiterindustrie verwendete Materialien genannt, wie Germanium, Silicium, Galliumarsenid sowie polierte Wafer aus monokristallinem Silicium, und als weitere nützliche Substrate werden Titan, Molybdän, Nickel, Kupfer, Wolfram, Tantal, Stahl, Keramik,
Siliciumcarbid, Siliciumnitrid, Siliciumaluminiumoxynitrid, Bornitrid, Aluminiumoxid, Zinksulfid, Zinkselenid, Wolframcarbid, Graphit, Quarzglas, Glas und Saphir genannt.
Hartmetalle und insbesondere Materialien, welche in eine cobalthaltige
Bindematrix eingebettet sind, werden nicht genannt.
Schlussendlich wird die CVD durch Reaktion von Methan und Wasserstoff im Vakuum an einem heißen Wolframdraht durchgeführt, um den im Hochvakuum erzeugten Kohlenstoff auf den auf der Substratoberfläche erzeugten kraterförmigen Unregelmäßigkeiten in seiner Diamantmodifikation abzuscheiden.
Ferner ist es für Werkzeuge bekannt, Funktionsflächen mit einer Diamantschicht zu versehen, wobei ebenfalls ein CVD-Verfahren verwendet wird.
Ein solches Diamantbeschichtungsverfahren ist beispielsweise in WO 98/35071 A1 beschrieben. Insbesondere die Abscheidung eines polykristallinen Diamantfilms auf einem Hartmetallsubstrat aus in eine Cobaltmatrix eingebettetem Wolframcarbid ist in WO 2004/031437 A1 beschrieben.
Für Hartmetallsubstrate oder Cermet war gemäß WO 2004/031437 A1 eine chemische oder elektrochemische Anätzung erforderlich, um eine gute Haftung der mittels CVD erzeugten Diamantbeschichtung auf dem Substrat zu erzielen.
Typischerweise enthält ein Hartmetall Sintermaterialien aus Hartstoffpartikeln und Bindematerial, beispielsweise Wolframcarbid-Körner, wobei die Wolframcarbid-Körner die harten Materialien bilden und die cobalthaltige Bindematrix den WC-Körnern als Bindemittel dient und der Schicht die für das Werkzeug erforderliche Zähigkeit verleiht.
Diamantbeschichtete Hartmetall- bzw. Cermet-Werkzeuge wirken sich
naturgemäß positiv auf den Verschleißschutz des Werkzeugs sowie auf dessen Standzeit im Dauereinsatz aus.
Problematisch ist jedoch stets die gute Haftung der Diamantbeschichtung auf einem derartigen Hartmetallsubstrat, weshalb es im Stand der Technik
unterschiedlicher Vorbehandlungsmethoden bedarf, welche allesamt darauf abzielen, Cobalt aus der Bindematrix für die Hartstoffpartikel, z.B. WC, zu entfernen, weil Untersuchungen ergeben haben, dass Cobalt die Abscheidung durch unterschiedliche Einflüsse stören kann.
So beschreibt beispielsweise die US 6,096,377 A1 ein Verfahren zur Beschichtung eines Hartmetallsubstrats mit einer Diamantschicht, wobei das Verfahren eine
Vorbehandlung des Substrats mit einem WC-selektiven Ätzschritt sowie mit einem cobaltselektivem Ätzschritt umfasst. Das Aufbringen der Diamantschicht erfolgt durch eine Bekeimung mit Diamantpulver und eine anschließende CVD-Diamantbeschich- tung, wobei der cobaltselektive Ätzschritt, der WC-selektive Ätzschritt oder
Bekeimungsschritt in beliebiger Reihenfolge vorgenommen werden können.
Darüber hinaus beschreibt die DE 195 22 371 A1 zum Aufbringen einer
Diamantschicht auf einem Hartmetallsubstrat zunächst einen cobaltselektiven Ätzschritt mit anschließender Reinigung der geätzten Substratoberfläche und anschließend einen WC-selektiven Ätzschritt mit anschließender Reinigung. Auf das derart vorbehandelte Hartmetallsubstrat wird dann mittels eines CVD-Verfahrens eine Diamantschicht aufgebracht.
Gemäß WO 2004/031437 A1 haben derartige zweistufige
Vorbehandlungsverfahren mit zunächst einem cobaltselektiven Ätzschritt und einem nachfolgenden WC-selektiven Ätzschritt in vielen Fällen nicht zu einer ausreichenden Schichthaftung der Diamantschicht geführt.
Dies dürfte daran liegen, dass, wenn im zweiten, WC-selektiven Ätzschritt eine vollständige Ätzung der an der Oberfläche liegenden WC-Hartstoffpartikel erfolgt, dann anschließend die Oberfläche eine Cobaltanreicherung umfasst, die eine gute
Diamantschichthaftung verhindert. Wird hingegen die WC-Ätzung nur teilweise durchgeführt, dann sind an der Oberfläche, d. h. im späteren Übergangsbereich zwischen Substrat und Diamantschicht, die WC-Partikel an den Korngrenzen angeätzt,
wodurch kein intaktes WC mehr vorliegt, was zu reduzierter Diamantschichthaftung und reduzierter mechanischer Festigkeit führt.
Darüber hinaus beschreibt die WO 97/07264 ein Vorbehandlungsverfahren eines Hartmetalls für die CVD-Diamantbeschichtung, wobei in einem ersten Schritt ein elektrochemisches Ätzen des Hartmetalls durchgeführt wird, indem in einem
Elektrolyten, beispielsweise 10 %iger NaOH, das Substrat als Anode geschaltet und hierdurch elektrochemisch geätzt wird. In einem zweiten Schritt wird selektiv das Cobaltbindematerial geätzt. Im Anschluss daran wird die Diamantschicht mittels CVD- Verfahren aufgebracht.
In der Praxis hat sich jedoch herausgestellt, dass die Diamantschicht starken Beanspruchungen, insbesondere Scherbeanspruchungen und dynamischen
Druckbeanspruchungen, wie sie bei Funktionsbereichen von spanabhebenden
Werkzeugen auftreten, nicht gewachsen war. Offenbar reicht die mit einer solchen elektrochemischen Vorbehandlung erzielte Haftung der CVD-Diamantschicht an ihrem Substrat nicht aus, so dass sich die polykristalline Diamantschicht im laufenden Betrieb vom Substrat ablöst.
Im Gegensatz zu dem oben beschriebenen alkalischen Ätzverfahren stellt die Lehre der WO 2004/031437 A1 auf einen ersten chemischen Ätzschritt im sauren Bereich ab, welcher das Bindematerial, insbesondere Cobalt, anätzt. Gemäß WO 2004/031437 A1 werden elektrochemische Ätzverfahren mit Gleich- oder Wechselstrom mit HCl oder H2SO4 eingesetzt, jedoch können zudem für die Ätzung auch HNO3 oder Mischungen aus H2SO4/H2O2, HCI/H2O2 und HCI/HNO3 verwendet werden.
In einem zweiten Ätzschritt werden dann die Hartstoffpartikel, insbesondere die Wolframcarbid-Körner, angeätzt. Hierzu werden an sich bekannte Chemikalien eingesetzt, die selektiv WC ätzen. Als Beispiele hierfür sind die Behandlung mit Kaliumhexacyanoferrat (Ill)/Laugemischungen, KMnO4/Laugemischungen sowie elektrochemische Verfahren mit NaOH, KOH oder Na2CO3 offenbart.
Zusätzlich zu den beiden Schritten wird ein weiterer cobaltselektiver Ätzschritt durchgeführt, welcher bevorzugt als elektrochemisches Ätzen mit Schwefelsäure oder Salzsäure durchgeführt wird. Gemäß der Lehre der WO 2004/031437 A1 wird hierbei an der Oberfläche des durch die ersten beiden Schritte bereits profilierten Substrats eine poröse Zone erzeugt, in der das Bindermaterial entfernt ist. Die eigentliche Diamantbeschichtung erfolgt ebenfalls mittels eines CVD-Verfahrens. Hierbei wächst der Diamant auf der erzeugten Oberfläche, und aufgrund des Tiefenprofils des vorbehandelten Substrats soll sich eine ausgezeichnete Verklammerung für die Diamantschicht im Substrat ausbilden.
Darüber hinaus offenbart die DE 10 2006 026 253 A1 ebenfalls beschichtete Körper und Verfahren zu ihrer Herstellung, wobei der Körper ein Substrat aus einem Hartmetall oder Cermet, bestehend aus Hartstoffpartikeln und Bindermaterial, und eine darauf aufgebrachte haftende Diamantschicht aufweist.
Gemäß der Lehre der DE 10 2006 026 253 A1 besteht das Substrat überwiegend aus WC und Cobalt, wobei wenigstens ein Teil der Hartstoffpartikel unterhalb der Diamantschicht transkristalline Vertiefungen in Form von Löchern aufweist.
Erreicht wird diese Lochkorrosion mittels einer auf chemischem Wege
transkristallinen Anätzung in der Art, dass Vertiefungen in Form von Einbuchtungen oder Löchern innerhalb der WC-Körner entstehen.
Gemäß der Lehre der DE 10 2006 026 253 A1 wird nach einer mechanischen Vorbehandlung, zum Beispiel Mikrostrahlen mit Hartstoffpartikeln, eine saure Ätzung im gestrahlten Funktionsbereich in konzentrierter Schwefelsäure durchgeführt. Dabei wird das Werkzeug als Anode geschaltet und beispielsweise der äußere Edelstahlbehälter als Kathode geschaltet.
Aufgrund dieser elektrochemischen Behandlung bildet sich eine
Passivierungsschicht, welche nach etwa 10 Sekunden so weit geschlossen ist, dass nahezu kein weiterer Ätzangriff mehr stattfinden kann. Nach diesem Ätzschritt wird die entstandene Passivierungsschicht mit 10 %iger NaOH wieder abgetragen und
typischerweise der Zyklus des elektrochemischen Ätzens in Säure mit anschließendem Entfernen der Passivierungsschicht im Alkalischen mehrfach wiederholt.
Durch diese Behandlung wird die Cobaltphase gemäß der dortigen Lehre oberflächennah vollständig entfernt, während die Wolframcarbid-Partikel eine
Lochkorrosion aufweisen, welche der anschließenden Diamantbeschichtung mittels eines CVD-Verfahrens hinreichend Haftung verleihen soll.
Das Verfahren gemäß diesem Stand der Technik soll sich dabei so einstellen, dass sich - bei WC-Co Hartmetall - der Cobaltverlust höher ist als der WC- Verlust.
In der DE 10 2006 026 253 A1 wird ausgeführt, dass der Binder des Substrats, insbesondere Cobalt, aus der Oberfläche entfernt wird, weil während der langen Prozesszeit und hohen Temperaturen bei der CVD-Diamantbeschichtung es zu schädlichen Wechselwirkungen zwischen dem Kohlenstoff, der die Diamantschicht bilden soll, und dem Cobalt kommt, wobei Cobalt die Diamantbildung verhindert und stattdessen zu graphitischen Phasen führt.
Diese Wirkung der cobalthaltigen Bindemittelschicht auf die CVD- Diamantbeschichtung wird auch in der jüngeren Literatur beschrieben, beispielsweise in dem Übersichtsartikel von HAUBNER, R. und KALSS, W. (2010): Int. Journal of Refractory Metals & Hard Materials 28, 475-483:„Diamond deposition on hardmetal Substrates - Comparison of Substrate pre-treatments and industrial applications".
Gemäß den Ausführungen von HAUBNER et al. kann Kohlenstoff aus der CVD- Diamantbeschichtung in die cobalthaltigen Bindematrix diffundieren, wobei sich gleichzeitig Cobalttröpfchen während der Diamantabscheidung aus der Gasphase bilden, welche das Substratgefüge empfindlich stören und wodurch eine gewisse Sprödigkeit entsteht. Darüber hinaus wurde gemäß HAUBNER et al. erkannt, dass Cobalt ein Katalysator für Diamantwachstum und dessen mehr oder weniger spontane Umwandlung in Graphit ist.
Deshalb ist es verständlich, dass aus empirischen Gründen im Stand der Technik versucht wurde, Cobalt aus der Bindematrix zu entfernen, um den Einfluss von Cobalt auf die Diamantabscheidung zu reduzieren.
Sämtlichen Verfahren des Standes der Technik ist es jedoch gemeinsam, dass eine Entfernung von Cobalt aus der Bindematrix zwar zu einer relativ guten Anhaftung der CVD-Diamantbeschichtung führt, jedoch die an Cobalt verarmte Bindematrix für die Hartstoff partikel, insbesondere WC, empfindlich gestört wird und hierdurch die
Einbettung der WC-Körner als Hartstoffpartikel nicht mehr gegeben ist. Hierdurch kann die Integrität und mechanische Festigkeit der Substratoberfläche insbesondere bei den starken Beanspruchungen als Werkzeug nicht mehr gewährleistet werden. Deshalb treten Gefügestörungen in der Substrat/Diamant-Interphase auf, so dass sich schlussendlich die Diamantschicht mit Teilen des Substratgefüges ablösen kann, so dass derart beschichtete Werkzeuge unbrauchbar werden.
Aus diesem Grunde hat es im Stand der Technik auch Versuche gegeben, zwischen Diamantbeschichtung und Substratoberfläche eine Barriereschicht in Form dünner Filme vorzusehen, um den störenden Einfluss des Cobalts auf die
Diamantabscheidung und -Stabilität zu unterbinden.
Derartige Verfahren, beispielsweise mit auf die Substratoberfläche
aufgesputtertem oder chemisch abgeschiedenem Kupfer, Titan oder Chrom sind ebenfalls in HAUBNER et al. beschrieben.
Jedoch hat sich auch hierbei herausgestellt, dass derartige Zwischenschichten neben ihrer aufwendigen Herstellung und der erforderlichen quasi-kontinuierlichen Schichtdickenüberwachung nicht notwendigerweise optimal für die Haftung der sich darauf abscheidenden CVD-Diamantbeschichtung sind.
Nachdem sich bei Hartmetallwerkzeugen zur Einbettung von Hartstoffpartikeln eine cobalthaltige Bindematrix seit Langem im Stand der Technik bewährt hat, ist es somit die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, spanabhebende Werkzeuge sowie ein Verfahren zu deren Herstellung zur Verfügung zu stellen, bei dem eine Beschichtung in
stabiler Diamantmodifikation, d.h. ohne nennenswerte Konversion von naszierendem und bereits kristallisiertem Diamant in Graphit und ohne das Gefüge der Bindematrix durch Cobaltverarmung zu stören, unmittelbar auf der Substratoberfläche angeordnet werden kann.
Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt durch die kennzeichnenden Merkmale der Patentansprüche 1 und 17.
In verfahrenstechnischer Hinsicht wird die obige Aufgabe durch die
kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 11 gelöst.
Insbesondere betrifft die vorliegende Erfindung ein spanabhebendes Werkzeug mit wenigstens einem diamantbeschichteten Funktionsbereich mit einer unter der Diamantschicht liegenden Substratoberfläche aus einem Hartmetall oder einem keramischem Material, wobei die Substratoberfläche Hartstoffpartikel auf Carbid- und/oder Nitridbasis und/oder Oxidbasis enthält, welche in eine cobalthaltige
Bindematrix eingebettet sind, wobei die Diamantschicht ohne Cobalt in wesentlicher Menge aus der Bindematrix der Substratoberfläche mittels chemischer oder
physikalischer Verfahren entfernt zu haben, unmittelbar auf der Substratoberfläche angeordnet ist.
Die vorliegende Erfindung betrifft ferner ein Verfahren zur Herstellung einer Diamantbeschichtung auf einem Funktionsbereich eines spanabhebenden Werkzeugs, wobei die Diamantbeschichtung auf einer Substratoberfläche aus einem Hartmetall oder einem keramischem Material aufgebracht wird, wobei die Substratoberfläche
Hartstoffpartikel auf Carbid- und/oder Nitrid- und/oder Oxidbasis enthält, welche in eine cobalthaltige Bindematrix eingebettet sind, wobei die Substratoberfläche mit einem positiv geladenen lonenstrahl wenigstens einer lonenspezies vorbehandelt wird, wobei die der lonenspezies zugrundeliegenden Atome im Wesentlichen im Substrat
verbleibenden und die Diamantbeschichtung mittels einer chemischen
Dampfabscheidung (CVD) unmittelbar auf der lonenstrahl-vorbehandelten
cobalthaltigen Substratoberfläche aufgebracht wird.
Durch die Vorbehandlung der Substratoberfläche eines Funktionsbereiches eines Werkzeugs, welche Hartstoffpartikel, z.B. WC-Kömer enthält, die in einer cobalthaltigen Bindematrix eingebettet sind, mittels lonenstrahlen, z.B. N+, N++ und/oder C+ wird im Wesentlichen kein Cobalt aus der Bindematrix entfernt, sondern die eingestrahlten Ionen werden in das Gefüge der Bindematrix inkorporiert.
Ohne daran gebunden zu sein, könnte sich beispielsweise Cobalt durch die eingestrahlten leichten Ionen zu Cobaltnitriden bzw. Cobaltcarbonnitriden oder auch zu Cobaltcarbiden umwandeln, welche die katalytische Wirkung für die Umwandlung der kubischen Diamantphase in die hexagonale graphitische Phase nicht aufweisen, so dass die kubischen Diamantkristalle hinreichend Zeit haben, auf der Substratoberfläche aufzuwachsen, ohne dass eine in situ Re-Konversion in Graphit erfolgt.
Derartige mit dem erfindungsgemäßen Verfahren herstellbare
diamantbeschichtete Funktionsbereiche haben sich überraschend bei spanabhebenden Werkzeugen im Vergleich zu Diamantschichten, die auf cobaltverarmten
Substratoberflächen mittels CVD aufgebracht wurden, als deutlich langzeitstabiler erwiesen. Im Praxistest konnte eine bessere Schichthaftung der Diamantschicht im Vergleich zum Standardprozess des Standes der Technik erreicht werden.
Dies ist umso überraschender als die erfindungsgemäße Lehre praktisch das Gegenteil von den im Stand der Technik propagierten Maßnahmen vorschlägt, nämlich statt der konservativen Lehre, die Bindematrix an Cobalt zu verarmen, ist es für die vorliegende Erfindung unerlässlich, praktisch den gesamten Co-Gehalt in der
Bindematrix zu erhalten und das Gefüge mittels eines lonenstrahls so zu verändern, dass die Co-Atome die Diamantabscheidung bei einem CVD-Verfahren nicht länger stören.
Zwar wurden im Stand der Technik der US 5,082,359 bereits lonenstrahlen in Form eines fokussierten lonenstrahls von Ga+ zur Substratbehandlung vor CVD- Diamantabscheidung eingesetzt, jedoch wurden dort ausschließlich schwere Ga+- Kationen eingesetzt, die - nach Kollision mit den Co-Atomen der Bindematrix - die Co- Atome aus dem Metallgitterverband der Bindematrix herausschlagen, so dass die Bindematrix stark an Cobalt verarmt. Somit fügt sich der Einsatz von schweren Ga+-
lonenstrahlen nahtlos in die„Cobalt-Depletion"-Lehre ein und stellt lediglich eine Alternative zu den eingangs beschriebenen chemischen Ätzverfahren des Standes der Technik und damit eine massive Entfernung von Co-Atomen aus der Bindematrix dar.
Im Gegensatz zum Einsatz von lonenstrahlen mit schweren lonenspezies im Stand der Technik verbleibt das Cobalt beim erfindungsgemäßen Bestrahlen der Substratoberfläche mit den deutlich leichteren lonenspezies N+, N++ und/oder C+ im Wesentlichen in der Bindematrix und führt dennoch zu deutlich besser haftenden Diamantbeschichtungen als im Stand der Technik. Darüber hinaus wird die Einbettung der Hartstoffpartikel, wie beispielsweise WC in die Bindematrix und damit die Integrität der Hartstoffpartikel-Cobalt-Phase praktisch nicht beeinträchtigt, wodurch sie ihre vorteilhaften Eigenschaften für spanabhebende Werkzeuge bewahrt und z.B. nicht versprödet.
Eine bevorzugte Ausführungsform der vorliegenden Erfindung ist ein
spanabhebendes Werkzeug mit wenigstens einem diamantbeschichteten
Funktionsbereich, bei welchem die Diamantbeschichtung des Funktionsbereichs nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erhältlich ist.
Die erfindungsgemäßen spanabhebenden Werkzeuge können für sämtliche Zwecke eingesetzt werden, wo der Einsatz zumindest teilweise diamantbeschichteter Werkzeug technisch sinnvoll ist, um entweder besonders abrasive Materialien - z.B. CFK-Materialien - zu bearbeiten oder hohe Werkzeugstandzeiten in der Fertigung von Maschinenbauteilen zu erzielen oder beides. Insbesondere können die Werkzeuge als rotierendes oder als stehendes Werkzeug, insbesondere als Bohr-, Fräs-, Senk-, Dreh-, Gewinde-, Konturier- oder Reibwerkzeug ausgebildet sein.
Es kann sich bei den Werkzeugen um monolithisch oder modular aufgebaute Werkzeuge handeln.
Ein vorteilhaftes Werkzeug ist ein solches, bei welchem auf einem Trägerkörper wenigstens ein Schneidkörper, insbesondere eine Schneidplatte, vorzugsweise eine Wechsel- oder Wendeplatte, vorgesehen ist und/oder wenigstens eine Führungsleiste,
insbesondere eine Stützleiste, vorgesehen ist, wobei der Schneidkörper oder die Führungsleiste wenigstens in einem Teilbereich diamantbeschichtet ist.
Die Werkzeuge der vorliegenden Erfindung enthalten Hartstoffpartikel, welche ausgewählt sind aus der Gruppe, bestehend aus: den Carbiden, Carbonitriden und Nitriden der Metalle der IV., V. und VI. Nebengruppe des Periodensystems der
Elemente und Bornitrid, insbesondere kubisches Bornitrid; sowie oxidische Hartstoffe, insbesondere Aluminiumoxid und Chromoxid; sowie insbesondere Titancarbid, Titannitrid, Titancarbonitrid; Vanadiumcarbid, Niobcarbid, Tantalcarbid; Chromcarbid, Molybdäncarbid Wolframcarbid; sowie Mischungen und Mischphasen davon.
Die Bindematrix für die Hartstoffpartikel kann neben Cobalt zusätzlich Aluminium, Chrom, Molybdän und/oder Nickel enthalten.
Ein bevorzugtes Werkzeug mit Funktionsbereichen oder Monolithen aus keramischem Material ist ein solches, bei dem das keramische Material ein
Sinterwerkstoff aus den oben genannten Hartstoffpartikeln in einer Bindematrix ist, welche neben Cobalt zusätzlich Aluminium, Chrom, Molybdän und/oder Nickel enthält.
Ein vorteilhaftes Werkzeug ist als keramisches Material ein gesintertes Carbid- oder Carbonitridhartmetall.
Typischerweise ist die Diamantbeschichtung der spanabhebenden Werkzeuge polykristallin ist und wird mittels chemischer Dampfabscheidung (CVD) aufgebracht.
Derartige CVD-Diamantabscheideverfahren sind dem Fachmann seit 1982 wohl bekannt (vgl. MATSUMOTO, S, SATO, Y, KAMO M, & SETAKA, N, (1982): Jpn J Appl Phys;21 (4), L183-185: Vapor deposition of diamond particles from methane). Für die Diamantbeschichtung von Hartmetallsubstraten mittels CVD-Verfahren, sei
beispielsweise auf den eingangs erwähnten Übersichtsartikel von HAUBNER et al. verwiesen.
Typische Schichtdicken für die Diamantschichtung auf den Werkzeugoberflächen liegen im Bereich von 3 bis 15 μιη, insbesondere von 6 bis 12 pm.
Der für das erfindungsgemäße Verfahren eingesetzte lonenstrahl wird mittels eines handelsüblichen lonenstrahlgenerators erzeugt, wobei die folgenden
lonenspezies zum Einsatz kommen können: Lithium, Bor, Kohlenstoff, Silicium,
Stickstoff, Phosphor und/oder Sauerstoff, wobei Stickstoff, insbesondere N+ und N++ und/oder Kohlenstoff, insbesondere C+ bevorzugt sind.
Bei Experimenten hat sich herausgestellt, dass ein lonenstrahl mit einer kinetischen Energie von 3,2x10"15 J bis 3,2 <10"14 J [20 KeV bis 200 KeV] zur
Inaktivierung der katalytischen Wirkung des Cobalts in der Bindematrix (insbesondere die Inhibierung der Umwandlung von Diamant zu Graphit) optimal ist.
Wenn die die Vorbehandlung der Substratoberfläche mittels lonenstrahlen im Vakuum zwischen 20°C und 450°C, insbesondere zwischen 300°C und 450°C, durchgeführt wird, lassen sich ausgezeichnete Diamantadhäsionen an die
Substratoberfläche erzielen.
Als Kohlenstoffquelle für die CVD-Diamantbeschichtung setzt man Methan ein, wobei Wasserstoff im molaren Überschuss zum Methan zugemischt wird.
Eine besonders vorteilhaftes Aufwuchsverhalten und Anhaften der Diamantschicht sowie Kristallgröße der einzelnen Diamantkristalle während der CVD-Abscheidung aus Methan/H2 lässt sich erreichen, wenn im Anschiuss an die lonenstrahl-Vorbehandlung der Substratoberfläche Diamantnanokristalle mittels Ultraschall auf die
Substratoberfläche zur Ankeimung für die nachfolgende CVD-Diamantbeschichtung aufgebracht werden.
Auf diese Art ergeben sich besonders stabile Diamantschichten und die so beschichteten Hartmetall oder Cermet-Werkzeuge weisen hohe Standzeiten bei der Serienfertigung damit bearbeiteter Bauteile auf.
Weitere Vorteile und Merkmale ergeben sich aufgrund der Beschreibung eines konkreten Ausführungsbeispiels.
Beispiel
Hartmetallwerkzeuge aus einem 10M%Co-Hartmetall mit einer mittleren WC- Komgröße von 0,6 pm (Gühring-Handelsname DK460UF) wurden für 3,5 h
erfindungshgemäß mit einem lonenstrom aus Stickstoffionen bestrahlt, wobei der lonenstrom mit einer Spannung von 30 kV bei 3 mA Plasmastrom bei einem
Stickstoffdruck von 1 x 10"5 mbar erzeugt wurde. Zum Erzeugen des lonenstrahls kam ein handelsüblicher lonengenerator zum Einsatz (lonengenerator„Hardion" der Firma Quertech, Caen).
Hierbei stellt sich eine Temperatur an dem Werkzeug von ca. 400°C ein. Im Anschluß daran wurde das Werkzeug in einer handelsüblichen Heißdraht-CVD-Anlage (CemeCon CC800/5) mit Diamant beschichtet. Es wuchs eine haftende
Diamantschicht von 12 μιη Stärke in 60h Beschichtungszeit auf.
Die Schichthaftung wurde durch den im klassischen Strahlverschleißtest gemäß einem Standard der Firma CemeCon getestet. Bei diesem Strahlverschleißtest wird die Schicht mit einem Strahl aus Korund mit einer mittleren Korngröße von ca 13 pm solange bestrahlt, bis entweder ein Abplatzen oder ein Durchstrahlen der zu testenden Diamantschicht auftritt. Wenn nach 2 Minuten Strahlzeit keine Beschädigung der Schicht auftritt, gilt die Probe als Durchläufer. Von guter Schichthaftung wird
ausgegangen, wenn die Strahlzeit bis zum Versagen >30 sec liegt. Die
erfindungsgemäß behandelten Werkzeuge wiesen 80% Durchläufer auf und kein Einzelergebnis unter 110 sec Strahlzeit, während die mittlere Lebensdauer
konventionell vorbereiteter Probe-Werkzeuge bei 95 sec lag.