MAN Roland Druckmaschinen AG
Verfahren und Vorrichtung zur Regelung eines Einzugwerks
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Regelung eines Einzugwerks einer Rollendruckmaschine gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Des Weiteren betrifft die Erfindung eine Vorrichtung zur Regelung eines Einzugwerks einer Rollendruckmaschine gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 9.
Aus der Praxis ist es bereits bekannt, Bedruckstoffbahnen in Druckeinheiten einer Rollendruckmaschine mit Hilfe sogenannter Einzugwerke einzuziehen. Ein Einzugwerk, welches dem Einziehen einer Bedruckstoffbahn in eine Druckeinheit einer Rollendruckmaschine dient, verfügt über mindestens eine von einem Antrieb des Einzugwerks angetriebene Walze, wobei die angetriebene Walze des Ein- zugwerks mit einer geringeren Drehzahl bzw. Umfangsgeschwindigkeit betrieben wird als dem Transport der Bedruckstoffbahn dienende Walzen bzw. Zylinder der Druckeinheit, um so zwischen dem Einzugwerk und der Druckeinheit einen definierten Bahnzug für die einzuziehende Bedruckstoffbahn bereitzustellen. Bei dem Bahnzug handelt es sich um eine Kraft, wobei aus dem Bahnzug dann, wenn der- selbe durch die Breite der einzuziehenden Bedruckstoffbahn geteilt wird, eine Bahnspannung errechnet wird.
Aus der EP 0 976 674 B2 ist es bereits bekannt, die Bahnspannung dadurch zu regeln, dass ein Istwert der Bahnspannung mit einem entsprechenden Sollwert verglichen wird, wobei abhängig von der Differenz bzw. Abweichung zwischen dem Istwert und dem Sollwert eine Regeleinrichtung eine Stellgröße für das Einzugwerk erzeugt. Dabei wird gemäß der EP 0 976 674 B2 ein gemessener Istwert für die Bahnspannung verwendet, woraus folgt, dass eine entsprechende Messeinrichtung für die Bahnspannung erforderlich ist. Eine solche Messeinrichtung für die Bahnspannung bewirkt einen komplexen Aufbau des Einzugwerks bzw. der Rollendruckmaschine und erhöht somit deren Kosten.
Hiervon ausgehend liegt der vorliegenden Erfindung das Problem zugrunde, ein neuartiges Verfahren sowie eine Vorrichtung zur Regelung eines Einzugwerks einer Rollendruckmaschine zu schaffen.
Dieses Problem wird durch ein Verfahren gemäß Anspruch 1 gelöst. Erfindungsgemäß wird der Istwert des Bahnzugs bzw. der Bahnspannung rechnerisch auf Basis eines Modells ermittelt.
Im Sinne der hier vorliegenden Erfindung wird der Istwert des Bahnzugs bzw. der Bahnspannung rechnerisch auf Basis eines Modells ermittelt. Erfindungsgemäß kann demnach auf eine Messeinrichtung bzw. einen Sensor zur Ermittlung eines Istwerts der Bahnspannung bzw. des Bahnzugs verzichtet werden. Hierdurch kann ein einfacherer Aufbau des Einzugwerks bzw. der Rollendruckmaschine mit gerin- gerem Aufwand und demnach geringeren Kosten realisiert werden.
Vorzugsweise ist die Regelung des Bahnzugs bzw. der Bahnspannung einer Regelung einer Drehzahl des Antriebs des Einzugwerks oder einer Regelung einer Lage des Antriebs des Einzugwerks überlagert.
Die erfindungsgemäße Vorrichtung zur Regelung eines Einzugwerks einer Rollendruckmaschine ist in Anspruch 9 definiert.
Bevorzugte Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprü- chen und der nachfolgenden Beschreibung. Ausführungsbeispiele der Erfindung werden, ohne hierauf beschränkt zu sein, an Hand der Zeichnung näher erläutert. Dabei zeigt:
Fig. 1 : einen schematisierten Ausschnitt aus einer Rollendruckmaschine zur Verdeutlichung der Erfindung;
Fig. 2: eine schematisierte Darstellung eines bevorzugten Regelungskonzepts für einen Antrieb eines Einzugwerks der Rollendruckmaschine; Fig. 3: einen Signalflussplan eines Modells zur rechnerischen Ermittlung eines Istwerts des Bahnzugs bzw. der Bahnspannung; und
Fig. 4: einen Signalflussplan eines weiteren Modells zur rechnerischen Ermittlung eines Istwerts des Bahnzugs bzw. der Bahnspannung.
Fig. 1 zeigt einen schematisierten Ausschnitt aus einer Rollendruckmaschine im Bereich von zwei übereinander angeordneten Druckeinheiten 10, 11 sowie einem den beiden Druckeinheiten 10, 11 vorgelagerten Rollenwechsler 12. Im Bereich des Rollenwechslers 12 wird ein bahnförmiger Bedruckstoff in Form einer Bedruckstoffrolle 13 bereitgehalten und als Bedruckstoffbahn 14 von der Bedruck- stoffrolle 13 abgewickelt, wobei die Bedruckstoffbahn 14 mit Hilfe eines der
Druckeinheit 10 zugeordneten Einzugwerks 15 in die Druckeinheit 10 eingezogen wird. Das Einzugwerk 15 verfügt über eine von einem Antrieb 16 angetriebene Walze 17, um die Bedruckstoffbahn 14 in das Druckwerk 10 einzuziehen.
Die Druckwerke 10, 1 1 sind als sogenannte 8-Zylinder-Druckeinheiten ausgeführt. Jede der Druckeinheiten 10, 11 verfügt demnach über vier Druckwerke, wobei jedes Druckwerk einen Formzylinder 18 sowie einen Übertragungszylinder 19 aufweist. Die Übertragungszylinder 19 von jeweils zwei Druckwerken rollen unter Ausbildung eines Druckspalts für die Bedruckstoffbahn 14 aufeinander ab, wobei die Übertragungszylinder 19 auch den weiteren Transport der Bedruckstoffbahn
14 durch die Druckeinheiten 10, 11 übernehmen. Die Walze 17 des Einzugwerks
15 wird gegenüber den Übertragungszylindern 19 der Druckwerke 10, 11 mit einer abweichenden Drehzahl bzw. Umfangsgeschwindigkeit angetrieben, um so einen definierten Bahnzug bzw. eine definierte Bahnspannung für die Bedruckstoffbahn 14 bereitzustellen.
Dem Antrieb 16 des Einzugwerks 15 ist ein Antriebregler 20 zugeordnet. Die bevorzugte Struktur des Antriebreglers 20 zeigt Fig. 2, wobei der Antriebregler 20 der Fig. 2 neben dem Bahnzug bzw. der Bahnspannung der Bedruckstoffbahn weiterhin eine Drehzahl des Antriebs 16 regelt. So umfasst der Antriebregler 20 der Fig. 2 eine Regeleinrichtung 21 zur Regelung der Drehzahl des Antriebs 16, wobei der Drehzahlregler 21 auf Grundlage einer Abweichung zwischen einem Sollwert NSOLL für die Drehzahl des Antriebs 16 und einem gemessenen Istwerts NIST der Drehzahl des Antriebs 16 eine Stellgröße YMoτ für den Antrieb 16 ausgibt. Zur messtechnischen Erfassung des Istwerts NIST der Drehzahl des Antriebs 16 ist dem Antrieb 16 ein Drehzahlsensor 22 zugeordnet.
Der Drehzahlregelung ist gemäß Fig. 2 eine Regelung des Bahnzugs bzw. der Bahnspannung überlagert, wobei hierzu der Antriebregler 20 neben dem Drehzahlregler 21 eine Regeleinrichtung 23 zur Regelung des Bahnzugs bzw. der Bahnspannung umfasst. Der Bahnzugregler bzw. Bahnspannungsregler 23 ermittelt auf Basis einer Abweichung zwischen einem Sollwert XSOLL für den Bahnzug bzw. die Bahnspannung und einem entsprechenden Istwert X|Sτ eine Stellgröße YN für das Einzugwerk 15, wobei es sich im Ausführungsbeispiel der Fig. 2 bei diesem Sollwert YN für das Einzugwerk 15 um einen Offset für den Sollwert NSOLL der Drehzahl des Antriebs 16 handelt.
Im Sinne der hier vorliegenden Erfindung wird der Istwert X|Sτ des Bahnzugs bzw. der Bahnspannung nicht messtechnisch, sondern vielmehr auf Basis eines Modells 24 rechnerisch ermittelt. Das Modell 24 gibt als Ausgangsgröße den Istwert Xιsτ für den Bahnzug bzw. die Bahnspannung aus, wobei im Ausführungsbeispiel der Fig. 2 dem Modell 24 als Eingangsgrößen ein mit Hilfe eines Momentsensors 25 gemessenes Motormoment MMoτ des Antriebs 16, der mit Hilfe des Drehzahlsensors 22 gemessene Istwert N|Sτ der Drehzahl des Antriebs 16, ein Bahnzugwert bzw. Bahnspannungswert XRW des Rollenwechslers 12 sowie ein Reibmo- ment MREIB des Einzugwerks 15 zugeführt werden. Bei dem Reibmoment MREIB des Einzugwerks 15 handelt es sich um eine drehzahlabhängige Größe, wobei vorzugsweise das Reibmoment MREIB = m*N|Sτ + c linearisiert ist.
Das Modell 24 ermittelt dann gemäß Fig. 4 den Istwert XIST des Bahnzugs bzw. der Bahnspannung wie folgt:
XIST = G2(XRW) + a*[G1 (MMoτ) + m*N,Sτ + c]
wobei XIST der errechnete Istwert des Bahnzugs bzw. der Bahnspannung ist, wobei XRW der Bahnzugwert bzw. Bahnspannungswert des Rollenwechslers ist, wobei MMOT das Motormoment des Antriebs ist, wobei N|Sτ die Drehzahl des Antriebs ist, wobei G1 und G2 Glättungsfunktionen sind, und wobei a und m und c Konstante sind.
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass anstelle des Motormoments MMoτ des Antriebs 16 auch ein das Motormoment bildender, elektrischer Strom mess- technisch erfasst und als Eingangsgröße für das Modell 24 verwendet werden kann. Ebenso kann anstelle des Bahnzugwerts bzw. Bahnspannungswerts XRW des Rollenwechslers eine den Bahnzugwert bzw. Bahnspannungswert bildende Größe verwendet werden.
Bei den Glättungsfunktionen G1 und G2, welche das Motormoment MMoτ oder den Bahnzugwert bzw. Bahnspannungswert XRW des Rollenwechslers glätten, handelt es sich um Filterfunktionen. Auf die Glättungsfunktionen Gi-tind G2 kann verzichtet werden, wenn bereits entsprechend geglättete Größen vom Momentsensor 25 bzw. Rollenwechsler bereitgestellt werden.
Wie oben bereits ausgeführt, handelt es sich bei den Größen c, m und a um Konstanten. Dabei sind die Größen c und m die Konstanten des drehzahlabhängigen, linearisierten Reibmoments MREIB-
Bei der Konstanten a handelt es sich um einen Umrechnungsfaktor, der von einem Übersetzungsverhältnis i zwischen Antrieb 16 und Walze 17 des Einzugwerks 15 und einem Radius r der Walze 17 abhängig ist. Für den Umrechnungsfaktor a gilt:
I a = — r
Anstelle des in Fig. 4 visualisierten Modells 24 zur Errechnung des Istwerts XIST für den Bahnzug bzw. die Bahnspannung, kann auch das in Fig. 3 gezeigte, vereinfachte Modell 24' verwendet werden. Im Modell 24' wird ein konstantes Reibmo- ment MREIB = c zur Berechnung des Istwerts XIST bzw. die Bahnspannung verwendet, so dass für das Modell 24' die Drehzahl N|Sτ des Antriebs 16 als Eingangsgröße nicht benötigt wird. Das Modell 24' ermittelt dann gemäß Fig. 3 den Istwert XIST des Bahnzugs bzw. der Bahnspannung wie folgt:
Xιsτ = XRw + a*[G1(MMoτ) + c]
wobei XIST der errechnete Istwert des Bahnzugs bzw. der Bahnspannung ist, wobei XRW der Bahnzugwert bzw. Bahnspannungswert des Rollenwechslers ist, wobei MMOT das Motormoment des Antriebs, wobei G1 eine Glättungsfunktion ist, und wobei a und c Konstante sind.
Wie unter Bezugnahme auf Fig. 2 beschrieben, ist im bevorzugten Ausführungsbeispiel die Regelung des Bahnzugs bzw. der Bahnspannung der Drehzahlregelung des Antriebs 16 überlagert. Im Unterschied hierzu ist es auch möglich, dass die Regelung des Bahnzugs bzw. der Bahnspannung einer Regelung einer Lage des Antriebs 16 des Einzugwerks 15 überlagert ist, wobei dann die Regeleinrichtung 23 für den Bahnzug bzw. die Bahnspannung als Stellgröße einen Offset für den Sollwert der Lage des Antriebs 16 ausgibt. In diesem Fall kann die Regeleinrichtung 23 auch einen sogenannten Getriebefaktor anpassen.
In den Modellen 24 bzw. 24' der Fig. 4 bzw. 3 kann gegebenenfalls als weitere Eingangsgröße ein Trägheitsmoment des Einzugwerks berücksichtigt werden, um die Berechnung des Istwerts X|Sτdes Bahnzugs bzw. der Bahnspannung bei Än- derungen der Drehzahl zu verbessern.
Gemäß Fig. 2 sind im bevorzugten Ausführungsbeispiel die Regeleinrichtung 23 für den Bahnzug bzw. die Bahnspannung sowie das Modell 24 zur rechnerischen Ermittlung des Istwerts XIST bzw. der Bahnspannung in den Antriebregler 20 integ- riert. Es ist jedoch auch möglich, diese Baugruppen außerhalb des Antriebreglers 20 als separate Einrichtung zu realisieren.
Die Konstanten a, c und gegebenenfalls m der Modelle 24 bzw. 24' werden manuell oder automatisiert ermittelt. Bei der automatisierten Ermittlung der Parameter wird zwischen dem Einzugwerk 15 und der Druckeinheit 10 ausschließlich zur Parameterermittlung eine Bahnzugmesseinrichtung installiert, wobei dann der Antriebregler 20 bei unterschiedlichen Drehzahlen mit unterschiedlichen Sollwerten für den Bahnzug betrieben wird. Dabei werden das Moment des Antriebs bzw. der Drehmoment bildende Strom des Antriebs, die Drehzahl des Antriebs und der Bahnzug erfasst, wobei sich aus dieser messtechnischen Erfassung die Parameter c, m und a mittels numerischer Optimierung berechnen lassen. Die so ermittelten Parameter werden dann im Modell verwendet, um nachfolgend im Betrieb ohne Bahnzugmesseinrichtung den Istwert X|Sτfür den Bahnzug. bzw. die Bahnspannung rechnerisch zu ermitteln.
Bezugszeichenliste
10 Druckeinheit
11 Druckeinheit 12 Rollenwechsler
13 Bedruckstoffrolle
14 Bedruckstoffbahn
15 Einzugwerk
16 Antrieb 17 Walze
18 Formzylinder
19 Übertragungszylinder
20 Antriebregler
21 Regeleinrichtung 22 Drehzahlsensor
23 Regeleinrichtung
24, 24' Modell
25 Momentsensor