Vorrichtung, Verwendung der Vorrichtung und Verfahren zur Aufzucht von Calliphoriden-Larven
Die vorliegende Erfindung betrifft eine Vorrichtung und deren Verwendung, sowie ein selbstoptimierendes Verfahren zur Aufzucht von Calliphoriden-Larven.
Bestimmte Larvalstadien einiger Arten aus der Familie der Calliphoridae ernähren sich von Geweben tierischer Organismen. Die Larven einiger dieser Calliphoriden-Arten ernähren sich ausschließlich von abgestorbenem Gewebe. Aus diesem Grund werden diese Larven auch genutzt, um abgestorbenes Gewebe zu entfernen, beispielsweise bei der Präparation von Tierkörpern, bei der Herstellung besonderer Lederwaren oder für die Wundsäuberung, um deren Heilung zu fördern. Dabei ist die Geschwindigkeit, mit der das unerwünschte Gewebe von den anderen Bestandteilen entfernt wird, von großer Bedeutung. Der einfachste Weg, das Entfernen des abgestorbenen Gewebes zu beschleunigen, besteht in einer Erhöhung der Anzahl der Larven. Eine höhere Anzahl an Larven bedeutet einen höheren Verbrauch des ihnen als Nahrung dienenden toten Gewebes. Für ein optimales Entfernen des toten Gewebes sollten die weiteren Parameter, wie zum Beispiel die zur Verfügung stehende Sauerstoffmenge, die Temperatur, die Feuchtigkeit des Gewebes und die Luftfeuchtigkeit, an oder zumindest dicht an den für die Larven der jeweiligen Calliphoriden-Art geltenden Optima gehalten werden, um gute Lebensbedingungen für die Larven zu schaffen und aufrecht zu halten. Darüber hinaus sind die Entwicklung der Larven schädigende Einflüsse von - beispielsweise - ultravioletter Strahlung,
Chemikalien, Fremdorganismen oder mechanischen Kräften zu minimieren oder nach Möglichkeit ganz zu vermeiden. Andererseits sollten sich für die Entwicklung der Larven vorteilhaft auswirkende Chemikalien, Wirkstoffe oder physikalische Bedingungen möglichst lange auf die Larven einwirken können.
Nach erfolgreicher Behandlung gilt es, die Larven einfach und vollzählig von dem zu gewinnenden Gut zu entfernen, um entweder die Behandlung mit anderen Mitteln fortzusetzen oder die Larven anderen Zwecken zuzuführen. Hierzu schlägt die Offenlegungsschrift DE 199 01 134 Al die Verwendung eines Beutels aus engmaschiger Gaze vor, in den die Larven eingesperrt werden, so dass sie nicht entkommen können. In Ergänzung dazu sollen gemäß Offenlegungsschrift DE 199 25 996 Al bereits die Eier, in denen sich die Larven entwickeln, in einen Gazebeutel, aus dem die Larven nicht entfliehen können, eingeschlossen werden.
Die Verwendung von Gazebeuteln gemäß DE 199 Ol 134 Al oder DE 199 25 996 Al birgt jedoch eine Reihe von Nachteilen und Problemen. So kann ein entsprechender Gazebeutel aufgrund seiner geschlossenen Form nur eine vorbestimmte Anzahl von Larven enthalten. Eine Anpassung der Anzahl der Larven an die von ihnen zu bewältigende Aufgabe, beispielsweise das Entfernen von abgestorbenem Gewebe, ist somit während der Anwendung des Gazebeutels nicht möglich.
In DE 199 25 996 Al sowie DE 199 01 134 Al wird auch beschrieben, dass die Eier in den Gazebeutel eingebracht werden können und sich unter günstigen Bedingungen zu
Larven entwickeln sollen. Beide Druckschriften unterstellen daher, dass die schlüpfenden Larven in dem Gazebeutel gefangen gehalten werden können, so dass ein Entkommen der Larven ausgeschlossen ist. Zumindest für Beutel, die aus handelsüblicher Gaze mit einer Maschenzahl von 27 x 29 Maschen/cm2 hergestellt sind, ist diese Unterstellung nicht zutreffend, wie die Beispiele 6 und 7 zeigen. Zwar werden die Eier vom Beutel umschlossen, aber die aus den Eiern schlüpfenden Larven sind in ihrem ersten Larvalstadium kaum größer als die Eihüllen, die sie zurücklassen, und zudem deutlich schlanker und wendiger, so dass sie den Gazebeutel zwischen den Maschen durchkriechend verlassen können und dies auch bevorzugt tun.
Bei Verwendung einer Gaze mit wesentlich geringerer Machenweite ist die Gaze entweder nicht mehr ausreichend mechanisch stabil oder stoffartig geschlossen, so dass eine unzureichende Zufuhr von Sauerstoff und/oder Ableitung unerwünscht hoher Mengen Feuchtigkeit eine optimale Entwicklung der Larven nicht ermöglicht oder deren Entwicklung gar ganz unterbindet.
Es ist weiterhin bekannt, dass mehr Larven pro Gewebefläche mehr abgestorbenes Gewebe pro Zeiteinheit entfernen können als eine geringere Zahl an Larven. Dies ist sowohl durch die größere Biomasse, die versorgt werden muss, als auch durch eine höhere lokale, extrazelluläre Konzentration an von den Larven, die zumeist in Haufen fressen, sezernierten Enzymen zu erklären.
Aus Gründen der Kontrollierbarkeit des Gewebeabtrags sowie zur Vermeidung möglicher Nebenwirkungen wurde bislang eine begrenzte Anzahl von Larven, etwa 2 bis maximal 20 Larven/cm2 abzutragendem Gewebe, eingesetzt. Diese geringe Anzahl an Larven wird unter anderem damit begründet, dass die anfangs kleinen Larven innerhalb kurzer Zeit stark wachsen und dabei zunehmend mehr Gewebe vertilgen können. Allerdings erfolgt der Abbau abgestorbenen Gewebes in der Anfangsphase, wenn die Larven noch klein sind, nicht so schnell, wie es wünschenswert ist. Bei Einsatz einer höheren Anzahl von Larven in Gazebeuteln, als sie in DE 199 Ol 134 und DE 199 25 996 beschrieben werden, käme es angesichts der in diesen beiden Druckschriften berichteten Notwendigkeit, die Larven möglichst am Ort ihres Wirkens festzuhalten, zu einer unkontrollierbar hohen lokalen Konzentration der von den Larven zum Abtrag des abgestorbenen Gewebes sezernierten Enzyme. Als Folge davon wäre eine Schädigung des lebenden Gewebes möglich und es könnte auch zu einer Lyse der Larven durch ihr eigenes Sekret kommen, was eine Verringerung der Anzahl aktiver Larven zur Folge hätte. Um diese Nebenwirkungen zu verhindern, wird gemäß den angeführten Druckschriften eine willkürlich begrenzte Anzahl von Larven eingesetzt, die nicht der für den schnellstmöglichen Gewebeabbau optimalen Anzahl entspricht.
Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung bestand daher darin, eine Vorrichtung sowie ein Verfahren bereitzustellen, mit der/dem möglichst schnell abgestorbenes Gewebe mit Hilfe von Calliphoriden-Larven von anderen Teilen entfernt werden kann.
Die Aufgabe wird überraschenderweise durch eine Vorrichtung zur Aufzucht von CaIliphoriden-Larven gelöst, mit der eine sehr große Anzahl von Larven Zugang zu dem abgestorbenen Gewebe erhält, wobei sich die Larven bei Bedarf vom abgestorbenen Gewebe entfernen, die Vorrichtung jedoch nicht verlassen können, sowie der Verwendung dieser Vorrichtung zum Abtrag abgestorbenen Gewebes. Bei dem sich durch die Verwendung der erfindungsgemäßen Vorrichtung ergebenden Verfahren zum Entfernen abgestorbenen Gewebes handelt es sich gleichzeitig um ein sich selbst optimierendes Verfahren zur Aufzucht von Calliphoriden- Larven.
Die erfindungsgemäße Vorrichtung umfasst eine Strumpf- oder schlauchartige Gaze, deren offene Enden mit einem bzw. einem oder zwei Gefäßen verbunden ist, wobei die Verbindung zwischen Gaze und Gefäß reversibel, aber dicht schließend, ausgebildet ist.
Unter einer schlauchartigen Gaze wird ein an beiden Enden offener Gazeschlauch verstanden. Bei einer strümpfartigen Gaze handelt es sich um einen an einem Ende verschlossenen Gazeschlauch (= Gazestrumpf) .
Bei dem Gazeschlauch bzw. -strumpf kann es sich um einen nahtfreien Gazeschlauch handeln, wie er beispielsweise durch Rundstricken entsteht. Der Gazeschlauch kann aber auch durch Aufeinanderfalten von zwei einander gegenüberliegenden Kanten einer viereckigen Lage Gaze und nachfolgendes Verschweißen der Kanten auf der Seite, die der Faltkante gegenüber liegt, hergestellt werden. Für die
Herstellung eines Gazestrumpfs können zusätzlich die Kanten an einer der Faltkante benachbarten Seite verschweißt werden. Alternativ dazu können auch zwei Lagen viereckiger Gaze aufeinander gelegt und nachfolgend an zwei einander gegenüberliegenden Seiten oder an drei der vier Seiten miteinander verschweißt werden, um eine schlauchförmige bzw. strumpfförmige Gaze zu erhalten.
Die Lagen bzw. Seiten der Gaze können auch miteinander verklebt, vernäht oder anderweitig mittels dem Fachmann bekannter Verfahren miteinander verbunden werden, um einen Gazeschlauch, oder -strumpf herzustellen.
Neben viereckigen Gazen können auch anders geformte Gazen zur Herstellung eines Gazeschlauchs oder -Strumpfs verwendet werden, die dann beispielsweise eine runde, ovale, dreieckige, fünf- oder mehreckige Form aufweisen. Durch Verwendung eines entsprechend geformten Gazeschlauchs oder -Strumpfs kann dieser der Form der vom abgestorbenen Gewebe zu befreienden Fläche angepasst werden.
Vorzugsweise wird eine schlauch- oder strumpfartige Gaze verwendet, deren Durchmesser in etwa der Breite der vom abgestorbenen Gewebe zu befreienden Fläche entspricht, deren Länge jedoch die Länge eben dieser Gewebefläche deutlich überragt.
Bei der Gaze für die erfindungsgemäße Vorrichtung handelt es sich um ein netzartiges Gewebe, das Maschen mit einer Maschenweite aufweist, durch welche die Larven nicht durchschlüpfen können. Daher weist die für die
erfindungsgemäße Vorrichtung zu verwendende Gaze 20 x 20 bis 60 x 60 Maschen pro cm2 auf, vorzugsweise 35 x 35 bis 60 x 60 Maschen pro cm2, wenn Larven des ersten Larvalstadiums Verwendung finden sollen. Für Larven im Larvalstadium 2 finden vorzugsweise Gazen mit 20 x 20 bis 35 x 35 Maschen pro cm2 Verwendung.
Als Gefäße für die erfindungsgemäße Vorrichtung sind Behälter aus Glas, Kunststoff oder Kombinationswerkstoffen geeignet. Unter Gefäßen aus Kombinationswerkstoff sind kunststoffummantelte Glasgefäße, „verglaste" Kunststoffgefäße oder aus verschiedenen Kunststoffen, wie beispielsweise Polypropylen, Polyethylen, Polyamid, Polyvinylalkohol, Polyvinylchlorid oder Polycarbonat, bestehende Gefäße zu verstehen. Vorzugsweise werden bruchfeste Gefäße verwendet. Das Gefäß kann ganz hartwandig sein oder teilweise flexible Wände aufweisen, welche beispielsweise aus Gaze, Stoff, Folie oder Netz bestehen können.
Bei der erfindungsgemäßen Vorrichtung ist der Gazestrumpf mit einem Gefäß und der Gazeschlauch mit einem oder zwei Gefäßen reversibel, aber dicht, verbunden, so dass die Larven der Vorrichtung auch zwischen Gaze und Gefäß nicht entkommen können. Sollte der Gazeschlauch mit nur einem Gefäß verbunden sein, ist dessen andere Öffnung anderweitig, z. B. mittels eines Deckels, verschlossen. Für die Verbindung zwischen Gaze und Gefäß wird die offene Seite des Gazeschlauchs/-Strumpfs im einfachsten Fall durch ein flexibles Band, wie beispielsweise ein Gummiband, oder einen Faden bzw. eine Schnur an der Öffnung des Gefäßes
befestigt, so dass das Gefäß bei Bedarf leicht gewechselt werden kann.
Die Verbindung von Gaze und Gefäß kann aber auch durch einen Gewindeverschluss, einen SchnappverSchluss, einen Bajonettverschluss, einen Klettverschluss, eine Klemmverbindung oder eine andere technischen Lösung, die eine reversible, aber dichte, Verbindung zwischen Gaze und Gefäß sicherstellt, erfolgen.
In einer besonderen Ausführungsform der erfindungsgemäßen Vorrichtung weist der Gazeschlauch bzw. -Strumpf eine zusätzliche Öffnung auf, so dass bei Verwendung dieser Ausführungsform der Gazeschlauch zur Seite des abgestorbenen Gewebes hin offen ist und die Larven in direkten Kontakt mit der Oberfläche des abzutragenden Gewebes treten können. Bei Verwendung dieser Ausführungsform der erfindungsgemäßen Vorrichtung werden die Ränder der zusätzlichen Öffnung im Gazeschlauch bzw. Gazestrumpf mittels dem Fachmann bekannter Maßnahmen reversibel, aber dicht, mit dem das abzutragende Gewebe umgebenden Material verbunden, damit ein Entkommen der Larven aus der Vorrichtung über diese zusätzliche Öffnung unterbunden wird.
In dem Gefäß bzw. den Gefäßen können zusätzlich zumindest eine weitere Substanz oder ein Hilfsstoff vorhanden sein, die durch Haftung an oder in den Larven an die Stelle verbracht werden können, an der die Wirkung der Larven ursächlich gewünscht ist. Die Substanzen oder Hilfsstoffe können in fester oder flüssiger Form vorliegen, d. h. in
Form eines Festkörpers, Granulats oder Pulvers, aber auch, als Lösung, Emulsion, Suspension, Gel, Creme, Salbe, Paste oder dergleichen. Bei Verwendung einer flüssigen Substanz wird die Flüssigkeit vorzugsweise mit einem kleinen Schwamm oder einem anderen saugfähigen Material, die mit der Lösung getränkt sind, in das Gefäß plaziert.
Diese Substanzen oder Hilfsstoffe in dem Gefäß können verschiedenster Natur sein. Vorzugsweise handelt es sich bei diesen Substanzen oder Hilfsstoffen um Stoffe, die eine positive Wirkung auf den Gesamtprozess der Heilung haben.
Es können Stoffe zum Einsatz kommen, welche von den Larven als Nahrung anerkannt werden, wodurch die Larven teilweise vom Wirkort abwandern. Es können Schwämme, Alginate, Superabsorber oder andere, Feuchtigkeitbindende Materialien verwendet werden, um vom Wirkort entweichende Flüssigkeiten aufzunehmen. Sterile Medien können Verwendung finden, sofern der Behandlung mit Larven mikrobiologische Untersuchungen folgen sollen. Sofern die Larven in ihrer Vitalität gebremst oder abgetötet werden sollen, können in dem Gefäß saure Substanzen ausgebracht werden. Es können auch Duftstoffabgebende oder Geruchstoffaufnehmende Stoffe, vorzugsweise vor Anwendung sterilisiert, verwendet werden.
Als bevorzugte Stoffe sind Substanzen geeignet, die die Entwicklung von Mikroorganismen hemmen oder abtötend auf Mikroorganismen wirken, aber keine die Entwicklung der Larven beeinträchtigende Wirkung haben dürfen. Als besonders gut geeignete Substanzen dafür haben sich Polihexanid oder vergleichbare Guanidine erwiesen,
wohingegen andere Substanzen mit vergleichbarer antimikrobieller Wirkung, wie z. B. Propylenglykol, auch die Larven schädigen.
Polihexanid (= Polyhexanidum = Polyhexanid) ist in Form von Lösungen unter den Namen Lavasept oder Prontosan W im Handel erhältlich und kann in dieser Form leicht auf kleinen Schwämmchen oder anderen saugfähigen Materialien aufgebracht zum Einsatz kommen.
Mit der erfindungsgemäßen Vorrichtung werden vorzugsweise Calliphoriden-Larven verwendet, die durch Anwendung spezieller Verfahren frei von mikrobiologischen Kontaminationen sind.
Die erfindungsgemäße Vorrichtung kann gleichermaßen zur Aufzucht von Calliphoriden-Larven verwendet werden, wie zum Entfernen abgestorbenen Gewebes von anderen Teilen oder noch nicht abgestorbenem Gewebe, indem die Larven enthaltende Vorrichtung auf abgestorbenem menschlichen oder tierischen Gewebe plaziert wird.
Gegenstand der Erfindung ist somit auch ein Verfahren zur Aufzucht von Calliphoriden-Larven sowie ein verbessertes Verfahren zum Entfernen von abgestorbenem Gewebe, wobei sich die Verfahren durch die Verwendung der erfindungsgemäßen Vorrichtung auszeichnen.
Überraschenderweise wurde bei Verwendung der erfindungsgemäßen Vorrichtung gefunden, dass der Abbau von unerwünschtem Gewebe schneller erfolgt als bei Verwendung eines geschlossenen Gazebeutels, obwohl die Larven bei der erfindungsgemäßen Vorrichtung den eigentlichen Wirkort verlassen können (vgl. Beispiel 1).
Für die erfindungsgemäßen Verfahren wird zumindest ein Gefäß, das CaIliphoriden-Larven enthält, mit dem Gazestrumpf oder -schlauch verbunden, der auf das zu entfernende, abgestorbene Gewebe (Wirkort) gelegt wird oder bereits vorher darauf gelegt wurde. Diese letztgenannte Möglichkeit ist bei Verwendung einer Ausführungsform der erfindungsgemäßen Vorrichtung, welche zusätzlich auch zur Seite des abgestorbenen Gewebes hin offen ist, die bevorzugte Vorgehensweise, um die Wahrscheinlichkeit, dass Larven über diese zusätzliche Öffnung aus der Vorrichtung entkommen können, so niedrig wie möglich zu halten.
Durch wiederholtes Ansetzen eines Larvenenthaltenden Gefäßes kann dem Wirkort bei ausreichendem Nahrungsangebot eine Vielzahl von Larven zugeführt werden, von denen nur die Anzahl am Wirkort verbleibt, die optimal für einen schnellen Abbau des abgestorbenen Gewebes ist. Sofern das Nahrungsangebot sinkt, können weitere, dann zumeist gewachsene Larven den Wirkort verlassen, so dass weiterhin die an Nahrungsangebot und Larvengröße optimal angepasste Anzahl an Larven am Wirkort verbleibt.
Vorzugsweise werden mehr als 100 Larven pro cm2 abgestorbenen Gewebes verwendet, besonders bevorzugt mehr
als 120 Larven pro cm2 abgestorbenen Gewebes. Die für den Abtrag des Gewebes zu verwendenden Larven können vollzählig durch einmaliges Ansetzen eines Gefäßes oder beider Gefäße, oder anteilig durch mehrfaches Ansetzen des bzw. der Gefäße(s) an den Gazestrumpf bzw. -schlauch der Vorrichtung und somit dem abgestorbenen Gewebe zugeführt werden.
So lange die Larven aktiv sind, werden sie zeitweise auch wieder an den Wirkort zurückkriechen. Erst wenn nahezu das ganze abgestorbene Gewebe von den Larven ingestiert wurde oder die Larven verpuppungsreif sind, werden sich auch die noch am Wirkort verbliebenen Larven vom Wirkort entfernen.
Nach Beendigung der Behandlung, beispielsweise, wenn das abgestorbene Gewebe ausreichend abgetragen wurde, die Larven verpuppungsreif sind oder die Behandlung aus anderen Gründen unterbrochen werden soll, kann die erfindungsgemäße Vorrichtung und mit ihr die Larven leicht vom Wirkort entfernt werden.
Um Geruchsentwicklung und andere Nebenwirkungen zu minimieren, finden bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zumeist Larven Verwendung, die durch spezielle Verfahren frei von mikrobiologischer Kontamination (steril) oder zumindest keimarm gemacht worden sind. Unterstützend können bestimmte antiseptische Substanzen zum Einsatz kommen, welche die die Geruchsentwicklung verursachenden Mikroorganismen abtöten oder im Wachstum hemmen (Bsp. 5) .
Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht vorteilhafterweise, in dem oder den Gefäß(en) zusätzlich
eine oder mehrere weitere Substanzen oder Hilfsstoffe anzubieten. Diese Substanzen oder Hilfsstoffe werden durch Haftung an oder in den Larven auf die Stelle verbracht, an der die Wirkung der Larven ursächlich gewünscht wird. Die Substanzen oder Hilfsstoffe sollen eine positive Wirkung auf den Gesamtprozess haben.
Sofern es sich bei diesen Stoffen um Flüssigkeiten handelt, wie beispielsweise Lösungen, Emulsionen oder Suspensionen, werden vorzugsweise mit der entsprechenden Flüssigkeit getränkte Schwämme oder andere saugfähige Materialien in das oder die Gefäß(e) plaziert.
Sofern die Larven die Möglichkeit hierzu geboten bekommen (s. erfindungsgemäßes Beispiel 1), verlassen sie überraschenderweise auch den Wirkort mit noch ausreichendem Nahrungsangebot und wandern zu Orten ohne Nahrung, die mit einer Substanz oder einem Hilfsstoff getränkt, behandelt oder vermischt sein können.
Die Substanzen oder Hilfsstoffe im Gefäß können verschiedenster Natur sein.
1. Soll die Anzahl Larven am Wirkort verringert werden, können Stoffe zu Einsatz kommen, die die Larven als Nahrung anerkennen. Die Larven werden teilweise vom Wirkort abwandern.
2. Wenn vom Wirkort Flüssigkeiten entweichen, können Substrate Einsatz finden, die diese aufnehmen, wie zum Beispiel Schwämme, Alginate, Superabsorber oder andere Materialien, die Feuchtigkeit bindende Eigenschaften haben. Diese können nach Erfüllen ihrer Aufgabe mit
dem Gefäß entfernt werden, z. B. im Austausch gegen ein anderes Gefäß.
3. Sollen mikrobiologische Untersuchungen folgen, können sterile Medien Verwendung finden, die nach dem Ausbau des Behälters aus der Vorrichtung in einem entsprechend ausgestattetem Labor untersucht werden können, insbesondere, da bekannt ist, dass unter der Einwirkung von Larven Infektionen von Pseudomonas spec. oder Proteus spec. auftreten können. Daher sollte auf deren Gegenwart stets geprüft werden, was durch Verwendung von mit entsprechenden Medien versehenen Behältern leicht festgestellt werden kann.
4. Sollen die Larven in ihrer Vitalität gebremst oder abgetötet werden, können in dem Gefäß saure Substrate ausgebracht werden.
5. Es können aber auch DuftStoff abgebende oder Geruchstoff aufnehmende sterile Substrate verwendet werden, die durch das Durchwandern der Larven an Adsorptionswirkung gewinnen.
6. Soll die Stelle der Einwirkung der Larven möglichst keimarm gehalten werden, können in dem Gefäß auch Substanzen vorliegen, die hemmend oder abtötend auf die Entwicklung von Mikroorganismen wirken. Hierbei ist besonders zu berücksichtigen, dass diese Substanzen der Entwicklung der Larven nicht entgegenstehen dürfen. Erfindungsgemäß wird hier Polihexanid (= Polyhexanidum = Polyhexanid; CAS 32289- 58-0) oder vergleichbare Guanidine eingesetzt. Polihexanid in den handelsüblichen Konzentrationen hat überraschend keinen negativen Effekt auf die Larven, wohingegen andere Substanzen vergleichbarer
antimikrobieller Wirkung, wie z. B. Propylenglykol, auch die Larven schädigen.
Polihexanid-Lösungen (Handelsprodukte wie z. B.: Lavasept, Prontosan W, beides Arzneimittel mit der Indikation Wunddesinfektion) können erfindungsgemäß leicht auf kleinen Schwämmchen oder anderen saugfähigen Materialien zum Einsatz kommen. Die erwünschte Verteilung durch die Larven hat einen deutlichen Effekt auf die Keimfreiheit des Wirkortes. Dies ist erwartungsgemäß um so mehr zu beobachten, je intensiver der Kontakt von Polihexanid und dem Wirkort ist, und wäre am stärksten ausgeprägt, wenn das getränkte Schwämmchen direkt auf dem Wirkort zu liegen käme. Hier ergänzen sich dann die keimtötende Wirkung des Polihexanids und die der extrakorporalen Verdauung der Larven. Dabei muss die Menge an von außen zugesetzter Lösung aber begrenzt bleiben, damit die extrakorporalen Verdauungsenzyme der Larven nicht unnötig verdünnt und damit in ihrer Wirkung eingeschränkt werden. Bevorzugt werden daher Konzentrationen von 0,01% bis 1 % Polihexanid eingesetzt, ganz besonders bevorzugt 0,02 bis 0,5 %, jeweils in wässriger Verdünnung.
Eine dem Polyhexanid vergleichbare Wirkung und Verträglichkeit dürfte auch eine 0,1 %-ige Octenidin-Lösung haben, oder eine bis zu 2 %-ige Taurolidin-Lösung.
Beispiel 1: Verteilung von Larven im offenen Gazestrumpf
Etwa 500 Larven von L. sericata, Larvalstadium 2, wurden in nach Waschen mit Wasser „tropfnass" in ein Reagenzglas verbracht. Das Reagenzglas wurde mit einem Gazestrumpf von etwa 19 cm Länge und 3,5 cm Breite mittels eines Gummibandes fest verbunden. Der Gazestrumpf wurde mittig über eine Petrischale gelegt und dort mit einem Stück frischer Rinderleber beschwert. Dieser Versuchsaufbau wurde offen bei einer Temperatur von 22 bis 26 0C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 35 bis 55 % liegen gelassen. Nach etwa 40 Minuten befanden sich nahezu alle Larven unterhalb des Leberstücks.
Dann wurde der Versuchsaufbau mit einem feuchten Tuch abgedeckt und weitere 3 Stunden liegen gelassen. Unter diesen Bedingungen liegt die lokale Luftfeuchtigkeit nahe dem Taupunkt und der Einfall von Licht war deutlich verringert. Nach den 3 Stunden hatten sich die Larven gleichmäßig in allen Teilen der Vorrichtung aus Reagenzglas und Gazestrumpf verteilt.
Unter diesen Bedingungen entwickelten sich die Larven schnell und der Abbau der Leber erfolgte schneller als bei Verwendung eines vergleichbaren, geschlossenen Gazebeutels mit der in ihm Platz findenden Anzahl an Larven.
Beispiel 2: Abbaugeschwindigkeit toten Gewebes
Es wurde der Gewichtsverlust zweier Leberstückchen verglichen. Beide Leberstückchen weisen eine in etwa gleich große Kontaktfläche zum jeweiligen, mit L. sericata Larven, Larvalstadium 2, gefüllten Gazebeutel bzw. Gazestrumpf der Vorrichtung auf. Die Größe des rundherum geschlossenen Gazebeutels ist so bemessen, dass er in etwa die Kontaktfläche mit der Leber abdeckt, jedoch kaum über die Kontaktfläche hinaus ragt (Vergleichsversuch) . Der Gazeteil der erfindungsgemäßen Vorrichtung, umfassend ein an einem Gefäß angeschlossenen Gazestrumpf und ein Reagenzglas als Gefäß, war deutlich größer als die Kontaktflache zum Leberstück. Der Gazebeutel und die Vorrichtung wurden mit Larven von L. sericata bestückt und nach Auflage der Leberstückchen auf die Gaze für 8 Stunden bei 30 0C inkubiert.
Bei dem Leberstück, das auf dem rundherum geschlossenen Gazebeutel gelegt worden war, betrug der Gewichtsverlust nach der 8-stündigen Inkubation 23 %, bezogen auf das Ausgangsgewicht des Leberstücks. Bei dem Leberstück, welches auf dem Gazestrumpf der erfindungsgemäßen Vorrichtung gelegt worden war, konnte nach 8 Stunden Inkubation ein Gewichtsverlust von 30 %, bezogen auf das Ausgangsgewicht des LeberStücks, verzeichnet werden.
Beispiel 3 :
Ein Stück Kalbsleber wurde für 15 min in sterile physiologische Kochsalzlösung gelegt, ein vergleichbares Stück Leber für 15 min in Prontosan W (enthält 0,1 % Polihexanid) . Beide Stücke wurden anschließend abgetupft und mit Larven, L. sericata im Larvalstadium 2, besetzt. Bis einschließlich Entwicklung der Imagines wurden keine relevanten Unterschiede in der Entwicklung der Larven festgestellt.
Eine Schädigung der Larven durch 0,1 % Polihexanid kann damit ausgeschlossen werden.
Beispiel 4:
In drei parallelen Versuchen wurden jeweils ca. 100 Larven von L. sericata, Larvalstadium 1, auf einem Leberstück plaziert. Die Leberstückchen lagen auf Fließpapier und wurden zuvor mit 1,5 - 1,8 ml Prontosan W befeuchtet. Das Fließpapier hält die Spüllösung fest.
Alle Larven entwickelten sich innerhalb der folgenden Stunden normal. Eine Beeinträchtigung der Larvenentwicklung durch Protonsan W war nicht erkennbar.
Beispiel 5 :
Ca. 50 Larven von L. sericata wurden auf einem Stück Leber plaziert und bei 30 0C bebrütet. Das Stück Leber lag auf Fließpapier und war zuvor mit je 1 ml Wirkstofflösung von verschiedenen Polihexanid als Wirkstoff enthaltenden Mitteln behandelt worden. Als Vergleichsproben diente ein unbehandeltes Leberstück sowie ein mit 1 ml physiologischer Kochsalzlösung befeuchtetes Leberstück.
Die Larven in den Vergleichsproben entwickelten sich normal; die Leber war nach 32 Stunden teilweise verbraucht. Die Larven unter der Einwirkung von Lavasept 0,1% oder Prontosan W (0,1 % Polihexanid) entwickelten sich analog den Larven in den Vergleichsproben, waren aber mobiler und die Leber war nach 32 h weitgehend bzw. ganz verbraucht. Bei Verwendung einer 1 %-igen Polihexanid-Lösung entwickelten sich die Larven etwas langsamer als bei Verwendung der 0,1 %-igen Lösungen. Die Geruchsentwicklung unter der Anwendung von Polihexanid war deutlich reduziert.
Beispiel 6: Flucht der jungen Larven aus einem handelsüblichen Gazebeutel
Ca. 500 Larven von L. sericata, Larvalstadium 1, wurden in einer Gaze (27 x 29 Maschen/cm2), wie sie technisch zum Einsatz kommt (Lieferant: Biomonde), eingeschweißt. Nach 10 min hatten die ersten Larven den geschlossenen Gazebeutel verlassen.
Beispiel 7: Flucht der jungen Larven aus einem handelsüblichen Gazebeutel
Ca. 300 Eier von L. sericata wurden in einer Gaze (27 x 29 Maschen/cm2), wie sie technisch zum Einsatz kommt (Lieferant: Biomonde), eingeschweißt. Direkt nach dem Schlüpfen verließen die Larven problemlos den Gazebeutel.
Beispiel 8: Schädigung der Larven durch Desinfektionsmittel
Ein Stück Leber wurde in Haushaltszucker gewälzt, der zur Reinigung und Desinfektion von lebendem Gewebe bei Mensch und Tier Verwendung findet. 200 Larven von L. sericata wurden auf das Leberstück aufgesetzt. Diese Larven entwickelten sich trotz der zügig ablaufenden Zuckerlösung deutlich schlechter als die Larven in entsprechenden Vergleichsversuchen, in denen die Leber nicht mit Zucker behandelt worden war.
Beispiel 9: Schädigung der Eier/Larven durch Desinfektionsmittel
Ca. 200 Eier von L. sericata wurden auf Leber plaziert und mit Hansaplast®-Sprühpflaster Θingesprüht. Innerhalb der üblichen Entwicklungszeit schlüpften kaum Larven.
Beispiel 10: Schädigung der Larven durch. Desinfektionsmittel
Ca. 50 Larven von L. sericata wurden auf Leber plaziert, bei 300C bebrütet und mit verschiedenen antiseptisch wirkenden Mitteln behandelt. Die Leber lag auf Fließpapier und war zuvor mit 1 ml Wirkstofflösung behandelt worden. Als Vergleichsproben diente unbehandelte oder mit 1 ml physiologischer Kochsalzlösung befeuchtete Leber. Die Larven unter der Einwirkung von PVP-Jod (Betaisadona, 10 % verfügbares Jod) oder Aminoquinurid (Herviros) starben oder entwickelten sich kaum. Die Larven in den Vergleichsproben entwickelten sich normal.