Beschichtungsmittel auf Basis unverträglicher Polymerisate und elektrisch geladener Teilchen
Die Bereitstellung von steinschlagfesten Beschichtungen auf metalli- sehen Substraten ist im Bereich der Kraftfahrzeugherstellung von besonderer Bedeutung. An einen Füller oder einen Steinschlagschutzgrund werden eine Reihe von Anforderungen gestellt. So soll die Füllerschicht nach der Härtung eine hohe Steinschlagbeständigkeit, insbesondere gegen Multischlag, und gleichzeitig eine gute Haftung zur Kor- rosionsschutzlackierung, insbesondere einer KTL, und zum Basislack, gute Fülleigenschaften (Abdeckung der Struktur des Substrats) bei Schichtdicken von etwa 20 bis 35 μm sowie eine gute Appearance bei der abschließen Klarlackschicht bewirken. Weiterhin sollen geeignete Beschichtungsstoffe vorzugsweise, insbesondere aus ökologischen Gründen, arm an oder weitestgehend frei von organischen Lösemitteln sein.
Beschichtungsmittel für Füller sind bekannt und beispielsweise in EP-A- 0 788 523 und EP-A-1 192 200 beschrieben. Dort werden wasserver- dünnbare Polyurethane als Bindemittel für Füller beschrieben, die die Steinschlagfestigkeit insbesondere bei vergleichsweise geringen Schichtdicken gewährleisten sollen. Bei der Belastung in Steinschlagtests treten bei den Füllern des Standes der Technik in OEM- Schichtaufbauten (Korrosionsschutzschicht (insbesondere KTL)-Füller- Basislack-Klarlack) trotz guter Steinschlagfestigkeit, das heißt einer vergleichsweise geringen Anzahl von Beschädigungen, allerdings häufig Schadensbilder an der Lackschicht auf, bei denen das ungeschützte Metallsubstrat durch unkontrollierte Rißfortpflanzung im OEM- Schichtaufbau und anschließender Delamination an der Grenzfläche zwischen Metall und KTL freigelegt wird.
Aus der WO-A-01/04050 sind anorganische anionische oder kationische Schicht-Füllstoffe für wäßrige Beschichtungsmittel mit guten Barriereeigenschaften bekannt, welche mit organischen Verbindungen zur Aufweitung des Abstands der Schichten im Füllstoff modifiziert sind, die min- destens zwei ionische Gruppen aufweisen, welche durch mindestens 4 Atome getrennt sind. Als kationische Füllstoffe können doppellagige Hydroxide, wie insbesondere Hydrotalcit-Typen, zum Einsatz kommen. Die in WO-A-01 /04050 beschriebenen Beschichtungsmittel werden für Beschichtungen mit sehr guten Barriereeigenschaften gegenüber Gasen und Flüssigkeiten eingesetzt, wobei die Füllstoffe den Härtprozeß nicht beeinflussen sollen. Eine Verwendung der Beschichtungsmittel zur Verbesserung der Schadensbilder nach Schlagbelastung in OEM- Schichtaufbauten, insbesondere zur Reduktion der freigelegten Substratoberfläche, ist nicht bekannt.
Weiterhin ist aus wissenschaftlichen Publikationen bekannt, daß sich die Phasenmorphologie von Polymeren durch Zusatz von Nanopartikeln beeinflussen lässt. Beispielsweise haben N. Hasegawa et.al. (Polym. Bull. 51 (2003), 77- 83) sowie R. Krishnamoorti et.al. (J. Chem. Phys. 115 (2001 ), 7166, ibidem 7175) über die Steuerung der räumlichen Anordnung der Mikrodo- mänen von Blockcopolymeren durch die Anwesenheit schichtförmiger Silikatpartikel als Template berichtet. G. He et al. (J. Polym. Sei. Part B: Polym. Phys.44 (2006), 2389) modellierten das Phasenverhalten binärer Polymermischungen in Anwesenheit von Partikeln, unter anderem als Funktion der Partikelanzahl, der Partikelgröße und der Affinität der Partikeloberfläche zu den Polymerkomponenten. Den Einfluß von Schichtsilikaten mit unterschiedlichen Aspektverhältnissen auf das spinodale Entmischungsverhalten im Modellsystem aus Polystyrol und Polyvinyl- methylether haben K. Yurekli et al. (Macromolecules 36 (2003), 7256.) untersucht.
In allen bislang beschriebenen Systemen handelt es sich um binäre Systeme mit definierten Polymeren hinsichtlich ihrer Molekulargewichtsverteilung. Solche Modellpolymere sind synthetisch nur aufwändig darstellbar und auf Grund ihrer einheitlichen Primärstruktur (Abfolge der Monomereinheiten) nicht als Beschichtungsmittel für OEM- Schichtaufbauten geeignet.
Aus der WO-A-2005/052077 sind Beschichtungsmittel, insbesondere zur Herstellung von Füllerschichten, bekannt, welche eine filmbildende Komponente, enthaltend Bindemittelharz mit funktionellen Gruppen, und einen Vernetzer mit mindestens zwei funktionellen Gruppen enthalten, die nach der Applikation und der anschließenden Aushärtung in der ausgehärteten Schicht eine bikontinuierliche Phasenmorphologie ausbilden. Dies wird dadurch erreicht, daß in der filmbildenden Komponente neben der als Bindemittelharz eingesetzten Polyurethankomponente bevorzugt eine wasserdispergierbare Polymerkomponente eingesetzt wird, welche mit der Polyurethankomponente unverträglich ist. Die Unverträglichkeit der Polymerkomponenten wird durch den Wechselwirkungsparameter x (Chi) nach dem Gittermodell von Flory und Huggins sowie durch die mit dem Wechselwirkungsparameter korrelierbare Differenz der Hildebrand-Löslichkeitsparameter δ der Polymerkomponenten beschrieben.
Die in WO-A-2005/052077 beschriebenen Beschichtungsmittel weisen als Füllerschicht in OEM-Schichtaufbauten nach Aushärtung verbesser- te Schadensbilder auf. Allerdings besteht ein Bedürfnis nach weiterer Verbesserung der Steinschlagfestigkeit von Füllerschichten und insbesondere nach weiterer Verbesserung der Schadensbilder. Weiterhin ist die Einstellung der bikontinuierlichen Morphologie der entmischten Phasen in der ausgehärteten Schicht nach WO-A-2005/052077 nicht nur über die thermodynamische Einflußgrösse der Wechselwirkungsparameters der Bindemittel x (Chi) abhängig. Das Modell nach Flory und Huggins ist begrenzt auf Polymere ohne spezische Wechselwirkungen
wie beispielsweise Wasserstoffbrückenbindungen oder ionische Attraktion beziehungsweise Repulsion (Paul J. Flory, Principles of Polymer Chemistry, Cornell University Press (New York), 1953). Im Falle von Polyurethanen mit zur Bildung von Wasserstoffbrückenbindungen befähig- ten N-H Gruppen sowie mit ionenbildenden Gruppen, wie sie zur Formulierung von wasserverdünnbarer Lacken verwandt werden (siehe beispielsweise EP-A-O 788 523 und EP-A-1 192 200) sind beide Wechselwirkungsarten zu erwarten. Bekanntermaßen führen Wasserstoffbrückenbindungen in segmentierten Polyurethanen zur Ausbildung von Mikrodomänen der harten urethangruppenhaltigen Segmente (The Po- lyurethanes Book, Wiley, 2002 - ISBN 0470850418). G. Wilkes und A. Aneja (Polymer 44 (2003), 7221 ) konnten an Hand von segmentierten Modell-Polyurethanen zeigen, dass die Ausbildung harter Mikrodomänen auch ohne die Anwesenheit von Wasserstoffbrückenbindungen er- folgen kann.
Weiterhin ist bekannt, dass das spinodale Entmischen unverträglicher Polymere eine Funktion der Temperatur ist. So kann eine bei Raumtemperatur unverträgliche, spinodal entmischende Polymermischung bei höheren Temperaturen kompatibel sein und eine homogene Phase bil- den (das System zeigt eine sogenannte UCST = upper critical Solution temperature) oder umgekehrt (das System zeigt eine LCST = lower critical Solution temperature). Die in der WO-A-2005/052077 beschriebenen Füller enthalten Polymermischungen, deren Phasenverhalten nur unzureichend über den enthalpischen Wechselwirkungsparameter nach Flory beschreibbar ist, zudem sie zu pigmentierten Lacken formuliert werden, die als Mikrokomposite charakterisiert werden können, das heißt sie enthalten Pigmentpartikel im Mikrometermaßstab in hohen Pig- ment-zu-Bindemittel(= Polymermischung)-Verhältnissen. Die dadurch bedingten optischen Eigenschaften der Filme solcher Systeme schließt deren breite Anwendbarkeit beispielsweise in effektgebenden Basislacken oder Klarlacken aus. Aus theoretischen Arbeiten von A.Balasz und V.Ginzburg et al. (J. Polym. Sei. Part B: Polym. Phys.44 (2006), 2389
und J. Chem. Phys. 115 (2001 ), 3779) ist zudem bekannt, daß das spi- nodale Entmischen binärer Polymersysteme durch die Anwesenheit von Partikeln in Abhängigkeit weiterer physikalischer Parameter (beispielsweise osmotisch bedingter hydrodynamischer Effekte) sowohl behindert (z.B. immobile, nichtneutrale Partikel, das heißt Partikel mit einer Affinität zu einer Polymerkomponente, stellen eine thermodynamische Barriere für die sich bewegende Phasengrenze dar) als auch beschleunigt werden kann (mobile, nichtneutrale Partikel wechseln in die Phase, zu der ihre Partikeloberfläche eine höhere Affinität aufweist). Die im Mikro- metermaßstab vorliegenden, als immobile Partikel anzusehenden Pigmente der WO-A-2005/ 052077 wirken zudem mechanisch ausschließlich als verstärkende Komponente im Mikrokomposit, das heißt sie führen zu einer Erhöhung der Steifigkeit, messbar beispielsweise als erhöhter Elastizitätsmodul oder als erhöhte Zugfestigkeit. Diese für viele An- Wendungen positive Eigenschaft ist für eine Verbesserung der Steinschlagbeständigkeit nur von eingeschränktem Nutzen, da es bei einem in das Material eindringenden Projektil nicht alleine darauf ankommt, dessen Eindringtiefe durch einen erhöhten Widerstand (= erhöhte Festigkeit des Materials) zu reduzieren, sondern auch darauf, die Zähigkeit der während des Eindringens des Projektils verdrängten Materie zu erhöhen, das heißt dessen Fähigkeit, die eingebrachte kinetische Energie zu dissipieren, ohne dass dabei eine frühzeitige Rissbildung und unkontrollierte Rissfortpflanzung zu einem Abplatzen des Lackmaterials (De- lamination) führt. So konnte D. Gersappe (Phys. Rev. Lett. 89 (2002), 058301 ) zeigen, dass Partikel die Zähigkeit eines gegebenen Polymermaterials erhöhen können, wenn diese auf einer den Polymerbewegungen vergleichbaren Zeitskala in der Polymermatrix mobil sein können. Arbeiten von B. Finnigan et.al. (Macromolecules 38 (2005), 7386) haben zudem an Nanokompositen aus segmentierten Polyurethanen und schichtförmigen Silikaten gezeigt, dass größere, immobile Partikel (Tak- toide von Silikaten mit großem Aspektverhältnis) lokal mechanische Spannung konzentrieren und so Kavitäten in der benachbarten Matrix
hervorrufen, die zu einem frühzeitigen mechanischen Versagen des Materials führen.
Die vorstehend beschriebenen Systeme des Standes der Technik weisen allesamt ein verbesserungswürdiges und reproduzierbares Scha- densbild bei Schlagbelastung auf, insbesondere wenn sie als dünne Schichten oder in Schichtaufbauten, insbesondere in OEM- Schichtaufbauten, auf schlagbelastete Substrate aufgetragen werden.
Aufgabe und Lösung
Im Lichte des Standes der Technik resultiert als Aufgabe für die vorliegende Erfindung die Bereitstellung von Beschichtungsmitteln, die nach Aushärtung eine gut steuerbare und definierte Schichtmorphologie aufweisen. Vorzugsweise sollen die Beschichtungsmittel, vorzugsweise ba- sierend auf ökologisch vorteilhaften wäßrigen Beschichtungsmaterialien, einsetzbar sein für steinschlagfeste Beschichtungen mit einem deutlichen verbesserten Schadensbild, insbesondere mit einer deutlichen Reduktion der Delamination des OEM-Schichtverbunds an der Grenzfläche zwischen Metall und Korrosionsschutzschicht und damit mit einer deutlichen Reduktion der freigelegten Substratoberfläche nach Schlagbelastung.
Überraschenderweise wurde gefunden, daß ein Beschichtungsmittel, enthaltend mindestens ein Polymerisat (P1 ), mindestens ein mit PoIy- merisat (P1 ) in fester Phase unverträgliches Polymerisat (P2) und/oder ein mit dem Polymerisat (P1 ) in fester Phase unverträgliches Vernetzungsmittel (V), wobei die Polymerisate (P1 ) und/oder (P2) mindestens eine funktionelle Gruppe (a) aufweisen, welche mit beim Aushärten des Beschichtungsmittels unter Ausbildung kovalenter Bindungen reagiert, und 0,1 bis 30 Gew.-%, bezogen auf die nichtflüchtigen Bestandteile des Beschichtungsmittels, elektrisch geladener anorganischer Teilchen (AT), deren mittlerer Teilchendurchmesser (D), im Falle nicht kreisförmi-
ger Teilchen entspricht der Teilchendurchmesser der längsten Flächendiagonale des Teilchens, < 1μm beträgt und deren mittleres Verhältnis D/d des mittleren Teilchendurchmessers (D) zur mittleren Teilchendicke (d) > 50 beträgt, die erfindungsgemäßen Aufgaben hervorragend löst.
Weiterhin wurde ein Verfahren zur Herstellung steinschlagfester OEM- Schichtverbunde, bestehend aus einer direkt auf dem Substrat aufgebrachten Korrosionsschutzschicht, einem Füllerschicht, einer Basislackschicht und einer abschließenden Klarlackschicht, gefunden, bei wel- ehern mindestens eine Schicht aus dem erfindungsgemäßen Beschich- tungsmittel gebildet wird.
Beschreibung der Erfindung
Als erfindungswesentliche Komponenten enthält das erfindungsgemäße Beschichtungsmittel mindestens ein Polymerisat (P1 ), mindestens ein mit Polymerisat (P1 ) in fester Phase unverträgliches Polymerisat (P2) und/oder ein mit dem Polymerisat (P1 ) in fester Phase unverträgliches Vernetzungsmittel (V), wobei die Polymerisate (P1 ) und/oder (P2) min- destens eine funktionelle Gruppe (a) aufweisen, welche beim Aushärten des Beschichtungsmittels unter Ausbildung kovalenter Bindungen reagiert, und 0,1 bis 30 Gew.-%, bezogen auf die nichtflüchtigen Bestandteile des Beschichtungsmittels, elektrisch geladener anorganische Teilchen (AT), deren mittlerer Teilchendurchmesser (D) (im Falle nicht kreis- förmiger Teilchen entspricht der Teilchendurchmesser der längsten Flächendiagonale des Teilchens) < 1μm beträgt und deren mittleres Verhältnis D/d des Teilchendurchmessers (D) zur mittleren Teilchendicke (d) > 50 beträgt.
Das Polymerisat (P1 ) ist mit dem Polymerisat (P2) und/oder mit dem Vernetzungsmittel (V) in der festen Phase unverträglich, das heißt (P1 )
bildet im thermodynamischen Gleichgewicht mit (P2) und/oder mit (V) in einer festen Mischung Phasengrenzflächen aus.
Nach dem Ansatz von Hildebrand zur Beschreibung der Verträglichkeit zwischen zwei Polymerisaten ist die Beschreibung des Wechselwirkungsparameters x (Chi) durch die Differenz der Kohäsionsenergiedich- ten oder der Löslichkeitsparameter δ der Polymerkomponenten möglich, welche aus dem Quotienten der Verdampfungsenthalpie und dem molaren Volumen der Mischungskomponenten herleitbar sind. Solche Lös- lichkeitsparameter δ beziehen alleine die enthalpischen Wechselwirkungen zwischen den polymeren Mischungskomponenten ein, wobei als bevorzugter kritischer Wert für die Entmischung einer binären Polymermischung aus den Komponenten (P1 ) und (P2) oder (P1 ) und (V) der Betrag der Differenz [δ(P1 ) - δ(P2) und/oder δ(V)] der Löslichkeitspa- rameter nach Hildebrand δ(P1 ) des Polymerisats (P1 ) und δ(P2) des Polymerisats (P2) und/oder δ(V) des Vernetzungsmittels (V) zu mindestens 1 , vorzugsweise mindestens 1 ,5, besonders bevorzugt mindestens 2 definiert werden kann (siehe auch WO-A- 2005/052077).
Als Polymerisate (P1 ) und (P2) sind prinzipiell alle Polymerisate geeignet, welche unverträglich sind. Vorzugsweise sind die Polymerisate ausgewählt aus der Gruppe Polyurethane, Polyester, Polyamide, PoIy- ether, Polyepoxide und/oder Polyacrylate, wobei Polyurethane und/oder Polyester besonders bevorzugt sind. Die Polymerisate (P1 ) und/oder (P2) weisen mindestens eine funktionelle Gruppe (a) auf, welche beim Aushärten des Beschichtungsmittels unter Ausbildung kovalenter Bindungen reagiert.
Die Reaktion der funktionellen Gruppen (a) kann durch Strahlung und/oder thermisch induziert werden.
Durch Strahlung reagierende Gruppen (a) sind in der Regel Gruppen, die durch Bestrahlen mit aktinischer Strahlung reaktiv werden und vorzugsweise mit anderen aktivierten Gruppen ihrer Art Reaktionen unter Ausbildung kovalenter Bindungen eingehen können, die nach einem ra- dikalischen und/oder ionischen Mechanismus ablaufen. Beispiele geeigneter Gruppen sind C-H-Einzelbindungen, C-C-, C-O-, C-N-, C-P- oder C-Si- Einzel- oder Doppelbindungen, wobei C-C-Doppelbindungen bevorzugt sind. In einer Ausführungsform der Erfindung reagieren die durch Strahlung vernetzbaren Gruppen (a) vorzugsweise mit sich selbst.
In der bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist die Reaktion der funktionellen Gruppen (a) thermisch induziert, wobei die Gruppen (a), mit sich selbst ,das heißt mit weiteren Gruppen (a), und/oder bevorzugt mit komplementären funktionellen Gruppen (b) reagieren. Die Auswahl der funktionellen Gruppen (a) sowie der komplementären funktionellen Gruppen (b) richtet sich zum einen danach, daß sie bei der Herstellung der Polymerisate (P1 ) und/oder (P2) sowie bei der Herstellung, der Lagerung und der Applikation der Beschichtungsmittel keine unerwünschten Reaktionen, insbesondere keine vorzeitige Vernetzung, eingehen und zum anderen danach, in welchem Temperaturbereich die Vernetzung stattfinden soll.
Beispielhaft für mit sich selbst reagierende Gruppen (a) seien genannt: Methylol-, Methylolether-, N-Alkoxymethylamino- und insbesondere Al- koxysilylgruppen.
Beispielhaft für die erfindungsgemäß bevorzugte Paare aus Gruppen (a) und komplementären funktionellen Gruppen (b) seien genannt: Hydroxylgruppen (a) mit Säure-, Säureanhydrid-, Carbamat-, gegebenenfalls veretherten Methylolgruppen und/oder gegebenenfalls blockierten Iso- cyanatgruppen als funktionelle Gruppe (b), Aminogruppen (a) mit Säure-, Säureanhydrid-, Epoxy- und/oder Isocyanatgruppen als funktionelle
Gruppe (b), Epoxygruppen (a) mit Säure- und/oder Aminogruppen als funktionelle Gruppe (b), sowie Mercaptogruppen (a) mit Säure-, Säureanhydrid-, Carbamat- und/oder Isocyanatgruppen als funktionelle Gruppe (b). In einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfin- düng sind die komplementären funktionellen Gruppen (b) Bestandteil eines Vernetzungsmittels (V), das nachstehend beschrieben wird.
Insbesondere Hydroxyl-, Amino- und/oder Epoxygruppen sind als Gruppen (a) bevorzugt. Besonders bevorzugt als Gruppen (a) sind Hydro- xylgruppen, wobei die OH-Zahlen der Polymerisate (P1 ) und/oder (P2) nach DIN EN ISO 4629 vorzugsweise zwischen 10 und 200, besonders bevorzugt zwischen 15 und 150 betragen.
Die funktionellen Gruppen (a) werden über den Einbau geeigneter Mo- lekülbausteine in dem Fachmann bekannter Weise in die Polymerisate (P1 ) und/oder (P2) eingeführt.
In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung sind die Polymerisate (P1 ) und/oder (P2), vorzugsweise (P1 ) und (P2), wasserdispergier- bare Polymerisate (WP1 ) und/oder (WP2) und insbesondere ausgewählt aus der Gruppe der wasserdispergierbaren Polyurethane, Polyester, Polyamide, Polyether, Polyepoxide und Polyacrylate, wobei wasser- dispergierbare Polyurethane und/oder Polyester ganz besonders bevorzugt sind.
Im Sinne der Erfindung wasserdispergierbar bedeutet, daß die Polymerisate (WP1 ) und/oder (WP2) in der wäßrigen Phase Aggregate mit einem mittleren Teilchendurchmesser von bevorzugt < 500, besonders bevorzugt < 200 und ganz besonders bevorzugt < 100 nm ausbilden oder molekulardispers gelöst sind. Die Größe der Aggregate bestehend aus Polymerisat (WP1 ) und/oder (WP2) kann in an sich bekannter Weise durch Einführung von hydrophilen Gruppen am Polymerisat (WP1 )
und/oder (WP2) bewerkstelligt werden. Die wasserdispergierbaren Polymerisate (WP1 ) und/oder (WP2) weisen vorzugsweise massenmittlere Molekulargewichte Mw (bestimmbar durch Gelpermeations- Chromatographie mit Polystyrol als Standard) von 1.000 bis 100.000 Dalton, besonders bevorzugt von 1.500 bis 50.000 Dalton auf.
Die bevorzugten wasserdispergierbaren Polyurethane (WP1 ) und/oder (WP2) können aus Bausteinen, wie sie beispielsweise in der DE-A-35 45 618 oder der DE-A-40 05 961 beschrieben werden, hergestellt wer- den. In die Polyurethanmoleküle sind vorzugsweise zur Anionenbildung befähigte Gruppen eingebaut, welche nach ihre Neutralisation dafür sorgen, daß das Polyurethanharz in Wasser stabil dispergiert werden kann. Geeignete zur Anionenbildung befähigte Gruppen sind vorzugsweise Carboxyl-, Sulfonsäure- und Phosphonsäuregruppen, besonders bevor- zugt Carboxylgruppen. Die Säurezahl der wasserdispergierbaren Polyurethane (WP1 ) und/oder (WP2) nach DIN EN ISO 3682 liegt vorzugsweise zwischen 10 und 80 mg KOH/g, besonders bevorzugt zwischen 20 und 60 mg KOH/g. Zur Neutralisation der zur Anionenbildung befähigten Gruppen werden bevorzugt Ammoniak, Amine und/oder Amino- alkohole, wie beispielsweise Di- und Triethylamin, Dimethylaminoetha- nolamin, Diisopropanolamin, Morpholine und/oder N-Alkylmorpholine, eingesetzt. Als funktionelle Gruppe (a) werden bevorzugt Hydroxylgruppen eingesetzt, wobei die OH-Zahlen der wasserdispergierbaren Polyurethane (WP1 ) und/oder (WP2) nach DIN EN ISO 4629 vorzugsweise zwischen 10 und 200 und besonders bevorzugt zwischen 15 und 150 betragen.
Besonders bevorzugte wasserdispergierbare Polyurethane (WP1) und/oder (WP2) sind aus hydroxyfunktionellen Polyestervorstufen aufgebaut, welche bevorzugt mit Gemischen aus Bisisocyanatoverbindun- gen, wie vorzugsweise Hexamethylendiisocyanat, Isophorondiisocyanat, TMXDI, 4,4'-Methylen-bis-(cyclohexylisocyanat), 4,4'-Methylen-bis- (phenylylisocyanat), 1 ,3-bis-(1-isocyanato-1-methylethyl)-benzol) und
zur Anionenbildung befähigte Verbindungen, wie insbesondere 2,2-Bis- (hydroxymethyl)-propionsäure, zum Polyurethan umgesetzt werden. Optional können die Polyurethane durch die anteilige Verwendung von Po- lyolen, vorzugsweise Triolen, besonders bevorzugt 1 ,1 ,1-Tris- (hydroxymethyl)-propan, entsprechend 0 bis 40, bevorzugt 0 bis 30 mol- % der eingesetzten Äquivalente an Hydroxylgruppen verzweigt aufgebaut werden. Die hydroxyfunktionellen Polyestervorstufen sind bevorzugt aus Diolen und Dicarbonsäuren aufgebaut, wie sie beispielsweise in der DE-A-36 36 368 oder der DE-A-40 05 961 beschrieben werden. Besonders bevorzugt werden Mischungen aus aromatischen und/oder aliphatischen Dicarbonsäuren sowie aus aliphatischen Diolen eingesetzt, wobei 10 bis 90 mol-%, bevorzugt 20 bis 80 mol-%, bezogen auf die Di- carbonsäure- und/oder die Diolmischung, aus Dicarbonsäuren und/oder Diolen bestehen, die mindestens eine aliphatische Seitengruppe, beste- hend aus mindestens 6 Kohlenstoffatomen aufweisen.
Die Wasserdispergierbarkeit der Polyurethane wird durch Neutralisation der zur Anionenbildung befähigten Gruppen vorzugsweise mit Aminen, besonders bevorzugt mit Diethanolamin erreicht, wobei ein Neutralisationsgrad zwischen 80 und100 %, bezogen auf die Gesamtheit der neut- ralisierbaren Gruppen, bevorzugt ist.
Die bevorzugten wasserdispergierbaren Polyester (WP1 ) und/oder (WP2) können aus Bausteinen, wie sie ebenfalls beispielsweise in der DE-A-36 36 368 oder der DE-A-40 05 961 beschrieben werden, herge- stellt werden. In die Polyestermoleküle sind vorzugsweise zur Anionenbildung befähigte Gruppen eingebaut, welche nach ihre Neutralisation dafür sorgen, daß das Polyesterharz in Wasser stabil dispergiert werden kann. Geeignete zur Anionenbildung befähigte Gruppen sind vorzugsweise Carboxyl-, Sulfonsäure- und Phosphonsäuregruppen, besonders bevorzugt Carboxylgruppen. Die Säurezahl DIN EN ISO 3682 der Polyesterharze liegt vorzugsweise zwischen 10 und 100 mg KOH/g, besonders bevorzugt zwischen 20 und 80 mg KOH/g . Zur Neutralisation der
zur Anionenbildung befähigten Gruppen werden bevorzugt ebenfalls Ammoniak, Amine und/oder Aminoalkohole, wie beispielsweise Di- und Triethylamin, Dimethylaminoethanolamin, Diisopropanolamin, Morpholi- ne und/oder N-Alkylmorpholine, eingesetzt. Als funktionelle Gruppe (a) werden bevorzugt Hydroxylgruppen eingesetzt, wobei die OH-Zahlen DIN EN ISO 4629 des wasserdispergierbaren Polyesters vorzugsweise zwischen 10 und 200 und besonders bevorzugt zwischen 20 und 150 liegen. Besonders bevorzugte wasserdispergierbaren Polyester (WP1 ) und/oder (WP2) sind aus hydroxyfunktionellen Polyestervorstufen aus Gemischen von aromatischen und aliphatischen Dicarbonsäuren mit Gemischen aus aliphatischen Diolen und Polyolen, vorzugsweise Trio- len, bevorzugt 1 ,1 ,1-Tris-(hydroxymethyl)-propan darstellbar. Die Polyo- Ie werden vorzugsweise in stöchiometrischem Überschuss eingesetzt, so dass die Polyestervorstufen bevorzugt Säurezahlen kleiner 1 und Hydroxylzahlen zwischen 100 und 500 aufweisen. Die Molekulargewichte liegen vorzugsweise zwischen 300 und 1.000. Die wasserdispergierbaren Polyester werden durch Veresterung der Polyestervorstufen mit zur Anionenbildung befähigten Verbindungen, wie insbesondere 1 ,2,4- Benzoltricarbonsäureanhydrid erhalten. Die Wasserdispergierbarkeit der Polyester wird vorzugsweise durch Neutralisation der zur Anionenbildung befähigten Gruppen vorzugsweise mit Aminen, besonders bevorzugt mit Diethanolamin erreicht, wobei ein Neutralisationsgrad zwischen 80 und100 %, bezogen auf die Gesamtheit der neutralisierbaren Grup- pen, bevorzugt ist.
Die Polymerisate (P1und (P2) sind im erfindungsgemäßen Beschich- tungsmittel vorzugsweise in Anteilen von 10 bis 95 Gew.-%, bevorzugt von 20 bis 80 Gew.-%, bezogen auf die nichtflüchtigen Anteile des Be- Schichtungsmittels, vorhanden.
Das in der bevorzugten Ausführungsform der Erfindung eingesetzte Vernetzungsmittel (V) weist mindestens zwei vernetzbare funktionelle Gruppen (b) auf, welche als komplementäre funktionelle Gruppen mit den funktionellen Gruppen (a) der Polymerisate (P1 ) und (P2) bezie- hungsweise (WP1 ) und (WP2) und/oder weiteren Bestandteilen des Bindemittels beim Aushärten des Beschichtungsmittels unter Ausbildung kovalenter Bindungen reagieren. Die funktionellen Gruppen (b) können durch Strahlung und/oder thermisch zur Reaktion gebracht werden. Bevorzugt sind thermisch vernetzbare Gruppen (b).
Bevorzugt sind im Vernetzungsmittel (V) thermisch vernetzbare Gruppen (b), die mit den bevorzugten funktionellen Gruppen (a), ausgewählt aus der Gruppe der Hydroxyl-, Amino- und/oder Epoxygruppen reagieren. Besonders bevorzugte komplementäre Gruppen (b) sind aus der Gruppe der Carboxylgruppen, der gegebenenfalls blockierten Polyiso- cyanatgruppen, der Carbamatgruppen und/oder der Methylolgruppen, die gegebenenfalls teilweise oder vollständig mit Alkoholen verethert sind, ausgewählt.
Ganz besonders bevorzugt sind im Vernetzungsmittel (V) funktionelle komplementäre Gruppen (b), die mit den besonders bevorzugten Hydroxylgruppen als funktionelle Gruppen (a) reagieren, wobei (b) vorzugsweise ausgewählt ist aus der Gruppe der gegebenenfalls blockierten Polyisocyanatgruppen und/oder der Methylolgruppen, die gegebe- nenfalls teilweise oder vollständig mit Alkoholen verethert sind.
Das Vernetzungsmittel (V) ist im Beschichtungsmittel vorzugsweise in Anteilen von 5 bis 60 Gew.-%, bevorzugt von 10 bis 50 Gew.-% bezogen auf die nichtflüchtigen Anteile des Beschichtungsmittels, vorhanden.
In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist das Vernetzungsmittel V ausgewählt aus der Gruppe der wasserdispergierbaren
Vernetzungsmittel (WV). Zur Herstellung solcher wasserdispergierbarer Vernetzungsmittel (WV) werden vorzugsweise in die Vernetzermoleküle die vorstehend beschriebenen zur Anionenbildung befähigte Gruppen eingebaut, welche nach ihre Neutralisation dafür sorgen, daß der Ver- netzungsmittel (WV) in Wasser stabil dispergiert werden kann. Geeignete zur Anionenbildung befähigte Gruppen sind vorzugsweise Carboxyl-, Sulfonsäure- und Phosphonsäuregruppen, besonders bevorzugt Carbo- xylgruppen. Zur Neutralisation der zur Anionenbildung befähigten Gruppen werden bevorzugt ebenfalls die vorstehend beschriebenen Ammo- niak, Amine und/oder Aminoalkohole in den vorstehend beschriebenen Mengen eingesetzt.
Beispiele für als bevorzugte Vernetzungsmittel (V) geeignete Polyisocy- anate und geeignete Blockierungsmittel sind beispielsweise in EP-A-1 192 200 beschrieben, wobei die Blockierungsmittel insbesondere die Funktion haben, eine unerwünschte Reaktion der Isocyanatgruppen mit den reaktiven Gruppen (a) der Polymerisate (P1 ) und/oder (P2) beziehungsweise (WP1 ) und/oder (WP2) sowie mit weiteren reaktiven Gruppen und mit dem Wasser im Beschichtungsmittel vor und während der Applikation zu verhindern. Die Blockierungsmittel werden solchermaßen ausgewählt, daß die blockierten Isocyanatgruppen erst in dem Temperaturbereich, in dem die thermische Vernetzung des Beschichtungsmit- tels stattfinden soll, insbesondere im Temperaturbereich zwischen 120 und 180 Grad C, wieder deblockieren und Vernetzungsreaktionen mit den funktionellen Gruppen (a) eingehen.
Besonders bevorzugte Polyisocyanate als Vernetzungsmittel (V) sind ausgewählt aus der Gruppe der wasserdispergierbaren Polyisocyanate (WV), welche durch Umsetzung von Polyisocyanaten, bevorzugt das zum Isocyanurat trimerisierte Hexamethylendiisocyanat oder Isophoron- diisocyanat, mit zur Anionenbildung befähigten Verbindungen, bevorzugt 2,2-Bis-(hydroxymethyl)-propionsäure, sowie dem Blockierungsmittel, wie bevorzugt 3,5-Dimethylpyrazol, Malonsäurediethylester oder O-
xime, besonders bevorzugt Butanonoxim, erhalten werden werden. Das molare Verhältnis von Polyisocyanat, bevorzugt trimerisiertem Diisocya- nat, zur zur Anionenbildung befähigten Verbindung, bevorzugt 2,2-Bis- (hydroxymethyl)-propionsäure, beträgt vorzugsweise zwischen 1 :1 und 2:1 , besonders bevorzugt zwischen 1 ,1 :1 und 1 ,5:1.
Beispiele für methylolgruppenhaltige Komponenten als bevorzugte Vernetzungsmittel (V) sind insbesondere wasserdispergierbare Aminoplastharze (WV)1 wie sie beispielsweise in EP-A-1 192 200 beschrie- ben sind. Vorzugsweise werden Aminoplastharze, insbesondere MeI- amin-Formaldehydharze eingesetzt, welche im Temperaturbereich zwischen 100 und 180 Grad C, bevorzugt zwischen 120 und 160 Grad C, mit den funktionellen Gruppen (a), insbesondere mit Hydroxylgruppen, reagieren. Besonders bevorzugte Aminoplastharze als Vernetzungsmit- tel (V) bzw. (WV) sind ausgewählt aus der Gruppe Hexamethoxymethyl- Melaminformaldehydharze.
In einer ganz besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung werden als Vernetzungsmittel (V) und/oder (WV) Kombinationen aus den vorgenannten blockierten Polyisocyanaten mit den vorgenannten Aminoplastharzen eingesetzt. Das Mischungsverhältnis der blockierten Polyisocyanate zu den Aminoplastharzen beträgt vorzugsweise zwischen 4:1 und 1 :4, bevorzugt zwischen 3:1 und 1 :3 (Verhältnis der nichtflüchtigen Anteile beider Komponenten).
Im erfindungsgemäßen Beschichtungsmittel sind 0,1 bis 30 Gew.-%, bevorzugt zwischen 0,5 und 25 Gew.-%, besonders bevorzugt zwischen 1 und 20 Gew.-%, bezogen auf die nichtflüchtigen Anteile des Beschich- tungsmittels, elektrisch geladene anorganische Teilchen (AT) enthalten deren mittlerer Teilchendurchmesser (D), im Falle nicht kreisförmiger Teilchen entspricht der Teilchendurchmesser der längsten Flächendiagonale des Teilchens, D < 1 μm beträgt und deren Verhältnis D/d des
mittleren Teilchendurchmessers (D) zu der mittleren Teilchendicke (d) > 50, vorzugsweise D/d > 100 , besonders bevorzugt D/d > 200 , beträgt, und deren Ladung mit anorganischen und/oder organischen Gegenionen (Gl) kompensiert wird. Die mittleren Teilchendurchmesser können über die Auswertung von TEM (Tunnel Elektronen Mikroskop) Aufnahmen ermittelt werden, während die Teilchendicken (d) experimentell ü- ber die Röntgenstrukturanalyse, Profilmessungen mittels AFM (Atomic Force Microscopy) an Einzelplättchen sowie rechnerisch in Kenntnis des molekularen Aufbaus ermittelt werden. Der mittlere Teilchendurch- messer (D) der elektrisch geladenen anorganischen Teilchen (AT) beträgt vorzugsweise zwischen 50 und 800 nm, besonders bevorzugt zwischen 100 und 500 nm, die Teilchendicke (d) beträgt vorzugsweise zwischen 0,1 und 1 ,0 nm, besonders bevorzugt zwischen 0,15 und 0,75 nm.
Die für die Steuerung der Phasenmorphologie erforderliche Anzahl und Mobilität der Partikel kann mit vorgenannten Teilchen gesteuert werden, je nachdem, ob sie als in der Matrix dispergierte Einzelteilchen (exfolier- ter Zustand), als einzeln dispergierte Stapel mit planparallel angeordneten Einzelteilchen, enthaltend polymeres Matrixmaterial zwischen den Einzelteilchen (interkalierter Zustand) oder als vereinzelt dispergierte Agglomerate von Stapeln der Einzelteilchen in die organische Matrix verteilt werden.
Üblicherweise werden die über die Röntgenbeugung ermittelten Schichtabstände zwischen den elektrisch geladenen anorganischen Teilchen angegeben. Der Schichtabstand umfasst die Summe aus der Schichtdicke (d) eines Teilchens und dem Abstand zwischen zwei solchen Teilchen. Letzterer ist abhängig von der Art der darin befindlichen Gegenionen, die die elektrischen Ladungsträger der Teilchen neutrali- sieren, sowie von der Anwesenheit quellender elektrisch neutraler Moleküle wie Wasser oder organische Lösungsmittel. So ist bekannt, dass beispielsweise der Schichtabstand im Montmorillonit als Funktion des
Wassergehalts der meisten natürlich vorkommenden Umgebungsbedingungen zwischen 0,97 und 1 ,5 nm variiert (J. Phys. Chem. B, 108 (2004)1255).
In einer Ausführungsform der Erfindung kann die Herstellung der elektrisch geladenen anorganischen Teilchen (AT) durch Austausch der natürlich vorhandenen bzw. der synthesebedingten Gegenionen der schichtförmigen Mineralien gegen die anorganischen und/oder organischen Gegenionen (Gl) nach an sich bekannten Verfahren erfolgen. Dazu werden beispielsweise die elektrisch geladenen anorganischen Teilchen (AT) in einem geeigneten flüssigen Medium, welches in der Lage ist, die Zwischenräume zwischen den einzelnen Schichten zu quellen und in dem sich die anorganischen und/oder organischen Gegenionen (Gl) gelöst befinden, suspendiert und anschließend wieder isoliert (Langmuir 21 (2005), 8675).
Bei dem lonenaustausch werden vorzugsweise mehr als 15 mol-%, besonders bevorzugt mehr als 30 mol-%, der synthesebedingten Gegenionen durch die anorganischen und/oder organischen Gegenionen (Gl) ersetzt. In Abhängigkeit von der Größe und der räumlichen Orientierung der Gegenionen (Gl) werden die Schichtstrukturen in der Regel aufgeweitet, wobei der Abstand zwischen den elektrisch geladenen Schichten vorzugsweise um mindestens 0,2 nm, bevorzugt um mindestens 0,5 nm aufgeweitet wird. Die zur zumindest teilweisen Kompensation der Ladung und zur Aufwei- tung der Schichten der anorganischen Teilchen (AT) verwendeten anorganischen und/oder organischen Gegenionen (Gl) sind folgendermaßen aufgebaut. Als Ladungsträger fungieren vorzugsweise kationische und/oder anionische Gruppen, wie im Falle der organischen Gegenionen (Gl) als Kationen bevorzugt alkylsubstituierte Sulfonium- und/oder Phosphoniumionen, welche beim Aushärten der erfindungsgemäß hergestellten Schicht bevorzugt keine Verfärbung der Schicht verursachen, sowie als Anionen bevorzugt Anionen der Carbonsäure, der Sulfonsäure
und/oder der Phosphonsäure. Im Falle der anorganischen Gegenionen (Gl) fungieren als Ladungsträger als Kationen bevorzugt Alkali- und Erdalkalimetallionen und als Anionen bevorzugt Anionen mineralischer Säuren, welche ebenfalls beim Aushärten der erfindungsgemäß herge- stellten Schicht bevorzugt keine Verfärbung der Schicht verursachen.
Geeignete Substanzen zur Herstellung der anorganischen Teilchen (AT) sind beispielsweise Tonmineralien, wie insbesondere natürlich vorkommende Smectit-Typen, wie Montmorillonit, Saponit, Hectorit, Fluorhecto- rit, Beidellit, Nontronit, Vermiculit, Halloysit und Stephanit oder synthetisch hergestellte Smectit-Typen, wie Laponite oder SOMASIF (synthetisches fluoriertes Schichtsilikat der Firma CO-OP Chemical Co., Japan). Die vorgenannten Mineralien weisen eine negative Oberflächenladung auf welche mit positiv geladenen anorganischen und/oder organischen Gegenionen (Gl), kompensiert wird.
Im Sinne der Erfindung besonders bevorzugt sind kationisch geladene anorganische Teilchen (AT), wie insbesondere die gemischten Hydroxide der Formel:
(M(1.x) 2+Mx 3+(OH)2)(Ax/y y-) nH2O
bestehen, wobei M2+ zweiwertige Kationen, M3+ dreiwertige Kationen und (A) Anionen mit einer Wertigkeit y darstellen, wobei x einen Wert von 0,05 bis 0,5 einnimmt.
Besonders bevorzugt sind als zweiwertige Kationen M2+ Calcium-, Zink- und/oder Magnesiumionen und/oder als dreiwertige Kationen M3+ Aluminiumionen und/oder als Anionen (A) Phosphationen, Sulfationen und/oder Carbonationen, weil diese Ionen weitestgehend gewährleisten, daß keine Veränderung des Farbtons beim Aushärten der erfindungsgemäßen Schicht auftritt. Die Synthese der gemischten Hydroxide ist bekannt (E. Kanezaki, Preparation of Layered Double Hydroxides in In-
terface Science and Technology, VoM , Chapter 12, 345ff - Elsevier, 2004, ISBN 0-12-088439-9). Sie erfolgt meist aus den Mischungen der Salze der Kationen in wäßriger Phase bei definierten, konstant gehaltenen basischen pH-Werten. Man erhält die gemischten Hydroxide, ent- haltend die Anionen der Metallsalze als in den Zwischenräumen eingelagerten anorganischen Gegenionen. Erfolgt die Synthese in Gegenwart von Kohlendioxid erhält man in der Regel das gemischte Hydroxid mit eingelagerten Carbonationen. Führt man die Synthese unter Ausschluss von Kohlendioxid bzw. Carbonat in Anwesenheit organischer Anionen oder deren sauren Vorstufen durch, erhält man in der Regel das gemischte Hydroxid mit in den Zwischenräumen eingelagerten organischen Anionen (coprecipitation method oder Templatmethode). Eine alternative Syntheseroute zur Herstellung der gemischten Hydroxide bestehen entweder in der Hydrolyse der Metallalkoholate in Gegenwart der gewünschten, einzulagernden Anionen (US-A-6, 514,473).
In einer weiteren Ausführungsform der Erfindung ist es möglich, die Einlagerung der anorganischen und/oder organischen Anionen als Gegenionen (Gl) durch lonenaustausch an gemischten Hydroxiden mit einge- lagerten Carbonationen vorzunehmen. Dieses kann beispielsweise insbesondere bei der Herstellung von Hydrotalciten und Hydrocalumiten durch Rehydratisierung des amorphen calcinierten gemischten Oxids in Gegenwart der gewünschten einzulagernden Anionen erfolgen. Die CaI- cinierung des gemischten Hydroxids, enthaltend eingelagerte Carbona- tionen, bei Temperaturen < 8000C liefert die amorphes gemischtes Oxid unter Erhalt der Schichtstrukturen.
Alternativ kann der lonenaustausch in wäßrigem oder alkoholisch wäßrigem Medium in Gegenwart der sauren Vorstufen der einzulagernden organischen Anionen erfolgen. Dabei ist je nach Säurestärke der Vor- stufe des einzulagernden anorganischen und/oder organischen Anions als Gegenion (Gl) eine Behandlung mit verdünnten Mineralsäuren notwendig, um die Carbonationen zu entfernen.
Die in einer Ausführungsform der Erfindung zur zumindest teilweisen Kompensation der Ladung und zur Aufweitung der Schichten der vorgenannten gemischten Hydroxide verwendeten organischen Anionen (OA) als Gegenionen (Gl) sind bevorzugt einfach geladen. Als Ladungsträger fungieren vorzugsweise anionische Gruppen (AG), wie besonders bevorzugt Anionen der Carbonsäure, der Sulfonsäure und/oder der Phosphonsäure. In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung tragen die organischen Anionen (OA) als Gegenionen (Gl) zusätzlich funktionelle Gruppen (c), welche mit den funktionellen Gruppen (a) des Bindemittels BM und/oder den funktionellen Gruppen (b) des Vernetzers beim Aushärten des Beschichtungsmittel unter Ausbildung kovalenter Bindungen reagieren. Die Gruppen (c) können strahlen- und/oder thermisch härtbar sein. Bevorzugt sind thermisch härtbare Gruppen (c), wie sie oben bei der Beschreibung der Gruppen (a) und (b) aufgeführt sind. Besonders bevorzugt sind die funktionellen Gruppen (c) ausgewählt aus der Gruppe Hydroxyl-, Epoxy- und/oder Aminogruppen. Die funktionellen Gruppen (c) sind von den anionischen Gruppen der organischen Anionen (OA) als Gegenionen (Gl) vorzugsweise durch einen Spacer (SP) getrennt, wobei (SP) ausgewählt ist aus der Gruppe der gegebenenfalls mit Heteroatomen, wie Stickstoff, Sauerstoff und/oder Schwefel, modifizierten und gegebenenfalls substituierten A- liphaten und/oder Cycloaliphaten mit insgesamt 3 bis 30 Kohlenstoff- atomen, bevorzugt zwischen 4 und 20 Kohlenstoffatomen, besonders bevorzugt zwischen 5 und 15 Kohlenstoffatomen, der gegebenenfalls mit Heteroatomen, wie Stickstoff, Sauerstoff und/oder Schwefel, modifizierten und gegebenenfalls substituierten Aromaten mit insgesamt 3 bis 20 Kohlenstoffatomen, bevorzugt zwischen 4 und 18 Kohlenstoffatomen, besonders bevorzugt zwischen 5 und 15 Kohlenstoffatomen, und/oder der Teilstrukturen der oben angeführten Cycloaliphaten und Aromaten, wobei sich in den Teilstrukturen insbesondere mindestens 3 Kohlen-
stoffatome und/oder Heteroatome zwischen der funktionellen Gruppe (c) und der anionischen Gruppe (AG) befinden. Besonders bevorzugt sind die Spacer (SP) der organischen Anionen (OA) als Gegenionen (Gl) gegebenenfalls substituierte Phenyl- oder Cyclohexylreste, welche die funktionelle Gruppe (c) in m- oder p-
Stellung zur anionischen Gruppe (AG) aufweisen. Insbesondere werden hierbei als funktionelle Gruppe (c) Hydroxyl- und/oder Aminogruppen und als anionische Gruppe (AG) Carboxylat- und/oder Sulfonatgruppen eingesetzt. Ganz besonders bevorzugt sind als organischen Anionen (OA) als Gegenionen (Gl) m- oder p-Aminobenzolsulfonat, m- oder p- Hydroxybenzolsulfonat, m- oder p-Aminobenzoat und/oder m- oder p- Hydroxybenzoat.
Bei den oben genannten besonders bevorzugten gemischten Hydroxiden, die synthesebedingt bevorzugt Carbonat als Anion (A) enthalten, werden beim lonenaustausch vorzugsweise mehr als 15 mol-%, besonders bevorzugt mehr als 30 mol-%, der Anionen (A) durch die organischen Anionen (OA) als Gegenionen (Gl) ersetzt.
Bevorzugt wird die Modifikation der kationisch geladenen anorganischen Teilchen (AT) in einem separaten Verfahren vor der Einarbeitung in das erfindungsgemäße Beschichtungsmittel durchgeführt, wobei dieses Verfahren besonders bevorzugt im wäßrigen Medium durchgeführt wird. Bevorzugt werden die mit den organischen Gegenionen modifizierten elektrisch geladenen anorganischen Teilchen (AT) in einem Syntheseschritt hergestellt. Die solchermaßen hergestellte Teilchen haben nur eine sehr geringe Eigenfarbe, sie sind vorzugsweise farblos. Die bevorzugten mit organischen Anionen (OA) als Gegenionen (Gl) modifizierten kationisch geladenen Teilchen können in einem Syntheseschritt insbesondere aus den Metallsalzen der Kationen und den organischen Anionen (OA) hergestellt werden Dabei wird vorzugsweise in ei-
ne wäßrige alkalische Lösung der organischen Anionen (OA) als Gegenionen (Gl) eine wäßrige Mischung von Salzen der zweiwertigen Kationen M2+ und der dreiwertigen Kationen M3+ eingetragen, bis die gewünschte Stöchiometrie eingestellt ist. Die Zugabe erfolgt vorzugsweise unter CO2-freier Atmosphäre, z.B. Stickstoff und Rühren bei Temperaturen zwischen 10 und 100 Grad C, bevorzugt bei Raumtemperatur, wobei der pH-Wert der wäßrigen Reaktionsmischung, vorzugsweise durch Zugabe alkalischer Hydroxide, bevorzugt NaOH, im Bereich von 8 bis 12, bevorzugt zwischen 9 und 11 gehalten wird. Nach Zugabe der wäß- rigen Mischung der Metallsalze wird die resultierende Suspension bei den vorgenannten Temperaturen während eines Zeitraums von 0,1 bis 10 Tagen, vorzugsweise 3 bis 24 Stunden gealtert, der resultierende Niederschlag, vorzugsweise durch Zentrifugieren, isoliert und mehrfach mit entionisiertem Wasser gewaschen. Danach wird aus dem gereinig- ten Niederschlag mit Wasser eine Suspension der mit den organischen Anionen (OA) als Gegenionen (Gl) modifierten kationisch geladenen Teilchen (AT) mit einem Festkörpergehalt von 5 bis 50 Gew.-%, vorzugsweise von 10 bis 40 Gew.-%, eingestellt.
Die Kristallinität der erhaltenen schichtförmigen doppelten Hydroxide ist abhängig von den gewählten Syntheseparametern, der Art der eingesetzten Kationen, dem Verhältnis der M2VM3+ Kationen sowie der Art und der Menge der eingesetzten Anionen und sollte möglichst große Werte annehmen. Die Kristallinität der gemischten Hydroxidphase kann als berechnete Größe der kohärenten Streudomänen aus der Analyse der entsprechenden Röntgenbeugungslinien ausgedrückt werden, z.B. die Reflexe [003] und [110] im Falle des Mg-Al-Hydrotalcits. So zeigen beispielsweise Eliseev et.al. (Doklady Chemistry 387 (2002), 777) den Einfluss der thermischen Alterung auf das Anwachsen der Domänengröße des untersuchten Mg-Al-Hydrotalcits und erklären dieses mit dem fortschreitenden Einbau noch vorhandenen tetredrisch koordinierten Aluminiums
in die gemischte Hydroxidschicht als oktaedrisch koordiniertes Aluminium, nachgewiesen über die relativen Intensitäten der entsprechenden Signale im 27AI - NMR-Spektrum.
Die die elektrisch geladenen anorganischen Teilchen (AT) beziehungsweise die obenstehend beschrieben Suspensionen der elektrisch geladenen anorganischen Teilchen (AT) können im erfindungsgemäßen Verfahren zur Herstellung des Beschichtungsmittels prinzipiell während jeder Phase eingearbeitet werden, das heißt vor, während und/oder nach der Zugabe der übrigen Komponenten des Beschichtungsmittels.
Für die Steuerung der Phasenmorphologie der dünnen Schichten ist ein Unterschied in der Affinität der elektrisch geladenen anorganischen Teilchen (AT) zu den unverträglichen Polymerisaten (P1 ), (P2) und/oder zum Vernetzungsmittel (V) bevorzugt. In einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung weist mindestens eine Komponente aus der Gruppe (P1 ), (P2) und (V) einen Unterschied in der Hydrophilie gegenüber den anderen Komponenten auf, der vorzugsweise über eine geeignete Auswahl der Bausteine der vorstehend beschriebenen PoIy- merisate (P1 ) oder (WP1 ), (P2) oder (WP2) sowie des Vernetzers (V) oder (WV) eingestellt wird. In einer ganz besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist das Polymerisat (P1) oder (WP1 ) hydrophober eingestellt als das Polymerisat (P2) oder (WP2) und/oder das Vernetzungsmittel (V) oder (WV), wobei als Polymerisate (P1 ) oder (WP1 ) Polyurethane und als Polymerisate (P2) oder (WP2) Polyester und als Vernetzungsmittel (V) oder (VW) Polyisocyanate und/oder Aminoplastharze besonders bevorzugt sind. Abhängig von ihrer Oberflächenbeschaffenheit reichern sich die elektrisch geladenen anorganischen Teilchen (AT) in der hydrophileren oder in der hydrophoberen Phase an.
Bevorzugt wird die Oberflächenbeschaffenheit der elektrisch geladenen anorganischen Teilchen (AT) über die lonenaustauschkapazität der Teilchen (AT) und/oder durch die Auswahl der Gegenionen (Gl) gesteuert. Die lonenaustauschkapazität wird beispielsweise bei den bevorzug- ten gemischten Hydroxiden durch das Verhältnis der zweiwertigen zu den dreiwertigen Kationen eingestellt, welches besonders bevorzugt zwischen 1 :1 und 4:1 liegt.
Weiterhin bewirken kleine, vorzugsweise anorganische Gegenionen mit hoher Ladungsdichte, wie besonders bevorzugt Ammonium, Alkali- oder Erdalkaliionen als Kationen, sowie besonders bevorzugt Phosphationen, Sulfationen oder Carbonationen als Anionen, die Ausbildung einer hydrophile Oberfläche der Teilchen (AT) und bewirken damit eine größere Affinität zur hydrophilen Phase. Größere, vorzugsweise organische Gegenionen mit vergleichsweise geringerer Ladungsdichte, wie besonders bevorzugt Tetraalkylammoniumionen, Trialkylsulfoniumionen oder Tetraalkylphosphoniumionen als Kationen, sowie besonders bevorzugt organische Anionen der Carbonsäure, der Sulfonsäure und/oder der Phosphonsäure, insbesondere die vorstehend beschriebenen organi- sehen Gegenionen, die zur Modifizierung der besonders bevorzugten kationisch geladenen anorganischen anisotropen Teilchen (AT) eingesetzt werden, bewirken in der Regel die Ausbildung einer hydrophoben Oberfläche und damit eine größere Affinität zur hydrophoberen Phase.
Durch eine geeignete Auswahl des Mischungsverhältnisses der hydrophileren Komponente, vorzugsweise gebildet aus dem Polymerisat (P2) oder (WP2) und/oder dem Vernetzungsmittel (V) oder (WV), zur hydrophoberen Komponente, vorzugsweise gebildet aus dem Polymerisat (P1 ) oder (WP1 ), und durch eine geeignete Auswahl von anisotro- pen Teilchen (T) mit hydrophiler oder hydrophober Oberfläche können disperse, bikontinuierliche oder makroskopisch in zwei Schichten strati- fizierte Sbeziehungsweiseeine organisierteSchichtstrukturen in dünnen
Schichten hergestellt werden. In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird ein Mischungsverhältnis hydrophile Komponenten zu hydrophobe Komponenten von 10:1 bis 0,2:1 , besonders bevorzugt von 6:1 bis 1 :1 , gewählt. Bei Zugabe elektrisch geladener Teilchen, vor- zugsweise kationisch geladener anorganischer anisotroper Teilchen (AT), besonders bevorzugt gemischter Hydroxide der vorgenannten Formel, in Kombination mit Anionen als Gegenionen (Gl) mit hoher Ladungsdichte, insbesondere mit Carbonatanionen, resultieren nach dem Aushärten des Beschichtungsmittels bikontinuierliche beziehungsweise makroskopisch in zwei Schichten stratifizierte Strukturen, während bei im Falle der Kombination der kationisch geladenen anorganischen anisotropen Teilchen (AT), besonders bevorzugt der gemischten Hydroxide der vorgenannten Formel, mit Anionen als Gegenionen (Gl) mit niedrigerer Ladungsdichte, insbesondere mit m- oder p-Aminobenzolsulfonat, m- oder p-Hydroxybenzolsulfonat, m- oder p-Aminobenzoat und/oder m- oder p-Hydroxybenzoat, disperse beziehungsweise bikontinuierliche Strukturen resultieren.
Allen solchermaßen hergestellten Strukturen ist gemeinsam, daß sie ein gegenüber dem Stand der Technik deutlich verbessertes Schadensbild, insbesondere hinsichtlich der Reduktion der Delamination der Schicht und hinsichtlich des Anteils der vollständig abgetragenen Schicht, nach Schlagbelastung aufweisen.
Neben den vorgenannten erfindungswesentlichen Komponenten kann das erfindungsgemäße Beschichtungsmittel noch weitere, gegebenenfalls wasserdispergierbare Bindemittel in Anteilen von bis zu 40 Gew.-%, bevorzugt von bis zu 30 Gew.-% und besonders bevorzugt von bis 20 Gew.-%, bezogen auf die nicht flüchtigen Bestandteile des Beschich- tungsmittels, enthalten.
Das erfindungsgemäße Beschichtungsmittel kann außerdem lackübliche Additive in wirksamen Mengen enthalten. So können beispielsweise färb- und effektgebende Pigmente in üblichen und bekannten Mengen Bestandteil des Beschichtungsmittels sein. Die Pigmente können aus organischen oder anorganischen Verbindungen bestehen und sind beispielhaft in der EP-A-1 192 200 aufgeführt. Weitere einsetzbare Additive /sind beispielsweise UV-Absorber, Radikalfänger, Slipadditive, Polyme- risationsinihibitoren, Entschäumer, Emulgatoren, Netzmittel, Verlaufsmittel, filmbildende Hilfsmittel, rheologiesteuernde Additive sowie vorzugs- weise Katalysatoren für die Reaktion der funktionellen Gruppen a, b und/oder c, und zusätzliche Vernetzungsmittel für die funktionellen Gruppen a, b und/oder c. Weitere Beispiele geeigneter Lackadditive sind beispielsweise im Lehrbuch „Lackadditive" von Johan Bieleman, Verlag Wiley-VCH, Weinheim, New York, 1998, beschrieben. Die vorgenannten Additive sind im erfindungsgemäßen Beschichtungsmittel vorzugsweise in Anteilen von bis zu 40 Gew.-%, bevorzugt bis zu 30 Gew.-% und besonders bevorzugt von bis 20 Gew.-%, bezogen auf die nicht flüchtigen Bestandteile des Beschichtungsmittels, enthalten.
Vorzugsweise werden die erfindungsgemäßen, bevorzugt wäßrigen Beschichtungsmittel hergestellt, indem zunächst alle Bestandteile des Beschichtungsmittels außer den modifizierten anorganischen Teilchen und der vorzugsweise eingesetzten Aminoplastkomponente des Vernetzungsmittels (V) beziehungsweise (WV) gemischt werden. In die resul- tierende Mischung wird die den nach oben angeführtem Verfahren hergestellte Suspension der gegebenenfalls mit den organischen Gegenionen (OG) modifierten elektrisch geladenen anorganischen Teilchen (AT) unter Rühren eingetragen bis die Suspension vollständig gelöst ist, was durch optische Methoden, insbesondere durch visuelle Begutachtung, verfolgt wird.
Die resultierende Mischung wird vorzugsweise bei Temperaturen zwischen 10 und 50 Grad C während eines Zeitraums von 2 bis 30 Minuten,
vorzugsweise von 5 bis 20 Minuten, bevorzugt bei Raumtemperatur, unter Rühren mit Ultraschall behandelt, wobei in einer besonders bevorzugten Ausführungsform die Spitze einer Ultraschallquelle in die Mischung getaucht wird. Während der Ultraschall-Behandlung kann die Temperatur der Mischung um 10 bis 60 K ansteigen. Die solchermaßen erhaltene Dispersion wird vorzugsweise mindestens 12 Stunden unter Rühren bei Raumtemperatur gealtert. Hiernach wird das Vernetzungsmittel (V) beziehungsweise (WV) unter Rühren hinzugefügt und die Dispersion vorzugsweise mit Wasser auf einen Festkörpergehalt von 15 bis 50 Gew.-%, vorzugsweise 20 bis 40 Gew.-% eingestellt.
Die erfindungsgemäßen Beschichtungsstoffe werden vorzugsweise in einer solchen Naßfilmdicke aufgetragen, daß nach der Aushärtung in der fertigen Schichten eine Trockenschichtdicke zwischen 1 und 100 μm, bevorzugt zwischen 5 und 75 μm, besonders bevorzugt zwischen 10 und 60 A/m, insbesondere zwischen 15 und 50 μm resultiert.
Die Applikation des Beschichtungsmittels im erfindungsgemäßen Verfahren kann durch übliche Applikationsmethoden, wie beispielsweise Spritzen, Rakeln, Streichen, Gießen, Tauchen oder Walzen erfolgen. Vorzugsweise werden Spritzapplikationsmethoden angewandt, wie beispielsweise Druckluftspritzen, Airless-Spritzen, Hochrotations-Spritzen und elektrostatischem Sprühauftrag (ESTA). Die Applikation wird in der Regel bei Temperaturen von maximal 70 bis 80 Grad C durchgeführt, so daß geeignete Applikationsviskositäten erreicht werden können, ohne daß bei der kurzzeitig einwirkenden thermischen Belastung eine Veränderung oder Schädigung des Beschichtungsmittels sowie seines gegebenenfalls wiederaufzubereitenden Oversprays eintritt. Die Strahlenhärtung der applizierten Schicht mit dem erfindungsgemä- ßen Beschichtungsmittel mit durch Strahlung vernetzbaren Gruppen erfolgt mit aktinischer Strahlung, insbesondere mit UV-Strahlung, vor-
zugsweise in einer inerten Atmosphäre, wie beispielsweise in WO-A- 03/016413 beschrieben.
Die bevorzugte thermische Härtung der applizierten Schicht aus dem erfindungsgemäßen Beschichtungsmittel mit thermisch vernetzbaren Gruppen erfolgt nach den bekannten Methoden, wie beispielsweise durch Erhitzen in einem Umluftofen oder durch Bestrahlen mit Infrarot- Lampen. Vorteilhafterweise erfolgt die thermische Härtung bei Temperaturen zwischen 100 und 180 Grad C, bevorzugt zwischen 120 und 160 Grad C1 während einer Zeit zwischen 1 Minute und 2 Stunden, bevorzugt zwischen 2 Minuten und 1 Stunde, besonders bevorzugt zwischen 3 und 30 Minuten. Werden Substrate, wie beispielsweise Metalle, verwendet, die thermisch stark belastbar sind, kann die Härtung auch bei Temperaturen oberhalb von 180 Grad C durchgeführt werden. Im all- gemeinen empfiehlt es sich aber Temperaturen von 160 bis 180 Grad C nicht zu überschreiten. Werden hingegen Substrate, wie beispielsweise Kunststoffe, verwendet, die thermisch nur bis zu einer Höchstgrenze belastbar sind, ist die Temperatur und die benötigte Zeit für den Härtungsvorgang auf diese Höchstgrenze abzustimmen.
Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wurde weiterhin gefunden, daß die freigelegte Substratoberfläche nach Schlagbelastung von mit OEM- Schichtaufbauten beschichteten Substraten erheblich reduziert werden kann, wenn die vorstehend beschriebenen Beschichtungsmittel verwen- det werden.
Ganz besonders bevorzugt ist dabei die Verwendung der vorgenannten Beschichtungsmittel zur Herstellung von Füllerschichten, die nach Schlagbelastung eine deutliche reduzierte Freilegung der Substratoberfläche aufweisen. Insbesondere in klassischen Aufbauten für die OEM- Serienlackierung, bei denen auf dem metallischen Substrat und/oder einem Kunststoffsubstrat ein mehrschichtiger Aufbau, bestehend vom Substrat her gesehen aus einer elektrolytisch abgeschiedenen Schicht,
vorzugsweise einer kathodisch abgeschiedenen Schicht, einer Füllerschicht, und einer abschließenden Decklackschicht, vorzugsweise bestehend aus einer Basislackschicht und einer abschließenden Klarlackschicht, aufgetragen wird, sind aus den erfindungsgemäßen Beschich- tungsmitteln hergestellte Füllerschichten besonders vorteilhaft.
In einem bevorzugten Verfahren wird das erfindungsgemäße Beschich- tungsmittel auf ein mit einer Elektrotauchlackschicht vorbeschichtetes Substrat aufgetragen. Besonders bevorzugt ist die Beschichtung von Metall- und/oder Kunststoff-Substraten, die mit einem kathodischen Tauchlack vorbeschichtet sind. Vorzugsweise wird der Elektrotauchlack, insbesondere der kathodische Tauchlack, vor Auftrag des erfindungsgemäßen Beschichtungsmittels ausgehärtet. In einem weiteren bevorzugten Verfahren wird auf die aus dem erfin- dungsgemäßen Beschichtungsmittel gebildete Schicht eine abschließende Decklackierung, vorzugsweise in zwei weiteren Stufen zunächst ein Basislack und abschließend ein Klarlack, aufgetragen. Dabei wird in einem besonders bevorzugten Verfahren zunächst die Schicht aus dem erfindungsgemäßen Beschichtungsmittel ausgehärtet und hiernach vor- zugsweise in einem ersten Schritt ein wäßriger Basislack aufgetragen und nach einer Zwischenablüftung während einer Zeit zwischen 1 bis 30 Minuten, vorzugsweise zwischen 2 und 20 Minuten, bei Temperaturen zwischen 40 und 90 Grad C, vorzugsweise zwischen 50 und 85 Grad C, und in einem zweiten Schritt mit einem Klarlack, vorzugsweise einem Zweikomponenten-Klarlack, überschichtet, wobei Basislack und Klarlack gemeinsam ausgehärtet werden.
In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird die mit dem erfindungsgemäßen Beschichtungsmittel hergestellte Füllerschicht vor Auftrag der Basislackschicht während einer Zeit zwischen 1 bis 30 Minuten, vorzugsweise zwischen 2 und 20 Minuten, bei Temperaturen zwischen 40 und 90 Grad C, vorzugsweise zwischen 50 und 85
Grad C abgelüftet. Hiernach werden Füllerschicht, Basislackschicht und Klarlackschicht gemeinsam ausgehärtet.
Die mit dem erfindungsgemäßen Beschichtungsmittel hergestellten Be- Schichtungen, insbesondere die OEM-Aufbauten, bestehend vom Substrat her gesehen aus einer elektrolytisch abgeschiedenen Korrosionsschutzschicht, aus der mit dem erfindungsgemäßen Beschichtungsmittel hergestellten Füllerschicht und einer abschließenden Decklackschicht, vorzugsweise aus einem farbgebenden Basislack und einem abschlie- ßenden Klarlack, zeigen eine ausgezeichnete Beständigkeit gegen Schlagbeanspruchung, insbesondere gegen Steinschlag. Gegenüber marktüblichen Füllern sowie gegenüber entmischten Systemen wird insbesondere eine Reduktion des Anteils der beschädigten Oberfläche und eine sehr deutliche Reduktion des Anteils der vollständig abgetragenen Oberfläche, das heißt des Flächenanteils der ungeschützten Metallsubstrats, beobachtet. Neben diesen herausragenden Eigenschaften weisen die mit den erfindungsgemäßen Beschichtungsmitteln hergestellten Beschichtungen eine ausgezeichnete Schwitzwasserbeständigkeit, eine ausgezeichnete Haftung zur Korrosionsschutzschicht und zur Basis- lackschicht sowie eine ausgezeichnete Stabilität der Eigenfarbe nach dem Aushärten auf. Weiterhin sind mit dem erfindungsgemäßen Beschichtungsmittel Füllerschichten mit vergleichsweise niedriger Einbrenntemperatur und gutem Decklackstand realisierbar.
Die folgenden Beispiele sollen die Erfindung veranschaulichen.
Beispiele
Herstellbeispiel 1 : Synthese der wäßrigen Dispersion eines Polyesters (hydrophile Komponente WP2) In einem Reaktor mit Ankerrührer, Stickstoffeinlaß, Rückflusskühler und Destillationsbrücke werden 14,320 g 1 ,6-Hexandiol, 3,794 g Trimethy- lolpropan, 7,193 g Isophthalsäure, 4,507 g Adipinsäure, 2,752 g Phthal-
säure und 0,669 g XyIoI vorgelegt. Die Reaktionsmischung wird mit Stickstoff überschichtet und unter Rühren auf 230 Grad C erhitzt. Das Reaktionswasser wird solange entfernt bis die Reaktionsmischung eine Säurezahl nach DIN EN ISO 3682 von weniger als 4 mg KOH/g und ei- ne Viskosität zwischen 11 und 17 dPas (bei 50 Grad C gemessen mit einem Kegel-Platte-Viskosimeter der Fa. ICI) aufweist. Danach wird das XyIoI durch Destillation entfernt und die Reaktionsmischung auf 120 Grad C abgekühlt. Hiernach werden 5,910 g Trimellitsäureanhydrid zugefügt, die Reakti- onsmischung auf 170 Grad C erhitzt und die Temperatur solange gehalten bis die Reaktionsmischung eine Säurezahl zwischen 53 bis 56 mg KOH/g und eine Viskosität zwischen 390 bis 630 mPas (bei 120 Grad C gemessen mit einem Kegel-Platte-Viskosimeter der Fa. ICI) aufweist. Der resultierende Polyester hat eine Säurezahl nach DIN EN ISO 3682 von 60 mg KOH/g und eine OH-Zahl nach DIN EN ISO 4629 von 140 . Die Reaktionsmischung wird auf 120 Grad C abgekühlt und 2,127 g Di- methylethanolamin werden zugegeben. Danach wird die Reaktionsmischung auf 95 Grad C abgekühlt. Der Polyester wird in 57,862 g Wasser aufgenommen, wobei der pH- Wert auf 7,2 bis 7,6 durch Zugabe weiteren Dimethylethanolamins eingestellt wird. Die resultierende Dispersion des Polyesters hat einen Festkörpergehalt von 36 Gew.-%.
Herstellbeispiel 2: Synthese der wäßrigen Dispersion eines Polvu- rethans (hydrophobe Komponente WPD
Synthese der Polyestervorstufe:
In einem Reaktor mit Ankerrührer, Stickstoffeinlaß, Rückflusskühler und Destillationsbrücke werden 30 g 1 ,6-Hexandiol, 16 g Isophthalsäure, 54 g Dimerfettsäure (Pripol 1012 der Fa. Unichema) und 0, 9 g XyIoI vorge- legt. Die Reaktionsmischung wird mit Stickstoff überschichtet und unter Rühren auf 230 Grad C erhitzt. Das Reaktionswasser wird solange entfernt bis die Reaktionsmischung eine Säurezahl nach DIN EN ISO 3682
von weniger als 4 mg KOH/g und eine Viskosität zwischen 11 bis 17 dPas (bei 50 Grad C gemessen mit einem Kegel-Platte-Viskosimeter der Fa. ICI) aufweist. Danach wird das XyIoI durch Destillation entfernt und die Reaktionsmischung auf 50 Grad C abgekühlt. Der resultierende Polyester wird in 34,5 g Methylethylketon aufgenommen. Die resultierende Dispersion des Polyesters hat einen Festkörpergehalt von 36 Gew.-%.
Synthese der Polyurethandispersion: In einem Reaktor mit Ankerrührer, Stickstoffeinlaß und Rückflusskühler werden 21 ,386 g der Polyestervorstufe, 0,289 g Neopentylglykol, 1 ,396 g Dimethylolpropionsäure, 7,529 g Methylen-bis-(4- isocyanatocyclohexan) und 2,502 g Methylethylketon vorgelegt. Die Reaktionsmischung wird mit Stickstoff überschichtet und solange unter Rühren auf 85 Grad C erhitzt bis eine 1 :1 -Verdünnung des Reaktionsprodukts mit N-Methylpyrrolidon einen Isocyanat-Anteil von 0,9 bis 1 ,2 Gew.-% und eine Viskosität zwischen 6 bis 7 dPas (bei 23 Grad C gemessen mit einem Kegel-Platte-Viskosimeter der Fa. ICI) aufweist . Hiernach werden 0,784 g Trimethylolpropan zugefügt und die Reakti- onsmischung unter Sticksoff solange unter Rühren auf 85 Grad C erhitzt bis eine 1 :1 -Verdünnung des Reaktionsprodukts mit N-Methylpyrrolidon einen Isocyanat-Anteil von von weniger als 0,3 Gew.-% und eine Viskosität zwischen 12 bis 13 dPas (bei 23 Grad C gemessen mit einem Kegel-Platte-Viskosimeter der Fa. ICI) aufweist . Das resultierende Polyu- rethan hat eine Säurezahl DIN EN ISO 3682 von 30 mg KOH/g und eine OH-Zahl nach DIN EN ISO 4629 von 20.
Das resultierende Polyurethan wird in 5,763 g Butylglykol aufgenommen und 0,537 g Dimethylethanolamin werden zugegeben. Das Polyurethan wird bei einer konstanten Temperatur von 80 Grad C in 50 g Wasser aufgenommen und danach wird das Methylethylketon durch Destillation bis auf einen Restgehalt von weniger als 0,4 Gew.-% entfernt. Die resultierende Dispersion des Polyurethans wird auf einen
pH-Wert auf 7,2 bis 7,4 durch Zugabe weiteren Dimethylethanolamins und Wasser eingestellt. Die Dispersion des Polyurethans hat einen Festkörpergehalt von 31 Gew.-%.
Herstellbeispiel 3: Synthese der wäßrigen Dispersion des blockierten Polvisocvanats (hydrophile Komponente WV)
In einem Reaktor mit Ankerrührer, Stickstoffeinlaß und Rückflusskühler werden 26,032 g trimerisiertes Hexamethylendiisocyanat (Desmodur 3300 der Fa. Bayer) und 8,5 g N-Methylpyrrolidon vorgelegt. Zu der Lö- sung werden 7,891 g Methylethylketoxim gegeben. Die Reaktionsmischung wird mit Stickstoff überschichtet und solange unter Rühren bei 70 Grad C gehalten bis ein NCO-Äquivalentgewicht von 890 bis 1060 Dalton erreicht ist. Hiernach werden 6,077 g Dimethylpropionsäure zugefügt und die Reak- tionsmischung unter Stickstoff solange unter Rühren bei 70 Grad C gehalten bis ein NCO-Äquivalentgewicht von mehr als 21000 Dalton erreicht ist und eine 1 :1 -Verdünnung des Reaktionsprodukts mit N- Methylpyrrolidon eine Viskosität zwischen 4,2 bis 5,2 dPas (bei 23 Grad C gemessen mit einem Kegel-Platte-Viskosimeter der Fa. ICI) aufweist. Danach werden 1 ,5 g Butanol und 3,33 g Dimethylethanolamin zugefügt und die Temperatur während 1 Stunde bei 80 Grad C gehalten. Das resultierende blockierte Polyisocyanat wird in 44 g Wasser aufgenommen und die resultierende Dispersion des blockierten Polyisocya- nats wird auf einen pH-Wert auf 7,4 bis 7,6 durch Zugabe weiteren Di- methylethanolamins und Wasser eingestellt. Die Dispersion des blockierten Polyisocyanats hat einen Festkörpergehalt von 40 Gew.-%.
Herstellbeispiel 4: Synthese einer carbonationenhaltiqen Hydrotal- cit-Suspension auf Mg/Al-Basis Eine wäßrige Mischung aus MgCl2-6H2θ (1 ,64-molar) und AICI3 6H2O (0,82-molar) wird bei Raumtemperatur unter ständigem Rühren über 3
Stunden zu einer wäßrigen Lösung von Na2CO3 (0.16-molar) gegeben, wobei der pH-Wert durch Zugabe von 3M NaOH Lösung konstant bei pH = 9 gehalten wird, wobei die zudosierte Menge an Kationen so gewählt wird, daß ein Molverhältnis des Carbonat-Gegenions zum dreiwer- tigen AI-Kation von 1 :1 resultiert. Nach Zugabe der wäßrigen Mischung der Metallsalze wird die resultierende Suspension bei Raumtemperatur 3 Stunden gealtert. Der resultierende Niederschlag wird durch Zentrifu- gieren isoliert und 4 Mal mit entionisiertem Wasser gewaschen. Die resultierende Suspension des weißen Reaktionsprodukts Mg2AI(OH)6(CO3)0,5 -2H2O (Hydrotalcit-Suspension) hat einen Festkörpergehalt von 14,7 Gew.-% und einen pH-Wert von 7,5.
Herstellbeispiel 5: Synthese einer carbonationenhaltigen Hydrotal- cit-Suspension auf Zn/Al-Basis Eine wäßrige Mischung aus ZnCl2-6H2O (1 ,23-molar) und AICI3-6H2O (0,61 -molar) wird bei Raumtemperatur unter ständigem Rühren über 3 Stunden zu einer wäßrigen Lösung von Na2CO3 (0.12-molar) gegeben, wobei der pH-Wert durch Zugabe von 3M NaOH Lösung konstant bei pH = 9 gehalten wird, wobei die zudosierte Menge an Kationen so ge- wählt wird, daß ein Molverhältnis des Carbonat-Gegenions zum dreiwertigen AI-Kation von 1 :1 resultiert. Nach Zugabe der wäßrigen Mischung der Metallsalze wird die resultierende Suspension bei Raumtemperatur 3 Stunden gealtert. Der resultierende Niederschlag wird durch Zentrifu- gieren isoliert und 4 Mal mit entionisiertem Wasser gewaschen. Die resultierende Suspension des weißen Reaktionsprodukts
Zn2AI(OH)δ(CO3)0,5 -2H2O (Hydrotalcit-Suspension) hat einen Festkörpergehalt von 19,9 Gew.-% und einen pH-Wert von 7,0.
Herstellbeispiel 6: Synthese einer mit 3-Aminobenzolsulfonsäure modifizierten Hvdrotalcit-Suspension auf Mg/Al-Basis
Einer 0,21 -molaren wäßrigen Lösung von 3-Aminobenzolsulfonsäure (3- absa) wird eine wäßrige Mischung aus MgCl2-6H2O (0,52-molar) und
AICI3 6H2O (0,26-molar) bei Raumtemperatur unter Stickstoffatmosphäre und ständigem Rühren über 3 Stunden zugegeben, wobei die zudosierte Menge Kationen so gewählt wird, daß ein Molverhältnis des 3- absa-Gegenions zum dreiwertigen AI-Kation von 4:1 resultiert. Dabei wird der pH-Wert durch Zugabe einer 3-molaren NaOH-Lösung konstant bei pH = 10 gehalten.
Nach Zugabe der wäßrigen Mischung der Metallsalze wird die resultierende Suspension bei Raumtemperatur 3 Stunden gealtert. Der resultierende Niederschlag wird durch Zentrifugieren isoliert und 4 Mal mit ent- ionisiertem Wasser gewaschen.
Die resultierende Suspension des weißen Reaktionsprodukts Mg2AI(OH)β(3-absa) 2H2O (Hydrotalcit-Suspension) hat einen Festkörpergehalt von 28,6 Gew.-% und einen pH-Wert von 9,4.
Herstellbeispiele 7 bis 10: Formulierung der Beschichtunqsmittel
In einem ersten Schritt wird unter Rühren bei Raumtemperatur eine Dispersion aus der Mischung der Beschichtungsmittelkomponenten gemäß den Herstellbeispielen 1 bis 3 (Mengenangaben in der nachstehenden Tabelle 1 ) hergestellt. Hierzu werden in den Herstellbeispielen 8 bis 10 die gemäß den Beispielen 4 bis 6 hergestellten Hydrotalcit-Suspensionen (Mengenangaben in der nachstehenden Tabelle 1 ) unter Rühren bei Raumtemperatur eingetragen und 12 Stunden weitergerührt bis die Hydrotalcit- Suspensionen vollständig aufgelöst ist (visuelle Begutachtung). Die resultierende Dispersion wird 15 Minuten bei Raumtemperatur unter Rühren mit Ultraschall behandelt, wobei die Spitze einer Ultraschallquelle (Sonotrode UP 100H der Fa. Hielscher GmbH) in die Dispersion gehalten wird und die Amplitude und Pulsrate bei einer Arbeitfrequenz von 30 kHz jeweils auf 100% gesetzt werden. Während der Ultraschall- Behandlung steigt die Temperatur der Dispersion auf 65 Grad C. Die resultierende Dispersion wird 12 Stunden gealtert.
Im Vergleichsbeispiel 7 wird unter Rühren bei Raumtemperatur eine Dispersion aus der Mischung der Beschichtungsmittelkomponenten gemäß den Herstellbeispielen 1 bis 3 (Mengenangaben in der nachstehenden Tabelle 1 ) hergestellt und gemäß den Beispielen 8 bis 10 mit Ultraschall behandelt.
Hiernach werden die Dispersionen unter Rühren bei Raumtemperatur mit Melaminformaldehyd-Harz (Maprenal MF 900 der Fa. Ineos Melami- nes GmbH) (Mengenangaben in der nachstehenden Tabelle 1 ) versetzt.
Tabelle 1 : Zusammensetzung der Beschichtunqsmittel gemäß den Herstellbeispielen 7 bis 10
Beispiele 11 bis 14: Herstellung von OEM-Schichtaufbauten mit Beschichtunqsmitteln gemäß Herstellbeispielen 7 bis 10 und Prüfung der Steinschlaαfestiαkeit
Die gemäß den Herstellbeispielen 7 (Vergleich) sowie 8 bis 10 herge- stellten erfindungsgemäßen Beschichtungsmittel werden auf vorbehandelte und mit einem kathodischen Tauchlack vorbeschichtete Stahltafeln (Stahltafeln der Fa. Chemetall: Dicke des eingebrannten kathodischen Taucklacks: 21 +/- 2 μm, Dicke des Substrats: 750 μm) mittels Sprühen appliziert (Automatic-Coater der Fa. Köhne). Die resultierenden Schich- ten aus den Beschichtungsmitteln werden 20 Minuten bei 140 Grad C ausgehärtet, wobei Trockenfilmdicken von 30 +/- 3 μm resultieren.
Auf die solchermaßen vorbeschichteten Tafeln wird zur Herstellung eines OEM-Schichtaufbaus weiterhin in separaten Schritten zunächst ein handelsüblicher Wasserbasislack (FV95-9108 der Fa. BASF Coatings AG) aufgebracht, 10 Minuten bei 80 Grad C abgelüftet und abschlie- ßend ein lösemittelhaltiger 2-Komponenten-Klarlack (FF95-0118 der Fa. BASF Coatings AG) aufgebracht. Die Wasserbasislack- und die Klarlackschicht werden gemeinsam 20 Minuten bei 140 Grad C ausgehärtet, wonach die Basislackschicht eine Trockenfilmdicke von ca. 15 μm und die Klarlackschicht eine Trockenfilmdicke von 45 μm aufweisen. Die solchermaßen beschichteten Tafeln werden 3 Tage bei 23 Grad C und 50% relativer Luftfeuchte gelagert.
Die Morphologie der Füllerschichten im OEM-Schichtaufbau wurde mittels optischer Mikroskopie untersucht und charakterisiert (Tabelle 2)
Prüfung der Steinschlaqfestiαkeit:
Die wie oben beschrieben hergestellten beschichteten Stahltafeln werden einem Steinschlag-Test nach DIN 55996-1 unterzogen, wobei jeweils 500 g gekühltes Eisengranulat (4 bis 5 mm Teilchendurchmesser, Fa. Würth, Bad Friedrichshall) benutzt werden und ein Luftdruck von 2 bar an der Beschußvorrichtung (Modell 508 VDA der Fa. Erichsen) eingestellt wird.
Nach Reinigung der solchermaßen beschädigten Testtafeln werden diese in eine Lösung eines sauren Kupfersalzes getaucht, wobei elementa- res Kupfer an den Stellen des Stahlsubstrats abgeschieden wird, an denen die Beschichtung durch den Beschüß vollständig entfernt wurde. Das Schadensbild auf jeweils 10 cm2 der beschädigten und nachbehandelten Testtafeln werden mittels einer Bildverarbeitungs-Software (SIS- Analyse) erfaßt. Ausgewertet werden die Anteile der durch Beschüß be- schädigten Oberflächen sowie der Anteile der vollständig abgetragenen Oberflächen, jeweils bezogen auf die Gesamtoberfläche. In Tabelle 2 sind die Ergebnisse aufgeführt.
Tabelle 2: Schadensbilder der mit dem erfindunqsqemäßen Beschich- tunqsmittel sowie mit dem Referenz-Füller hergestellten Schichtaufbau- ten
Die die hydrophileren carbonationenhaltigen Hydrotalcite enthaltenden Beschichtungsmittel (Beipiele 12 und 13) weisen nach dem Aushärten eine bikontinuierliche Phasenstruktur beziehungsweise eine makroskopisch in zwei Schichten stratifizierte Struktur auf, während das die hydrophoberen mit organischen Gegenionen modifizierten Hydrotalcite enthaltende Beschichtungsmittel (Beispiel 14) nach dem Aushärten eine disperse Phasenstruktur aufweist.
Gegenüber dem mit dem Vergleichs-Füller (Herstellbeispiel 7) hergestellten Schichtaufbau (Beispiel 11), welcher auch eine disperse Phasenmorphologie aufweist, weisen die mit dem erfindungsgemäßen Beschichtungsmittel als Füllermaterial hergestellten Schichtaufbauten eine sehr deutliche Reduktion des Anteils der vollständig abgetragenen O- berfläche, das heißt des Flächenanteils der ungeschützten Metallsubstrats auf.
Die Haftung zur Schicht aus dem kathodischen Tauchlack und zur Basislackschicht sind ebenfalls ausgezeichnet, was sich innerhalb der Fehlergrenzen von +/- 0,5 in einer unveränderten bzw. reduzierten Gesamtschädigung der Flächen niederschlägt.
Die mit dem erfindungsgemäßen Beschichtungsmittel hergestellten Be- schichtung weisen darüber hinaus eine ausgezeichnete Schwitzwasserbeständigkeit und eine praktisch unveränderte Eigenfarbe nach dem Einbrennen auf.