RETTUNGSVERF ÄHREN UND RETTUNGSVORRICHTUNG
Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Abseilen von Lasten, insbesondere von Personen, von einer Offshore-Plattform. Solche Rettungsvorrichtungen werden beispielsweise für das Wartungspersonal von Windkraftanlagen benötigt. Moderne Windkraftanlagen mit einer Leistung von mehreren Megawatt erreichen derzeit Nabenhöhen von bis zu 160m und werden unter anderem auch im Meer (offshore) zur Stromerzeugung installiert. Diese Anlagen weisen an der Spitze des Turmes ein relativ groß dimensioniertes Maschinenhaus auf, das bei Wartungsarbeiten etwa bis zu 30 Personen Platz bieten kann. Durch den hohen Personaleinsatz bei der Wartung und Reparatur sollen die Betriebsausfallzeiten minimiert werden.
Der Zugang zum Maschinenhaus der Windkraftanlagen erfolgt in der Regel über eine mit einem Steigschutzsystem ausgerüstete vertikale Steigleiter oder mittels eines Perso- nenfahrkorbes im Turminneren. In einem Notfall, beispielsweise bei einem Brand im Maschinenhaus oder im Turmfuß muss gewährleistet sein, dass sich alle in der Anlage befindlichen Personen unmittelbar über einen alternativen Fluchtweg in Sicherheit bringen können.
Aus DE 20 2010 002 467 Ul ist eine Rettungsvorrichtung bekannt, die eine auf der Plattform installierte Abwickeleinrichtung für ein Abfahrseil, eine am unteren Ende des Abfahrseils befestigte Rettungsinsel, und eine im Bereich des unteren Endes des Ab- fahrseils angeordnete Spanneinrichtung aufweist, die dazu ausgebildet ist, das Abfahrseil auch dann gespannt zu halten, wenn auf die Rettungsinsel auf dem Wasser schwimmt. Die Spanneinrichtung sorgt dafür, dass das Abfahrseil so unter Spannung gehalten wird, so dass die Last während des Abseilens nicht mit dem Turm oder anderen Hindernissen kollidiert, sondern kontrolliert zu Boden gebracht werden kann. Dabei kann die Last mit Hilfe eines Haltegeschirrs an einer Bremseinheit befestigt werden, die mit begrenzter Geschwindigkeit an dem Abfahrseil entlangläuft. Durch Einsatz einer größeren Anzahl
von Bremseinheiten ist es möglich, mehrere Personen in rascher Folge über ein einziges Abfahrseil abzuseilen.
Aufgabe der Erfindung ist es, die Spanneinrichtung zu vereinfachen.
Diese Aufgabe wird gemäß Anspruch 1 durch ein Verfahren gelöst, bei dem das Abfahrseil durch ein Spanngewicht gespannt gehalten wird, das an einem durch die Rettungsinsel hindurch gehenden Ende des Abfahrseils hängt.
Ein wesentlicher Vorteil dieses Verfahrens besteht darin, dass auf oder in der Rettungsinsel keine aufwändige mechanische Spanneinrichtung installiert zu werden braucht und dementsprechend Kosten und Platz gespart werden.
Eine zur Ausführung dieses Verfahrens geeignete Vorrichtung ist Gegenstand des unabhängigen Vorrichtungsanspruchs.
Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.
Im folgenden werden ein Ausführungsbeispiele anhand der Zeichnung näher erläutert.
Es zeigen:
Fig. 1 eine Prinzipskizze einer Offshore -Windkraftanlage mit einer erfindungsgemäßen Rettungsvorrichtung;
Fig. 2 - 5 Skizzen anlog zu Fig. 1, zur Illustration des Verfahrensablaufes;
Fig. 6 und 7 Skizzen zu einem Verfahren gemäß einer anderen Ausführungsform; und
Fig. 8 und 9 einen Grundriss einer Rettungsinsel gemäß einer weiteren Ausführungsform in zwei verschiedenen Gebrauchszuständen.
In Fig. 1 ist schematisch eine Offshore- Windkraftanlage gezeigt, die einen Turm 10, eine Gondel 12, eine Nabe 14 und Rotorblätter 16 aufweist. Die Gondel 12 nimmt ein
Maschinenhaus auf, in dem sich bei Wartungs- oder Reparaturarbeiten eine größere Anzahl von Personen 18 aufhalten kann.
Die Windkraftanlage ist mit einer Rettungsvorrichtung 20 ausgerüstet, die es erlaubt, das Wartungspersonal im Notfall, beispielsweise bei Ausbruch eines Brandes im Ma- schinenhaus, in kürzester Zeit über einen separaten (nicht durch den Turm 10 verlaufenden) Fluchtweg zu evakuieren. Diese Rettungsvorrichtung umfasst ein Abfahrseil 22, einen Seilspeicher 24, und ein Spanngewicht 26, das mit einer Bremseinrichtung 28 an dem Abfahrseil 22 gehalten ist. Im gezeigten Beispiel ist zwischen dem Spanngewicht 26 und der Bremseinrichtung 28 noch ein Schlauchboot oder eine Rettungsinsel 30 angeordnet, die sich zunächst im zusammengelegten Zustand befindet.
Bei dem Abfahrseil 22 sollte es sich aus Brandschutzgründen vorzugsweise um ein Stahlseil handeln. Ein Ende des Abfahrseils 22 ist sicher an der Gondel 12 befestigt, z. B. an der Decke des Maschinenhauses. Das andere Ende des Abfahrseils ist zunächst in dem Seilspeicher 24 aufgenommen, der sich ebenfalls im Inneren der Gondel 12 befindet. Bei dem Seilspeicher kann es sich beispielsweise um eine Trommel handeln oder einfach ein Gehäuse, in dem das Abfahrseil aufgeschossen oder aufgewickelt untergebracht ist. Sofern der Seilspeicher einen Seilwickel aufnimmt, ist dieser vorzugsweise mit Drall aufgewickelt, damit die Abwickeleigenschaften verbessert werden. Im einfachsten Fall kann es sich bei dem Seilspeicher auch um einen Gurt handeln, der das Abfahrseil in seinem zu einem Wickel aufgewickelten oder zu einem Paket aufgeschossenen Zustand hält und der bei Ingebrauchnahme der Rettungsvorrichtung gelöst oder durchtrennt wird. Das Spanngewicht 26 ist mit der Bremseinrichtung 28 und der Rettungsinsel 30 an einem Abschnitt des Abfahrseils 22 zwischen dem oberen Ende und dem im Seilspeicher 24 aufgenommenen Abschnitt gehalten. Die Rettungsvorrichtung 20 kann fest in der Gondel 12 eingebaut sein. Es ist jedoch auch möglich, eine bestehende Windkraftanlage nachträglich mit der Rettungsvorrichtung 20 auszurüsten. Ebenso ist es möglich, dass das Wartungspersonal die Rettungsvorrichtung 20 mitbringt und erst bei Beginn der Wartungsarbeiten in der Gondel 12 installiert.
Im gezeigten Beispiel wird der Seilspeicher 24 durch ein Gehäuse gebildet, das lösbar in einer im Boden der Gondel 12 gebildeten Ausstiegsluke 32 gehalten ist. Wenn eine Evakuierung der Personen 18 erforderlich wird, so wird der Seilspeicher 24 aus seiner Halterung gelöst und fallen gelassen, so dass er die Ausstiegsluke 32 freigibt, wie in Fig. 2 gezeigt ist. Während das obere Ende des Abfahrseils 22 an der Gondel 12 befestigt bleibt, bewegt sich der Seilspeicher 24 aufgrund seines Eigengewichts und des Gewichts des darin aufgenommenen Seils nach unten, wobei das Abfahrseil 22 zunehmend aus dem Seilspeicher 24 ausgezogen wird. Der Seilspeicher kann so beschaffen sein, dass die Auszugsbewegung des Seils zu einem gewissen Grad gebremst und damit die Fallgeschwindigkeit des Seil kontrolliert wird.
In Fig. 3 ist das Abfahrseil 22 vollständig aus dem Seilspeicher 24 ausgezogen worden und hängt nun frei von der Gondel 12 herab. Die Länge des Abfahrseils 22 ist so bemessen, dass sein unteres Ende, an dem ein Stopper 34 befestigt ist, sich etwas unterhalb der Wasseroberfläche 36 befindet. Der Seilspeicher 24 ist abgefallen und treibt nun auf der Wasseroberfläche.
In diesem Zustand wird in der Bremseinrichtung 28 eine Sperre gelöst, die diese Bremseinheit beispielsweise klemmend an dem Abfahrseil 22 gehalten hat, so dass sich die Bremseinrichtung 28 mit dem daran befestigten Spanngewicht 26 und der Rettungsinsel 30 nunmehr an dem Abfahrseil 22 nach unten bewegt. Die Bremseinrichtung 28 enthält eine Bremse, beispielsweise eine Fliehkraftbremse, mit der die Abseilgeschwindigkeit des Spanngewichtes 26 begrenzt wird. Die Bremseinrichtung 28 kann lösbar an das Abfahrseil 22 angeklemmt sein, so dass es in einer modifizierten Ausführungsform auch möglich ist, die Bremseinheit und das Spanngewicht 26 erst dann an dem Abfahrseil 22 anzubringen, wenn dieses fallengelassen und aus dem Seilspeicher ausgezogen wurde.
Fig. 4 zeigt die Rettungsvorrichtung in dem Zustand, in dem sich das Spanngewicht 26 mit der durch die Bremseinrichtung 28 begrenzten Geschwindigkeit an dem Abfahrseil 22 nach unten bewegt. Auf den Teil des Abfahrseils 22, der sich noch unterhalb des Spanngewichts 26 befindet, wirken praktisch keine Zugkräfte. Der oberhalb des Spann- gewichts 26 liegende Teil des Abfahrseils wird dagegen durch das Spanngewicht 26
gespannt gehalten und dadurch so in seiner Position stabilisiert, dass er sich von der Ausstiegsluke 30 aus senkrecht nach unten erstreckt.
In diesem Zustand kann bereits mit der Evakuierung der Personen 18 begonnen werden, obwohl das Spanngewicht 26 noch nicht das untere Seilende erreicht hat. Dazu legt jede Person 18 ein Haltegeschirr 38 an, das mit einer Bremseinheit 40 verbunden ist. Die Bremseinheit 40 kann in ihrem Aufbau der Bremseinrichtung 28 ähneln, braucht jedoch nur für ein geringeres Gewicht ausgelegt zu sein. Beispielsweise, enthält die Bremseinheit 40 nicht gezeigte Spannrollen, mit denen sie am Abfahrseil 22 festgeklemmt werden kann, so dass sie kontrolliert längs des Abfahrseiles verfahrbar ist. Weiterhin enthält die Bremseinheit 40 eine Bremse, beispielsweise eine Fliehkraftbremse, die die Geschwindigkeit, mit der sich die Bremseinheit an dem Abfahrseil 22 abwärts bewegt, auf einen Maximalwert von beispielsweise 2 m/s begrenzt. Dieser Maximalwert sollte etwas geringer sein als die maximale Geschwindigkeit, auf die die Bremseinrichtung 28 für das Spanngewicht 26 eingestellt ist. Auf diese Wiese können die Personen 18 eine nach der anderen über das Abfahrseil 22 abgeseilt werden, ohne auf das Spanngewicht 26 aufzulaufen. In Fig. 4 seilen sich bereits zwei Personen 18 am Abfahrseil 22 ab. Die übrigen Personen können dann in geeigneten Abständen nachfolgen.
In Fig. 5 hat das Spanngewicht 26 seine untere Endlage an dem Abfahrseil 22 erreicht. In dieser Endlage wird das Spanngewicht 26 durch den Stopper 34 angehalten. Der Aufprall der Bremseinheit 28 auf den Stopper 34 löst das selbsttätige Entfalten und Aufblasen der Rettungsinsel 30 aus. Die Rettungsinsel treibt auf dem Wasser, ist aber durch die Bremseinheit 28 weiterhin mit dem Abfahrseil 22 verbunden. Das Abfahrseil verläuft beispielsweise durch ein Ventil oder eine wasserdichte Durchführung im Boden der Rettungsinsel 30 zu dem Spanngewicht 26. Damit ist sichergestellt, dass das Spanngewicht 26 auch in diesem Zustand noch eine Zugkraft auf das Abfahrseil 22 ausübt und dieses gespannt hält, so dass sich die nachfolgenden Personen 18 gefahrlos abseilen können, bis sie die Rettungsinsel erreicht haben.
Wenn sich alle Personen in die Rettungsinsel 30 abgeseilt haben, kann die Bremseinrichtung 28 vom Abfahrseil gelöst und das Spanngewicht abgeworfen werden, um die Rettungsinsel vom Abfahrseil zu lösen. Zum Abwerfen des Spanngewichts kann ein
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geeigneter Auslösemechanismus vorgesehen sein, oder das Abfahrseil wird oberhalb des Bodens der Rettungsinsel gekappt.
Das beschriebene Ausführungsbeispiel kann auf vielfältige Weise abgewandelt werden.
Zum Beispiel kann der Seilspeicher 24 unlösbar mit dem unteren Ende des Abfahrseils 22 verbunden sein. In diesem Fall kann der Seilspeicher zugleich die Funktion des Stoppers 32 erfüllen.
Andererseits ist es möglich, den Seilspeicher 24 fest in der Gondel 12 zu installieren und bei Beginn des Evakuierungsvorgangs einfach das Abfahrseil 22 aus dem Seilspeicher herausfallen zu lassen.
Fig. 6 zeigt ein modifiziertes Ausführungsbeispiel, bei dem die Rettungsinsel 30 durch ein Floß 42 gebildet wird, das zwei von dem Floß abkuppelbare Rettungsmodule 44 trägt, beispielsweise aufblasbare Schlauchboote, die in Fig. 6 noch im nicht aufgeblasenen Zustand gezeigt sind. Das Floß 42 wird mittig von dem Abfahrseil 22 durchlaufen und stützt sich während des Abseilens über einen Zentrierkonus auf dem Seilspeicher 24 ab. Der Seilspeicher enthält in diesem Beispiel eine Trommel, von der das Seil abgewickelt wird und deren Drehzahl durch die Bremseinrichtung 28 begrenzt wird. Das Spanngewicht 26 wird durch das Eigengewicht des Seilspeichers bzw. eine schwerere Bodenplatte dieses Seilspeichers gebildet.
Auch bei diesem Beispiel kann bereits in dem in Fig. 6 gezeigten Zustand, also während die Rettungsinsel 30 noch abgeseilt wird, mit dem Abseilen der Personen 18 begonnen werden. Bei stärkeren Windböen kann jedoch auch abgewartet werden, bis die Rettungsinsel 30 vollständig abgeseilt ist und auf dem Wasser schwimmt, wie in Fig. 7 gezeigt ist.
In dem in Fig. 7 gezeigten Zustand hängen der Seilspeicher 24 und das Spanngewicht 26 im Wasser, so dass sie das Abfahrseil 22 gespannt halten. Falls das Abfahrseil in Schwingungen geraten sollte, bewirkt der Strömungswiderstand des Seilspeichers 24 eine Schwingungsdämpfung. Das Floß 24 schwimmt in Abstand oberhalb des Seilspeichers 24 auf dem Wasser und dient als„Landeplatz" für die Personen, die sich an dem Abfahrseil abseilen. In Fig. 7 ist eines der Rettungsmodule 44 bereits zu einem
Schlauchboot aufgeblasen worden, so dass die Personen von dem Floß 42 in das Rettungsmodul 44 umsteigen können.
Sobald ein Rettungsmodul 44 mit geretteten Personen voll besetzt ist, kann es von dem Floß 42 abgekuppelt werden, um die geretteten Personen zu einem Bergungsschiff oder zur Küste zu bringen.
Am Schluss der Rettungsaktion bleiben nur das Abfahrseil 22 mit dem Floß 42 und der Einheit aus Seilspeicher 24 und Spanngewicht 26 an der Windkraftanlage zurück. Wenn der Seilspeicher 24 und das Spanngewicht 26 geborgen werden, kann ggf. die Befestigung des Abfahrseils 22 in der Gondel 12 mit Hilfe eines Fernbetätigungsmechanismus gelöst werden, so dass das Seil herab fällt und die Rettungsvorrichtung vollständig von der Windkraftanlage getrennt wird, ohne dass Personen zu diesem Zweck in die Gondel aufsteigen müssen.
Fig. 8 zeigt einen schematischen Grundriss einer Rettungsinsel 30 gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel. In diesem Beispiel wird die Rettungsinsel 30 durch drei Rettungsmodule 44 in der Form von Schlauchbooten gebildet, die jeweils im Grundriss die Form eines 120°-Kreissektors haben und sich somit zu einem Vollkreis ergänzen, in dessen Mittelpunkt das Abfahrseil 22 zwischen den Rettungsmodulen durchläuft. Während der Rettungsaktion sind die Rettungsmodule 44 miteinander gekoppelt, so dass sie nicht von dem Abfahrseil 22 wegdriften können. Wenn die Rettungsaktion abgeschlos- sen ist und alle geretteten Personen sich in den Rettungsmodulen 44 befinden, werden diese voneinander gelöst, so dass sie sich auch von dem Abfahrseil 22 entfernen können, wie in Fig. 9 gezeigt ist.